Narrationsanalyse - Narratives Interview
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Identifiers | 10.5446/63934 (DOI) | |
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Computer animation
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Computer animation
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Computer animation
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Computer animation
Transcript: German(auto-generated)
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Ich begrüße Sie zum Lehrvideo Narrationsanalyse – Narratives Interview. In diesem Video gehen wir auf die Erhebungsmethode der Narrationsanalyse ein. Das narrative Interview. Sie können hier
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mehr über die Hintergrundantnahmen zum narrativen Interview erfahren. Sie lernen außerdem die zentralen Grundsätze der Methode kennen und erlangen einen Überblick über Anwendungsgebiete und Kritikpunkte. Das narrative Interview ist also eine Erhebungsmethode, die mit der Narrationsanalyse verwoben ist. Aus diesem Grund schauen wir uns dieses Erhebungsverfahren genauer an.
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Das narrative Interview wurde in den 1970er Jahren von Fritz Schütze entwickelt. Es ist eine Erhebungsmethode, die vor allem im Zuge der Narrationsanalyse eingesetzt wird. Die Narrationsanalyse interessiert sich für die Erlebnisse und Erfahrungen der Interviewten.
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In der Narrationsanalyse geht man davon aus, dass diese Erlebnisse und Erfahrungen über Erzählungen sichtbar gemacht werden können. Das narrative Interview hat also zum Ziel, Erzählungen zu generieren und darüber mehr über die Erfahrungen und Erlebnisse der erzählenden
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Person zu erfahren. Um an diese Erlebnisse heranzukommen, gilt es schon im narrative Interview einige Grundsätze zu beachten. Um die Erlebnisse der Interviewten, um diesen Erlebnissen eben den größtmöglichen Raum im Interview zu geben, muss der Einfluss der
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Forschenden im Interview weit zurückgedrängt werden. Es geht also darum, was die Interviewten empfinden. Die Forschenden müssen sich komplett zurücknehmen, keine eigenen Schwerpunkte setzen. Um das zu erreichen, wird die Erhebungssituation in besonderer Art und Weise gestaltet. Das Interview
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startet mit einer einzigen Frage, die eine spontane und unvorbereitete Erzählung in Gang setzen soll. Die daraufhin vorgetragene Geschichte, die wird nicht unterbrochen. Erst am Ende der Erzählung, wenn die interviewte Person suggeriert, dass sie jetzt fertig erzählt hat, dann können wir Nachfragen stellen. Diese Rückfragen sollen dann bestmöglich wieder
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weitere Erzählungen anstoßen. Das narrative Interview imitiert damit eine alltägliche Kommunikationssituation. Im Alltag erzählen wir häufig sehr ausführlich einem direkten Gegenüber, was wir selbst erlebt haben. Im Interview übertreiben wir jetzt diese Situation,
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in dem wir nur zuhören. Das braucht große Übung. Das ist gar nicht leicht, nur zuzuhören. Wir wollen die ganze Zeit Nachfragen stellen. Wir wollen unterbrechen. Wir wollen eigene Kommentare einfließen lassen. Das würden wir im Alltag eben auch so machen. Das müssen wir an dieser
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Stelle unterlassen. Wir würden damit die Erzählung beeinflussen und genau das möchten wir nicht. Was wir im Alltag mit unseren Erzählungen versuchen, das ist folgendes. Wir wollen eine unbeteiligte Person an unseren Erlebnissen teilhaben lassen. Dazu informieren wir sie so
