We're sorry but this page doesn't work properly without JavaScript enabled. Please enable it to continue.
Feedback

Katastrophe und Kommunikation am Beispiel Nord-Ost-Syrien

00:00

Formale Metadaten

Titel
Katastrophe und Kommunikation am Beispiel Nord-Ost-Syrien
Untertitel
Humanitäre Hilfe zwischen Propaganda, Information und Spendenwerbung
Serientitel
Anzahl der Teile
254
Autor
Lizenz
CC-Namensnennung 4.0 International:
Sie dürfen das Werk bzw. den Inhalt zu jedem legalen Zweck nutzen, verändern und in unveränderter oder veränderter Form vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen, sofern Sie den Namen des Autors/Rechteinhabers in der von ihm festgelegten Weise nennen.
Identifikatoren
Herausgeber
Erscheinungsjahr
Sprache

Inhaltliche Metadaten

Fachgebiet
Genre
Abstract
Katastrophen, Krisen & Kriege lassen sich heute live mitverfolgen. Wir erleben eine kaum überblickbare Quellendiversität in den sozialen Medien – jeder wird zur Quelle. Welchen Einfluss hat das darauf, wie ein Konflikt wahrgenommen wird, wie setzen Konfliktparteien aber auch Helfende die sozialen Medien ein und was bedeutet das für Diejenigen, die vor Ort humanitäre Hilfe leisten. Wir diskutieren dies anhand des türkischen Überfalls auf Nord-Ost-Syrien gemeinsam mit Fee Baumann von Heyva Sor A Kurd, live aus Nord-Ost-Syrien Katastrophen, Krisen & Kriege lassen sich heute live mitverfolgen. Wir erleben eine kaum überblickbare Quellendiversität in den sozialen Medien – jeder wird zur Quelle. Welchen Einfluss hat das darauf, wie ein Konflikt wahrgenommen wird, wie setzen Konfliktparteien aber auch Helfende die sozialen Medien ein und was bedeutet das für Diejenigen, die vor Ort humanitäre Hilfe leisten. Wir diskutieren dies anhand des türkischen Überfalls auf Nord-Ost-Syrien. Fand Live-Berichterstattung aus Kriegsgebieten zu Zeiten des 2. Golfkrieges noch überwiegend durch ein paar wenige Journalist*innen, oft “embedded” statt, die für CNN&Co im grünlichen Nachtsicht-Look aus dem Panzer berichteten, kann in den sozialen Medien heute jede*r zur Quelle werden. Auf diese Weise gelangt die Öffentlichkeit an Informationen die vorher nur sehr schwer zu bekommen gewesen wären & schon gar nicht in Echtzeit. Die Quellenvielfalt birgt große Chancen für die Bewertung einer Lage und auch zur Überprüfung von Informationen durch mehrere Quellen oder Image Reverse Suche. Gleichzeitig verbreiten sich Gerüchte und Falschinformationen ebenfalls sehr viel schneller. Zudem können soziale Medien auch gezielt, etwa von Kriegsparteien manipuliert werden. Die Türkei setzte neben Deutschen Panzern etwa auch Bot-Armeen ein, im Ergebnis: Zwar verurteilte ein großteil der Welt den türkischen Einmarsch in Nord-Ost-Syrien, aber Twitter-Hashtags zeichneten zeitweilig ein ganz anderes Bild. Gleichzeitig kann es schon auch mal passieren, dass Türkei nahe Djihadistische Gruppen ausversehen selbst Videos ihrer Kriegsverbrechen prahlerisch ins Netz stellen. Was bedeutet all das für humanitäre Helfende vor Ort, die Twitter & co mittlerweile nicht nur zur Spendenwerbung sondern auch zur Lagebewertung nutzen: Wie kann man in der Praxis damit umgehen, dass sich auf Twitter gegebenenfalls ein ganz anderes Bild zeichnet als vor Ort und vor allem: Welches davon ist näher an der Realität? Darum geht es in diesem Talk am Beispiel des Türkischen Überfalls auf Nord-Ost-Syrien, von Sebastian Jünemann und Ruben Neugebauer von der Hilfsorganisation Cadus, die vor Ort mit mehreren, im wesentlichen medizinischen Projekten aktiv war, sowie Fee Baumann von der Organisation Heyvasor a Kurd, dem kurdischen roten Halbmond. Außerdem werden wir klären wie man sich per Selfie bequem ins Jenseits befördern kann und was sonst noch so für die persönliche Sicherheit zu beachten ist, im Umgang mit modernen Medien in Kriegsgebieten.
Schlagwörter
47
72
Vorschaubild
1:02:13
82
Vorschaubild
1:02:15
99
144
157
162
175
179
187
246
253
Bericht <Informatik>SmartphoneOrganic ComputingDatentypComputeranimationBesprechung/Interview
Physikalische GrößeBesprechung/Interview
Struktur <Mathematik>
Konflikt <Informatik>DynamikCodeInformationKommunikationInternetEntscheidungstheorieTwitter <Softwareplattform>Computeranimation
Konflikt <Informatik>DynamikKraftListe <Informatik>
RechnenLaufzeitsystemEckeSound <Multimedia>GruppierungZahlRückkopplungMengensystemComputeranimationBesprechung/Interview
Gebiet <Mathematik>Ein-AusgabeMomentenproblemBesprechung/Interview
LoopInformationSkypeSoundverarbeitungHOLNetzwerk <Graphentheorie>Vorlesung/Konferenz
Frontier <Programm>Betrag <Mathematik>Besprechung/Interview
ZahlAggregatzustandTwitter <Softwareplattform>InternetLinieTensorInformationFacebookKanal <Bildverarbeitung>HypermediaSupremum <Mathematik>YouTubeEreignishorizontVerschlingungART-NetzSoziale Software
Twitter <Softwareplattform>DurchdringungInformationInformationsmanagementVorlesung/KonferenzDiagramm
KryptoanalyseSupremum <Mathematik>Besprechung/Interview
InformationSupremum <Mathematik>EbeneComputeranimationBesprechung/Interview
AggregatzustandComputeranimation
Fixpunkt <Datensicherung>InformationMomentenproblemTwitter <Softwareplattform>KraftPHON <Programm>Besprechung/Interview
MomentenproblemFahne <Mathematik>KryptoanalyseStellenringStreckeInformationKraftFacebookStolperdrahtBesprechung/Interview
InternetdienstInformationAnalysisProviderE-MailTuring-TestInzidenzalgebraNetzwerk <Graphentheorie>SummierbarkeitSiebenDatensichtgerätComputeranimation
IntelOpen SourceInformationHomepageMengeInternetEigenwertproblemMAPBesprechung/Interview
SNAInformationDienst <Informatik>GeoinformationssystemInternetRechenwerkRandInhalt <Mathematik>GoogleEigenwertproblemÜbersetzer <Informatik>SchwebungKraftInternetdienst
IntelInformationUnschärfeEin-AusgabeGeodätische LinieInternetKryptoanalyseVariableWeg <Topologie>Orbit <Mathematik>Sound <Multimedia>Computeranimation
Struktur <Mathematik>KraftSenderVorlesung/Konferenz
openSUSEComputeranimation
Transkript: Deutsch(automatisch erzeugt)
über Krisen und Kriege eigentlich nur durch Journalisten, bevor es das Smartphone gab. Seitdem aber jeder ein Smartphone haben kann, kann er Videos oder Bilder mit jedem teilen. Was das eigentlich heißt für die Wahrnehmung, für die anderen in der Welt und was es auch heißt für welche Konflikte eventuell auftreten für Hilfsorganisationen, die vor Ort sind, werden euch heute Ruben Neugebauer
und Sebastian Jünemann vom Cardus e.V. erzählen. Also gebt ihm einen großartigen Applaus und viel Spaß bei dem Talk. Ja, einen wunderschönen guten Morgen. Schön, dass so viele Leute schon sind.
Es ist ja nicht so einfach einen der ganz frühen Talks zu halten. Ich würde ganz am Anfang sagen, wir sind zu dritt. Wir haben noch eine Live-Schalte. Wollten nicht nur mit zwei Typen auf der Bühne stehen. Wir haben noch zugeschaltet Fee Baumann von Hevaso Akkord, dem kurdischen Roten Halbmond. Die ist gerade in Nordaussyrien, da wo unsere Projekte auch stattfinden. Wir hoffen, das klappt gleich, dass
die jetzt auch so ein paar Anteile ganz live euch erzählen kann. Vielleicht ganz kurz als Anfang. Cardus an sich als kommunitäre Organisation ist natürlich muss und ist auch gut so religiös und politisch komplett unabhängig sein. Wir als Einzelpersonen sind es nicht.
