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Fachwerk als historisches Erbe - Stadtarchäologie und Denkmalpflege am Beispiel Göttingen

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Formale Metadaten

Titel
Fachwerk als historisches Erbe - Stadtarchäologie und Denkmalpflege am Beispiel Göttingen
Alternativer Titel
Half-timbering as Heritage - Urban Archaeology and Preservation of Monuments in Göttingen
Autor
Mitwirkende
Lizenz
Keine Open-Access-Lizenz:
Es gilt deutsches Urheberrecht. Der Film darf zum eigenen Gebrauch kostenfrei genutzt, aber nicht im Internet bereitgestellt oder an Außenstehende weitergegeben werden.
Identifikatoren
IWF-SignaturC 1956
Herausgeber
Erscheinungsjahr
Sprache
Produzent
Produktionsjahr1996

Technische Metadaten

IWF-FilmdatenVideo ; F, 37 1/2 min

Inhaltliche Metadaten

Fachgebiet
Genre
Abstract
Deutsch
Deutsch
Die vom Krieg nahezu unberührte Stadt Göttingen beherbergt eine Vielzahl gut erhaltener Fachwerkbauten. Ausgehend von der Entwicklung des mittelalterlichen Stadtgrundrisses führt der Film in die Methoden der Stadtarchäologie und die Prinzipien der Denkmalpflege ein. Die Vorstellung ausgewählter Funde sowie historische und moderne Illustrationen bieten einen Einblick in den Alltag des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Angesichts der besonderen Herausforderung von Stadtarchäologie und Denkmalpflege in den neuen Bundesländern werden Fehlentwicklungen und vorbildliche Lösungen am Göttinger Beispiel gegenübergestellt. (Mit Computergrafik und Luftaufnahmen).
Englisch
Englisch
Unaffected by the war, Göttingen retains many well-preserved half-timbered buildings. The town in middle ages, methods of town archaeology and the principles of preservation are explained. Mistakes are illustrated in order to prevent their happening again in similar situations, for example in eastern Germany.
Schlagwörter
Deutsch
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Englisch
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IWF-Klassifikation
Deutsch
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Englisch
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Transkript: Deutsch(automatisch erzeugt)
Menschen in ihrer Stadt. Nach sehr schmerzhaften Eingriffen durch Krieg und voreiligen Aufbau ist uns das Ererbte kostbar. Ein historisches Stadtbild ist nicht Museum, sondern Lebensqualität.
Seine Erhaltung hat wesentlichen Anteil am Charme und an der Atmosphäre einer Stadt, an der Identifizierung des Bürgers mit seinem Lebensraum.
Als eine der wenigen von Bomben verschonten Städte bietet Göttingen eine ganze Reihe von Beispielen aus Bauforschung und Denkmalpflege. Als grüner Ring begrenzt die Wallanlage des 14. Jahrhunderts die Altstadt. Deutlich erkennbar der mittelalterliche Grundriss.
Ein Sprung aus dem Spätmittelalter in die Zeit um 1200. Das nahezu rechtwinklig angelegte Straßennetz der Gründungszeit ist noch heute sichtbar. Im Süden dieser Anlage ist als älteste Befestigung eine Holzerdemauer archäologisch nachgewiesen.
Sie wurde zwischen 1180 und 1251 durch eine steinerne Stadtmauer ersetzt. Diese bezog nun auch das außerhalb der Holzerde Befestigung liegende Nikolaiviertel mit ein. Bis in die Gegenwart hat die Tatsache, dass hier die Einwohner mit den niedrigsten Steuerleistungen lebten, in der Bausubstanz ihre Spuren hinterlassen.
Im Südosten vorgelagert die erste Ansiedlung das sogenannte Alte Dorf. Es ist 953 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, der Name Guttingi ging auf die Stadt über. Dieser Bereich wurde erst bei der Anlage des Wallgraben-Systems nach 1362 in die erweiterte Stadt integriert.
Das Nebeneinander verschiedener Baustile prägt das unverwechselbare Gesicht einer Stadt.
