Welche virtuelle Lehre brauchen wir?
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Anzahl der Teile | 55 | |
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Identifikatoren | 10.5446/50177 (DOI) | |
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ComputeranimationVorlesung/Konferenz
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Vorlesung/Konferenz
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Vorlesung/Konferenz
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Besprechung/Interview
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Computeranimation
Transkript: Deutsch(automatisch erzeugt)
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Meine Damen und Herren, liebe Teilnehmende, begrüßen wir Herrn Prof. Peter-André All. Ja, vielen herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung und die Einladung hier, die Keynote zu halten.
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Die Frage ist ja evident, alle reden von virtueller Lehre im Augenblick. Und die Frage ist, was bedeutet das eigentlich für unser Hochschulsystem, was ist zu tun, welche virtuelle Lehre brauchen wir? Das ist mein Ausgangspunkt. Im weiteren Sinne ist der Ausgangspunkt eigentlich der, dass man sagen kann,
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gibt es denn eine Krise, welche virtuelle Lehre brauchen wir anschließen müssen? Ja, ich glaube schon, die analoge Lehre steckt in einer Krise, sie ist häufig monoton, so klagen die Studierenden statisch, tendenziell oft monologisch, nicht innovativ, die Formate sind eigentlich seit Jahrzehnten unverändert.
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Innovation vollzieht sich trotz vieler Fördermaßnahmen nur sehr langsam und oftmals langweilt auch die analoge Lehre, was, wenn man den Philosophen und Pädagogen Johann Friedrich Herbert folgt, hier das Zitat, die ärgste Sünde des Unterrichts überläuft.
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Zu der Krise der analogen Lehre gehört auch, dass wir zwar im Hochschulsystem Maßnahmen zur Weiterqualifizierung im Bereich der Lehre begriffen haben, aber dass die noch nicht dauerhaft, nachhaltig und flächendeckend genutzt sind.
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Viele Hochschulen vollziehen Wehrqualifizierung, auch Taylor-Made auf die verschiedenen Karrierewege gezogen und bei ihrer Spitzen gezogen, aber noch ist das nicht ein absolut verbindliches Element in unserem Lehrsystem. Was zu bemängeln ist und was vielfach zu Recht beklagt wird, ist, dass im alltäglichen Austausch des Hochschularbeitsbetriebs
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die Lehre eigentlich kaum eine Rolle spielt. Das ist ein ganz großes Problem. Man spricht über geringe Arbeit, über Forschungsprojekte, Drittmittel, internationale Aktivitäten, kaum aber über die Lehre und die Probleme, die man auch individuell mal in der Lehre hat. Die Qualitätssicherung ist zwar perfekt entwickelt im Akkreditierungssystem, aber sie ist oftmals zu formalistisch nicht praxisnah genug.
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Sie bezieht sich auf die allgemeinen Mechanismen der Qualitätssicherung, bei der Implementierung, Durchführung, Überpüffung und Schwimmgängen. Das ist gut und wertvoll, aber es reicht nicht aus. Es müssen auch viel stärker individuelle Umsetzungsprozesse in den Blick genommen werden.
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Und hat uns das Corona-Semester mit vielen Erfahrungen beschert. Positiv muss man anmerken, dass 80 Prozent des Lerngebots an deutschen Hochschulen digital erbracht werden konnten. Das ist viel. Das Semester ist also insbesondere auch ein gültiges Semester geworden.
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Das haben viele, muss gestehen ich selber auch am Anfang, so nicht erwartet. In Technik und in Naturwissenschaften, also sogar in Fächern, in Fachkulturen, in denen ja der praktische Unterricht effektlich ist, im Labor, in der Technischen Werkshalle,
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konnte vieles digital vermittelt werden. So war das Semester also nicht verloren. Im Gegenteil, es bot viele Chancen zur Neugestaltung der Lehrer. Was gewinnt man durch den verstärkten Einstieg in die digitalen Formate? Die Antwort ist, glaube ich, relativ leicht. Zunächst einmal bietet das digitale Unterrichten eine sehr große Variabilität der Präsentationsform.