Wir begreifen uns durchaus als links. Das heißt, wenn wir jetzt im Verlauf des Talks über diesen völkerrechtswidrigen türkischen Angriffskrieg reden, dann ist das gar nicht nur öffentlich neutral zu bewerten, sondern bewerten das schon auch durchaus politisch.
Ganz kurz zu uns und zu Hevaso Akkord. Hevaso Akkord, der kurdische rote Halbmond. Das ist eine Hilfsorganisation, vergleichbar hier mit den großen Hilfsorganisationen, ASB und
auch Rehabilitationssachen, in der psychischen Versorgung, es ist eine ziemlich große Organisation geworden in den letzten fünf Jahren. Wir haben seit fünf Jahren immer wieder Partnerschaften mit ihnen gehabt, jetzt auch gerade durchgehend. Zu uns, KADUS ist eine kleine Hilfsorganisation aus Berlin, gibt es auch seit fünf Jahren jetzt gerade. In Berlin betreiben wir
so einen Crisis Response Maker Space. Ein paar Gesichter haben wir da auch schon mal gesehen. Da versuchen wir an diversen Problemen zu arbeiten, die es so im ethären Markt so gibt, also mehr so ein klassisches Maker-Ding. Wir sind aber auch tatsächlich im Feld seit fünf Jahren jetzt auch schon, hauptsächlich
im Nordostsyrien, waren auch im Irak im Einsatz, hatten einen kurzen Ausflug in die Seenotrettung und wie gesagt in dieser Region Nordostsyrien, da verbindet uns jetzt schon seit 2014 tatsächlich eine gemeinsame Projektgeschichte. Auch noch mal ganz kurz als Disclaimer, in der Talk-Ankündigung stand noch
das ist so der politische Begriff der Region und es ist für uns auch teilweise ganz schwer, das fällt uns immer wieder in den Kopf, diesen Begriff zu benutzen. Die Strukturen vor Ort ziehen es mittlerweile vor, dass man es gerade als Region Nordostsyrien bezeichnet, also auch die lokale Selbstverwaltung. Deswegen versuchen wir das auch umzusetzen, aber weil der Begriff uns so lange im Kopf ist, wird es im Talk bestimmt das eine oder
andere mag uns noch in den Kopf schießen. Ja, Krisen und Kommunikation, es ist ja so, heutzutage kann man alles mögliche live mitverfolgen, man kann live mitverfolgen, wie irgendwelche Raketen ins All geschossen werden oder wieder landen, man kann live mitverfolgen, wie die PR-Abteilung der Deutschen Bahn sich komplett zerlegt, man kann
Florian Silbereisen Konzerte live im Internet mitverfolgen und man kann heutzutage eben auch Krisen und Konflikte live verfolgen und wir haben uns schon lange immer mal gefragt, was heißt das eigentlich für Hilfsorganisationen vor Ort? Also es ist ja schön, wenn man irgendwie
Informationen verfügbar hat, aber nochmal was anderes ist es dann, wenn man sich nicht nur informieren möchte von diesen Informationen, sondern wenn man eben als Organisation vor Ort ist und Entscheidungen treffen muss, wenn es darum geht, wo kann ich zum Beispiel auch helfen,
wo bin ich vielleicht selber auch gefährdet, all das hängt davon ja auch so ein bisschen ab. Also was heißt das dann für Hilfsorganisationen vor Ort? Wir sind ja im Zeitalter des postfaktischen, im Zeitalter der Twitter Diplomatie. Es ist ja so, dass heutzutage Kriege quasi nicht nur über die sozialen Medien
live mitverfolgt werden können, sondern mehr oder weniger auch über die sozialen Medien ausgetragen werden und dank dieser Quellenvielfalt, die wir jetzt mittlerweile durch das Internet, durch die verschiedenen sozialen Medien haben, ist es eben zum einen so, dass wir sehr viel mehr Informationen zur Verfügung haben,
als wir das früher hatten. Vor allem haben wir diese Informationen oft sehr viel schneller zur Verfügung, aber es ist halt dafür auch so, dass es natürlich sehr viel schwerer wird, die zu bewerten, weil auch Desinformation, auch Gerüchte sich halt sehr viel schneller streuen und deswegen hatten wir schon lang
mal vor, darüber mal so ein bisschen zu reden, was bedeutet das eigentlich für uns vor Ort, diese veränderte Medienlandschaft und ja, dafür haben wir eigentlich ein ganz gutes Beispiel da vor Ort. Genau. Warum ist Nordostsyrien eigentlich wirklich ein gutes Beispiel? Es ist halt kein klassischer Konflikt alleine, sondern es ist ein Bürgerkrieg innerhalb Syriens
mit multiplen Akteuren, mit Milizen, mit einem Staatsregime, das international geächtet ist, das trotzdem natürlich auch versucht, Propaganda zu machen, gerade deswegen Propaganda zu machen. Man hat auch schon gehört, es ist eine Art von Stellvertreterkrieg. Russland ist stark involviert, die USA waren lange stark involviert und es gibt begleitend
noch diesen Konflikt zwischen Kurden und dem türkischen Staat und das alles mercht sich dann quasi in dieser Region, die war in den letzten fünf Jahren immer schon hochdynamisch, auch für uns, auch allein schon aufgrund der Tatsache, dass es innerkurdisch viele Konflikte gibt zwischen nordirakischen
Kurden und den nordsyrischen Kurden und Kurdinnen, sodass da immer wieder, also da kommt ganz, ganz viel zusammen, was man in anderen Konfliktregionen zum Beispiel nicht hat, deswegen ist es sehr spannend, sich das genau an dem Beispiel mal anzuschauen und auch wenn es in den letzten fünf Jahren immer hochdynamisch war und dieser Flauen im Weißen Haus ist auch schon länger in der Macht ist, ist es so, dass in den letzten Monaten tatsächlich die
Dynamik des Konfliktes so unfassbar krass geworden ist, dass man im Endeffekt ja sich eigentlich auch gar nicht mehr verlassen konnte. Erdogan hat ja schon immer viel gedroht, mit einem Säbel gerasselt und gesagt, da muss was passieren, ich marschiere da ein. Irgendwie gab es aber immer eine Form von doch noch Stabilität, mit der irgendwie gerechnet werden konnte, gerade auch
aufgrund dieses Stellvertreterkrieges. Jetzt ist es so, das ist übrigens auch ein Tweet, wo ich dachte, jetzt ist er entweder gehackt oder wirklich vollkommen durchgeschallert, ist er tatsächlich nicht und deswegen wollen wir heute hauptsächlich mit dem Talk auch so ein bisschen drauf gucken, wie gehe ich mit Quellen eigentlich um und mit Quellenverifikationen, wenn ich mich nicht darauf verlassen möchte, dass
die Unmatched Wisdom von Präsident Trump im Endeffekt vor Ort doch alle Dinge für uns regeln kann. Einsteigen würden wir gerne mit einem kurzen Überblick. Wie war das eigentlich bei der Inversion? Um den zu geben, würden wir jetzt aber super gerne versuchen, Fee dazu zu schalten. Das müsste
hoffentlich funktionieren. Muss ich da was machen am Rechner? Macht ihr das? Hallo Fee. Vielleicht ganz kurz noch zu Fee. Fee arbeitet für den Kotischen Roten Halbmut. Ich weiß, sie stellt sich
unfassbar ungern selber vor, macht vor Ort eine unfassbar gute Arbeit, lebt hauptsächlich in der Region, koordiniert da ganz, ganz viele Projekte und hat deswegen einfach einen viel besseren Insight nochmal, als wir, die zwar auch häufig da sind, aber bereits nicht die gleiche Ahnung repräsentieren können, wie Fee das tut. Fee, vielleicht dein Part. Fee, warte mal, wir haben
noch keinen Ton. Versuch noch mal. Hallo? Ja.
Ja, vielen Dank für die Einladung. Ich würde den Überblick zugeben. Ich habe hier so eine kleine Rückkopplung. Genau, zur aktuellen Situation
momentan ist es so, dass wir vermutlich mehr als 300.000 Geflüchtete insgesamt momentan haben in der gesamten Region. Das ist eine geschätzte Zahl bzw. kann nicht genau genannt werden, weil viele von den Geflüchteten privat
untergekocht sind, das heißt bei Familien oder bei Freunden oder einfach sich Selbstverschläge irgendwo gebaut haben. Das heißt, wir können sie nicht genau erfassen, aber es sind etwa 300.000. Momentan bauen wir neue
Camps auf für die neuen Geflüchteten. Wir bekommen dafür keine Brennhilfe. Also der ORCR kann uns nicht unterstützen, wir zählen zum Beispiel einfach aus dem einfachen Grund, dass die syrische Regierung diese Camps nicht
akzeptiert, diese neuen Camps. Das heißt, UN-Organisationen können und dürfen uns offiziell nicht unterstützen. Zusätzlich finden natürlich immer noch weiterhin Kämpfe statt, entlang der Sicherheitszone. Momentan,
glücklicherweise, nicht mehr mit allzu vielen Zivilisten, die verletzt werden oder getötet werden. Das beschränkt sich momentan glücklicherweise einigermaßen auf militärische Akteure. Zudem ist es aber so, dass seit die Türkei hier angegriffen
hat, ist die Sicherheitslage massiv schlecht geworden. Das heißt, es gibt überall in der Region weiterhin IS-Zellen oder auch andere Gruppierungen, die versuchen, diese Regionen weitestgehend, so gut es geht, zu destabilisieren.