Gerade durch die wachsende Vereinheitlichung unserer Städte kommt einem individuellen Stadtbild eine besondere Bedeutung zu. Die Bauten und die gewachsenen Straßenräume als Dokumente einer wechselvollen Geschichte machen die Altstadt zu einem lebendigen Zentrum. Historische Steinbauten gibt es auch in einer typischen Fachwerkstatt.
Hier, als Profanbau, das ab 1270 errichtete Rathaus. Auch die gotischen Kirchen, wie hier die Johanniskirche, wurden aus Stein errichtet.
Vor der Kirche ein Straßenzug mit Fachwerkhäusern verschiedener Baustile. Traufständiger Häuser der Gutik mit ihren vorkragenden zweiten Obergeschossen. Ein Beispiel für barocke Gebäude, bei denen die Trauflinie durch den Einbau von Zwerchhäusern aufgebrochen wird.
Schlichte gutische Fassaden aus dem 15. Jahrhundert. Links ein Haus in gutischer Ständerbauweise, rechts ein großer Renaissance-Stockwerkbau um 1600.
Eine typische Renaissance-Fassade des 16. Jahrhunderts. Die Fassaden sind nun oft kunstvoll verziert und mit Erkern versehen. Seltener haben sich die schmalen und einfachen Häuser der ärmeren Bevölkerungsschichten erhalten, wie hier im Nikolai-Viertel.
Historisch gewachsene Häuserzeilen bilden im Johanniskirch-Viertel ein abgeschlossenes Stadtquartier. Die Häuser der verschiedenen Epochen sind Zeugen der Bautätigkeit vergangener Jahrhunderte.
Neubauten haben sich meist problemlos dem Gesamtbild eingefügt. Erst seit dem Zweiten Weltkrieg hat man aufgrund moderner technischer Möglichkeiten und ihrer kurzsichtigen Anwendung so rigorose, großflächige Eingriffe vorgenommen, dass das Stadtbild nahezu unkorrigierbar beeinträchtigt ist.
Heute wird man bei modernen Baumaßnahmen mit dem kostbaren historischen Erbel verantwortungsvoller umgehen. Im Sanierungsgebiet Johanniskirch-Viertel liegt das bauarchäologisch besonders gut untersuchte Haus Johannisstraße 27 aus dem 15. Jahrhundert.
Bei der Sanierung flossen die Ergebnisse der Bauforschung mit ein. So wurde das Balkenwerk der Erdgeschosszone fachgerecht wiederhergestellt. Spätere Vergrößerungen der Fenster wurden in der Rekonstruktion des ursprünglichen Zustands von 1420 rückgängig gemacht.
Unser Beispiel zeigt ein typisches spätgotisches Bürgerhaus. Es vereinte drei Funktionen unter seinem Dach.
Das Wohnen, die Arbeit und die Lagerung. Für die trockene luftige Lagerung wurden die Dachböden genutzt. Oft auch das gesamte Obergeschoss. Hier befanden sich außer Lebensmittelvorräten auch das Warenlager des Kaufmanns oder das Arbeitsmaterial des Handwerkers.
Der kühlen Lagerung empfindlicher Lebensmittel diente der gemauerte Keller. Oft war das Haus nur zum Teil unterkellert. Ein direkter Zugang zur Straße legt nahe, dass ein solcher Keller als sogenannter Händlerkeller unmittelbar dem Kundenverkehr diente.
Repräsentative Kreuzgradgewölbe, die auf Pfeilern aus Bruch oder Sandstein lasten, deuten ebenfalls auf die Nutzung des Kellers als Verkaufsraum hin. Einfache Lagerräume haben in der Regel nur Tonnengewölbe.
Nicht selten blieben Keller auch dann erhalten, wenn die darüberstehenden Häuser schon abgebrochen wurden. Dekorative Sandsteinsäulen, wie diese romanische, sind in Kellergewölben eine Ausnahme.
In der hohen Diele befindet sich der Arbeitsbereich. Deutlich sind hier die durch zwei Geschosse laufenden Ständer zu erkennen. Das Obergeschoss wird von gekehlten Knaggen getragen. Auf der Diele befand sich eine offene Herdstelle zum Kochen und der Arbeitsplatz des Handwerkers.