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Das mag man zunächst einmal gar nicht so wahrnehmen. Man würde denken, gerade Präsenzmodus ist vielmehr möglich. Das stimmt aber nicht. Weil das digitale Lehren uns vielleicht auf einer stärker formalistischen Ebene dazu nötigt,
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die verschiedenen Tools auszuprobieren, ist die Flexibilität oftmals viel größer als in dem ganz klassischen Präsenzunterricht. So gibt es zum Beispiel innerhalb der digitalen Unterrichtsformate viele kreative Möglichkeiten, Unterrichtstechniken zu unterbrechen und aufzulobbern
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durch Formatwechsel, durch Chats, durch Breakouts. Und es gibt auch sehr innovative Formen der Interaktion mit Gruppenarbeit. Also das, was zunächst einmal als Defizit der virtuellen Lehrer erscheinbar ist, dass sie eben nicht die direkte Kommunikation anbetrifft. Das erweist sich bei genauer Hinsicht durchaus als Vorteil,
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weil man eben diese direkte Kommunikation über bestimmte Instrumente erstellen muss und dadurch womöglich auch auf viel verschiedener Formate der Umsetzung der Kommunikation kommt, als wenn man direkt kommuniziert. Was gewinnt noch? Insgesamt ist der Einstieg in die virtuelle Lehre für viele eine Versuchssituation.
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Daraus erwächst auch bei Individuen, die Lehren, die Ortschaft, mehr didaktische Instrumente zu machen. Es entsteht eine höhere Innovationsdynamik durch sich verändernde Instrumente. Und diese Instrumente werden ja auch permanent neu gestaltet. Die alle, die sie virtuell lehren, wissen das. Auch dieses Format hier, andere Formate, in denen man präsentiert wird,
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verändern sich fast im Monatsrhythmus. Was wichtig ist aus meiner Sicht, die digitale Lehre bietet die Möglichkeit, dass Hierarchienstärke abgebaut werden. Auch deswegen, weil Lehrende und Lernende sich als Mitglieder in einer gemeinsamen digitalen Werkstatt wahrnehmen und miteinander lernen,
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die eigenen Unterrichtskommunikationsformen zu optimieren. So auf beiden Seiten. Da helfen häufig auch die Lernenden, den Lehrenden, die älter oder vielleicht weniger erfahren sind als die jüngeren. Wo liegen die Probleme? Das ist natürlich überhaupt nicht zu leugnen. Das haben wir auch gerade in den Fragen jetzt am Ende des Sommersemesters gezeigt.
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Da haben wir die Universität Hildesheim. Das ist natürlich kurz einer insgesamten Notenzufriedenheit. Die Lehrenden selber. Vielfach kommt es zu Überforderung angesichts der neuen Techniken.
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Die Hochschulen haben versucht, das aufzufangen durch Qualifizierungskurse. Aber das ist natürlich in einem Semester nicht zu bewältigen. Dann kam man in der Prozess. Alle Studierenden vor allen Dingen verbringen jetzt mindestens zu viel Zeit vor dem Bildschirm. Die Zeiten, in denen Realkommunikation stattfindet, sind zu gering.
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Also fehlt dann auch der direkte Austausch, der durch Chatfunktionen nicht wirklich kompensiert werden kann. Das ist ein riesiges Problem. Und das Weiteren ist festzuhalten, dass es zu Rechtsunsicherheiten führt und zu verstärktem Prüfungsdruck.
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Das ist also sicherlich ein riesiges Problem. Wir haben insgesamt die Situation, dass wir Prüfungen ganz neu gestalten müssen. Und das heißt, sowohl technisch organisieren müssen, als auch im Blick auf die Notwendigkeit, sie rechtssicher zu machen.
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Das ist nicht so selbstverständlich. Das ist ein riesiges Problem, ein ganz großes Problem. So, dann haben wir natürlich auch eine Reihe von weiteren Problemen. Die liegen darin, dass es einen Verlust an Authentizität gibt im System.
