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Welchen Informationen können wir trauen? - exkurs-Gespräch mit Prof. Dr. Monika Taddicken

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Welchen Informationen können wir trauen? - exkurs-Gespräch mit Prof. Dr. Monika Taddicken
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17
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Im fünften exkurs-Gespräch spricht Johannes Büchs mit Prof. Dr. Monika Taddicken (TU Braunschweig) darüber, welchen #Informationen wir trauen können und woran man sogenannte „Fake-News“ oder #Desinformationen leichter erkennt. Die Professorin der #Kommunikationswissenschaften erklärt, dass die Anforderungen an die Medienkompetenz der Nutzenden in den vergangenen Jahrzehnten enorm gestiegen sind. Wissenschaftlich untersuchen kann man unterschiedliche Personen und ihr individuelles Nutzungsrepertoire, indem verschiedene Typen gebildet werden. Im Rahmen einer Studie konnte Prof. Taddicken erforschen, welche ersten Reaktionen gezeigte Falschnachrichten zum Klimawandel bei den Probandinnen und Probanden hervorgerufen haben und wie sie weiter damit umgegangen sind. Davon berichtet sie in diesem Video. Die exkurs-Gespräche sind eine Videoreihe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Videoaufzeichnung und – bearbeitung: abc eventservices, München
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Herzlich willkommen zum DFG-Exkursgespräch zum Thema Welchen Informationen können wir trauen? Heute mit Frau Professor Monika Tadiken, Professorin für Kommunikationswissenschaft an der Technischen Universität in Braunschweig und zwei ihrer Forschungsschwerpunkte sind
Online-Kommunikation und Wissenschaftskommunikation. Darauf will ich heute auch hinaus, denn ich möchte wissen, wenn ich mich zum Beispiel online informiere, was kann man, an wem kann man trauen und wie reagieren die Leute auf Nachrichten, die sie vielleicht in Frage stellen. Schönen guten Tag, Frau Tadiken.
Hallo, Herr Büchse. Frau Tadiken, sagen Sie uns nochmal, welchen Informationen können wir trauen? Naja, wenn ich die Frage selber beantworten würde, müsste ich sagen, man kann gar nichts trauen, was man nicht selber weiß. Also irgendwo bleibt doch immer so ein Grundzweifel selbst, wenn ich was weiß nicht in der Institution Tagesschau sehe, können die sich ja auch mal irren, oder?
Ja, natürlich. Auch Qualitätsjournalismus ist nicht gefeiert, davor Fehler zu machen, wobei Journalismus ja Routinen entwickelt hat, diese Fehler möglichst gering zu halten, für Augenprinzip, spezielle journalistische Recherchetechniken und so weiter.
Und trotzdem können natürlich Fehler passieren. Die sind aber zu unterscheiden von dem, was wir zwang oder mittlerweile ja stark auch in der Öffentlichkeit diskutieren, die sogenannten Fake News oder Desinformationen, die eben häufig auch mit einem manipulativen oder strategischen Interesse
verbreitet werden, also ganz bewusst Fehler eingestrahlt werden. Also das ist das, was man gängig so Fake News nennen würde? Genau, das ist das, was meiner Wahrnehmung nach in der Öffentlichkeit am meisten diskutiert wird, dass eben tatsächlich diese bewussten
Täuschungsabsichten, die öffentlich verbreitet werden und dann häufig eben auch noch getarnt werden sozusagen oder kaschiert werden, indem es aussieht wie ein typischer journalistischer Beitrag, also indem zum Beispiel eine Nachrichtensendung imitiert wird bei YouTube Videos oder ähnlichem.
