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Interventionen in ländlichen Räumen

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Formale Metadaten

Titel
Interventionen in ländlichen Räumen
Untertitel
Strukturalistische Analyse eines einfachen Hauses bei Brontallo im Tessin
Serientitel
Anzahl der Teile
8
Autor
Lizenz
Keine Open-Access-Lizenz:
Es gilt deutsches Urheberrecht. Der Film darf zum eigenen Gebrauch kostenfrei genutzt, aber nicht im Internet bereitgestellt oder an Außenstehende weitergegeben werden.
Identifikatoren
Herausgeber
Erscheinungsjahr
Sprache

Inhaltliche Metadaten

Fachgebiet
Genre
HausComputeranimationVorlesung/Konferenz
PrivatgrundstückBindemittelBruchsteinComputeranimationVorlesung/Konferenz
StadtplatzVorlesung/Konferenz
MauerwerkNeurenaissancePalastBindemittelBarockisierungFeuchtigkeitsschadenSchotterbettGeschoss <Bauwesen>StadtplatzMikroarchitektur <Gebäude>ComputeranimationVorlesung/Konferenz
GebäudeComputeranimationVorlesung/KonferenzBesprechung/Interview
FlachgründungBausteinVorlesung/Konferenz
ComputeranimationVorlesung/Konferenz
NeurenaissanceMauerSchiebfensterMikroarchitektur <Gebäude>ComputeranimationVorlesung/Konferenz
FensterSchiebfenster
ErdbauFensterBindemittelPutzMauerBausteinGeschoss <Bauwesen>Schiebfenster
ArchitekturDachFensterDachdeckungBaublockGebäudeMauerFlachgründungMauernDolomitkalkAnschluss <Stahlbau>Molch <Werkzeug>BetondeckungSchiebfensterMikroarchitektur <Gebäude>
FensterTrägerAbgasrückführungBaublockMittelstützeZimmer
HausBlockbauMauerZimmerMaurerSchiebfensterComputeranimation
BaublockGebäude
HausBaustein
DachHolzrahmenbauBaublockBlockbauGebäude
HausKellerHolzrahmenbauBalkonAltanSchiebfensterBesprechung/Interview
ErdbauFensterHausBaublockBlockbauGebäudeSchiebfenster
BaustoffRaumstrukturBaublockBlockbauGebäudeBauproduktGleichen <Burg>Geschoss <Bauwesen>Vorlesung/Konferenz
GrundrissHausforschungVorlesung/Konferenz
ArchitekturBrandschutzHausRegionBrandBaublockBlockbauMauerBausteinPilasterSchiebfensterMikroarchitektur <Gebäude>Besprechung/Interview
Was können wir, wenn wir das jetzt sozusagen analysieren, ich meine es schaut sehr romantisch aus, deswegen bringe ich auch das Bild, klar, schieres Bild, welches ich bringe, nona. Aber was können wir daraus herauslesen?