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Dass wir insbesondere in den technischen Fächern, aber auch in den Naturwissenschaften nur sehr eingeschränkt die Lehrinhalte simulieren können. Und dass Beratungen eben auch wie über die normale Unterrichtskommunikation
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genauso schwierig werden in den Chats. Was benötigen die Hochschulen eigentlich, um diese Möglichkeiten der digitalen Lehre verbessern zu können? Zum einen, das war ein Ansatzpunkt der Kritik vorhin schon in einer Folie,
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wir brauchen wirklich verbindliche Maßnahmen zur Lehrqualifizierung. Die müssen absolut regelhaft sein, nachhaltig sein in flächendeckender allen Hochschulen, sodass niemand, der lehrt, sich nicht in regelmäßigen Abständen einer Weiterqualifizierung unterziehen darf. Alle müssen mitmachen und die Hochschulen müssen dieses Angebot auch vorhalten.
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Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung für die Infrastruktur, aber auch für die Weiterbildung. Gerade kleine und mittlere Hochschulen haben diese Ressourcen dafür nicht immer und benötigen sie. Zwingend ist aber auch, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen geregelt werden. Ich habe eben schon vom Prüfungsrecht gesprochen, wir müssen aber auch beim Urheberrecht sicherstellen,
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dass die jetzt nur befristet eingeführte Wissenschaftsschranke verstetigt wird. Das Urheberrecht muss auf Dauer gestellt werden, das angepasst ist an die digitalen Erfordernisse. Und wir brauchen in 16 Bundesländern möglichst einheitliche Regelungen für die Lehrverpflichtung.
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Die Lehrverpflichtungsverordnungen liegen in der Regel falsche Maßstäbe an, die stammen aus der Zeit vor 2000 und sind nicht up to date. Wir müssen in allen Ländern sicherstellen, dass die digitale Lehre gleichrangig neben der Präsenzlehre gewertet wird und auch die Zeitbudgets gleich veranschlagt werden hier.
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Das ist noch nicht der Fall, da brauchen wir also eine einheitliche Regelung. Was wir auch brauchen, dringend brauchen, das sind vor allen Dingen die Maßnahmen, die innerhalb der Didaktik und Medienzentren gebündelt erfolgen können. Das heißt also, wir brauchen organisatorische Zentralen in allen Hochschulen,
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in denen die Fäden zusammenlaufen für die Hochschuldidaktik und für die Mediendidaktik. Wir brauchen Open Source Modelle, die vor allen Dingen das Ziel haben müssen, dass die Hochschulen nicht von IT-Konzernen sind
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und dass sie relativ preisgünstig ihre Tools einsetzen und ihre Medien verwenden können. Dafür sind auch regionale Vernetzungen notwendig, also etwa im Großrechnerbereich, um Kosten zu reduzieren. Ein ganz wichtiges Ziel, wir wissen das ja auch schon aus der Massendatenhaltung, aus der Vorratsspeicherung, wir wissen das aus den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern,
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dass solche regionalen Netzwerke unbedingt erforderlich sind und Kosten zu reduzieren. Was wichtig ist, ist natürlich auch, dass wir groß denken müssen, also im Rahmen der europäischen Kooperationsmöglichkeiten über Vernetzung nachdenken müssen bei Datenstrukturen,
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aber auch möglichst Rechtsregelungen einheitlich treffen. Schon jetzt wird das eine riesige Herausforderung. Wir sehen, Bayern ist mit einer Satzung zu elektronischen Prüfungen vorangegangen, hat aber Maßstäbe gesetzt, die nicht alle überzeugend finden. Schon hier droht die Gefahr, dass 16 Bundesländer ganz eigene Wege gehen, wie auch beim Datenschutz.
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Umso schwieriger wird es in Europa, einheitliche Regelungen zu treffen. Was wir auch brauchen, ist eine Regelung für bundesmögliche unweite Cloud-Angebote. Und hier wiederum gilt das Prinzip Kooperation, gerade auch im Bereich der Infrastrukturen.