Und solche Fälle gibt es ja sehr viele. Die gibt es ja vielleicht auch mal gesteuert von einem Staat. Ich erinnere mich gerade an eine Geschichte von einem Bundeswehrsoldaten. Ich glaube, in einer baltischen Republik, da hieß es, der hätte wohl jemanden vergewaltigt und später stellte sich heraus, das war eine komplett erfundene Geschichte, wahrscheinlich von der russischen
Seite initiiert, um vielleicht auch die Akzeptanz der Bundeswehr in dieser Region zu schwächen. Also das könnte ein Staat sein, es könnte aber auch eine Privatperson sein. Vielleicht auch Leute, die tatsächlich das auch wirklich selber glauben. Also jemand, der der Verschwörung anhängt oder auch jemand,
der damit Geld macht. Vielleicht so eine Art, ich denke mal an den Kopfverlag oder so jemanden. Die machen das ja auch gerne. Das sieht dann ganz offiziell aus, aber es ist schon ein Harnibüchen, was dahinter steckt und man fragt sich, dann geht es darum, jetzt irgendein Nahrungsergänzungsmittel zu verkaufen oder andersweitig Geld zu machen. Die Motivationen sind also sehr unterschiedlich. Genau, also das haben Sie ja sehr schön geschildert.
Das kann politisch motiviert sein, das kann eben auch ökonomisch motiviert sein. Es kann tatsächlich auch Unwissenheit sein. Also wir haben ja in der digitalen Welt, sind ja die Zugangshöden sehr niedrig. Das heißt, jeder, jede kann quasi ein eigene Angebot schaffen, ein eigenes Video machen und bei YouTube hochladen oder ähnliches.
Ob das dann auch gesehen wird, ist dann noch mal eine andere Frage. Aber wenn es sich dann verbreitet, hat es ja auch eine, kann es unter Umständen eine große Reichweite erzielen. Und da dieser Zugang so niedrig ist, ist es eben auch also müssen es nicht nur manipulativen Interessen sein, sondern es kann ja auch tatsächlich so sein, dass man selber denkt,
weiß ich nicht, dass bestimmte Dinge zu trinken tatsächlich schützt gegen Covid-19 Erkrankungen oder ähnliches. Und manchmal ist es aber auch sehr häufig, gerade wenn wir darüber nachdenken, wer teilt denn solche Dinge eigentlich? Also wie verbreiten die sich? Es ist auch eine gewisse Unbedachtheit von Menschen, die das dann teilen,
eben weil es eine bestimmte Aufmerksamkeit bei ihnen erreicht hat und sie den Impuls sofort nachgeben, ungeprüft, diese Informationen weiterzugeben. Bedeutet das, dass wir in dieser Zeit, in der wir heute leben, eine höhere Anforderung eigentlich an den Mediennutzer haben als noch vor 20 Jahren?
Auf jeden Fall. Wir haben wirklich ganz, ganz hohe Anforderungen an die MediennutzerInnen, denn erst mal ist natürlich die Welt mittlerweile als vor 20 Jahren, weiß ich nicht, aber sie wird immer komplexer. Wir haben immer mehr Themen auf der Agenda, mit denen wir uns beschäftigen müssen und mit dem Aufkommen des Internet und insbesondere den sozialen Medien
haben wir eben auch unglaublich viele Informationsquellen zur Verfügung von sehr, sehr unterschiedlichen Akteuren, die da auftreten. Das heißt, da prallt wirklich eine Masse an Informationen auf die MediennutzerInnen ein. Und wenn sie nicht journalistisch vorgeprüft sind oder anderweitig qualitätsgeprüft wurden, ist es halt an den NutzerInnen
selber zu entscheiden, ist das eine gültige, eine wahre Information? Kann ich dem trauen oder nicht? Das heißt, das Stichwort Medienkompetenz, darunter würde man das ja zusammenfassen, oder auch digitale Kompetenz, ist natürlich die Anforderung an die Medienkompetenz oder die digitale Kompetenz sind da enorm gestiegen.
Ja, und wie gehen jetzt die MediennutzerInnen damit unterschiedlich um? Ich kann mir vorstellen, sie hatten gesagt, die Medienkompetenz spielt eine Rolle, vielleicht aber auch die Zeit, die ich investiere, vielleicht ja auch das, was ich hören möchte. Ich kann mir vorstellen, es gibt unterschiedliche Typos, Typen.
Also vielleicht gibt es ja sogar eine Mediennutzer Typologie im Zusammenhang mit Vertrauen. Ja, also wir sind in der Kommunikationswissenschaftlichen Forschung tatsächlich immer mehr dazu übergegangen, Typen zu bilden. Denn natürlich ist die Bevölkerung, die Öffentlichkeit nicht gleich die Öffentlichkeit oder die Bevölkerung.