In dem neben der Diele gelegenen Zwischengeschoss lagen die Wohn- und Schlafräume. Sie waren nur relativ schlicht ausgestattet. Wohlhabenheit konnte man durch eine farbige Bemalung ausdrücken.
In diesem Beispiel aus der Göttinger Wender Straße hat sich die ursprüngliche Bemalung an einigen Stellen erhalten. Die Balken der Fachwerkwand sind durch eine Rotfassung mit schwarzen Begleiterstrichen betont. Die Farbe zieht sich über den Putz, der die Unebenheiten des Balkens ausgleicht.
Auch im Inneren waren die Häuser immer wieder verändert worden. Unter altem Putz hat sich oft noch die Originalsubstanz erhalten, die zumeist aus Flechtwerk mit Lehmbewurf bestand. Im Rahmen der Bauforschung wird das gesamte Fachwerkgefüge analysiert.
Dabei wird durch die Bestandsaufnahme der alten Holzverbindungen versucht, die Baugeschichte zu rekonstruieren. Bei der Zuordnung können die sogenannten Abbundmarken helfen, die für den Zimmermann die Zusammengehörigkeit der Balken kennzeichneten.
Das Jahrgenaue Alter der Balken lässt sich mit Hilfe dendrochronologischer Untersuchungen bestimmen. Als Grundlage für die Datierung dient das Muster aus den verschiedenen Jahrringbreiten, die von den jährlich wechselnden Klimabedingungen abhängen. Die Jahrringstruktur ist somit charakteristisch für die Zeit, in der der Baum gewachsen ist.
Um diese Struktur sichtbar zu machen, wird die Holzprobe überschnitten und mit Kreide eingerieben. Unter dem Mikroskop werden mit einem elektronisch gesteuerten Gleitschlitten die unterschiedlichen Ringbreiten gemessen und im Computer gespeichert.
Diese Messreihe wird nun mit der durchschnittlichen Wuchskurve für die jeweilige Region und Baumart verglichen.
Unsere Probe, die aus der Entstehungszeit des Hauses stammt, ergibt als Fälldatum des Baumes das Jahr 1540. Im Göttinger Stadtarchiv werden vielfältige Schriftzeugnisse verwahrt, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen.
Nur in wenigen Städten haben so vollständige Archivbestände die Zeiten überdauert. Sie enthalten wertvolle Quellen für weitere Informationen zu den Häusern und ihren ehemaligen Besitzern. Mithilfe der alten Steuerregisten können die damaligen Bewohner und deren Steuerleistungen herausgefunden werden.
Für unser Beispiel verzeichnet die Steuerliste von 1540 als Hausherrn des Gebäudes Wenderstraße Balzar Guden. In dem Haus, das ihm einst gehörte, wird nun aus Anlass von Sanierungsarbeiten eine Bauforschung durchgeführt.
Durch spätere Nutzungsänderungen, wie Geschäftseinbauten, ist das Erdgeschoss stark verändert worden. Auf der Innenseite der Fassadenwand findet sich noch der Ansatz des typischen Torbogens zur ehemals zweigeschossigen Halle.
Hinter der vorgeblendeten jüngeren Fassade verbergen sich noch Verzierungen der ursprünglichen Straßenfront, wie hier die sogenannten Schiffskehlen. Die Sanierung des Hauses, die in erster Linie der Verbesserung der Wohnqualität und
der gewerblichen Nutzung dienen soll, hat auch erhebliche Eingriffe in die Außenfassade zur Folge. Hier werden später vorgeblendete Fassadenteile abgenommen.
Die Freilegung bringt die Schiffskehlen, die den Geschossübergang über den Fenstern schmückten, wieder ans Tageslicht. Zwischen den Fenstern kommen auf gekehlten Knacken sogar figürliche Schnitzereien zum Vorschein. Torbögen als Belege der ehemaligen hohen Diele sind oft nur noch als Relikte erhalten.
Ungebremstes Modernisierungsstreben, vor allem im Erdgeschossbereich, hat manche Häuser bis zur Unkenntlichkeit verwandelt. Bei heutigen Sanierungen wird versucht, die Gebäude durch Rückverlängerung der Ständer wieder auf eigene Füße zu stellen.