Und diese IS-Zellen oder auch andere Gruppierungen sind seit dem Angriff der Türkei eben erstarkt, also stärker geworden. Deswegen gibt es auch sehr viel mehr Anschläge überall in der Region.
Zudem ist es mittlerweile so, dass in den durch die Türkei besetzten Gebiete, also im Norden, Ras al-Ain und Talabjat, ist vermutlich mittlerweile verboten, Kurdisch zu sprechen.
Was sicher ist, ist, dass alle öffentlichen Gebäude umgenannt wurden, also es wird keine kurdische Sprache mehr benutzt, sondern eben nur noch türkisch und arabisch. Und es ist davon auszugehen, dass es eben wie in Afrin auch schon komplett verboten sein wird, kurdisch zu sprechen auf der
Straße oder geschweige denn in den Schulen zu lernen. Die medizinische Versorgung vor Ort, sie war vorher schon natürlich desolat nach acht Jahren Bürgerkrieg.
Und die Versorgung von den Geflüchteten in den anderen, in den alten Camps, möchte ich sagen, war vorher schon miserabel beziehungsweise kritisch, jetzt durch 300.000 mehr Geflüchtete ist es natürlich noch mal extrem,
extrem kritischer geworden, sagen wir so. Dazu kommt, dass wir gerade Winter haben. Das heißt, dass wir natürlich eh viele Erkrankungen haben werden. Die Unterbringung ist okay, also verhältnismäßig okay, aber immer noch schlecht,
also in Zelten im Winter ist einfach mies. Es ist gerade Regenzeit. Zudem sind natürlich Neugeborene und Schwangere sind extrem gefährdet. Dann haben wir
sehr viel, eine sehr hohe Stresssituation natürlich. Das heißt, wir haben auch sehr viele psychische Erkrankungen. Was wir kaum beziehungsweise nur schwer auffangen können. Man muss sich vorstellen, dass die Leute aus relativ gesicherten,
aus einem relativ gesicherten Umfeld beziehungsweise Umgebung eben jetzt alles verloren haben und auch nicht die Zeit hatten, irgendwas mitzunehmen und auch nicht zurück können. Zudem ist die Versorgung mit Trinkwasser und ausreichend Essen
auch nicht gut. Also das heißt, es ist einfach zu wenig für alle. Dann kommt dazu, dass eben immer noch ein Wasser,
Hauptversorgungsrohr, was durch die Türkei, durch einen Luftangriff beschädigt wurde und jetzt im türkischen Gebiet liegt, immer noch kaputt ist. Das heißt, es sind mittlerweile, also es sind etwa 700.000, wahrscheinlich mehr Menschen ohne ausreichende Wasserversorgung.
Und momentan bringen wir das Wasser in Tanklastwagen vor Ort nach Hasake in die Region. Allerdings ist die Wasserqualität auch deutlich schlechter geworden.
Dann haben wir das Problem, es ist momentan, es ist einigermaßen stabil, dass humanitäre Hilfsgüter, das heißt auch Medizin, durchkommen. Allerdings sind wir da immer auf den Goodwill angewiesen von zum Beispiel den irakischen Grenzübergängen.
Und wir können uns eben nicht darauf verlassen, dass Hilfsgüter rechtzeitig ankommen. Und wir können sie auch nicht immer rechtzeitig hier vor Ort weiterschicken zu den in die jeweiligen Regionen,
weil eben die Straßen immer noch sehr unsicher sind. Dann ist die Versorgung insgesamt von öffentlichen Krankenhäusern mit medizinischen Hilfsgütern sowie auch medizinisches Equipment
weiterhin schlecht und jetzt eben noch mal schlechter geworden. Dann haben wir natürlich durch den Krieg oder durch den Angriff der Türkei haben wir natürlich sehr viele Schwerstverletzte mit Langzeitfolgen, die wir momentan nicht betreuen können.
Das heißt viele, es werden natürlich Prothesen benötigt und Physiotherapien etc. neben psychologischer Hilfe. Und das können wir momentan gar nicht leisten.
Es gibt natürlich die Unterstützung von internationalen NGOs, wie auch CADOS. Das Problem ist, dass viele von denen, also die Sicherheitslage hat sich eben so doll verschlechtert hier momentan oder ist, sagen wir, nicht abzuschätzen oder schwer abzuschätzen,
dass sie eben wenig hier vor Ort sein können. Und das macht auch, dass die Hilfe langsamer kommt und eben auch oft nicht ausreichend ist.
Von den internationalen Staaten, also von der internationalen Gemeinschaft kommt momentan gar nichts, kann man so sagen. Es gibt ganz kleine Füße, aber das ist alles inoffiziell
und sehr vorsichtig, sagen wir so, um sich eben nicht in politische Schwierigkeiten zu bringen, schätzungsweise. Ja, das war so ein ganz kurzer Überblick, wie die momentane
Situation hier ist. Wir haben natürlich zusätzlich einfach super viele Unsicherheiten in der Bevölkerung als auch bei NGOs natürlich, weil einfach super viele Akteure jetzt plötzlich hier in der Region aktiv sind.
Das heißt, wir haben die Türkei und deren Alliierten, dann haben wir natürlich die USA, die weiterhin da sind, aber hauptsächlich sich tatsächlich um ihre Ölfelder oder um die Ölfelder kümmern und Russland und Syrien, die hier unterwegs sind
und genauso wie die Türkei, unberechenbar sind. Das heißt, man weiß nie genau, was da jetzt passiert und worauf
man sich, auf welche Absprachen man sich verlassen kann. Es gab mehrere Zwischenfälle oder Unfälle mit russischen Panzern auf Zivilistinnen, mindestens fünf Zivilistinnen sind dabei gestorben, wenn nicht mehr.
Genau, und insgesamt ist die Bevölkerung, sagen wir, oder in der Bevölkerung herrscht einfach eine immense große Unsicherheit und Angst. Ja, das war so weit mein Überblick.
Bevor wir weitermachen, vielen Dank, Fee, erstmal für den Input. Also auch mal wieder switchen, Fee bleibt hoffentlich im Loop und
dann können wir nochmal ein, zwei Mal zurückschalten zu ein, zwei Fragestellungen. Genau, wir haben noch so ein paar Bilder, da würden wir es relativ kurz, schnell durchgehen. Das war gedacht für den Moment, wenn wir Fee nicht auf Video bekommen hätten, dann hätten wir sie nur über die Tonspur gelegt. Genau, das ist vor allem auch mit den Bildern nicht so richtig. Genau, also so sieht es dort vor Ort aus.
Wir haben von Fee gehört, relativ eindrücklich, wie komplex die Lage da ist. Was da alles so zu beachten ist, super viele Akteurinnen, es ist super schwer teilweise ja dann rauszukriegen, was irgendwie tatsächlich vor Ort passiert. Und wenn wir vorhin kurz von postfaktischem Zeitalter
gesprochen haben, dann meinen wir damit nicht nur jetzt reine Fake News, die gibt es natürlich auch. Aber wir meinen nicht nur Geschichten, die jetzt komplett erstunken und erlogen sind, sondern wenn wir darüber sprechen, irgendwie wie schwierig es ist, irgendwie Quellen zu bewerten, dann meinen wir damit auch, dass es gar nicht unbedingt intendiert ist. Und deswegen haben wir jetzt so ein paar Schwierigkeiten,
mit denen wir da konfrontiert sind vor Ort. Es ist ja so, dass früher hatte man klassische Berichterstattung im Fernsehen. Heute hat sich das alles sehr stark verlagert, hin zu diversesten Quellen in den sozialen Medien. Das ist auf der einen Seite natürlich prima, weil wir eben, wie schon gesagt, super schnell die Informationen
kriegen, weil wir auch teilweise Informationen kriegen, die wir sonst niemals bekommen hätten. Und dadurch ganz andere Möglichkeiten haben, auch Dinge zu verifizieren, wenn die irgendwie auftreten. Zum anderen ist es aber so, dass es halt auch schwierig ist, weil es viel schwieriger wird, eine ordentliche Analyse zu machen, weil natürlich auch Fehlinformationen sich super schnell verbreiten. Und was auch ein Effekt ist, ist, dass zum Beispiel die
klassischen Medien ihre Korrespondentinnen-Netzwerke zurückfahren, weil die sich das gar nicht mehr leisten können, vor Ort informierte Korrespondentinnen zu haben. Und dann könnte man natürlich jetzt das machen, was wir hier gemacht haben, nämlich eine sehr informierte Person wie Fee einfach über Skype zuzuschalten. Aber viele Medien machen das dann anders.