Es gibt also sehr viele unterschiedliche Personen, sehr viele verschiedene Nutzungsvarianten. Jeder von uns hat ein ganz individuelles Nutzungsreportoir, nennen wir das, auch im Ablauf des Tages, wo informieren wir uns als erstes lesen wir noch die Tageszeitung. Ich sage noch, weil wir ja da einen absteigenden Trend haben
oder informieren wir uns über das Smartphone, an welchen Quellen und so weiter. Das heißt, wir haben da wirklich sehr heterogene Menschen, die wir da in der Forschung untersuchen. Und da behelfen wir uns damit, dass wir Typen bilden, also versuchen, bestimmte Gruppen in der Öffentlichkeit zu bilden. Das kann man machen nach unterschiedlichen Dingen,
also zum Beispiel nach, wie wurde jemand sozialisiert, welche Erfahrungen hat er oder sie gemacht in der Vergangenheit mit Medienangeboten, aber eben auch, wie passt das in den Alltag hinein, welche alltagsweltlichen Bezüge hat das bzw. was nutzt man ja ohnehin? Das spielt natürlich viel rein.
Die Klassiker, sage ich mal, der sozio-demografischen Forschung, Bildung, Geschlecht, Alter spielen hier eine wichtige Rolle, genauso wie Wissen und Einstellungen. Das sagten Sie gerade. Wir haben diesen Effekt der Einstellungskammern oder der Filterblasen,
dass man sich immer selber bestätigt und sich gerne mit Inhalten im Internet auseinandersetzt, die die eigene Einstellung bestätigen. Auch das wurde sehr stark öffentlich diskutiert. Dem hat sich die kommunikationswissenschaftliche Forschung natürlich angenommen. Ganz so dramatisch, wie ursprünglich mal geglaubt wurde, ist es nicht.
Aber wir sehen schon, dass bestimmte Randgruppierungen entstehen können. Generell ist es aber so, dass eigentlich die meisten Menschen in der Bevölkerung über verschiedene Wege noch mit dem, was typischerweise oder auf der öffentlichen Medienagenda steht,
auch in Kontakt kommen. Das heißt auch mit Gegenargumenten zu Ihrer eigenen Meinung? Genau, durchaus auch mit Gegenargumenten. Also da wird ja häufig gesagt, dass in den sozialen Medien, auf sozialen Netzwerkplattformen wie Facebook oder Instagram und ähnlichen insbesondere man sich nur noch in der Gruppe bewegt, die dieselbe Einstellung teilen.
Das kann so sein. Häufiger ist es aber so, dass gerade über das soziale Netzwerk tatsächlich auch Inhalte auf einen zukommen, mit denen man sich anderweitig nicht beschäftigt hätte. Also Sie haben das beim Thema Klimawandel in einer meiner eigenen Studien sehr schön gesehen, dass Menschen dort berichtet haben,
sie haben eigentlich überhaupt keine Lust mehr, sich mit diesem alten Thema Klimawandel auseinanderzusetzen, sind dann aber über Facebook und ihre Freunde dort in Kontakt gekommen damit, weil die das geteilt haben und haben dann auch sich weiter informiert. Also haben das als Anlass genommen, tatsächlich sich mit dem Thema wieder zu beschäftigen.
Also das ist eben auch möglich und ist gar nicht so selten. Also diese zufällige Kontakt mit Medieninhalten. Beim Thema Klimawandel weiß ich aber auch, dass Sie noch eine andere Untersuchung gemacht haben, um Leute zu verunsichern. Wie hat das funktioniert? Das hat tatsächlich gut funktioniert.
Allerdings haben wir das ja nicht getan, um sie zu verunsichern. Na ja, eigentlich schon. Sie haben recht. Wir wollten Sie verunsichern und dann schauen, was macht es mit Ihnen und wie reagieren Sie. Also konkret haben wir ungefähr 50 Personen ins Labor eingeladen, die überzeugt waren vom menschgemachten Klimawandel, haben sie ins Labor gesetzt und ihnen einen
klimawandelskeptischen YouTube-Clip gezeigt. Der war aufgemacht wie so ein bisschen wie so eine Nachrichtensendung, so ein bisschen in der Tagesschau mäßig. Und da wurde dann eben erzählt, dass es die große CO2-Lüge ist. Genau, dann haben wir uns angeschaut, wie reagieren die da drauf und was machen sie auch danach?
