Krise-Ruck-Aufbruch…wohin?
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Number of Parts | 55 | |
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Identifiers | 10.5446/50157 (DOI) | |
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Computer animation
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Computer animation
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Computer animationMeeting/Interview
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Meeting/Interview
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Meeting/Interview
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Computer animation
Transcript: German(auto-generated)
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Hallo und herzlich willkommen zurück zum University Future Festival. Wir hören nun die nächste Keynote und dafür begrüßen wir eine Persönlichkeit mit einem wahrhaft internationalen Blick. Sie wurde 1975 in Washington DC geboren,
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studierte Psychologie an der Universität Potsdam und absolvierte ihre Promotion 2006 in einem internationalen DFG-Graduierten-Kolleg in Jena. Ihre beruflichen Stationen waren Referentin der Graduiertenförderung und Dezernentin für internationale Beziehung
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in Weimar. Seit 2014 ist sie Präsidentin der Technischen Hochschule Lübeck und seit 2020 Vizepräsidentin des DAAD. Darüber hinaus ist sie unter anderem Mitglied in der Fachhochschulen, Hochschulen für angewandte Wissenschaften in der Hochschule Rektorenkonferenz,
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Vorstandsmitglied der Hochschulallianz für den Mittelstand, Hochschulratsmitglied der Hochschule Emdenleer sowie Mitglied im Stiftungskuratorium der Universität zu Lübeck. Ihre Keynote trägt den schönen Titel Krise-Ruck-Aufbruch. Wohin? Wir freuen
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uns sehr auf Frau Dr. Moriel Helbig. Ja, herzlichen Dank für diese freundliche Einleitung und vor allem für die Einladung zu diesem UFF, wie ich es jetzt in mehreren Tweets auch gelesen habe.
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Die Keynote, die ich heute halten möchte, beruht auf einem Blogbeitrag, den ich vor einiger Zeit, ich glaube im April, im Blog von Jan Martin Wiader geschrieben habe. Damals hieß es nur Krise-Ruck-Aufbruch und jetzt also die Frage, wohin? Und ich habe mich gefragt, ob ich eine solche Keynote auf einem University Future Festival auch einfach als einen
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klassischen Vortrag halten kann und probiere das jetzt mit Ihnen einfach aus. Ich würde Sie also bitten, mir die nächsten 18 Minuten zu folgen. Zuerst zu einem Rückblick auf das vergangene Semester und einem Zwischenfazit und dann möchte ich einen Blick auf die Frage
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werfen, wohin uns dieser digitale Ruck tragen kann und soll, beispielsweise ganz kurz angerissen in den Bereichen Lehre, Internationalisierung, Infrastruktur und Hochschulbau. Und nach diesen 15 bis 18 Minuten freue ich mich wirklich sehr auf einen Austausch und die Diskussion mit
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Ihnen, das ist das, was immer tatsächlich am meisten Freude bereitet. Und ich möchte der Vollständigkeit halber kurz erwähnen, dass ich diesen Vortrag vor ungefähr zwei Wochen einen Kurzform schon mal beim Stifterverband vorgestellt habe im Forum Hochschulräte und
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hatten, wir hatten dort im Anschluss, es gab dort eine Podiumsdiskussion, mehrere wirklich ganz interessante Wortbeiträge. Also insofern freue ich mich da heute auch sehr darauf. Nun aber, wir angekündigt zum ersten Kapitel, einem Rückblick, den ich nenne, vom Jetzt auf Digitalsemester. Und beginnen möchte ich mit einem Zitat von
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Anna-Lena Scholz, die nämlich am 3. September anerkennend in der Zeit schrieb, etwas Erstaunliches ist geschehen. Fast geräuschlos hat der akademische Apparat seinen Lehrbetrieb umgestellt. Studierende klicken sich durch Online-Vorlesungen, Professorinnen drehen
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Videobotschaften, Unipräsidenten dehnen Prüfungsfristen ins gefühlt unendliche und mieten Messehallen, um Klausuren mit Hygieneabstand durchzuführen. Gerade die deutschen Hochschulen, die als so behäbig galten. Und tatsächlich, ich finde,
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das Lob ist berechtigt. Im Frühjahr stellen einige Hochschulen quasi über Nacht, andere mit wenigen Wochen Vorlauf ihr Studienangebot und ihr Arbeiten weitgehend auf digitale Formate um. Und zwar inklusive der Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur, Blitzschulungen in der Handhabung von digitalen Lernplattformen, inklusive
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Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen, zum Beispiel für E-Klausuren oder für das mobile Arbeiten. Und für mich persönlich war das ein unglaublich intensives Semester. Die Taktung der Zusammenarbeit, der Absprachen, Entscheidungen und der Kommunikation waren enorm hoch. Und das war sehr, sehr anstrengend, aber das war
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auch wirklich großartig, weil Studierende, Lehrende, Verwaltungen, Präsidium, alle haben an einem Strang gezogen und jeder hat mitgemacht. Wie gut wir dabei waren, wie gut wir waren, das kann ich allerdings ehrlicherweise noch nicht beantworten.