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Europa braucht hier viel mehr einheitliche Regelungen. Was ich kritisch finde, ist eine Vielzahl von neuen Geschäftsideen.
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Was natürlich im Markt eine Rolle spielt, sind viele neue Geschäftsideen, gerade für MOOCs oder MOOCs 2.0.
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Das hat es ja schon seit langem gegeben. Wir haben die MOOCs-Debatte 2012, 2013 und 2014 in Deutschland auch geführt. MOOCs sind sicherlich eine interessante Alternative für den Hochschulbetrieb, aber meiner Meinung nach für die meisten Hochschulen nicht wirklich attraktiv.
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Was wir brauchen, sind deutlich mehr öffentliche Förderprogramme als kurzzeitige marktorientierte Initiativen. Ich habe schon vor langer Zeit gefordert eine Digitalisierungpauschale, die pro Studentin pro Student für die Hochschulen gezahlt werden sollte.
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Das wäre richtig. Das wird die Möglichkeit bieten, gerade auch bei den kleinen Hochschulen Infrastrukturmaßnahmen zu ergreifen, dringend erforderlich. Wie sieht das Modell der Zukunft aus? Das ist vielleicht eine Frage für den letzten Teil der Präsentation. Ganz wichtig ist, dass man gegen Präsenzlehre bezieht, sondern beides muss zusammen gedacht werden.
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Gerade die Erstsemester brauchen Präsenzkultur. Das ist eine Überzeugung, die alle Hochschulen teilen. Wenn ich mit den verschiedenen Hochschulen bespricht bin, dann höre ich immer wieder auch deutlich, wir wollen die Erstsemester auch in die Institution bringen.
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Das hat Vorrang. Was auf der anderen Seite als Konsequenz des letzten Semesters glaube ich allen einsichtig ist, die großen Überblicksvorlesungen können sehr wohl online stattfinden, ohne dass es zu Verlusten kommt. Man muss regelmäßig daran arbeiten, aber das ist durchaus wichtig und
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auch Seminare und Übungen sollten in Zukunft Blended Learning Elemente verwenden, sollten auch virtuelle und Präsenzelemente gleichermaßen je nach Lage der Dinge zurückgreifen. Wir müssen unbedingt die digitalen Beratungsstrukturen ausbauen, damit die nicht so modologisch sind und das technisch besser werden müssen, ist auch klar.
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Zum Modell der Zukunft gehört selbstverständlich im Rahmen des genannten Blended Learning, dass digitale Lernphasen und virtuelle Kleingruppenarbeit regelmäßig stattfinden sollten. Das kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass man innerhalb größerer Gruppen Teilungen vornimmt, die dazu führen,
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dass man ein Bild der Gruppe im Digitalmodus hat und die andere in den Präsenzmodus und dass man dann im Wochenrhythmus oder Monatsrhythmus tauscht. Dazu gehört auch, dass wir bei den Vorlesungen viel stärker interaktiv sein müssen, den Chatmodus stärker ausbauen müssen,
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damit die Vorlesung mehr auch aus diesen Monologen häufig langweiligen Modus herausfindet. Das ist glaube ich allen klar, das bedeutet auch technische Herausforderungen, das bedeutet auch hohen Zeiteinsatz, weshalb eben gerade die Lehrverpflichtungsverordnungen für die digitale Lehre angemessene Zeitbegegs vorhalten müssen.
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Ich glaube insgesamt hat das letzte Semester gezeigt, dass die Lehre als Prozess zu denken ist, sei sie virtuell, sei sie Präsenzlehre und dass auf beiden Seiten bei Lehrenden und Lernenden ein permanentes Lernen erforderlich ist.