Die schicken dann lieber einen Fernsehmoderator aus Deutschland mal eben für ein paar Tage darüber. Und deswegen ist es für uns auch so ein bisschen was, was zu diesem Postfaktischen dazu zählt, wenn man dann sozusagen Medien hat, die eigentlich gar nicht so richtig präsent sind in der Region, die aber dann mal schnell darüber fahren und zum Beispiel über die schwierige hygienische
Situation in dem Lager Al-Hol sprechen. Al-Hol ist tatsächlich ein Lager, wo es schwierig ist. Da sind viele tausend Menschen interniert, die früher dem IS angehört haben. Das ist relativ angespannt, die Lage dort. Und tatsächlich ist es so, dass es da teilweise vielleicht schwierige hygienische Verhältnisse gibt. Das Problem ist nur, der Reporter, der hat vor
Ort gar nicht den Zugang zu diesen Situationen. Deswegen nimmt er halt das, was ihm vor die Kamera kommt und spricht von den schwierigen hygienischen Verhältnissen anhand von einer herkömmlichen Pfütze, wie wir es ja auch auf einem europäischen Campingplatz hätten haben können. Und die Schwierigkeit dabei ist natürlich dann
für uns, dass wir zwar eine Berichterstattung haben, das ist aber sehr schwer, ist eigentlich irgendwie zu sehen. Bauschen die gerade eigentlich eine Situation nur auf oder ist es tatsächlich so schlimm? Und das Ganze wird dann von seinen Kollegen aber noch als absolutes Qualitätsfernsehen
abgespeichert. Also das ist sozusagen ein Problem, mit dem wir da konfrontiert sind mit den klassischen Medien. Genau. Wenn wir über Postfaktisch reden, dann ist es aber auch so, dass meine Karte, die zeigt die internationalen Reaktionen von Staaten, also nicht die politische Solidarität, sondern von Staaten tatsächlich in Bezug auf diesen
türkischen Einmarsch. Und da seht ihr, also Grün ist das, was diesen Einmarsch supportet hat, also gut geheißen hat. Dann gab es halt ein bisschen so Neutralität, die nichts gesagt haben, aber die überwiegende Zahl der Länder, die sich geäußert haben, haben alle ganz klar gesagt, geht gar nicht, ist völkerrechtswidrig, haben sogar Sanktionen mit reingebracht.
Trotzdem waren Pro-Kriegshashtags zu der Zeit weit über Antikriegshashtags zum Thema Nordostsyrien. Und in der Türkei selber sogar waren Pro-Kriegshashtags tatsächlich absolut länger auf der obersten Linie. Jetzt wollen wir nicht heute über Clickfarms und etc. reden, wie sowas
entsteht. Es ist nur erstmal so, das ist ein Bild, das präsentiert sich. Dann kann man sich angucken, die Hashtags, und die haben aber eigentlich mit der Realität nicht viel zu tun. Postfaktisch ist auch, wenn die Kommandantur der türkisch-gebäckten Milizen, die sie vorgeschickt haben, über Social Media aufruft, dass eben
genau diese Milizionäre eben diese Social Media nicht mehr bitte benutzen sollen, um Dinge von der Front aufzunehmen und zu zeigen. Worum es darum ging, ist vermeintlich eine Geschichte mit Sicherheit. Wo sind wir eigentlich? Und ihr Gefährt unsere Soldaten? Eigentlich ging es hauptsächlich darum, dass zu Beginn der Invasion wahnsinnig
viele Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen live auf Twitter mitverfolgbar waren. Hier ging es jetzt zum Beispiel tatsächlich um, das habt ihr wahrscheinlich auch mitbekommen, um die Ermordung einer kurdischen Menschenrechts- und Frauenrechtlerin Harwin Karlaff.
Das war relativ klar, dass es gezielter Anschlag gewesen ist, sie wurden aufgehalten, aus dem Auto gezogen, erschossen wurden. Das ging sogar ein bisschen durch die Medien, weil die Person selber bekannt ist. Sowas konnte man zu der Zeit aber, wenn man sich dafür interessiert hat, wirklich tagtäglich durch die Timeline gekommen. Also wie die Milizen, die vorgestoßen sind, diese Kriegsverbrechen
aufgenommen haben und genau, einfach so frei auf Twitter rausgehauen haben. Ja und natürlich sind die der Aufforderung nicht gefolgt, irgendwie nichts mehr vom Schlachtfeld hochzuladen. Die haben munter weiter hochgeladen und deswegen ist es auch zum Beispiel so ein bisschen interessant, wenn man über postfaktisches redet, dass zwar im
Internet plötzlich sehr viele Bilder aufgetaucht sind, von den tollen deutschen Leopard-Panzern, wie die da in Syrien an der Front eingesetzt werden, dass aber gleichzeitig die Bundesregierung gesagt hat, wir haben da gar keine eigenen Quellen zu. Wir wissen eigentlich gar nicht so genau, was da eigentlich passiert. Das heißt, was man auch immer betrachten muss, wenn es darum geht,
was haben wir eigentlich für Quellen zur Verfügung, ist, wer möchte eigentlich gerade, dass diese Quellen gesehen werden, weil zwar hat die Bundesregierung gesagt, wir haben keine eigenen Erkenntnisse darüber, ob dort und wie dort Leopard-Panzer eingesetzt werden, aber eigentlich hätten sie vielleicht sagen sollen, wir wollen eigentlich gar keine eigenen Erkenntnisse darüber haben, weil wenn man sich überlegt, was die Bundesregierung eigentlich an
Ressourcen zur Verfügung hätte, um irgendwie zum Beispiel so ein Video zu verifizieren und was es dafür auch für technische Möglichkeiten gibt, dann ist es schon ein bisschen traurig, wenn es ja dann keine eigenen Erkenntnisse gibt. Jetzt wissen wir aber natürlich seit Chemnitz, dass die deutschen Geheimdienste nicht allzu gut darin sind, Videos zu verifizieren und
deswegen haben wir gedacht, müssen wir da mal ein bisschen Nachhilfe betreiben für die Bundesregierung. Es gibt also zahlreiche Kanäle, über die man sich heutzutage informieren kann. Da sind natürlich die klassischen Nachrichten-Kanäle mit dabei. Die haben dann den Vorteil, dass die zumindest so ein bisschen eine Redaktion vorgeschalten haben.
Das heißt, dass die so ein bisschen rausfiltern, was ist eigentlich echt, was ist nicht echt. Die sind dafür aber verhältnismäßig langsam. Dann gibt es meistens vor Ort auch einige Agenturen zum Beispiel, die sich speziell mit der Region auseinandersetzen, die also schauen,
was passiert eigentlich in der Region, die speziell dazu Nachrichten liefern. Das sind meistens gute Kanäle, um sich zu informieren und dann gibt es eben zum einen die klassischen sozialen Medien, also Facebook, Twitter, YouTube und so weiter. Was in dem Fall super interessant war, war, dass Telegram eine total wichtige Rolle gespielt hat.