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In Umfragen zeigen Studierende sich froh, dass Lehre stattfand, aber sie gaben auch eine deutliche Spannbreite der Qualität an. Die Frage ist aber ja eigentlich nicht, wir haben Hochschulen das letzte Semester gemeistert, sondern was lernen sie daraus? Und das ist jetzt das Kapitel 2, ein Zwischenfazit, die Frage ist digitale
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Lehre gekommen, um zu bleiben. Und dazu möchte ich drei Vorbemerkungen machen. Erstens, Digitalisierung gab es schon vor Corona. Hochschulen sind keine
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Digitalisierungsanfänger. Viele Basisdienste, die in den Präsenzstudiengängen wichtig sind, laufen seit vielen Jahren auch im Normalbetrieb, eben digital. Damit gemeint beispielsweise die Bereitstellung von Unterlagen und Materialien, der Zugang zur Literatur, die Anmeldung zu Lehrveranstaltungen und Prüfungen und
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insbesondere auch die Kommunikation mit den Lehrenden. Und das sind alles Dinge, die vielleicht banal wirken, die aber im Studienalltag gravierende Veränderungen in den letzten 20 Jahren bewirkt haben, ohne die Präsenzhochschulen in irgendeiner Form zu bedrohen. Aber nicht nur Basisdienste, auch digitale Studiengänge und Mitform gab
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es schon lange vor Corona. Sie sind weltweit verbreitet, laufen seit vielen Jahren nachhaltig und gut. Ihre Zeugnisse sind völlig gleichwertig zu einem in Präsenz erworbenen Abschluss. Und auch die Existenz dieser digitalen Studiengänge hat weder die Präsenzlehre noch die Präsenzhochschule ernsthaft bedroht. Und deshalb direkt zu
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zweiten Vorbemerkung. Und das ist mir wirklich sehr, sehr wichtig. In meiner Auffassung will niemand die Präsenzlehre abschaffen. In einem offenen Brief zur Verteidigung der Präsenzlehre unterschrieben bis Anfang Oktober rund 6.000 Personen den folgenden Satz.