Hierdurch gewinnt der Bau sein geschlossenes Erscheinungsbild zurück. Bereits um die Jahrhundertwende wurden bei Nutzungsänderungen nur behutsame Umbauten vorgenommen. Torbögen sind zum Beispiel zu Schaufenstern umgewandelt oder werden bis heute als Eingang genutzt.
Die attraktive Ausstrahlung eines alten Hauses kann durchaus mit einer modernen Nutzung verbunden werden und diese sogar wirkungsvoll unterstreichen.
Einer der vielen Fälle, in denen sich Sanierungen geschäftsfördernd auswirken. Auch wenn durch ein eingebautes Obergeschoss die ursprüngliche Höhe der alten Diele verloren ging, vermittelt die offene Bauweise doch den Hallencharakter.
Bei den beiden ursprünglich gleichartigen Häusern hat sich links der Zeitgeschmack der 70er Jahre durchgesetzt, während das rechte Beispiel Rücksicht auf die vorhandene Originalsubstanz nimmt.
Zu Gunsten eines modernen Erscheinungsbildes wurde hier vom Altbau nur das Skelett übrig gelassen. Hier fehlt der gesamte historische Unterbau. 1276 errichtet ist dieses Haus das älteste Göttingens, eines der ältesten in ganz Deutschland.
Wie leere Augenhöhlen wirken hier die ungeteilten, industriell gefertigten Normfenster. Ganz anders wirken alte Fenster mit durchsprossen geteilten Flügeln.
Die Beschläge erlauben ein Öffnen nach außen. Geteilte Fenster tragen wesentlich zu einem in sich geschlossenen Fassadenbild bei. Ein näheres Hinschauen zeigt, dass bei diesen Fenstern die notwendige Grazillität der Sprossen nicht erreicht wurde.
Für qualifizierte Handwerksbetriebe wäre sie, bei heute verlangten Nachbauten in Holz, kein Problem. Fenster mussten im Laufe der Jahrhunderte immer wieder erneuert werden. Deshalb finden sich zuweilen innerhalb einer Fassade neben alten Fenstern auch großflächige Kipp- und Drehfenster mit aufgesetzten Sprossen.
Die im Mittelalter wesentlich kleineren Fenster sind später zur Verbesserung der Lichtverhältnisse vergrößert worden.
Nicht nur die Fenster sollten sich in Größe und Gestalt in das Gesamtbild einpassen, auch die Dachgauben sollten hierauf abgestimmt sein. Der für Wohnzwecke forcierte Ausbau der Dachgeschosse hat oftmals unbefriedigende Eingriffe in die Dachlandschaft zur Folge.
Ein Negativbeispiel für Größe und Form. Gauben sollten sich, wie hier, harmonisch in die Dachfläche einfügen.
Bei der Sanierung eines geschützten Baudenkmals müssen zwischen Architekt und Denkmalschutzbehörde immer wieder Details abgestimmt werden.
Zurück zum Haus Wenderstraße aus dem Jahre 1540. Der während der Bauforschung zeichnerisch dokumentierte Turbogenansatz ist am Gebäude nach unten hin ergänzt worden. Während der Bauphase sind deutlich Originalbestand und unbehandeltes Holz der Rekonstruktion zu unterscheiden.
Durch die Sanierung dieses Hauses wird ein für die gesamte Innenstadt wichtiger denkmalpflegerischer Akzent gesetzt. Nachdem Anfang der 70er Jahre ein neues Planungsleitbild der Stadt hier den Bau eines Parkhauses im historischen Johanneskirchviertel verhindern konnte,
wurde mit der Sanierung des alten Baubestandes begonnen. Erreicht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Das Viertel war ein Quartier von Händlern und Handwerkern. Durch neu gestaltete Freiflächen sollte nun die Wohnqualität deutlich verbessert werden.
Die so unter Einbindung der Denkmalschutzbehörde durchgeführte Sanierung hat das historisch gewachsene Viertel als Wohnquartier erhalten können. Es gilt nach heutigen Maßstäben als richtungsweisend für städtebauliche Erneuerung.