Also wir haben dann eine Blickregistrierungsstudie gemacht und uns angeguckt. Zehn Minuten danach hatten sie Zeit, sich im Internet zu informieren. Was machen Sie jetzt in der Zeit? Wo gehen Sie hin? Auf welche Quellen gucken Sie? Wie gehen Sie damit um? Und wie sind Sie damit umgegangen?
Sehr unterschiedlich, wirklich sehr unterschiedlich. Also wir haben im Prinzip drei unterschiedliche Nutzungsreaktionen gefunden. Das eine war eine sehr emotionale, sowas eine Empörung eigentlich, dass sie jetzt ins Labor gesetzt wären, wenn sie sich sowas anschauen müssen.
Und also sie würden im normalen Leben sich nicht konfrontieren damit und tatsächlich direkt wegklicken. Dann haben wir aber auch eine gewisse Verunsicherung gefunden bei einigen Menschen, nämlich die Frage, stimmt es denn jetzt vielleicht doch, was die sagen? Was kann ich denn jetzt glauben? Ich habe ja vorher was anderes gedacht. Und wir haben aber auch eine Aktivierung gefunden,
dass einige Personen aus dem Probandinnenkreis auch die Idee hatten, jetzt will ich mich mal richtig informieren darüber. Ich merke gerade, ich weiß vielleicht gar nicht genug. Jetzt will ich mal richtig nachschauen. Aber das interessiert mich, wenn ich jetzt also verunsichert bin und nach einer vertrauenswürdigen Quelle suche. Wo haben dann diese Probandinnen und Probanden gesucht?
Überwiegend wurde nach den traditionellen Medienmarken online geschaut. Also journalistische Berichterstattung, journalistische Online-Artikel wurden angesteuert. Und wir konnten auch nachverfolgen, wie lange sie geguckt haben, was sie gelesen haben. Wir haben sie auch hinterher noch befragt,
mit welcher Zielsetzung sie da jetzt hingegangen sind. Und für viele war es so, dass sie tatsächlich sozusagen eine verlässliche Antwort haben wollten, eben bei dieser Verunsicherung. Und nochmal bestätigt haben wollten, wieso, ein menschgemachter Klimawandel, habe ich doch bisher immer geglaubt. Was sagen der Qualität,
also der traditionelle Journalismus dazu? Also auch Ausdruck eines doch recht hohen Vertrauens in Journalismus, was wir übrigens auch gemessen haben und das da auch abgebildet sehen. Genau, und andere sind aber mit der Idee losgegangen, sagen, oh ja, das will ich jetzt mal klären. Was ist da jetzt eigentlich dran? Und haben sich auch mit klimawandelskeptischen Inhalten
konfrontiert, um sich damit auseinanderzusetzen. Einige sehr offen, andere tatsächlich schon mit der Idee, dass sie das widerlegen wollen, dass sie sehen wollen, sind die Argumente eigentlich gut und schlüssig? Oder kann man das auf dieser Basis eigentlich tatsächlich schon in Frage stellen?
Das würde jetzt bedeuten, dass die, wenn Sie sagen Qualitätsjournalismus, dass die Probandinnen und Probanden dann auf tageschau.de oder FAZ oder Spiegel oder Süddeutsche gesucht haben. Das war die größte... Aber das ist ja spannend, weil Sie hatten auch sehr viele junge Probandinnen
und Probanden in der Reihe, oder? Genau, da waren auch viele Studierende darunter. Und das ist tatsächlich ein interessantes Ergebnis. Aber das sehen wir auch in anderen Studien, wenn wir Leute danach fragen, wem glauben sie am meisten, wem vertrauen sie am meisten oder welchen Angeboten. Haben wir ja auch in den Repräsentativbefragungen in der Regel immer die Antworten,
das ist halt der Qualitätsjournalismus wie FAZ, Spiegel und so weiter. Und erst danach kommen dann die Online-Angebote. Und was jetzt an dieser Studie neu war und interessant, nicht ganz neu, das haben auch schon andere gemacht, aber in diesem Kontext war es neu und in der Verbindung, dass wir tatsächlich ja geprüft haben. Sie hatten keine Angabe,
dass Sie jetzt da irgendwie sich seriös informieren müssen oder so etwas, sondern Sie waren eigentlich völlig frei in dem, wo Sie nachgucken können. Und deswegen war das schon ein besonderes Ergebnis, dass da viele dieser Menschen, diese insbesondere jungen Menschen, zu diesen etablierten Medienmarken gegangen sind. Also das war so ein gewisser Anker. Wenn man sich fragt,
was kann ich eigentlich noch glauben? Wem kann ich vertrauen, da zum Journalismus zu gehen? Jetzt gibt es im Umfeld der DFG eine ganz große Community, die im Bereich Wissenschaft aktiv ist. Ich bin mir sicher, für viele ist das eine besonders große Herausforderung, wenn mein eigenes Thema ein sehr komplexes ist.