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Eine Synthese verschiedener Modelle ist geboten. Präsenz und Absenzen sind keine Gegensätze, sondern sollten komplementär sein. Das würde eine gute Lehre in Zukunft ausmachen. Wenn man so etwas wie eine Take-Home-Message mal beklagtet,
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also das, was wir vielleicht so als letztes Prinzip, sagen wir mal, hier haben wir es jetzt direkt, also was wir so als finale Kernaussagen mitnehmen können, auch um für die Politik die richtigen Argumente zu finden.
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Das Erste ist, Innovation führt, wenn es um Lehre geht, nicht zu Einsparungen, sondern häufig zu Kostensteigerungen. Das ist so ein Grundsatz, ja, aus der wirtschaftlichen Sicht, immer auch Kosten senken. Für den Bereich der akademischen Lehre gilt das nicht.
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Das ist deswegen ein wichtiges Argument, weil immer noch der Eindruck besteht, auf Seiten der Politik, die digitale Lehre sei langfristig dann die kostengünstigste Variante. Man braucht weniger Räume, vielleicht auch weniger Personen. Man kann Dinge wiederholen, ohne dass die Personen dabei sind. Das ist ein Irrglaube. Die digitale Lehre ist kein Sparmodell.
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Und gerade die Dynamik virtueller Lehrformen, wenn man sie als Instrumente für eine Kreativität nutzt, verlangt auch flexible Finanzierungsmodelle. Das ist extrem wichtig für die Politik, damit sie nicht auf den falschen Gedanken kommt, sie kann über die digitale Lehre sparen.
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Wichtig ist auch, dass man feststellt, die virtuelle Lehre ist per se nicht besser oder schlechter als Präsenzlehre. Wir müssen das Beste aus der virtuellen Lehre machen. Wir müssen vor allen Dingen die in ihr geborgenen Innovations- und Kreativitätspotenziale besser nutzen. Und eine Einstellung, wie sie Mark Quinn, ironisch zum Ausdruck bringt, dass
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man den Fortschrittsformat, aber den Wandel hasst, ist dabei nicht sehr förderlich. Wir alle müssen uns verändern. Die digitale Lehre ist sozusagen ein Weckruf. Auch für die Lehren, wegzukommen von den Routinen und Make Change Happen sozusagen als Motto zu betrachten.
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Schönen Dank. Ich habe gehört, der Ton war jetzt nicht so optimal, aber ich habe da jetzt auch keine Ahnung.
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Wunderbar. Ganz, ganz herzlichen Dank für Ihren Vortrag. Wir haben einige Fragen in der Pipeline, die ich gerne an Sie weiterleiten möchte, Herr Prof. Halte.
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Wir beginnen mit einer Frage von Markus Daimann. Warum ist die Hochschullehre so wenig evidenzbasiert? Warum forschen die Hochschulen nicht mehr zum Lernen ihrer Studierenden?
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Ja, das ist eine gute Frage. Es gibt durchaus Hochschulen, die das tun. Beginnen wir mal bei dem ersten Punkt. Evidenz wird durch Evaluation erzeugt, unter anderem evaluiert wird. Aber es wird häufig nicht wirklich substanziell ausgewertet. Die Bögen verschwinden dann als Schrankware sozusagen in den Archiven, aber sie werden nicht genutzt.
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Und ich glaube, wir müssen mehr Hochschuldidaktik betreiben. Es gab mal in den 80er-Jahren eine regelrecht boomende Hochschuldidaktik, die verschwand dann weit wieder aus der Wissenschaftslandschaft. Ich glaube, wir brauchen das. Das Zweite ist aber auch, die Hochschuldidaktik muss sich höher verschaffen bei allen Fächern.
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Das ist immer einfach. Ich weiß das aus meiner eigenen Universität. Wir haben eine sehr gute Didaktikforschung gehabt, aber es gab gelegentlich auch Konflikte. Da haben dann die Kollegen aus anderen Schulen gesagt, ja, das mag alles gut und schön sein für meinen, aber das gilt nicht. Und das ist, glaube ich, das, was uns vor allen Dingen fehlt. Wenn wir schon Empirie haben, die haben wir, wenn wir sie dann ausgewertet haben, dann muss auch der Transfer gelingen in der Praxis.