Vor der Sanierung werden auch die zu den mittelalterlichen Häusern gehörenden Höfe, Gärten und Nebengebäude archäologisch untersucht. Hier werden freigelegte Mauerreste mit Hilfe eines Feldpantografen dokumentiert.
Die detaillierte Darstellung des Befundes bildet eine Grundlage für die spätere wissenschaftliche Interpretation. Doch nicht immer ist genügend Zeit.
Bei Notgrabungen steht die Archäologie nicht selten im Wettkampf mit der Baggerschaufel. Sogar unterhalb von stehenden Gebäuden, hier bei Bauarbeiten im Bereich des späteren Archivraums der Sparkasse, führen archäologische Untersuchungen zu interessanten Entdeckungen.
Ein bruchsteingemauerter Kloakenschacht, der über Jahrhunderte hinweg benutzt worden war. Die für mittelalterliche Städte typischen Kloaken bestehen in Göttingen meist aus in die Erde gesetzten quadratischen Schächten.
Sie dienten nicht nur als Toilettenanlagen, sondern in gewissem Umfang auch als Müllschlucker. Die verschiedenen Schichten erweisen sich in der Regel als besonders fundreich. Der Großteil der Funde besteht aus Hausrat, meist aus Glas oder Keramik.
Aufgrund des feuchten Bodenmilieus haben sich hier aber auch organische Funde aus Holz, Leder und Textilien sowie Nahrungsreste, zum Beispiel Tierknochen, erhalten. Die Fundstücke werden Schicht für Schicht vorsichtig frei präpariert.
Das Arbeiten in dem begrenzten Raum ist bei der großen Funddichte besonders schwierig. Erst wenn die Funde vollständig freigelegt sind, können sie geborgen werden.
Ein dreibeiniger Kochtopf aus dem 15. Jahrhundert, ein sogenannter Graben. Jede einzelne Scherbe erhält vor der weiteren Bearbeitung ihre Fundstellen und Schichtenbezeichnung. Die Scherben einer Fundstelle werden, getrennt nach Schichten, zunächst
nach Materialgruppen, danach Kategorien wie Machart, Farbe und Oberflächenstruktur sortiert. Die langwierige Puzzlearbeit bildet die Grundlage für jede weitere Auswertung. Schließlich können die zu einem Gefäß gehörigen gleichartigen Scherben zusammengefügt werden.
Mit viel Geduld entstehen so aus einzelnen Scherben wieder ganze Gefäße. Besonders vollständige und ausstellungswürdige Stücke werden in der Restaurierung sorgfältig ergänzt.
Ein Großteil der Funde wird nach der Inventarisation für spätere Auswertungen verwahrt. Auch nach dem Kleben verbleiben meistens noch Fehlstellen. Sie werden zuerst mit Knetmasse hinterlegt, dann mit Gips ausgefüllt und später farblich angeglichen.
Eine maßstabsgetreue Zeichnung ist Voraussetzung für die wissenschaftliche Publikation. Die ausgegrabenen Funde repräsentieren verschiedene Bereiche des Alltagslebens. Aus dem Bereich Hauswirtschaft und Küche stammen große Vorratsgefäße.
Einfache Kugeltöpfe und Pfannen dienten zum Kochen, große flache Milchsäppen zur Rahmgewinnung. Nicht zum alltäglichen Gebrauchsgut gehörte dieser seltene Stangenbecher aus sächsischem Steinzeug.
Als Importfund gibt er Auskunft über die ehemaligen Handelsbeziehungen. Der Becher spiegelt den gehobenen Lebensstandard des ehemaligen Besitzers wieder. Zur Tischkultur gehörten auch Becher und Steinzeugkannen aus dem Rheinland, ebenso wie aufwendige Gläser.
Werkzeuge geben Auskunft über vergangene Handwerkstechniken. Ofenkacheln und Dachziegel sind Anzeiger der Wohnqualität. Spielzeugfunde wie Reiterfigur oder Hund bezeugen eine eigenständige Kinderwelt.
Auch das Würfelspiel hat eine lange Tradition. Im Museum werden die Funde einer breiten Öffentlichkeit präsentiert.