Eine ganze, ganze Menge. Also einmal nicht nur, dass die Leute, wenn sie etwas aus Bruchsteinen gemauert haben, an der Ecke immer relativ lange, lange Binder verwenden, dass die Ecke stabilisiert wird. Sie sehen, da ist ein langer, ein langer,
ein langer, ein langer, ein langer, ein langer. Sie kennen im Historismus, wenn Sie in Wien ein Palais oder so weiter anschauen, wo eine sogenannte Rustizierung gemacht ist, dass da so auf, in Putzschnitt gemachte Eckquader drinnen sind. Das ist genau, das ist der evidente Sinn dieser Sache, dass man nämlich in dieser Mauerwerkstechnik eher
lange Binder an den Ecken verwenden muss. Das ist dann, bei den Römern ist das eine Mode geworden, dann hat man die nur so grob behauen mit der Haue und wenn Sie, weiß ich nicht, in Florenz, im Palazzo Bitti an die Ecke erinnern, da sind diese rustiger
Beulen, die sind vielleicht so 40 Zentimeter, die rausgehen und die Eckquaders sind dann fast einen Klafter lang. Da hat man das dann übertrieben und das galt als rustikal und fein. Warum? Weil die Untergeschosse waren bei diesem Palazzo immer feucht, das waren
Werkstätten, da waren Bedienstete, da war der Pferdestall drinnen eben Feuchtigkeit und deswegen hat man das rustikal ausgeführt. Wir werden einmal darauf zu sprechen kommen, das hat mit der ganzen Ballast- und Barockarchitektur, Renaissancearchitektur das was zu tun. Hier haben Sie das noch in der ursprünglichsten Form, dass das Mauerwerk an der Kante anders ausgeführt ist als in der Mitte und gerade diese kleine, da sehen Sie es
genauso wieder, dieser kleine Unterschied in der Genauigkeit, weil es an der Ecke einfach wichtig ist, die Ecke so auszuführen, das macht den Charme und die Lebendigkeit der Sache aus. Wenn es jemand herkäme oder kommt und würde das ganze Gebäude mit einer Art von
Tapete, weil ihm das die Denkmalbehörde vorschreibt, das muss eine Steinplattenfassade sein, das einfach mit Steinplatteln versieht, dann würde er wahrscheinlich diese Ecke-Ausführung im Gegensatz zur Innenausführung nicht machen und damit würde es diese Art Sinnstift in
der Lebendigkeit verlieren, wäre nicht da. Deswegen schaut es immer dann blöd aus und wird dann zu einem Zeichen für etwas. Jetzt kommt das nächste mit dem Fenster, das da drinnen sitzt,
der charmante Landbaumeister, der war natürlich nicht in Mailand und nicht in Rom und hat von der Renaissancearchitektur eigentlich nur wenig mitbekommen. Dass es aber so irgendwas mit Ecken und Zacken ist, das hat er schon gewusst. Man hat das Trichterfenster, das Sie
da sehen, ist eine sehr funktionale Angelegenheit. Sie haben so eine Mauer und die besteht aus
Steinen und da im inneren Feld gibt es so. Und jetzt das Problem, das da anschließend soll jetzt ein Fenster kommen und wie macht man das gescheit heute vernünftig? Das sind sehr grobe Steine. Fenster sind teuer und aufwendig, Glas ist wahnsinnig teuer. Man hat geschaut,
dass möglichst wenig Glas auskommt. Innen ist es wie verlaubt gesagt saukalt, so eine Steinwand. Also man hat an der Innenseite eine Holzvertäfelung angebracht,
einfach damit es nicht gar so kalt ist. Und was lag denn dann eigentlich näher, als dass man das Fenster, wenn man eben jetzt schon bei der Tischlerarbeit ist, in diese Holzvertäfelung einbindet. So, da ist das Fenster. Und damit es nicht stockfinster wird,
macht man hier einen Trichter. Und damit es wirklich hell wird und damit nicht durch die Fugen, die Gülsen im Sommer usw. durchkommen, wird es verputzt. Aber man muss mit dem Putz und
der Kalk sehr sparsam sein. Das ist alles Urgestein. Sie sehen ja den Baustein, den die Leute verwenden. Das ist ein gespaltbarer Gneis. Mit dem kann man Platten spalten,
um sie aufs Dach zu legen für die Dachdeckung. Mit dem kann man sehr dicke, schwere Mauern machen. Das ist alles gut und schön. Aber man kann keinen Kalk draus brennen. Und weil der Kalk eben dort so teuer ist, hat man auch die Fugen nicht vermörtelt, sondern eher in einer Schweinarbeit mit kleinen Steinchen ausgezwicktes