Über wie toll jetzt Telegram ist oder nicht kann man sich streiten, aber Fakt war, dass sehr viele gerade von den Milizen Telegram-Kanäle verwendet haben, um ja dann im Prinzip zu kommunizieren mit ihren AnhängerInnen. Da ist es so, da muss man sich so ein bisschen reinfuchsen, also das findet man nicht sofort, aber es ist zum
Beispiel teilweise so bei den Milizen, dass sie dann auf anderen Kanälen, die sie nutzen, eben auf ihre Telegram-Kanäle hinweisen. Also das war ganz spannend, dass man so auch immer so ein bisschen gucken muss, was sind eigentlich gerade die Quellen, die funktionieren und die am schnellsten sind, dass man sich da sozusagen nicht nur auf die klassischen verlässt. Eine weitere Herausforderung, die
total wichtig war, ist, wir haben es mit einem Konflikt zu tun, wo sehr unterschiedliche Sprachen gesprochen werden. Das heißt, wenn ich mir die sozialen Medien anschaue, dann kann es sein, dass zum Beispiel auf Türkisch, auf Twitter ganz andere Informationen verfügbar sind, wie zum Beispiel auf Englisch oder Arabisch und
deswegen ist es immer wichtig, eben auch im Kopf zu haben, dass es unterschiedliche Sprachen gibt, die da relevant sind. In dem Fall bei dem Konflikt ist es eben natürlich die Sprachen der Konfliktparteien, also Türkisch, Kurdisch, Arabisch, Englisch natürlich für die internationale Community, aber interessanterweise zum Beispiel auch Deutsch, da ist super viel auf Deutsch auf Twitter gelaufen, weil
es eben eine sehr große Diaspora aus der Region in Deutschland gibt und zwar sowohl von kurdischer als auch von türkischer Seite. Genau. Das sind nicht nur die Sprachen, die trennen, sondern auch das Konzept der Echo Chambers oder Filter Bubbles. Bei Filter Bubbles ist man sich ja glaube ich gar nicht so sicher, wie die existieren, wie geschlossen die sind, aber diese Echo kann man, das ist ja relativ
klar, also wenn mich nur bestimmte Informationen interessieren oder wenn ich politisch auf eine gewisse Art und Weise gefärbt bin, dann hole ich mir wenig Informationen aus einem anderen Bereich. Da wurde auch schon viel überdiskutiert, gab es ja auch schon verschiedene Talks, eine richtig schöne Blüte dazu ist wieder dieser Hashtag, dieser kriegsbejahende Hashtag
und tatsächlich ein Fußballspieler, ich weiß, ob ihr es mitbekommen habt, das ging so weit, dieses Echo Chambers Konzept, dass er tatsächlich als angestellter Fußballspieler des linken Fußballvereins Deutschland, also des FC St. Pauli, trotzdem auf seinen Social Media rausgegangen hat, wir sind an der Seite unserer heldenhaften
Militärs und der Armeen, sehr spannend, also Militärs, dann ist da mit den Armeen, das hätte ich auch die Milizen gemeint, mit den Menschenrechtsverletzungen, unsere Gebete sind mit euch. Das heißt, da ist eine Person, die lebt und arbeitet in eigentlich ganz anderen linken Umfeld, dass er tatsächlich, wenn prokodisch ist, vor allem aber gegen Krieg und
bekommt es aber trotzdem, also entweder bekommt er es nicht mit oder es ist ihm egal, von dieser Seite nochmal Gruß an den FC St. Pauli, weil die einzige richtige Reaktion war, er wurde gefeuert und es ist auch gut so. Und dieses Beispiel hat aber nochmal so, bei mir hat diese Frage aufgeworfen, also hat er das jetzt einfach nicht mitbekommen, dachte er tatsächlich, er kann das jetzt
machen, ist das normal, weil sein Umfeld halt auf prokrieg eingestellt ist oder nicht, dann ist ja immer die Frage, welche Personen bekommen welche Menschen eigentlich noch mit? Und da kommen wir zu einem Beispiel, was wieder uns betrifft, als Kadus, wir haben ja da mit, hey, was war gesagt, relativ schnell, es brauchte mehr Ambulanzen, also haben wir kurzfristig nach dem Einmarsch der Türkei 5 weitere Ambulanzen
zur Verfügung gestellt, eine von denen ist beschossen worden. Und dann haben wir das rausgehauen, hier auf Twitter sieht man ja in diesem Beispiel und wir versuchen meistens eigentlich nicht so viel mit Bildern zu arbeiten, weil uns auch Recht am Bild wichtig und wir auch dieses, wie gesagt, dieses Emotionsheischende eigentlich nicht so gut finden, aber die gleiche Information mit
anderen Bildern unterlegt, gibt einfach schon eine ganz andere Reichweite und eine ganz andere, ja, also ganz andere Durchdringung dieser Information. Das heißt auch tatsächlich, auch wir als Quelle müssen uns natürlich überlegen, wie wir Informationen aufbereiten und wie weit wir eigentlich kommen. Genau. Da würden wir
jetzt ganz gerne nochmal kurz Feder zuschalten, weil als unsere Ambulanz beschossen wurde, war das für uns natürlich nochmal auch ein ganz emotional, nochmal ein ganz anderes Ding. Wir waren aber weitem nicht die erste medizinische Einrichtung, die angegriffen wurde in diesem Krieg. Dazu muss man auch nochmal sagen, medizinische Einrichtung, also eigentlich Zivilistinnen und Zivilisten sowieso, medizinische
Einrichtungen, nochmal ganz speziell, sind natürlich im Krieg eigentlich geschützt. Da gibt es etwa Konventionen, da gibt es ein Völkerrecht zu. Das heißt, eigentlich müsste eine Aufschrei der Empörung geben, wenn so was passiert. Die asymmetrischen Konflikte der letzten Jahre führten aber immer mehr dazu, dass es mittlerweile so normal ist, dass halt die Angriffe, zum Beispiel auf Halverstow-Akkord, komplett ohne
Medienecho-Verhalt sind und ganz spannend für uns vielleicht. Wir haben natürlich nach diesem Angriff auch eine ganz große Pressemitteilung rausgehauen und gesagt, deutsche Hilfsorganisation international tätig und die Rückmeldung war mau. Fee, wie sieht es denn bei dir aus? Ihr habt es ja öfter erlebt. Wie waren denn da so
die Reaktionen, wenn da was passiert ist und was ist da so passiert? Ja, also passiert ist erst mal, wir hatten mindestens einen Angriff auf einen sogenannten Trauma-Stabilisation-Point, etwa 20 Kilometer südlich von
Rasselein, also außerhalb der Sicherheitszone. Dabei wurden einglück nur Ambulanzen beschädigt und keine Mitarbeiterinnen. Genau, dann wurden unter anderem nicht von
uns, aber von der medizinischen Teams, von der Self-Administration entführt und hingerichtet tatsächlich. Dann wurden eben, was Sepp schon gesagt hat, die gemeinsam betriebenen Ambulanzen
angegriffen durch Beschuss. Und zudem hatten wir die Situation in Rasselein, dass wir eben immer noch Teams in der Stadt hatten, also im Krankenhaus, die da weiterhin auch gearbeitet haben und Schwerstverletzte versorgt
haben. Und wir einfach keine Chance hatten, diese Menschen zu evakuieren. Das heißt, diese Leute waren drei Tage, also Medizinerinnen-Team plus Schwerstverletzte waren drei Tage eingeschlossen in der Stadt. Wir sind, eigentlich haben wir
mit allen Nationen mehr oder weniger gesprochen und haben um Hilfe gebeten und einen humanitären Sicherheitskorridor zu gewährleisten. Daraufhin ist nichts passiert. Am Ende sind wir sozusagen auf
gut Glück mit 30 Ambulanzen in die Stadt gefahren und haben unsere Teams und die Schwerstverletzten aus dem Krankenhaus evakuiert. Das ging einigermaßen, also es ging ein Glück, alles gut, aber trotzdem
war das natürlich sehr, mehr als gefährlich, weil klar war, dass wir als humanitäre Hilfsorganisation nicht anerkannt werden bzw. eben dann auch beschossen werden. Wir haben versucht, dass auf allen möglichen
Wegen zu verbreiten, diese Informationen und publik zu machen, über Social-Medias, aber auch durch Interviews. Leider war die Reaktion gleich Null, also zumindest nicht, dass ich etwas mitbekommen hätte.