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Und dann muss daraus eine Folgerung gezogen werden aus dem, was wir wissen. Und das ist heute schwierig. Also mehr Didaktik, aber auch mehr Transfer ihrer Ergebnisse in die Fachkultur.
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Mehr Didaktik und mehr Transfer. Wir haben eine weitere Frage, die anonym gestellt worden ist. Ein Moment. Viele Hochschuldidaktikzentren wurden in den letzten Jahren verkleinert oder abgeschafft.
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Woher der Stimmungswechsel? Ja, ich glaube, dass die Krise uns gezeigt hat. Never waste the crisis. Aus Krisen kommen große Herausforderungen. Dass uns die Krise gezeigt hat, dass wir hier viel mehr tun müssen. Der Einstieg in die digitale Lehre, dass es allen klar geht, nur wenn permanent qualifiziert wird.
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Ich habe mich immer darüber gefreut, eigentlich in den letzten Wochen und Monaten zu sagen, ja, wir brauchen wieder mehr solcher Zentren. Denn ich habe schon seit zehn Jahren die Forderung aufgestellt, lasst uns doch bitte die Wertqualifizierung zu einem regelhaften Element unseres Hochschulwesens machen. Und wenn man dann mal Nein hört in den Alltagsbetrieb, dann merkt man, dass das eben noch weit entfernt ist von Regelhaftigkeit.
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Und ich habe die Hoffnung, dass wir jetzt angestachelt gewissermaßen durch die Herausforderungen unserer neuen Situation da auch wieder mehr Ressourcen mobilisieren werden. Und dass alle einsehen, dass man solche Zentren braucht, weil sie eben auch für den Alltagsbetrieb, für die Qualifizierung,
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aber auch manchmal für die ganz kleinen Fragen, die aus der Not geboren sind, aus technischen Herausforderungen kommen, Antworten findet. Insofern müssen wir diese Situation jetzt nutzen und solche Zentren ausbauen. Da möchte ich gerne die nächste Frage hineinbringen. Wäre es möglich, von Seiten der HRK didaktische Qualifizierung
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als grundsätzliche Anforderung in Berufungsverfahren zu verankern? Also die HRK hat da keine Möglichkeiten, Druck zu entwickeln. Wir können immer nur Empfehlungen abgeben. Normativ setzen, regelhaft machen müssen, das sind die Hochschulen.
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Ich habe, als ich 2010 Präsident der Deutschen Universität wurde, zu den wesentlichen Punkten meiner Antrittsagenda gezählt, in Berufungsverfahren müssen Lehrproben regelhaft sein. Es hat viele Jahre gedauert, ehe das dann umgesetzt wurde. Am Ende war es aber ein verbindlicher Bestandteil der Berufungsverfahren. Die Fachkulturen müssen dann entscheiden, ob es Probevorlesungen, Seminare, Übungen sind.
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Aber ich glaube, das ist eine Sache der Hochschulleitungen. Auch der Wissenschaftsrat hat so etwas ja schon immer wieder mal gefordert. Wir können das leider nicht durchsetzen, Herr Decret. Wir können nur hoffen, dass es möglichst viele Leitungen verbindlich machen. Da gilt das Gleiche wie bei der Weltqualifizierung. Eine recht alte Forderung, aber immer noch kein wirklich verbindliches Element im System.
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Ich glaube, wir brauchen das unbedingt. Die nächste Frage kommt von Stefan Haab, der sich bedankt für den umfassenden Vortrag. Er fragt, Sie haben davon gesprochen, dass Lehre eine geringere Rolle in der universitären Arbeit spielt.
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Wie ließe sich die Bedeutung von Lehre denn aufwerten? Das ist eine sehr komplexe, auch wiederum schon alte Frage, auf die wir leider nie eine wirklich überzeugende Antwort gefunden haben. Was wir als erstes eingeführt haben, das ist an vielen Hochschulen üblich,
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Preise für gute Lehre, symbolische Anerkennung ist sicherlich extrem wichtig. Man hat aber auch bald erkannt, dass das nicht ausreicht, dass es andere Reize braucht. Dann hat man so ein Instrument eingeführt wie ein Lehrsemester, das dafür dienen soll, ein Konzept für die Lehre zu entwickeln, analog zum Forschungssemester.