Trockenmauerwerk gemacht. Es war auch wurscht, weil auf der Innenseite hat man ja sowieso die Holzvertäfelung gehabt. Dass die Mauer etwas zugig ist, ist klar. Aber ums Fenster herum, damit man das Fenster überhaupt sauber einputzen kann, dass da nicht überall die Wespen usw. seitlich hineinkraubeln, hat man das bisschen Kalk, das man sich leisten konnte,
zum Vermörteln und zum Verputzen verwendet. Und natürlich den Anschluss macht man dann auch nicht irgendwie graula watschert, oder wie man es nennen will. Da macht man damit Architektur. Und weil es gar so schön ist, macht man dann noch einen Stern dazu. Ist irgendwie der Stolz,
jetzt habe ich was Tolles geschafft. Sie werden das immer wieder finden. So charmante, einfache, simple Zeichen, wie bei vielen ländlichen alten Gebäuden, zum Beispiel eine Zimmermannsrose. Da gibt es in einer Stube irgendein schöner Durchzugbalken. Wisst ihr,
was ein Durchzugbalken ist? Durchzugbalken ist, wenn in einem Block gebaut, der hat ja die Modullänge von den Stämmern. Und normalerweise kann ein Raum nicht größer sein als so eine stammlange Modul. Wenn Sie das aber eine Stube machen wollen, die doppelt sozusagen
zwei Module sind, muss man das auswechseln. Und zu dem Zweck muss man in der Mitte einen langen Balken durchlegen. Der heißt der Durchzugbalken. Wenn Sie sich in venezianischen Palazzi auskennen, wenn Sie zum Beispiel einen haben, fast jeder von uns hat ja sowas,
dann sehen Sie sehr oft, dass in der Lichtrichtung, also vom Fenster weg, würde hier auf dem Mittelpfeiler etwa ein Durchzugbalken durch den Raum durchgehen, von dem dann kleinere in die andere Richtung gehen. Und die sind oft, weil das manchmal oder sehr oft die
aufwändigste Zimmermannsarbeit war, sind diese Durchzugsbalken dann mit einer Rose geschmückt, ist das Mindeste. Oder die Kanten sind profiliert und nachgezogen und so weiter und so fort. Und das ist eigentlich der Stolz des Zimmermanns, der seine Arbeit grönt. Oft sind
dann auch Beschlagzeichnern von Zimmerleuten so weiter drin. Und das Sterndolter hier ist ganz sicherlich ähnlich zu verstehen. Das zeigt, ich habe das gemacht. Vielleicht war das das Zeichen von einem Maurer. Und tatsächlich hat sich zum Beispiel, hat sich, wenn Sie im
Engadin unterwegs sind und einmal das über den Maloya Pass drüber fahren, jetzt entspringt dann
der Inn. Und dann kommt man in so einen sehr schönen Ort hinein nach Zurz. Das ist Zurz und dann Skol und dann geht es runter den Inn abwärts und beim Finstermünz geht es dann noch nach Tirol rein. Und in Zurz gibt es einige sehr schöne alte Häuser mit den berühmten
Trichterfenstern. Und bei einem hat man eine Analyse gemacht. Das hat innen eine hölzerne Stube. Das war ursprünglich, war das ein Blockbau, ein tragender Blockbau. Dann durch
die Verbindung, Zurz war ein wichtiger Kommerzialort, der zwischen Norditalien und dem Rheintal, den Rheintal eine Verbindung geschaffen hat. Und so hat man auch irgendwie gewusst, was sich da
so unten tut. Und das waren alles Steinhäuser, die die gehabt haben. Und die Leute haben Holzhäuser gehabt. Das hat im Prinzip steiles Gelände, war ein massiver Sockel, da war meistens irgendwo Nebenrahmen, Stall und so irgendwas drinnen. Und dann hatten die da so
ein Blockbau und ein Dach drüber. Und das Dachrahmen war offen und das diente als Solarium, also um in der Sonne etwas zu trocknen. Die Tiroler haben das dann beibehalten und haben das Söller genannt. Und jetzt ist der Söller einfach der Balkon. Eigentlich das
Solarium. Ist eigentlich der offene Dachraum. Okay. Und die haben da so kleines Fensterle drinnen gehabt. Und jetzt hat man irgendwie zu Geld gekommen, wollte aber das Haus nicht wegreißen. Und die begannen das zu ummauern. So, Problem. Hier haben wir das Fenster drinnen
sitzen im Blockbau. Nein, natürlich geht es nicht anders als so. Ja, wie soll es denn anders gehen? Und auch hier weiß verputzt. Und schon ist der Graubündner-Trichterfenster erklärt.