Dann brauche ich ja auf der anderen Seite extrem viel Vertrauen oder einen Christian-Drosten-Podcast, der bis zu anderthalb Stunden und länger ist, um zu erklären, dass es nicht nur die T-Zellen sind am Ende, die den Unterschied machen. Also das hat ja kaum jemand in dieser Community eine so große Aufmerksamkeit.
Und selbst wenn man alle Drosten-Podcasts gehört hätte, gibt es wahrscheinlich immer noch genügend Fragen. Also man kann es nicht bis ins Extrem steigern. Irgendwo braucht es gerade diesen Vertrauensvorschuss in der Wissenschaftskommunikation. Wie sehen Sie das?
Ja, damit haben Sie vollkommen recht. Vertrauen ist ja auch eine Art Komplexitätsreduktion. Und unsere Welt ist extrem komplex geworden. Wir haben ja viele von diesen großen komplexen Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen in der Welt. Bei der Covid-19-Pandemie war es jetzt so, dass wir so im Frühjahr, Sommer 2020
ja alle sehr auf dieses Thema waren. Es gab ein unglaublich großes Informationsbedürfnis. Der Drosten-Podcast, den Sie angesprochen haben, hatte ja auch wirklich enorme Einschaltquoten. Und das rückt dann natürlich wieder irgendwann in den Hintergrund. Irgendwann ist die hoffentliche Jahr auch vorbei.
Und dann sind andere Themen eben auch wieder wichtiger. Und da haben wir eine ganze Reihe von Themen. Das ist der Klimawandel. Aber da sind auch so Dinge wie Elektromobilität oder autonomes Fahren. Da werden wir auch hin kommen. Gentechnik und so weiter. Das kann man ewig, na ja ganz ewig nicht, aber das kann man auf jeden Fall sehr lange weitermachen.
Und die Frage der Zeit spielt da deswegen auch eine ganz wichtige. Also auch in der Studie, die wir gerade angesprochen hatten, die wir im Labor gemacht hatten, da haben wir auch gesehen, dass Zeit auch da schon eine wichtige Rolle spielt. Wenn ich mir nicht genug Zeit nehme, um diese Komplexität oder diese Widersprüchlichkeit aufzulösen,
dann ist es eben auch so, dass es unter Umständen zu Einstellungsänderungen kommen kann. Also wir hatten tatsächlich auch Menschen, wenige, aber wir hatten welche, die mit einer geänderten Einstellung aus dieser Laborstudie rausgegangen sind, die also weniger an den menschgemachten Klimawandel geglaubt haben. Wir haben das dann wieder aufgelöst.
Das nennt man Debriefing, dass man das dann nochmal bespricht und aufklärt. Das soll natürlich ja auch verantwortlich sein. Wir wollen jetzt da keine Falschinformationen irgendwie streuen bei unseren Probandinnen. Aber das haben wir eben gesehen. Und die Kompetenz ist nochmal ein anderer Punkt, der dazukommt.
Wenn ich da nicht mehr in der Lage bin, zu sagen, wo kann ich denn jetzt noch gucken, was soll ich denn jetzt noch tun? Oder in diesem Fall in der Studie war es, wonach suche ich denn jetzt eigentlich noch? Also eine gewisse Überforderung war auch bei vielen Personen zu sehen, dass sie nun wirklich nicht mehr wissen, was jetzt noch ist und was sie noch glauben sollen.