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Die Präsenzlehre als Grundlage eines universitären Lebens in all seinen Aspekten gilt es zu verteidigen. Und ich finde, in Deutschland gibt es gerade einige Gefahren und vieles zu verteidigen. Aber eine Bedrohung ausgerechnet der Präsenzlehre kann ich nicht
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bestätigen. Im Gegenteil, Corona zeigt doch gerade eindrucksvoll auf, was die Digitalisierung an großartigen Möglichkeiten bietet, aber auch an welche Grenzen sie stößt. Immer wieder hören wir doch, wie von allen Seiten betont wird, wie wichtig beispielsweise
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der direkte Austausch ist. Lehrende und Studierende haben einander vermisst. Das Campusleben wird vermisst. Und die Personen, die sich an meiner Hochschule über die Befürchtung, man könne die Präsenzlehre abschaffen, am meisten verwundert zeigen, sind übrigens die Digitalisierungsexpertinnen. Sie haben mir schon immer den folgenden Satz in
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die Vorträge geschrieben. Die Präsenzhochschule als realer Ort wird dauerhaft bestand haben. Dritte Vorbemerkung. Ich behaupte aber auch, niemand will zum Vor-Corona-Betrieb zurück. Studierende und Lehrende haben die Vorteile der digitalen Lehre erkannt und erlebt. Sie
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preisen die Flexibilität und die Zeitersparnis und übrigens auch den Kontakt zueinander. Und das finde ich einen ganz spannenden Befund. Auf der einen Seite wird in diversen Umfragen immer wieder betont, wie wichtig der direkte Austausch von Angesicht zu Angesicht ist
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und wie sehr er fehlt. Und der Kontakt und die Erreichbarkeit über die digitalen Formate, die werden jedoch ausdrücklich als positiv wahrgenommen. Das heißt auch hier zeigt sich wieder, dass eine Mischform wahrscheinlich in vielen Fällen ein sehr guter Weg sein kann. Und natürlich werden auch Herausforderungen berichtet. So ist die mündliche Diskussion
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teilweise nur mit Studierenden, mit guter technischer Ausstattung möglich, fällt es Studierenden schwer, die Motivation im digitalen Semester aufrechtzuerhalten. Und Lehrende sind verunsichert, da sich zumindest bei uns an der Technischen Hochschule Lübeck weniger Studierende zur Prüfung angemeldet haben. Und wir jetzt hoffen, dass diese Studierenden nur pausieren und dass wir sie nicht verloren haben. Und dann noch bis zu einer abschließenden
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Bewertung des letzten Semesters braucht es noch Zeit. Deswegen, zusammengefasst an dieser Stelle, Hochschule können Digitalisierung. Niemand will die Präsenzlehre abschaffen. Niemand will zurück zum Vor-Corona-Betrieb. Ja, was wollt ihr dann? Und deswegen in dem
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dritten und letzten Kapitel ein Ausblick. Wir begeben uns jetzt im Herbst in das sogenannte hybride Semester. In allen Bundesländern ist die Präsenzlehre meist unter Einhaltung der KALA-Regeln wieder erlaubt und findet parallel zu digitaler Lehre statt. Wie sehr die einzelnen
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Hochschulen schon Präsenzlehre wieder anbieten, variiert. Aber grundsätzlich ist es in den Bundesländern möglich. Das heißt, auch wenn viele noch primär auf digitale Formate setzen, ist jetzt die blended university life geschaltet. Und das ist neben der digitalen vor allem auch
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eine logistische Herausforderung. Und an der TH Lübeck legen wir daher, wie an den meisten Hochschulen, den Fokus in der Präsenzlehre auf Praxisveranstaltungen wie Labore oder Entwürfe und auf Veranstaltungen für die jüngeren Semester und die internationalen Studierenden.
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Und wir bilden Kohorten, um möglichst viele Studierende in Präsenzveranstaltungen unterzubringen. Und aber Studierende aus Infektionsschutzgründen den Campus für digitale Angebote verlassen müssen, muss Zeit zwischen Präsenz- und digitalen Angeboten eingeplant werden. Das ist völlig neu für uns. Wir haben den Vorlesungsrhythmus angepasst.
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Manche Studiengänge wechseln zwischen digitalen Tagen und Präsenzlehrtagen. Und nach diesem Wintersemester gehe ich davon aus, dass wir weiterhin hybrid fahren werden. Und aber sollten wir uns nicht in diese wirklich unsägliche Debatte drängen lassen, was ist besser,
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digital oder Präsenz. Denn die Frage ist, was ist für diese Kompetenzvermittlung, für dieses Modul, für diesen Studierenden und ja auch für diesen Lehrenden das beste Format. Wir müssen die digitale, ebenso wie die Präsenzlehre, ehrlich analysieren und bewerten können, ohne immer gleich ein Glaubensbekenntnis abgeben zu müssen.