Ja, die Lage in Ritzal-Einbach war super dramatisch und trotzdem hat eben keiner eingegriffen und geholfen. Ich glaube, solange
die Genfer-Konventionen nicht beachtet werden von militärischen Akteuren oder auch von Staaten, werden auch Ambulanzen oder humanitäre Hilfsorganisationen nie sicher sein. Das heißt, laut den
Genfer-Konventionen ist es verboten, auf humanitäre Hilfseinrichtungen oder auch Ambulanzen zu feuern. Das wurde aber in unserem Fall einfach nicht akzeptiert. Und solange das nicht
akzeptiert wird, von wem auch immer, kann auch eine sichere humanitäre Hilfeleistung nicht gewährleistet werden. Im Hintergrund haben wir jetzt schon so ein paar Bilder gesehen von diesen Übergriffen auf medizinische
Einrichtungen. Genau, wir sind so ein bisschen laufen in der Zeit aus dem Ruder, deswegen Ruben wird gleich noch etwas erzählen dazu, wie Quellenanalyse für uns vor Ort eigentlich funktioniert. Ich würde jetzt mal ganz kurz sagen, wir hatten ja oder haben jetzt auch immer wieder internationale Teams vor Ort, was für uns tatsächlich
so viele Probleme macht über die Social Media, bzw. über die Möglichkeit, dass jeder Mensch zur Quelle wird. Da fällt mir natürlich als allererstes zum Beispiel ein das Thema Frontverläufe. Fear hat es gerade schon angesprochen, als Rafalein angegriffen wurde, haben die türkischen Milizen sehr schnell vermelden lassen, wir haben diese
Stadt eingenommen. Keine zehn Minuten später haben sich kurdische Kräfte zurückgemeldet und haben gesagt, so eine Stadt ist nicht eingenommen. Zehn Minuten später hieß es wieder, und genau das ist natürlich der Punkt. Wie kann ich auf so eine Quelle vertrauen, wenn ich in dem Moment eigentlich eine Ambulanz auf den Weg in die Stadt habe? Weiß ich, wo die Front tatsächlich verläuft, weiß ich mittlerweile wirklich, wo die Kampfhandlungen sind. Wir waren
da damals mit Carlos auch in Mosul, da warst du das gleich, dann haben wir Meldungen kommen, oder der IS meldet auf einmal, wir haben wieder irgendwelche Straßenzüge eingenommen. Das können totale Fake News sein und das kann ich hier in Deutschland in einem Lagezentrum auch in aller Ruhe vielleicht eruieren, aber für mich da gerade vor Ort ist ja genau die Frage, wie reagiere ich darauf? Und schon dieser einzige Twitter oder
diese einzige Aussage, auch wenn es Fake sein könnte, könnte trotzdem überleben oder tot entscheiden für mich. Vor Ort sind zum Beispiel so Geschichten, Checkpoints. Checkpoints in Nord aus Syrien, Fee hat das vorhin auch schon gesagt, es gibt unfassbar viele Akteure mittlerweile vor Ort. Fun Fact, vor zwei Tagen haben sich russische und US-amerikanische Soldaten in
Taltama geprügelt, weil sie aufeinander getroffen sind. Also das ist absoluter Wahnsinn, was da gerade stattfindet in diesem Schmelztiegel. Und es ist natürlich für viele Menschen extrem wichtig zu wissen, wo kann ich mich gerade eigentlich bewegen. Normalerweise ist so ein Checkpoint relativ gut gekennzeichnet. Was machen jetzt aber Milizen oder auch zum Beispiel die syrische Armee, wenn sie irgendwo durchfahren,
gehen zum Checkpoint, hissen ihre Flagge, ob die dann noch da sind oder nicht, kann ich gar nicht wissen. Auch hier wieder, es reicht ein Foto, das ich hochlade in die sozialen Medien, dann braucht es lange, um wirklich wieder Sicherheit herzustellen, ob diese Information stimmt oder nicht. Es für mich aber total entscheidend, ob ich mich da noch bewegen kann oder nicht. Gleiches Bild aus Manbij,
wo wir wissen, dass halt die syrische Armee reingefahren ist, ihre Flaggen gehisst hat und wieder rausgefahren ist, um sich im Endeffekt im Konflikt mit den Milizen in dem Moment nicht zu stellen. Frontverläufe auch zum Beispiel wieder. Es gibt in Nord aus Syrien diesen Highway M4, das ist die Lebensader der Region, könnte man sagen. Und da war es
genau das gleiche. Türkisch gebäckte Milizen sagen, wir haben diesen Highway eingenommen. Als Verifikation schicken sie Ihnen ein Foto, wie ein paar Bewaffnete auf irgendeinem Teil von diesem Highway stehen, der natürlich über hunderte Kilometer geht. Kurz danach gibt es die Rückmeldung von kurdischen Kräften. Nein, das ist gar nicht so. Für mich als Person
vor Ort vielleicht, müsste ich ja trotzdem sagen, wenn die Wahrscheinlichkeit da ist, fahre ich natürlich nicht diese Strecke. Oder auch als lokaler Ambulanzfahrer, Ambulanzfahrerin müsste ich in dem Moment sagen, diese Strecke fahre ich nicht. Diesen Highway, der relativ sicher ist, den fahre ich nicht. Ich fahre jetzt eine andere Strecke, wo ich dann aber auf ganz andere Gefahren stoße. Viel schlechtere Straßenverhältnisse, vielleicht
Sprengfallen, vielleicht Sleeping Cells vom IS. Und so kann tatsächlich diese Informationsfreiheit, die wir ja eigentlich abfeiern, in dem Moment zum echten Problem werden tatsächlich. Da hatte Fee vorhin ein ganz schönes Beispiel zu. Fee, bist du noch da? Ja. Genau.
Aus Kamischloh. Ich kann es hier noch mal so ein, zwei Beispiele nennen, wie das für dich und für euch gewesen ist vor Ort. Fee nutzt nämlich eigentlich gar keine sozialen Medien, hat sie gesagt. Richtig, also ich benutze keine sozialen Medien, Facebook oder sowas.
Genau, also es war einigermaßen verstörend, weil ich in Kamischloh war, als die Angriffe angefangen haben. Und mich dann sozusagen,
also dass die Angriffe im nördlichen, nördlich-westlichen Teil schon angefangen haben, das wusste ich natürlich, also in Tala Biatrasal ein. Aber dann erreichten mich Nachrichten von Freunden, die über Social Medias
gesehen haben, dass Kamischloh jetzt angegriffen wird durch Drohnen bzw. eben durch Luftschläge. Ich habe dann aus dem Fenster geguckt und gelauscht und festgestellt, hier ist nichts. Ich habe dann natürlich noch mal
meine Kolleginnen und Kollegen vor Ort direkt gefragt, ob es hier irgendwelche Angriffe schon gab. Und das wurde beneint. Das heißt, ja, diese Informationen kamen zu früh, später, also am Abend
war es dann auch tatsächlich so, dass es Angriffe gab in Kamischloh, aber eben zu dem Zeitpunkt, als mich die Nachricht erreicht, dass Kamischloh gerade angegriffen wird, war es eben nicht so. Wie gehen wir eigentlich mit so Online-Quellen um? Wie können wir
eine Lagebewertung vornehmen und wie können wir solche Ereignisse dann auch verifizieren? Ich sage mal ganz kurz dazu, wie wir das direkt bei Kadus machen. Genau was Fehe beschrieben hat, ist für uns natürlich die Situation, wir hatten noch Leute in der Region und dann haben wir natürlich auch wieder nicht diese blöde Geschichte von Privilegien. Wir können natürlich entscheiden, ob wir gehen, ob wir nicht gehen. Das können
viele Menschen, viele lokale Menschen halt nicht. Für uns die Entscheidung, können wir gehen, wenn und dann wie, auf welche Wege. Da verlassen wir uns nicht nur auf uns selber, sondern natürlich auch auf Netzwerke und Anbieter. Ein dieser Anbieter ist zum Beispiel INSO, das ist die International NGO Security Organisation. Die sitzt mit richtig vielen Angestellten da und macht
genau das, was wir gleich erklären, was wir auch im Kleinen machen, nämlich eine Quellenanalyse. Die sind 24-7 erreichbar, alle Inzidenz nehmen die auf, bewerten die. Das ist aber zum Beispiel eine Quelle, die ist Menschen vor Ort, Locals gar nicht zugänglich, sondern sie ist halt nur für registrierte internationale und materielle Hilfsorganisationen
zugänglich. Das gibt es auch im freien Markt natürlich. Da könnt ihr euch mal vorstellen, das sind Summen, die man dafür ausgeben muss. Die haben auch noch große Firmen, die sich, glaube ich, Sicherheitsleistungen einkaufen. Wir haben, gerade weil wir auch dachten, wir können uns nicht nur darauf verlassen, dass dieses Netzwerk, das für uns macht, auch ein Eigenslagerzentrum eingerichtet. Das sind jetzt so Bilder bei uns aus dem Büro im Holzmarkt. Tatsächlich, wir haben sofort gesagt, okay, auch wir müssen jetzt
natürlich 24-7 diese Situation monitoren. Da gehört erst mal eine ganze Menge gespendete Mate dazu. Danke dafür ins Publikum. Dann geht es darum, wirklich online diese Inso-Geschichten zu monitoren. Wir haben auch versucht, diese Twitter-Accounts zu monitoren. Wir haben natürlich auch andere Homepages benutzt wie