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umfassend wie nötig, um den vergangenen Handlungsablauf nachvollziehen zu können. Die anderen Personen sollen Verständnis für unsere Erlebnisse aufbringen und für unsere Handlungen entwickeln. Das ist das Ziel. Dazu lässt man also diese Erlebnisse wieder aufleben. Man sorgt dafür, dass das Gegenüber die Erlebnisse miterleben kann. Schütze geht
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davon aus, dass eine Erzählung Ereignisse reproduziert, wie sie jemand erlebt hat. Er spricht in diesem Zusammenhang von der Erlebnisaufschichtung. Es hat sich also ein ganz bestimmtes Erlebnis in einer Person festgeschrieben, das nun wieder hervorgeholt werden kann. Ziel ist es also, diese vergangenen Erlebnisaufschichtungen in der Erzählung zu
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finden. Schütze geht davon aus, dass auf dem Weg des narrativen Interviews, trotz Raffungen und Erinnerungslücken, aktuelle Einflüsse, der damalige Erlebnisstrom wieder aufgerufen werden kann und so
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vor allem im Gedächtnis geblieben ist. Also wir können, dass sich Geschichten über die Zeit ändern können, den ursprünglichen Erlebnisstrom identifizieren, so Schütze. Für Schütze gibt es also das ursprüngliche Erlebnis, das sich in der Person aufgeschichtet hat, das heißt abgelagert hat und in Erzählungen aktualisiert werden kann. Andere Kommunikationsformen können das
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Lautschütze nicht erreichen. Die Erzählung, die zwingt nah an den vergangenen Erlebnissen zu bleiben und an diese wieder heranzutreten, Details aufzurufen, ausführlich zu sein. Deshalb sind für Schütze Erlebnisse und Erzählungen miteinander ganz eng verwogen. Wie zwingen jetzt aber Erzählungen
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dazu, das Erlebte wieder wachzurufen? Die Nähe zum Erlebten wird über die Stehgreiferzählung hergestellt. Stehgreiferzählungen sind vor allem spontane Erzählungen über selbsterlebtes Geschehen. Wichtig ist also beim narrativen Interview, dass sich die befragten Personen
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möglichst nicht auf die Erzählung im Interview vorbereiten können. Sie sollen das Thema und die Frage des Interviews nicht kennen, bevor das Interview losgeht. So soll verhindert werden, dass sich die befragten Personen vorbereiten, dass sie sich eine Erzählung zurechtlegen,
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die sie dann präsentieren möchten. Die befragten Personen, die werden dann eben kein ausgearbeitetes Statement vortragen, sondern sie müssen an der abgelagerten Erlebnisstruktur sich orientieren, müssen sich zurück erinnern und wirklich dabei bleiben. Weil man sich nicht vorbereiten konnte,
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muss man ausführlich erzählen, damit das Gegenüber nachvollziehen kann, was man erzählt, damit man selber eben auch nachvollziehen kann, wie das damals war. Die Wahrnehmung eines Erlebnisses, die prägt sich im Subjekt über vier kognitive Figuren ein. Über die Erzählträger, die Erzählkette, die Situationen und die Gesamtgestalt. Diese sind die Ankerpunkte für
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die Erzählung, die sich in der Erinnerung festsetzen. Auf diese vier kognitiven Figuren wird dann eben auch in der Erzählung zurückgegriffen. Die Erinnerung lagert sich so ab und die Erzählung, die aktiviert eben diese vier Figuren. Stehgreiferzählungen bestehen also deshalb notwendig immer aus diesen Elementen. Erzählt man also spontan und unvorbereitet über das eigene
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Erleben, so ist es schwer, die eigene Beteiligung auszuklammern. Das sozusagen künstlich zu schaffen. Da muss man sich sehr konzentrieren. Oder es ist schwer, die Erzählung stark zu kürzen, weil man sonst Dinge auslässt und die Geschichte dann nicht mehr logisch erscheint.