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Ein Glaubensbekenntnis für das ein oder für das andere. Ja, ich finde digitale Lehre gut. Ja, ich finde Präsenzlehre gut. Ja, ich finde beide Formate gut. Das finde ich ein bisschen schwierig, dass wir, bevor wir in die Diskussion gehen, immer erst klarstellen müssen, dass niemand bedroht ist, wenn wir uns über die Inhalte und über die Qualität austauschen.
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Denn mit Blick auf die Lehre können wir ja feststellen, dass Hochschulen auf 20 Jahre Erfahrung mit digitaler Lehre zurückblicken, die nun erstmalig wirklich breit in die Fläche getragen wurden. Also 20 Jahre Erfahrung mit digitaler Lehre. Wir können aber auf
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Jahrhunderte Erfahrungen in der Präsenzlehre zurückblicken und jetzt haben wir doch die Gelegenheit ehrlich zu analysieren, was in der digitalen Lehre gut lief oder auch nicht und welche Präsenzformate einen Mehrwert gegenüber digitalen Formaten bieten oder auch nicht. Wir können gucken, welche Kombination ist gut angekommen. Das übliche
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Beispiel hierfür ist das Verlagern der klassischen Vorlesungen in den digitalen Raum und dann der direkte Austausch vor Ort an der Hochschule. Und viele unserer Lehrenden haben zwischendurch auch mal zum Telefonhörer gegriffen und somit noch ein Medium ins Spiel gebracht. Ja, warum denn auch nicht? Das Interessante ist,
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dass sich jetzt ja aufgrund des Corona-Semesters alle Lehrenden mit digitalen Formaten befassen mussten. Und das hat, und das ist meiner Ansicht nach nicht zu unterschätzen, das hat die Akzeptanz für Weiterqualifizierung erhöht, aber eben auch den Bedarf an Unterstützung, beispielsweise in der Mediendidaktik. Und für diese
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Unterstützung ihrer Lehrenden brauchen die Hochschulen jetzt zusätzliches Personal in Rechen-, Medien- und Didaktikzentren. Etwas heikler ist der Gedanke, dass die Hochschulen aber dafür vermutlich nicht oder gegebenenfalls weniger Beschäftigte
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für die Präsenzlehre brauchen. Und auch etwas heikel, aber wirklich unabdingbar ist, dass nicht jede Hochschule jedes digitale Modul aus Eigenproduktion braucht. Jetzt ist wirklich an der Zeit, hochschulübergreifende Modulnutzung mit Nachdruck zu befördern. Und auch kennen muss, eine Anerkennung des Aufwandes für gute Lehre. Gute Lehre ist
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aufwendig in Präsenz oder digital. Und wir brauchen zeitgemäße Lehrverpflichtungen, angepasste Rahmenbedingungen, beispielsweise bezüglich der Prüfungsordnung. Und das fordern wir schon so lange, dass es abgedroschen klingt. Aber es wird so langsam wirklich klarlässig, diese Forderung weiter zu ignorieren. Wenn wir auf unsere Studierenden
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blicken, dann brauchen diese gute Bedingung und einen freien Kopf natürlich grundsätzlich und nicht nur in Pandemiezeiten, aber jetzt eben auch. Und dabei geht es um ganz vielfältige Themen, um finanzielle Perspektiven, um die technische Ausstattung, aber auch um sichere und bezahlbare Unterkunft. Das ist ein Thema, was wir
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Hochschulen gerne etwas unterbelichten, weil es bei den Studierendenwerken liegt. Aber natürlich müssen wir hier auch gesamtheitlich auf die Situation unserer Studierenden blicken. Hochschulen müssen weiterhin in ihr Onboarding investieren, Studierenden jetzt das komplexe, hybride Studieren nahebringen. Werfen wir einen
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Blick auf die Infrastrukturen, die wir wirklich dringend investieren müssen, beispielsweise in die Weiterentwicklung synchroner Dienste wie Videokonferenzsysteme oder in den Netzausbau. Und auch hier dürfen wir analog zu der Modulentwicklung nicht das