Dann würde heute dazugehören, als Kulturtechnik, die ich lernen muss, als junger Mensch, Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen zu können mit Hilfe von Suchmaschinen, aber vielleicht ja auch anderen Mitteln? Na ja, nicht nur für die jungen Menschen. Das gilt ja für die komplette Bevölkerung. Ich glaube, mit der Medienkompetenz können wir alle
auf jeden Fall immer noch aufbauen. Ich nehme mich da gar nicht aus. Wir haben ja ganz verschiedene Säulen auch. Medienkritik ist sicherlich eine Säule, aber eben auch die Nutzung. Also wie komme ich auch ans Ziel? So eine Art Wirksamkeitserfahrung. Wenn ich nach etwas suche, finde ich dann auch die richtigen Informationen. Das ist das, was ich gerade angesprochen hatte.
Und wir haben da ja auch verschiedene Ansätze, die Faktenchecker, die angeboten werden im Internet, wo also dezidiert dann auch einzelne Falschnachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden. Es gab die Ansätze, in sozialen Medien Falschnachrichten oder Falschinformationen zu deklarieren
oder einzelne Accounts werden ja auch gesperrt. Und trotzdem ist es natürlich so, dass wir das nicht während verhindern können. Wir können das Internet nicht abschalten und ich in meinem Fall würde das auch nicht wollen. Es wird einfach weiterhin so sein, dass man mit ungeprüften und falschen Informationen in Kontakt kommt.
Aber was Studien eben auch zeigen, ist, dass man, wenn man darauf hinweist und das aufmerksam hält, dass das nicht ungeprüft zu glauben ist. Dann hat man schon viel gewonnen und kann sozusagen aktivieren, die MediennutzerInnen da ins Gespräch zu gehen und dann nach weiteren Informationen zu suchen.
Aber auch das kostet wieder Zeit. Hatten denn in Ihrer Untersuchung die Probandinnen und die Probanden nur ein bestimmtes Zeitbudget? Ja, in dieser Laborstudie hatten sie genau zehn Minuten. Danach haben wir abgebrochen, wobei zehn Minuten für eine solche Laborstudie schon sehr lang sind.
Üblicherweise werden zwischen vier und sechs Minuten geboten und wir haben absichtlich schon länger Zeit gelassen. Wir hatten jetzt in dem Fall auch das Gefühl, dass mit bis auf zwei Ausnahmen, die zeitlich hingekommen sind, aber trotzdem war es nicht immer unbedingt beende. Also dieser, wir nennen das Bewältigungsprozess, wie gehe ich jetzt damit um mit diesen Falschnachrichten
und mit dieser Spannung, die ich da vielleicht auch habe, weil da ja was anderes gesagt wird, als ich eigentlich glaube. Wenn dieser Prozess dieser Bewältigung nicht beendet wird, dann ist eben die Gefahr hoch, dass dann die Einstellungsänderung kommt. Das kann bei manchen Leuten sehr schnell gehen, bei anderen Leuten dauert es länger
und müsste dann vielleicht auch noch mal mit Gesprächen im sozialen Umkreis oder mit anderen Medien, als jetzt mit den Online-Medien, die ja im Labor verfügbar waren, geklärt. Dann ist es jetzt in Ihrer Untersuchung Ihnen auch gelungen, manche zu Klimawandelskeptikerinnen oder Skeptikern umzudrehen?
Ja, zum Glück haben wir ja das Debriefing gemacht und sind dann noch mal ins Gespräch gegangen und haben noch mal informiert, sodass sich das auch geklärt hat. Aber ja, das ist halt in der Laborstudio so. Ansonsten wäre das ja so nicht gewesen.
Frau Professor Tadigen, vielen Dank, dass Sie uns haben Einblick geben können in Ihre Forschung. Ich fühle mich erinnert an einen Songtitel von der Gruppe Deichkind mit dem Titel Wer sagt denn das? Da gibt es eine wunderschöne Zeile. Ich glaube ab jetzt nur noch das, was stimmt.
Bis hierhin aber, Frau Tadigen, vielen, vielen Dank und bleiben Sie gesund. Ihnen auch vielen Dank. Tschüss.