Da Göttinger Funde oft weit über die Region hinaus von Interesse sind, werden sie wiederholt auch für Sonderausstellungen in ganz Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern ausgeliehen. Knochenrohlinge und halbfertig Produkte aus handwerklicher Würfelproduktion.
Schuhe aus dem Spätmittelalter. Die Rekonstruktion einer offenen Herdstelle.
Einen Einblick in eine spätmittelalterliche Küche sollen diese aus verschiedenen Fundstellen des Stadtgebietes zusammengestellten Objekte vermitteln. Kloaken sind über das Alltagsgerät hinaus Fundgruben besonderer Art.
Hier werden Bodenproben aus einer Kloake von einer Botanikerin untersucht. Die Probe wird in Wasser geschlemmt. Filterung durch einen Satz von sieben verschiedener Maschendichte.
Unter dem Binokular werden Früchte und Samen sorgfältig verlesen.
Hier zum Beispiel verschiedene Weizensorten und Unkräuter. Die Pflanzenreste, darunter auch die von typischen heimischen Obstsorten, liefern eine Vorstellung vom Speisezettel, vom Garten- und Ackerbau und damit vom historischen Bild der Landschaft. Im Labor der Anthropologen wird eine Probe auf Endoparasiten untersucht.
Die vielen Wurmeier erlauben Rückschlüsse auf den Durchseuchungsgrad und damit auf die beträchtliche Gesundheitsgefährdung der Einwohner. Sie haben sich oft erstaunlich gut erhalten, wie hier ein Ei des großen Leberegels.
Bei der Freilegung von Gräbern werden auch die menschlichen Überreste selbst erfasst. Die Analyse der Knochen kann neben der Geschlechts- und Altersbestimmung auch Daten zu den Krankheitsbildern der früheren Bevölkerung liefern. Erst durch die Zusammenarbeit vielfältiger wissenschaftlicher Disziplinen wird es möglich, das
Bild des städtischen Alltags mit seinen wirtschaftlichen und sozialen Gegensätzen zu zeigen. Eine Schlachtung. Ein großer Teil des Lebens spielte sich im Freien ab.
Hier fügt ein Böttcher über einem Feuer Holstauben zu einem Fast zusammen. Gerber, wie dieser aus der Nürnberger Zwölfbrüder-Stiftung, gehören auch in Göttingen zu den typischen Handwerkern.
Schuster waren ein in jeder Stadt vertretener Berufszweig. Ein Klingenschmied in seiner Werkstatt.
In den neuen Bundesländern ist der heutige Zustand vieler Städte, wie hier der einst bedeutenden Fachwerkmetropole Quedlingburg, problematisch. Aufgrund des wertvollen Altbaubestandes wurde die Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Hieraus ergibt sich eine besondere Verpflichtung zu Pflege und Erhalt der überlieferten Baudenkmäler. Auch in Quedlingburg blieb ein großer Teil der erhaltenwerten Bausubstanz über viele Jahrzehnte hinweg ungepflegt.
Für Stadtarchäologie und Denkmalpflege heute eine besondere Herausforderung. In vielen Fällen wurden die historischen Gebäude infolge einer rücksichtslosen Denkmalpolitik, die aus ideologischen Gründen nicht an die bürgerliche Vergangenheit anknüpfen wollte, abgebrochen.
Die so geschlagenen Lücken blieben oft unbebaut, weil die notwendigen Mittel fehlten. Das einst geschlossene Bild der historischen Stadtquartiere wurde auf diese Weise unwiederbringlich zerstört.
Ganze Straßenzüge wurden durch systematische Vernachlässigung dem Verfall preisgegeben. Nicht nur unter diesen Putzschichten hat sich noch viel an Originalsubstanz erhalten.
In Städten, in denen die historische Bausubstanz bewahrt blieb, ist dies ein Werk von Generationen.
Das historische Ensemble, hier die Göttinger Innenstadt im Jahre 1928, mit noch relativ unauffälligen integrativen Veränderungen. Nach einer Periode überstürzter Modernisierungen erfreuen sich heute insbesondere die wenigen intakt gebliebenen kostbaren Einzelbauten einer besonderen Wertschätzung.