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Viele Hochschulen haben das eingeführt. Ergebnis nach einigen Gemästern gab es keine Nachfrage mehr. Das heißt, es gab kein wirkliches Interesse an einem solchen Lehrsemester, bei den Lehrenden selbst. Insgesamt beobachte ich einen gewissen Kulturwandel seit einigen Jahren, bei denen sie neu berufen werden. Ich habe über viele Jahre bei den Gesprächen, bei der Ernennung
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auch immer wieder nachgefragt, wie steht es mit der Lehre, welche Motivation gibt es. Mein Eindruck ist, dass gerade bei der jüngeren Generation die Lehre ein stärkeres Gewicht hat als in der älteren Generation. In meiner Zeit, als ich anfing als Professor, war eigentlich so üblich dieses professorale Stöhnen, na ja, die Lehre, das muss man irgendwie so mitmachen.
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Eigentlich geht es um anderes. Das entscheidende Problem ist, dass die Reputationsmessung, die für akademische Karrieren entscheidend ist, immer noch beruht auf der Forschungsleistung. Das andere ist mit dieser Maße ein Essens. Wenn Sie in der Lehre nicht gut sind, aber in der Forschung gut sind, gibt es in der Berufungskommission viele, die sagen,
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na ja, darauf kommt es nicht so an. Wenn Sie in der Forschung schlecht sind, kommen Sie noch nicht mal in die Änderer aus. Oder keine überzeugende Innovationsqualität der Forschung entwickelt. Das ist etwas, was man unglaublich schwer ändern kann und was man auch nicht einfach in wenigen Jahren, glaube ich, hinbauen kann. Ich habe dafür auch keine Lösung. Die einzige Konzeption, die ich tragen finde,
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ist wirklich, bei der Auswahl, bei den Verfahren selber, die Lehre viel stärker zu gewichten, als das früher der Fall war. Dazu kommen wir zum anderen Thema zurück, die Lehrprobe. Aber auch die Lehrqualifizierung verbindlich zu machen. Ich finde schon, dass eine Hochschulleitung dann auch mal den Mut haben muss zu sagen, das erwarten wir,
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dass jemand alle drei Jahre, das ist nicht zu viel verlangt, wenn jetzt mal einen Kurs macht zur Fortbildung, so wie das bei Lehrern und Lehrern auch der Fall ist. Das kündigt, muss sein. Das hieße, dass die Hochschulen das selbst stärker auch noch mal selbst in die eigene Hand nehmen können, wenn ich Sie richtig verstehe. Ja, natürlich.
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Den Kulturwandel selber organisieren, so ist es ja. Ich sehe ganz viele Fragen, die hineinkommen. Ich glaube gar nicht, dass wir alle zur Beantwortung stellen können, aber ich mache jetzt mal flott weiter. Eine sehr interessante Frage kommt von Sandra Wiegand. Sie fragt, wie ist Ihre Einschätzung und Erfahrung
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im Bereich digitale Lehre und internationale Lehrkooperation? Aus Sicht eines International Offers könnte diese Lehrdimension intensiver genutzt werden. Unbedingt. Also, das gilt für viele Bereiche. Was wir in Deutschland mal versucht haben, ist in den sogenannten kleinen Fächern digitale Kooperation durchzuführen. Wir hatten an der erfahrenen Universität
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einen sehr innovativ denkenden Neograzisten. Das ist ein ganz kleines Fach. Das gibt es an vier Standorten. Berlin, Köln, Hamburg würde ich mir gerade empfeilen. Da ist es ganz sinnvoll, dass man sich vernetzt, dass man sagt, für alle Studierenden an jedem Standort sind auch die Angebote der anderen Standorte zugänglich. Das macht überhaupt keinen Sinn, dass man nur in diesen Teilmengen studiert.