Das ist ungefähr 14. Jahrhundert. Was ich Ihnen vorhin gezeigt habe, das aus Brontallo, ist im Prinzip der gleiche Kulturkreis. Ist ein bisschen davon entfernt. Ist aber von der Geologie her. Das ist nämlich das Interessante. Die Geologie und der Naturraum
stellt ja die Baumaterialien zur Verfügung. Ist es das Gleiche. Jetzt sehen Sie was. Einen ganz eigenartigen Gestalt-Transformationsprozess und ein bisschen auch eine Mode-Geschichte. Wahrscheinlich hat man an den bedeutenden Passstraßen über die Alpen, die an diesen,
in diesen Gneisgebieten, alpiner Gneisgebieten sind, hat man, weil ja auch dort, das ist alles Alpin, Mittel- bis Hochalpin, weil dort Nadelholz wächst, langstämmiges, hat man
natürlich Blockbau gemacht. Man hat aus dem Gneis, wie hier schon angedeutet, einmal ein Kanum hergestellt, damit man überhaupt auf was Ebenen bauen kann. Und dann hat man Blockbau drüber gebaut. Und dann hat man das ummantelt. Jetzt können sich die Hausforscher
und Hauskunder darum streiten, ob man das gemacht hat, weil es man schöner empfunden hat, oder ob man es gemacht hat aus Brandschutzgründen. Das kann nämlich auch sein. Und es hat sicherlich, hat das auch mit dem Brandschutz was zu tun mit steigendem Wohlhabenheit. Steigende Wohlhabenheit. Das heißt, ich habe ein Haus, das massiv ausschaut mit
Trichterfenstern. Und das heißt, ich bin ein Wohlhabender. Und der Nachbar, der hat noch das alte Blockhaus. Der kantonale Denkmalschutz hat da hier ein lustiges Exempel statuiert, dass so eine Gegenüberstellung von einem ummantelten Blockhaus und
einem noch freistehenden Blockhaus so unter eisernen Denkmalschutz gestellt worden sind. Das ist sehr witzig. Kann man sich das kurz anschauen? Das Foto habe ich nicht gefunden. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich. Sonst hätte ich es Ihnen jetzt gezeigt.
Und da wurde das als ein Zeichen von, nicht Zeichen für, sondern ein Zeichen von Wohlhabenheit in der Region hat sich das verbreitet. Und wurde dann in dem Haus bei Brontallo, das ich Ihnen da erst gezeigt habe, mit diesem charmanten Trichterfenster in der
Steinmauer, wurde das als modisch richtig schön elegant empfunden und übernommen. Man hätte das Problem auch anders lösen können. Aber es war eben ein Zeichen von. Und so entstehen manche Dinge aus ganz rationalen Gründen. Das heißt, wenn wir uns mit so einer historischen
ländlichen Architektur beschäftigen, mit den Alten, dann ist es immer, das ist jetzt meine Überzeugung, du liest, pure Ideologie ist klar, ist es immer nützlich, nicht einfach die Gestalt zu beschreiben, wie das ist, wie das ja lange Zeit hindurch gemacht worden ist,
sondern bei allem zu fragen warum. Warum, warum, warum, warum, warum. Bis zum bitteren Ende fragen warum. Bis man auf einer Klarheit ist, dass ich sage, warum schaut der Hammer aus, wie er ist und warum ist er aus dem Material, aus dem er ist und warum kann man
ihn wofür brauchen. Bis dorthin hinunter zu fragen.