Die Junkern Schenke aus dem Jahre 1452, im 16. Jahrhundert vom Bürgermeister Swannenflogel umgebaut, heute im Besitz der Stadt, wird nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen restauriert. Die kostbaren Schnitzereien der Renaissancefassade hatten im Laufe der Jahrhunderte ihre Originalbemalung eingebüßt.
Mit besonderer Sorgfalt müssen Schmutz und lose Farbreste entfernt werden, bevor die festsitzenden Farbschichten aus nahezu fünf Jahrhunderten chemisch abgelöst werden können.
Mit einer Abbeizpaste werden alle Vertiefungen sorgfältig ausgefüllt. Die Abbeizmethode hat sich als besonders schonend bewährt.
Alle Holzteile der Fassade werden mit der Paste überzogen. Der Auftrag wird abgedeckt, damit er ohne auszutrocknen über Nacht bis in die untersten Schichten der Farbauflagen einwirken kann.
Dann wird die Paste wieder abgelöst. Die letzten Farbreste werden entfernt.
Das Paar in zeitgenössischer Tracht, wie vor dem ersten Farbauftrag vor mehr als 400 Jahren. Tiefe Trocknungsrisse werden vom Zimmermann mit Holz ausgefüllt und nachgearbeitet.
Im Zuge der Restaurierungsarbeiten an der Fassade werden, so weit möglich, in traditioneller Arbeitsweise die noch in ihrem ursprünglichen Zustand erhaltenen Gefache materialgetreu ausgebessert.
Dazu wird eine Knetmasse aus mit Roggen-Stroh vermischtem Lehm verwendet.
Baubiologisch bot diese Bauweise ideale Voraussetzungen zur Wärmespeicherung und Feuchtigkeitsregulierung. Nach einer Jahrhunderte alten Rezeptur rührt der Malermeister mineralisches Farbpulver in eine Leinöl-Immulsion.
Die Farben hat der Farbrestaurator vorgegeben. Hier werden Berg-Zinnober und roter Ocker gemischt. Nachdem die Hölzer der Fassade mit einer Calzit-Grundierung versehen wurden, wird die relativ zähe Farbmischung aufgetragen.
Die Farbe trocknet sehr langsam. Sie muss besonders dünn ausgestrichen werden. Für heutige Handwerker ist der Umgang mit diesen Farben ungewohnt.
Die überraschend wirkende historische Farbigkeit ist durch eine Reihe aufwändiger wissenschaftlicher Analysen belegt. Mehr als 900 Proben der ältesten Farbschichten wurden mikroskopisch und chemisch untersucht.
Vor- und während der Sanierungsarbeiten wird durch die Stadtarchäologie eine maßstabsgetreue zeichnerische Dokumentation der Schnitzereien und der Gesamtfassade erstellt.
In diesem verformungsgetreuen Aufmaß sind auch Schäden und Veränderungen des Gebäudes festgehalten. Die Detaildokumentation der Bildschnitzereien aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, die nach zeitgenössischen Vorlagen gefertigt worden waren, dient auch der wissenschaftlichen Auswertung und dem überregionalen Vergleich mit anderen Bildprogrammen.
Die Schnitzereien fügen sich zu inhaltlichen Programmen zusammen. An der Südfassade sind Szenen aus dem Alten Testament zu finden. Hier eine Darstellung zum Sündenfall.
Links oben König David. Ein Band mit reichen ornamentalen Schnitzereien. Dies ist vermutlich die Königin von Saba.
Die Portraits veranschaulichen einen Einblick in Tracht und Mode des 16. Jahrhunderts.
Bürgermeister Swannenflugel, der die Schnitzarbeiten anfertigen ließ. Neben ihm der Swannenflügel in seinem Wappen. So wertvolle Bausubstanz ist heute außerordentlich selten. Umso wichtiger ist es, dass dort, wo sie die Katastrophen dieses Jahrhunderts überlebt
hat, archäologische Forschung und Denkmalpflege bei Stadtplanung, Sanierung und Restaurierung die Richtung weisen.