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Ziel haben, an jeder Hochschule jede Infrastruktur vorzuhalten. Gemeinsam lässt sich einiges aufbauen, was alleine nicht möglich ist. Gemeinsame IT-Zugänge, Cloud-Video-Streaming-Dienste würden auch vieles tatsächlich für uns effizienter machen. Und es macht viel mehr Sinn, auch für kleine Hochschulen, aber auch
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für große Hochschulen hier wirklich gemeinschaftlich Infrastrukturen zu schaffen. Und gleichzeitig müssen wir die grundlegenden Fragen klären, beispielsweise bezüglich des Datenschutzes beim Kameraleinsatz und der Speicherung von Daten oder bezüglich der immer relevanter werdenden IT-Sicherheit. Ein Blick auf den Hochschulbau,
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denn nach einer idealen Welt würden wir auch unsere Räumlichkeiten und Gebäude anpassen nach dem Motto Form follows Function. So brauchen wir Räume für moderne, hybride, lehr- und Kommunikationsformate. Das bedeutet beispielsweise flexibel veränderbare Raumgrößen,
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verschiebbares Mobila, Kameras für Livestreams. Wir brauchen Raum für Studierende, an denen sie von der Hochschule aus an digitalen Formaten teilnehmen können. Ich hatte vorhin berichtet, dass unsere Studierenden den Campus verlassen müssen für die Teilnahme an digitalen Formaten. Das ist jetzt zu Pandemie-Zeiten so. Aber wenn wir hybrid weiterfahren müssen, dann brauchen wir für diese Studierenden Zonen, an denen sie mehrere Stunden lang
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bequem und konzentriert arbeiten können, aber eben auch aktiv an Lehrveranstaltungen mitmachen. Und das bedeutet laut sein zu können, ohne andere zu stören. Und wir brauchen auch mehr Raum für Begegnungen auf dem Campus und weltweit. Und zwar für Begegnungen,
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die in Präsenz stattfinden, die digital stattfinden, die aber auch hybrid stattfinden. Das Campus-Leben, das wird so betont und genau dafür müssen wir auch die verschiedenen Formate mit einbeziehen. Wir brauchen, und das kann B tun, dafür vermutlich weniger Büroräume und erst recht weniger individualisierte Büroräume. Denn wenn
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wir verstärkt mobil arbeiten, haben wir einen kaum vertretbaren hohen Lehrstand an den Hochschulen. Wenn wir im Zug, im Café, im Wohnzimmer arbeiten können, müssten wir auch an der Hochschule flexibel mal an Ort A und an Ort B tätig sein können. Das geht natürlich nicht für jeden Arbeitsplatz. Es gibt Arbeitsplätze, da muss man auf Akten
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zugreifen, da finden häufig Frechstunden statt. Da braucht man besondere Gerätschaften oder Ausstattungen. Aber das große repräsentative Einzelbüro beispielsweise einer Präsidentin könnte das Repräsentanzgehabe von gestern sein. Dann ist das neue Statussymbol nicht
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die digitale Kompetenz, die einen überall und zeitlich flexibel tätig sein lässt. Apropos überall tätig, noch ein Blick auf die Internationalisierung. Digitale Formate können die Internationalisierung auf vielfältige Weise befördern, beispielsweise durch
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vorbereitende Kurse, durch digital aufbereitete oder sogar KI-gesteuerte Informationen und Beratung, durch Anerkennung über Blockchain-Technologien, über Apps wie beispielsweise Erasmus Plus, die Studierenden unter anderem Informationen aus den Heim- und Gasteinrichtungen einzeigt oder über Meilensteine und Fristen im Mobilitätsprozess informiert. Die Digitalisierung
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der Internationalisierung ist meiner Ansicht nach in vollem Gange. Über die Geschwindigkeit mag man sich streiten, aber ich finde, hier sind wir auf einem richtig guten Weg. Wichtiger ist mir an dieser Stelle der kritische Blick auf Internationalisierung als gleichgesetzt mit Reisetätigkeit. Aufgrund des Klimawandels müssen wir hier