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Stehgreiferzählungen sind allerdings auch Zugzwängen unterworfen. Hier werden Erlebnisse unter bestimmten Bedingungen reaktiviert. Also sie sind eben auch von der gegenwärtigen Situation geprägt. Schütze nennt drei Zugzwänge des Erzähls, den Kondensierungszwang,
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den Detailierungszwang und den Gestaltschließungszwang. Unter Kondensierungszwang versteht Schütze die Notwendigkeit, eine überschaubare Darstellung zu erreichen. Es kann nicht alles erzählt werden, das man erlebt hat und damit müssen relevante Punkte gesetzt werden. Die müssen in den Mittelpunkt gestellt werden. Aus diesem Grund müssen Aspekte ausgespart werden und andere
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zusammengefasst werden. Gleichzeitig muss die Erzählung so detailliert sein, dass die Geschichte nachvollziehbar wird. Es besteht also ein Zwang zur Detailierung. Die Erzählung orientiert sich am erlebten Ablauf, um kein wichtiges Puzzleteil auszulassen. Mitunter müssen Nebenerzählungen
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eingeschoben werden, wenn Hintergrundinformationen fehlen und die Nachvollziehbarkeit darunter leidet. Schließlich geht es beim Gestaltschließungszwang um die Abgrenzung der Erzählung und diese als sehr geschlossene Erfahrung darzustellen. Einmal begonnene Erzählungen werden also dann zu einem Ende gebracht. Erzählungen umfassen dann eben nicht nur Komponenten, die die Erzählenden berichten
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wollen. Es kommt auch dazu, dass einzelne Aspekte notwendig erzählt werden, weil eben sonst die Erzählung unabgeschlossen bleibt oder nicht nachvollziehbar ist. Deswegen erzählen in narrativen Interviews befragt eben häufig auch schambehaftetes Verhalten oder deviantes oder
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geheimes Handeln, das sonst nicht zur Sprache gekommen wäre. Auch bewusst verschwiegende Aspekte in Erzählungen können im Material identifiziert werden, wenn zum Beispiel in der Erzählung gezögert wird, wenn gesprungen wird oder wenn geschwiegen wird. Die Zugzwänge des Erzählens
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kommen vor allem in der direkten Interaktion zum Tragen. Hier muss einem gegenüber das erzählte Geschehen nachvollziehbar gemacht werden. Dies gibt uns erste Hinweise, wann der Einsatz eines narrativen Interviews besonders sinnvoll ist. Um Erzählung zu generieren, wird im Zuge des
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narrativen Interviews eine zentrale Frage gestellt. Diese Einstiegsfrage wird auch Einstiegsstimulus oder Erzählstimulus genannt, denn häufig handelt es sich nicht um eine Frage, sondern eher eine Erzählaufforderung. Diese Aufforderung muss sorgfältig überlegt sein, denn man gibt mit dem Stimulus die
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Richtung vor, in der das Gespräch dann losrollt. Gleichzeitig möchte man die Erzählung auch nicht so sehr beeinflussen. Zu beachten ist an dieser Stelle, dass die Befragten die Erzählaufforderung in der Regel sehr, sehr ernst nehmen. Das heißt, sie achten genau darauf, was sie jetzt tun sollen,
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denn sie wissen ja gar nicht, was auf sie zukommt. Selbst die Wortwahl ist an dieser Stelle also entscheidend. Sie müssen sich sehr genau überlegen, was sie sagen in dieser ersten Frage, in diesem ersten Erzählstimulus. Aus diesem Grund wird der Erzählstimulus getestet und wörtlich notiert. Sie schreiben sich ganz genau auf, was sie sagen an dieser Stelle. Den Stimulus, den lernt man
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auswendig und den versucht man in der Interviewsituation dann frei zu sprechen. Man versucht in der Formulierung so Alltagsprache zu gebrauchen, dass es eben als eine sehr spontane Frage, als eine sehr spontane Aufforderung rüberkommt. Das könnte dann hier in folgendem aufgeführten Stimulus
