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GerLiLi – Grundbegriffe der Dramenanalyse: Botenbericht

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GerLiLi – Grundbegriffe der Dramenanalyse: Botenbericht
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13
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CC Attribution - NonCommercial - NoDerivatives 4.0 International:
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Ein Botenbericht spielt bspw. in Friedrich Schillers (1759–1805) Charakterdrama Wallensteins Tod (gedr. 1799, UA 1799; letzter Teil der Wallenstein-Trilogie) eine zentrale Rolle, in dem das Leben und vor allem der Untergang des kaiserlichen Generalissimus Wallenstein (1583–1634), Herzog von Friedland, Sagan und Glogau, im Dreißigjährigen Krieg (1618–48) dargestellt wird. Er wurde 1634 von seinen Offizieren im Auftrag des Kaisers ermordet. Der folgende Ausschnitt, in dessen Kern der Botenbericht steht, stammt aus dem 10. Auftritt des 4. Aufzugs. Zuvor hat sich der katholische Feldherr Wallenstein dazu entschlossen, ein Bündnis mit den protestantischen Schweden einzugehen und damit dem Kaiser den Rücken zu kehren. Octavio Piccolomini, ein kaisertreuer General in Wallensteins Diensten, überzeugt den Großteil von Wallensteins Armeeführern daraufhin, von ihm abzufallen und treu zum Kaiser zu stehen. Octavios Sohn, Max Piccolomini, liebt Thekla, Wallensteins Tochter, und bewundert den legendären Feldherrn Wallenstein aufrichtig, fühlt sich aber dennoch dem Kaiser verpflichtet. Nachdem Wallenstein ihn deshalb verstoßen hat, stürzt er sich in einen selbstmörderischen Kampf mit den schwedischen Truppen und stirbt. Im folgenden Szenenausschnitt taucht ein Bote, der schwedische Hauptmann, bei Thekla auf, um ihr davon zu berichten, was sich mit ihrem Geliebten zugetragen hat. Zum Zeitpunkt des 10. Auftritts weiß Thekla bereits, dass Max tot ist, aber über die genauen Umstände ist sie im Unklaren. Als der Bote eintraf, konnte sie ihm dies entlocken, bevor sie vor Schreck in Ohnmacht gefallen ist. Erst jetzt hat sie wieder die Kraft, sich dem vollen Bericht zu stellen. Wie im Haupttext deutlich wird, ist Max mit all seinen Mannen bei Neustadt gefallen, die danach von den Schweden ehrenhaft beigesetzt worden sind. Tod und Schlacht haben sich außerhalb des Bühnengeschehens zugetragen, der Hauptmann kann davon berichten, da er zugegen und Teil der siegreichen (sowie überlebenden) Schweden war. Er gibt das Geschehen, das sich vor einigen Tagen zugetragen hat, jetzt in der Rückschau wieder; wie er es erlebt hat. Dass ein Botenbericht vorliegt, wird aus dem Kontext ersichtlich: Der schwedische Hauptmann berichtet narrativ als Erzähler von einem Sachverhalt, der sich bereits zugetragen hat, vollständig abgeschlossen ist und in der Vergangenheit liegt. Durch die vorangegangenen Szenen und Dialoge zwischen anderen Figuren weiß auch das Publikum bereits, dass Max Piccolomini in einer Schlacht gefallen ist. Was genau sich zugetragen hat, wissen weder das Publikum noch Thekla. Da eine solche Schlacht bühnentechnisch kaum umsetzbar ist, muss der Bericht diese ersetzen. Auch der Umstand, dass das Tempus bei der dynamischen Zuspitzung der Geschehensdarstellung plötzlich vom Präteritum („wir standen“, „Aufstieg“, „stürzte“, „Da rief der Rheingraf“) zum Präsens („Zum Graben winkt er, sprengt“, „stürzt“, „durchstoßen“, „bäumt“, „schleudert“, „geht“) wechselt, ändert nichts daran. Die gehäufte Verwendung des Präteritums (oder einer anderen Vergangenheitsform) ist üblicherweise ein Hinweis auf einen Botenbericht statt der meist im Präsens verfassten Teichoskopie. Hier ist der Tempuswechsel vor allem ein Mittel, um die Spannung zu steigern und in der Figurenrede die Erregung des Boten zum Ausdruck zu bringen, der sich immer lebhafter in die eigene Schilderung hineinsteigert und diese wie gegenwärtig (wieder-)erlebt; denn er bewundert Max Piccolomini und seine Männer für ihren Heldenmut offensichtlich und nimmt Anteil an ihrem Schicksal. Der Botenbericht beginnt nach der Aufforderung Theklas („Vollenden Sie.“) mit „Wir standen, keines Überfalls gewärtig“ und wird gelegentlich von Theklas körperlichen Reaktionen („Thekla […] sie will sinken“) oder Rückfragen („Und wo – wo ist – Sie sagten mir nicht Alles.“) unterbrochen. Er umfasst die Schilderung des kühnen Angriffs durch Piccolomini und seiner Truppen (erster Absatz), der Einkesselung der Schweden mit dem Aufruf zur Kapitulation durch den Rheingrafen (zweiter Absatz), dem Tode Piccolominis (dritter Absatz), dem stolzen Todeskampf der verbliebenen Soldaten (vierter Absatz, nach Theklas Schwäche) und schließlich der Beisetzung im vollen Pomp (fünfter Absatz, nach Theklas Rückfrage). Die Videoaufnahme folgt: Schiller, Friedrich: „Wallensteins Tod (1800)“. In: Ders.: Schillers Werke. Nationalausgabe. 43 Bde. Hrsg. von Julius Petersen/Gerhard Fricke. Weimar 1943ff. Bd. 8/2: Wallenstein Text II. Hrsg. von Norbert Oellers. Weimar 2010, S. 5–152, hier S. 114–117.
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