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über ernsthaft diskutieren und die Dringlichkeit wird jetzt durch die Corona-Pandemie noch offensichtlicher. Dabei möchte ich ganz deutlich sagen, wir können und wir sollen und wir dürfen nicht auf Internationalisierung im Sinne von internationaler Erfahrung, inter culto ca la competenz, grenz- und fächergreifenden, übergreifenden Kooperationen verzichten. Im Gegenteil, wir brauchen nach wie vor in der
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Internationalisierung den direkten Austausch, die direkte Erfahrung vor Ort. Aber wir dabei kreative Ansätze für das Thema Reisen. In der aktuellen DRD-Strategie wurde das Ziel ausgegeben, dass 50 Prozent der Studierenden an deutschen Hochschulen eine substanzielle
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internationale und interkulturelle Erfahrung machen, durch einen Auslandsaufenthalt, aber auch durch virtuelle internationale Erfahrung oder Internationalisierung zu Hause. Und ich finde das richtig. Aber dennoch unter allen akademischen Reisetätigkeiten sollte meiner Ansicht nach der studentische Austausch die höchste Priorität haben. Und
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Großveranstaltungen wie Konferenzen, Workshops, Preisverleihungen, Rekrutierungsmessen, Besprechungen, die könnten ja meistens digital und nur alle paar Jahre in Präsenz angeboten werden. Was ich sagen möchte ist, wir müssen uns die Reisen genau angucken und wir müssen dabei auch Prioritäten setzen und ich würde die Priorität ganz eindeutig auf
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studentische Austausche setzen. Und die anderen kann man ja ein Stückchen verschieben und trotzdem stattfinden lassen. Diskutiert wird natürlich, dass man Bahnreisen gegenüber Flugreisen höher bezuschusst und ähnliche Themen. Aber grundsätzlich würde ich sagen, wir müssen uns über all diese Maßnahmen den Kopf ja auch nicht alleine zerbrechen,
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sondern wir könnten auch internationale Ideenwettbewerbe initiieren oder uns da weiter austauschen. Ich komme zum Schluss. Was ich Ihnen jetzt im klassischen Vortragsstil und ich weiß gar nicht, das müssen Sie mal sagen, wie gut das funktioniert, präsentiert habe,
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das sind alles überhaupt keine neuen Gedanken und mehr noch die Konzepte hierfür, die liegen alle schon vor. Wir brauchen sie nur zu greifen und uns nochmal genauer anzugucken. Und das, was jetzt aber tatsächlich neu und anders ist, ist, dass wir eine Krise durchlebt haben, einen Ruck erlebt haben und jetzt in einen Aufbruch starten können. Wir haben ein
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echtes Window of Opportunity und in meiner Wahrnehmung sind die Hochschulen bereit und ist der Wille da und sollten wir diesen Aufbruch unbedingt nutzen. Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit und wäre jetzt wirklich sehr gespannt auf Ihre Kommentare,
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Anregungen, Gedanken. Ich bedanke mich. Danke, Frau Dr. Hellwig, für diese interessanten Einblicke, für diese spannende Keynote, die auf sehr großes Interesse gestoßen ist bei unseren Teilnehmenden. Ich nehme auf jeden Fall sehr stark mit,
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dass wir einmal uns auf die Metaebene begeben miteinander, dass wir es wagen, auch mal den Blick weiter in die Zukunft spielen und streifen zu lassen, um zu sehen, ja, es ist gerade alles etwas häuberig und herausfordernd, wie es noch nie war, aber gleichzeitig, wenn wir es gemeinsam anpacken, dann haben wir große Chancen
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und große Möglichkeiten, wann wir nicht jetzt. Wir haben eine Frage, die uns erreicht von Anders Lea, die ich gerne an Sie weitergeben möchte. Wird es nicht auch ein Zurückschwingen zur klassischen Hochschullehre geben, wenn der Coronavirus überwunden ist und die