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Das ist so ein kleines Rollenmodell. Ein größeres Rollenmodell wäre tatsächlich viel stärker europäisch zu kooperieren. Das geht. Wir haben schließlich die europäischen Hochschulnetzwerke. Die sind wesentlich darauf abgestellt, dass sie den Studierendenausdruck intensivieren. Sie sind ein Erasmus-Plus-Plus-Programm.
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Die müssen auch digitale Lehre anbieten, den Virtual Classroom offerieren für ihre Studierenden. Das ist ein Modell der Zukunft, glaube ich. Deswegen, ich habe es ja vorhin schon angedeutet, ich halte eigentlich nicht viel von diesen ganzen MOOCs-Modellen, weil ich oft den Eindruck habe, dass die Betreuungsidentität fehlt und die Abbruchproben wichtig sind.
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Die Investitionen der Hochschulen gigantisch. Da können wir gar nicht mithalten mit den 30 Millionen, die je an Arbeiter investieren. Das sind auch oft Werbemaßnahmen, manchmal sogar Mechanismen der Überwachung von Nernprozessen. Also ich halte mich viel von diesen Systemen. Was ich wirklich gut finde und innovativ, sind solche Netzwerke mit Partnern, wo man weiß, dass man sich vertraut,
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was die Qualität angeht und wo man sich öffnet und dann virtuelle Klassenräume schafft. Das fände ich unbedingt notwendig. Also macht in Zukunft europäische, aber auch über europäische Kooperationen viel stärker im Bereich virtueller Lehre. Das ist ein Imperativ. Vielen Dank. Ich bin sehr froh, dass wir noch eine Frage hineinbekommen haben,
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die nochmal die Perspektive in Richtung Studierenden hinrichtet. Olga Yaruksi schreibt, wir haben das Gefühl, alle Studierende und Lehrende sind Bildschirmmüde. Die Online-Events in der Öffentlichkeitsarbeit sind viel schlechter besucht als klassische Live-Events. Die Frage, wie wirken wir der Bildschirmmüdigkeit entgegen?
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Das ist eine Frage, die ich sehr wichtig finde. Ich habe ja auch in einer Folien darauf hingewiesen, das gehört sich ja zu den, ausgesprochen problematischen Effekten des aktuellen Semesters, aber auch des zurückliegenden, dass wir viel zu viel Zeit am Bildschirm verbringen.
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Kann ich Ihnen auch schlecht eine Antwort geben? Ich denke, man muss dazu sagen, dass wir ja jetzt auch in einer Extremsituation leben. Wir hoffen alle, dass wir im Erbst 2021 dann größere Immunität erzeugen können durch Impfungen, dass wir dann wieder einsteigen können in unser soziales Leben. Und wir planen doch jetzt letzten Endes
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für eine Situation, in der die Normalität wieder einkehrt. Und wir sagen auch, wir wollen in dieser Normalität möglichst viel Präsenz haben. Aber wir haben eben auch gelernt, dass einiges virtuell geht. Und ich glaube, wenn man das gut balanciert, dann wird man auch nicht Bildschirmmüde, sondern dann lebt man aus einem guten Wechsel. Also gerade bei einem Seminar finde ich es sehr attraktiv,
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sich vorzustellen, dass man mal eine Woche in einer kleinen Gruppe mit Kommilitonen an Dingen arbeitet, so wie man das eben auch in Arbeitsgruppen macht. Das kann man durchaus mal wirklich tun. Und dann aber in der nächsten Woche wieder in der Präsenzveranstaltung sich trifft. Solche Wechsel sind belebend und nicht monoton. Und das wäre das Ideale, was man eigentlich als Setting für die Zukunft hat.
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Im Augenblick sind wir alle oft Bildschirmmüde. Das wird auch leider im Winter sich nicht ändern, aber in der Situation danach brauchen wir eine gute Mischung.