UALiveMap etc. etc. Und daraus versucht noch zusätzlich zu den professionellen Informationen für uns eine ganz eigene Lage Informationen zu bekommen, die wir unseren Leuten vor Ort und unter anderem auch Fee zur Verfügung stellen konnten. Und wie man das gemacht, das erzählt der Ruben jetzt nochmal. Genau, also im Prinzip stützen wir uns dabei immer auf drei Pfeiler. Das eine ist natürlich
Open Source Intelligence, also das, was wir aus dem Internet kriegen. Das zweite ist Fachwissen, ganz klar. Und das dritte sind eben Kontakte vor Ort. Und wenn wir eine Information wirklich zuverlässig verizipifizieren wollen, dann brauchen wir eigentlich meistens alles davon. Wenn wir jetzt nochmal das Panzervideo nehmen mit dem Leopard, da ist es zum einen so, dass unser
Fachwissen uns natürlich sagt, das ist ein Leopard, den erkennt man relativ einfach. Wir sind jetzt keine Waffen-Nerds, aber so ein bisschen Wissen ist da manchmal hilfreich, um zu sehen, womit hat man es eigentlich zu tun. Dann erkennen wir auch das Logo von der Gruppe in dem Bild schon relativ einfach. Und häufig lässt sich dann die Location von so
einem Vorfall auch irgendwie rekonstruieren. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, das kann man triangulieren, da kann man auch lokale Ressourcen fragen, die vielleicht irgendwelche Häuser wiedererkennen, die dann in dem Video auftauchen. Das heißt, ich weiß dann, wo hat sowas stattgefunden. Was auch manchmal ganz praktisch ist, ist Bilder reverse zu suchen, also irgendein Bild ploppt irgendwo auf. Ich gebe
das einfach mal in die Reverse-Suche bei Google ein. Dann findet man manchmal nämlich superschnell Fakes raus, weil teilweise einfach Bilder von woanders genommen werden, um irgendwas zu dramatisieren. Also da wird dann irgendwas behauptet und man hat irgendwelche Bilder, die eigentlich, was weiß ich, aus dem Libanon-Krieg von vor 30 Jahren stammen. Also das ist also sowas, wo ich versuchen kann, möglichst viel
zu verifizieren. Im Fall von diesen Panzern war dann eben klar, okay, die werden da eingesetzt. Was einem aber auch immer klar sein muss, ist, man muss die eigenen Grenzen kennen von dem, was man eben auch nicht sagen kann, weil oft lässt man sich dann verleiten, im Prinzip dann irgendwelche Annahmen zu treffen. Da komme ich dann später gleich
nochmal drauf, dass man also wirklich sich überlegen muss, was wissen wir und was wissen wir auch nicht. Und idealerweise stützen wir uns da eben immer auf diese Treibpfeiler. Jetzt ist es natürlich so, Fachwissen und Kontakte vor Ort, die hat man entweder, weil man viele Bücher gelesen hat und viele gezuckerte Tees getrunken hat vor Ort, oder man hat sie eben nicht. Was man aber
machen kann, ist natürlich, man kann sich relativ schnell reinarbeiten in das, was sozusagen online verfügbar ist, das kann auch jeder machen. Jetzt kriegt man aus so einem herkömmlichen Rettungsassistenten wie Sepp nicht sofort einen Nahost-Experten gebastelt, aber es gibt auch so ein paar Sachen, die man eben machen kann. Zum einen hatten wir ja vorher die
Sprachen angesprochen, die da irgendwie ein Problem sind. Da ist es jetzt natürlich das Problem, wir sprechen die nicht alle, die Sprachen. Mittlerweile ist es aber so, dass doch Online-Übersetzdienste zum Beispiel eine ganz gute Hilfe sind, sich dem zumindest anzunähern. Das ist natürlich trotzdem gut, wenn man noch Personen im Background hat, die das tatsächlich können. Wir haben da so unseren Analysten, der auch
irgendwie Arabisch spricht, aber für so eine erste Annäherung an die Inhalte reicht es meistens schon, wenn man sich das online übersetzen lässt und wenn man sich dann zu seinen Recherche-Baukasten bastelt, dann kann man sich zum Beispiel bei seinem Twitter-Account diese ganzen Sprachen einstellen, sodass man bei einer Suche, die dann auch berücksichtigt, das ist extrem hilfreich, wenn man möglichst viel von den Informationen bekommen
möchte. Was auch sehr hilfreich ist, ist, wenn man sich einen eigenen Recherche-Account dafür macht, dass man wirklich nur die Informationen dann in die Timeline bekommt, die einen auch gerade interessieren und dass man da eben den Quellen folgt, die es vor Ort gibt. Da gibt es unterschiedliche Quellen. Das eine sind natürlich solche Dienstleister wie angesprochen, Thinktanks, aber
auch ganz interessante Analysen von Privatpersonen. Also es gibt super viele, zum Beispiel ehemalige Mitarbeitende von NGOs, WissenschaftlerInnen, die eben in den sozialen Medien auch selber Analysen zur Verfügung stellen, die sehr gut sind. Da muss man halt nur ein bisschen angucken, dann auch welche Interessen haben diese Personen dann. Was natürlich auch immer eine gute Quelle ist, sind Journalisten, Nachrichten,
Agenturen, die vor Ort sind, aber auch NGOs, wobei man auch bei NGOs immer gucken muss, was haben die eigentlich für ein Eigeninteresse und dann natürlich eine Hülle und Fülle an lokalen Quellen, die man eben auch sehr gut nutzen kann. Das sind Privatpersonen, das sind Parteien, aber auch Milizen, Initiativen, Funktionäre, was auch immer. Das Problem da ist jeweils, das sind
sehr schnelle Quellen, oft sehr gute Quellen, weil wir darüber Informationen kriegen, die wir sonst gar nicht kriegen würden, wie zum Beispiel eben, wenn so eine Miliz, wie vorhin erwähnt, so ein Video ins Internet stellt. Aber zum anderen haben wir da halt auch das Problem, dass man die halt immer nicht so richtig einschätzen kann. So jetzt haben wir einen Haufen Informationen,
müssen gucken irgendwie, wie gehen wir damit um, dann muss ich die erstmal mappen, weil es natürlich so, jede Kriegshandlung ist schlimm, aber für uns als NGO vor Ort ist sie vor allem schlimm, wenn sie in unserer Nähe stattfindet. Kann ich also online wie offline oder auch in einem eigenen Geoinformationssystem für mich aufbereiten? Davon weiß ich aber noch lange nicht, ob sie wahr ist. Es gab einen Vorfall, den
fand ich ganz interessant, das ist so eine Meldung. Ich war eigentlich felsenfest davon ausgegangen, dass das Fake News ist. Das war ein Brief von Donald Trump an den Irren von Bosporus, wo er so Sachen drin geschrieben hat wie, don't be a tough guy, don't be a fool, I will call you later. Ich war mir relativ sicher,
dass dieses Schreiben irgendwie ein Joke ist, habe dann aber irgendwie das quasi gegoogelt, habe dieses Bild gesucht und habe das auf zahlreichen, auch seriösen Quellen gefunden. Es ist bis heute nicht ganz klar, wer das durchgesteckt hat oder ob das mit Absicht veröffentlicht wurde. Klar ist aber, das stimmt. Deswegen immer gut,
zwei Quellen zu haben. Wenn ich diese zwei Quellen mir suche, dann ist es immer gut auch darauf zu achten, dass die aus unterschiedlichen Spektren sind, also dass es nicht irgendwie zwei Kämpfer von derselben Einheit haben, das getwittert oder so, sondern dass ich wirklich schaue, naja, die Miliz hat es getwittert, aber ein Journalist hat es eben auch gebracht, dann ist es wahrscheinlicher, dass es stimmt. Also
wenn ich solche Quellen mir anschaue, muss ich mich auch immer fragen, woher hat die Quelle die Info, habe ich diese unterschiedlichen Spektren bedient oder ist das eh alles ein Prei, haben die voneinander abgeschrieben, ist die Quelle lange bekannt, wer glaubt der Quelle noch und was eben auch immer wichtig ist, ist die Gegenseite zu checken. Sepp hat es vorhin schon
mal angesprochen. Rassal Ein, da wurde relativ schnell vermeldet, dass die Stadt eingenommen ist. Wir hatten unser Team nur 30 Kilometer südlich, da ist dazwischen nur freies Feld und das ist man mit einem Panzer schnell gefahren, deswegen haben wir uns dann natürlich Sorgen gemacht, konnten dann aber über einen Check mit der Gegenseite relativ schnell feststellen, dass die kurdischen
Einheiten munter Bilder aus Rassal Ein aktuell getwittert haben, die eben gezeigt haben, dass die da noch vor Ort sind. Deswegen muss man sich auch immer fragen, welches Interesse hat eine Quelle eigentlich da, um irgendwas zu vermelden und da ist es natürlich klar, dass Kräfte, die der Türkei nahe standen, natürlich gerne schnell Erfolgsmeldungen produziert hätten. Am Ende hat sich
aber rausgestellt, dass sie nur ein Industriegebiet im Prinzip am Rande der Stadt eingenommen hatten. Da ist auch nochmal interessant mit dem Leopardpanzer. Wir haben vorhin schon angesprochen, was wissen wir eigentlich und was wissen wir nicht. Das spannende da war ja auch, nicht nur werden die Panzer dort eingesetzt, also schlimm genug, wenn die sozusagen an der Seite von Islamisten dort eingesetzt werden, aber die Frage war, hat die