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neuen Lehr-Lern-Enttäuschungen der digitalen Veränderungen größer werden? Es gab ja bereits einige E-Learning-Frustwellen in der Vergangenheit. Ja, ich finde das, also das finde ich, jetzt wirklich genau die große Frage. Also wir haben uns jetzt so sehr darauf konzentriert,
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dass wir die Befürworter der Präsenzlehre beruhigen, indem wir sagen, nein, sie sollen nicht abgeschafft werden. Ich hatte ja vorhin die knapp 6.000 Unterschriften, die hier wirklich eine große Befürchtung ausdrücken, zitiert, aber die großen Befürchtungen der Befürworter der digitalen Lehre, dass man vielleicht nach dieser Pandemie
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wieder zurückschwenkt und in alte Fahrwässer fährt, die kann ich auch nachvollziehen. Und ich glaube, dass es jetzt wirklich an uns liegt zu sagen, lasst uns ehrlich bewerten und lasst uns ehrlich gucken, welche Formate gut funktioniert haben, welche auch nicht und was für den
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Einzelnen wirklich in Frage kommt. Und ich würde hier sagen, man kann da wahrscheinlich so verschiedene Anhaltspunkte machen, also Praxisveranstaltungen, Labore, Praktika, die sind natürlich in Präsenz viel besser abzuhalten. Da kann man drauf achten, aber man kann ja auch sagen, natürlich gibt es auch Lehrende, die mit dem einen oder anderen
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Format besser klarkommen, unabhängig davon, was sie für Inhalte überbringen. Und mein Wunsch wäre einfach, dass man das offen und ehrlich besprechen kann und dass es keine Wertigkeitsdebatte gibt. Ja, alles hat seine Vor- und Nachteile und wir müssen einfach viel Wert auf gute Lehre legen und dann darf sie so oder so stattfinden.
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Es wäre halt gut, wir würden alles nutzen, was wir nutzen können. Das ist ein ganz interessanter Aufruf, sich zu verabschieden in puncto Bewertung, was ja gleichzeitig auch eine Art von Ranking immer mit sich trägt, eben wie sie gerade sagten, das eine ist besser, das andere ist schlechter, sondern zu sagen, nein,
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wir haben eine Fülle, wir haben ein Portfolio, einen Blumenstrauß von Tools und nun kann sich tatsächlich auch jeder und jede Lehrende selbst das herauspicken, was am besten funktioniert. Ich finde, das ist ein sehr schöner Anpack, sehr human, sehr menschenkonzentriert. Ich habe noch zwei weitere Fragen. Wir haben nicht mehr so viel Zeit, 5 Minuten, vielleicht
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schaffen wir es noch, die mit hinein zu bringen. Der Umgang mit der neuen Situation erfordert viel Arbeit und viel Geld. Besteht da nicht die Gefahr, dass man sich auf kleinen Erfolgen wie Moodle, E-Mail etc., die eigentlich selbstverständlich sein sollten, ausruht?
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Kann sein. Ich glaube das nicht. Ich glaube, dass wir vor Corona und nach Corona immer Menschen haben, die mit Leidenschaft die Themen voranbringen, manche, die es so gut machen, wie es in ihr Umfeld gerade passt und andere, die ihren alten Stiefel fahren. Ich glaube, das ist eine Pandemie unabhängig und es ist jetzt an uns allen, dass wir das Gelernte
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bestmöglich nutzen und weiter voranschreiten. In meiner Wahrnehmung haben wir das schon immer gemacht und es wird immer Personen geben, die das mit mehr Engagement betreiben und manche mit ein bisschen weniger und das halten wir aber ganz gut aus. Ich würde jetzt nicht von allen erwarten, dass sie sich wirklich kaputt machen hier rüber. Das muss man ja auch
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nochmal sagen. Es ist eine anstrengende und schwierige Situation und ich würde immer viel lieber wirklich allen Wertschätzungen entgegenbringen, die jetzt eben schon etwas Neues nutzen und machen und sich bemühen und dann versuchen wir gemeinsam besser zu werden, manchmal schneller, manchmal langsamer. Auch da nochmal der Verweis, mit ein bisschen