Türkei ihren Vertrag verletzt, den sie mit Deutschland hat, nämlich diese Panzer weiterzugeben oder nicht weiterzugeben. Und da war es dann eben so, dass natürlich mehrere Seiten das spannend beobachtet haben, weil das wäre natürlich ein Riesenskandal und kurdische Einheiten haben zum Teil relativ schnell vermeldet, dass dort Leopardpanzer eben
bei den Rebellen von der sogenannten Syrian National Army, also der Türkei- nahen Miliz, eingesetzt werden. Und da hat natürlich dann die Bildzeitung einen Skandal gewittert und hat dann auch einen Sprecher gefunden von der SNA, der gesagt hat, natürlich werden wir von denen mit Panzern beliefert, das ist alles ganz prima. So, da könnte man jetzt meinen, irgendwie
zwei Quellen gecheckt, Gegenseite beachtet, alles super. Und wir neigen natürlich dann dazu auch sowas dann für bare Münze zu nehmen, weil es uns auch ganz gut ins Konzept passt, kann man schön die Bundesregierung kritisieren. Das Dumme war nur, in dem Fall haben beide Seiten Interesse daran gehabt, das so zu vermelden,
die Gegenseite, die Kurden, weil sie das skandalisieren können. Die Einheit selber aber auch, weil sie einfach so ein bisschen cool rüberkommen wollte, zeigen wollte, wir haben hier diese Panzer und sind hier im Prinzip keine komische islamistische Miliz, die man auch auf eine Terrorliste schreiben könnte, was nicht passiert, weil man dem Irren von Bossbrussen gefallen tun will, sondern die wollten sich im Prinzip
frameen als quasi proper Armee, der man auch mal irgendwie Panzer geben kann. Das Dumme war nur, dass dann ein anderer Sprecher dieser Syrian National Army gesagt hat, ne, haben wir gar nicht diese Fahrzeuge, die gehören der türkischen Armee und das waren Bilder, die im Prinzip nur in einer Kampfpause gemacht worden sind, als Erinnerungen für die
Kämpfer von der SNA. Also da muss man immer sehr genau hinschauen, wenn man solche Bilder hat, wenn man solche Meldungen hat, was ist tatsächlich da dran und dafür ist es eben wiederum wichtig, sich auf diese drei Pfeiler zu stützen, dass man die eben kombiniert und dann sich ja in der Wahrheit zumindest annähern kann. Da gibt es aber eine Sache,
die man dann auch noch beachten muss, die wir zum Schluss nicht vergessen wollen und da sagt Sepp noch mal was dazu. Genau, also im Endeffekt ist es natürlich für uns als Organisation so, wir können nicht viel drüber reden, wie macht man das eigentlich, Quellenanalyse, blablabla, am Ende des Tages ist es so, irgendwann sind alle übernächtigt, irgendwann sind alle über emotionalisiert natürlich auch, nicht nur wegen
der Leute von uns, die da sind, sondern auch nach fünf Jahren ist man in so einer Region einfach ganz, ganz extrem emotional verbandelt, das heißt tatsächlich, auch bei uns kommt natürlich immer eine ganz, ganz andere Unschärfe rein, mit der man immer rechnen muss, die man aus der Berichterstattung und aus unserer Quellenanalyse auch einfach ganz überhaupt nicht rausbekommt. Dann muss man sich halt auch immer fragen, ist irgendwer
gerade bias, das ist so das eine, das andere ist aber auch, dass man natürlich im Eifer des Gefechts, es kommen sehr viele Informationen rein, man will natürlich sehr schnell das irgendwie umsetzen und deswegen ist es eben ganz wichtig, das ist eigentlich im Prinzip was total Simples, was aber eben wie gesagt im Eifer des Gefechts sehr schnell untergeht, das ist
Informationen zu klassifizieren. Also wenn ich die reingeschossen kriege, dass ich mir wirklich überlege, was davon ist eine gesicherte Information, wo ich die Quelle auch kenne und was ist einfach ein Gerücht von einer unbekannten Quelle. Und das ist was eigentlich selbstverständlich ist, was aber dann doch sehr schnell untergeht und wo man sich wichtigerweise immer wieder dran erinnern muss.
So ein letzter Punkt, ganz kurz noch angerissen, das freut sicherlich die Nerds hier in der Community ist OBSAC, also operational security. Da ist es so, dass das auch was ist, das können wir jetzt nicht ausführen, das kann man nur anreißen, aber es gab zum Beispiel auch in Syrien ein paar Jahre zuvor mal das
Selfie des Todes, da hat eine IS-Einheit im Prinzip einen Selfie gemacht, das ist ins Internet gestellt, vergessen die Geodaten zu löschen, das hat ein paar Stunden gedauert, dann war die Rakete da. Also auch das sind Fragen, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Was wir jetzt hier in der Kürze der Zeit nur machen konnten,
ist diese ganzen Themen mal anzureißen. Wir wollen eigentlich auch gar nicht groß jetzt irgendwelche Wahrheiten hier verkünden, sondern uns ging es einfach darum mal so diese Fragestellungen in Raum zu stellen und wir sind jetzt auch die nächsten Tage hier auf dem Kongress präsent und freuen uns da auch über euren Input. Wir sind im Open Infrastructure
Orbit, besucht uns da an unserem Stand, wir freuen uns über Anregungen und alles was ihr sozusagen an Input für uns dann auch noch habt und sind damit im Prinzip am Ende.
Vielen Dank an Sepp und Sebastian und Ruben, Entschuldigung. Wer Fragen hat, der kann bitte
sich an die Mikrofone einreihen. Mein Signal Angel hat zwei Fragen, wir müssen mal gucken, wieviel Zeit wir da noch haben. Dann bitte. Ja danke, ich stelle die erste Frage, weil sie mehrfach gestellt wurde. Gibt es Äußerungen der Kriegsparteien, mit welcher Begründung auch Ambulanzen beschossen werden, wurden? Nein. Dann würde ich es ja zugeben,
dass sie es tun, das gibt niemanden offiziell zu, eine Ambulanz zu beschießen. Da gibt es keine Äußerungen. Also meistens ist es schon relativ logisch, wer es war, weil zum Beispiel nur begrenzt Kräfte dort zum Beispiel über Luftwaffen und Drohnen verfügen und wenn man dann irgendwie einen Einschlag hat, der im Prinzip von einem Geschoss, von einer Drohne sich rekonstruieren lässt,
dann ist schon relativ klar, wer das gewesen ist, aber zugeben werden die das sicher nicht. Dann die zweite Frage. Gerne. Wie werden helfende Zivilisten an Ort und Stelle gebracht und welche Fertigkeiten werden vor Ort am meisten gesucht? Dazu muss man natürlich sagen,
helfende Zivilisten, Fertigkeiten, die gesucht werden, wenden dann schon hoch speziell. Also wir entsenden auch nur Mediziner, Medizinerinnen, die tatsächlich vor Ort einen Mehrwert haben. Es gibt ein existentes Gesundheitssystem, das ist zwar überlastet, aber grundsätzlich muss man auch mal überlegen, ins Kriegsgebiet zu gehen. Klingt nach Abenteuer, ist aber tatsächlich ein Punkt, der sehr, sehr viel Vorbereitung braucht.
Auch wir bereiten unsere Teams sehr, sehr lange vor. Man muss bei so einer Entscheidung immer überlegen, ob man tatsächlich vor Ort tatsächlich einen Mehrwert bringt oder die Struktur nur belastet. Da kann fehlenden Lied von singen, wenn man sich tatsächlich um viele Menschen kümmern muss, die vielleicht nur über Ausbildung verfügen, die es vor Ort auch gibt. Dann ist mit Sicherheit eine
andere Hilfe sehr viel sinnvoller. Was vielleicht auch noch ganz kurz wichtig ist, was man natürlich machen kann, ist da Geld hinspenden und das organisieren. Das ist tatsächlich super wichtig, vor allem auch deswegen, weil das da so eine komplexe Lage ist vor Ort, ist nämlich so, dass internationale Organisationen, das UN-Gelder, das Gelder zum Beispiel vom Auswärtigen Amt teilweise sehr schwer
dort verteilt werden können, weil man ja nicht allzu sehr den Verrückten vom Bosporus provozieren möchte und dann ja, es eben dort für die Strukturen vor Ort für Hey, was so akkurt zum Beispiel sehr schwer ist, an Gelder überhaupt zu kommen und auch für CADUS so ist das für bestimmte Dinge,
das einfach rein spendenfinanziert funktionieren muss. Deswegen ist das natürlich eine super wichtige Sache nochmal. Also nochmal, wir entsenden dann zum Beispiel Chirurgen, Chirurgeninnen, die wirklich die Facherfahrung haben, auch vor Ort tatsächlich zum Beispiel mit den Kriegsverletzungen umgehen zu können oder bei uns im Feldkrankenhaus in Alhol, die dementsprechend die Erfahrung auch haben,
genau, da halt mit den lokalen Unternehmen zusammen einen Mehrwert darzustellen. Dann gebt doch nochmal bitte einen großen Applaus an Fee, Ruben und Sepp.