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Geduld läuft alles besser, ohne dass man vergisst, die Passion und wirklich den Drive gemeinsam reinzulegen. Die letzte Frage, die jetzt noch Zeit findet, kommt von Sophia Rost. Auch in Präsenz kann digital unterrichtet werden, auch im Labor. Was wir
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brauchen, ist hier der Kulturwandel zum Lernen für das 21. Jahrhundert. Wie schaffen wir ihn mit den aktuellen Hochschulen? Ohne die aktuellen Hochschulen ist schwierig, würde ich sagen. Also ich habe wahnsinnig viel Kreativität erlebt, auch bei uns in den Laboren. Ich bin froh, dass Sie das ansprechen. Die haben wirklich ganz tolle
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Formate gefunden, um Mischformen aufzubringen oder um auch Laborveranstaltungen digital anzubieten. Aber auch hier würde ich nochmal sagen, ich finde es ganz schwierig, da wirklich pauschal drüber zu reden. Ich glaube, wir müssen unseren Lehrenden eine große Unterstützung anbieten. Wir müssen sie vernetzen untereinander. Wir müssen sie
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einen Austausch bringen über Best Practice Beispiele und das ein bisschen schmackhaft machen. Aber nochmal gesagt, an den Hochschulen ist die Lehrverpflichtung extrem hoch und die digitale Lehre wird noch nicht gesondert anerkannt. Deswegen bin ich hier dafür, dass wir auf der einen Seite wirklich sehr stark dafür kämpfen, dass die Lehrenden auch
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die Möglichkeiten, die Unterstützung und den Freiraum bekommen, um kreativ tätig zu sein. Aber das ist wirklich ein Spiel von beiden Seiten. Das müssen wir denen eben auch bieten und schaffen und dann müssen sie diese Möglichkeiten auch nutzen. Und ich erlebe das auch. Aber nochmal, mir ist es ganz wichtig, dass wir kein Lehrformat abwerten
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darüber, dass wir jetzt plötzlich eine noch breitere Vielfalt sehen, die es vorher auch schon gab, aber die jetzt eben in die Fläche getragen wurde. Vielleicht können wir zu einer allerletzten Frage nochmal rübersteuern, die gerade noch reingekommen ist von Annette Richter. Das ist eine Art Mitterfrage. Deswegen schlicht
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sie ganz gut an ihre letzte Antwort an, inwieweit die aktuellen Hochschulen das bewältigen können und wollen. Vielleicht hilft es auch, die Hochschulen in eine Verantwortungsrolle hineinzubekommen, die über die Hochschule hinausgeht. Die Frage, können Hochschulen auf ihrem Weg auch andere Bildungsorganisationen, zum Beispiel
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schulische Bildung oder außerschulische Bildung begleiten und ihr Wissen teilen? Ich denke, die Hochschulen sind in vielerlei Hinsicht hier bereits Vorreiter. Ja, ich fände das super. Also das ist übrigens was, ich weiß nicht, wie das anderen Hochschulen geht. Da muss ich jetzt mal von mir sprechen, aber ich finde es wirklich schade, dass wir relativ wenig Kontakt zu Schulen haben. Zwar über Karrieremessen
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und so weiter, aber wirklich über den Austausch. Wie machen wir die Übergänge? Welche Lernplattform benutzt ihr? Welche Lernplattform benutzen wir? Da könnten wir viel, viel intensiver zusammenarbeiten. Wir hätten auch großes Interesse daran. Wir könnten ja beispielsweise auch über das Hosting Schulen wirklich einen Mehrwert bieten. Also ich fände es sinnvoll, wenn wir hier
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Schulen und Hochschulen beispielsweise viel enger an einen Tisch brachten, aber auch Berufshochschulen und andere Einrichtungen. Wir haben auch schon mit der Volkshochschule gesprochen beispielsweise. Also ich finde einfach dieses Bildungssystem umfassender angucken, finde ich einen ganz charmanten und wichtigen Gedanken. Da brauchen wir so
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langsam aber 28 Stunden Tage und mehr. Trotzdem ist es ein gutes Ziel.