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münden. Ich zitiere, ich möchte Sie bitten, mir Ihre Lebensgeschichte zu erzählen, all die Erlebnisse, die Ihnen einfallen. Sie können sich dazu viel, so viel Zeit nehmen, wie Sie möchten. Ich werde Sie auch erst einmal nicht unterbrechen, mir nur einige Notizen zu Fragen machen, auf die
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ich später dann noch einmal eingehen werde. Hierbei handelt es sich um einen sehr offenen Erzählstimulus, der durchaus thematisch stärker eingeschränkt werden könnte. Es geht hier also um die gesamte Lebensgeschichte, die erzählt werden soll. Zu beachten ist aber bei diesem Stimulus,
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dass gleichzeitig in dieser Aufforderung Informationen zum Interviewverlauf mit der befragten Person geklärt werden. Also wir teilen mit, dass wir zuerst schweigen werden und uns dann Notizen machen und erst im Anschluss daran Fragen stellen werden. Das vermeidet, dass die Person,
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die uns gegenüber sitzt, dann irritiert ist. Denn es ist sehr komisch, wenn man keine Rückmeldung erhält, wenn man erzählt, wenn die Menschen nicht eingreifen und Rückfragen stellen. Der Stimulus zählt also klar auf eine Erzählung ab, das kann man hier erkennen und dies ist im nun folgenden
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Beispiel, das wir zeigen werden, eher nicht der Fall. Wenn wir uns für die Bedeutung von Homeoffice für abhängig Beschäftigte interessieren, gehen wir mal davon aus, dann ist an folgenden Stimulus zu denken. Ich zitiere, bitte erzählen Sie mir, wie für Sie ein typischer Tag im Homeoffice
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ausschaut. Schauen wir also diesen Stimulus einmal genauer an. Wir haben gerade schon einen gesehen, jetzt vergleichen wir mal. Der hier präsentierte Stimulus ist für ein narratives Interview eigentlich zu kurz. Es fehlen wichtige Informationen. Das Thema, über das gesprochen werden soll, das wird in diesem Beispiel benannt. Das ist gut. Es erfolgt auch ganz knapp eine Anweisung,
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wie das Thema jetzt behandelt werden soll. Es soll darüber erzählt werden. Bitte erzählen Sie mir. Das sagen wir also auch in diesem Stimulus, das ist auch gut. Daneben erhält die befragte Person aber keine Informationen, wie es jetzt weitergeht. Diese Passage müssten wir also
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ergänzen. Wir müssen jetzt dazu sagen, wie das jetzt abläuft, wenn die Erzählung startet. Also, wir wollen eine Erzählung mit diesem Stimulus anstoßen und zwar ausschließlich eine Erzählung. Wir wollen nicht, dass die Person anfängt zu beschreiben. Wir wollen nicht, dass die Person anfängt zu argumentieren. Dies ist in unserem Beispiel allerdings nicht der Fall,
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das wir hier sehen. Wir sagen hier zwar Erzählung, der Stimulus kann allerdings verschiedene Darstellungsformen aktivieren, wie wir jetzt sehen werden. Die Frage nach einem typischen Tag im Homeoffice kann eine Erzählung generieren. Das ist durchaus möglich, da hier ein Prozess wie ein Tagesablauf erfragt wird. Das kann sein, dass Menschen das berichten. Also, es kann zu
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einer Erzählung kommen, wie ein Tag im Homeoffice abläuft. Allerdings ist ein typischer Tag im Homeoffice sehr abstrakt. Es geht nicht um einen konkreten Tag. Das ist ein großes Problem. Gabriele Meyer kann sich also in eine Beschreibung flüchten. Also, das ist die Person, die wir hier
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befragen und die kann wenig detailliert sein. Sie kann einfach nur bestimmte Punkte in ihrem typischen Tagesablauf abhaken und die uns berichten. Also, es kann sein, dass sie nicht in eine Erzählung kommt und von vorne nach hinten erzählt, sondern bestimmte Punkte aufruft. Sie kann
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ihre Beschreibung typische Erlebnisse zusammenfassen und bündeln. Denn was ist typisch? Das ist eine Bündelung von verschiedenen Erlebnissen. Gleichzeitig ist auch denkbar, dass Gabriele Meyer, die hier antworten wird, mit einer Argumentation reagiert. Denn sie möchte uns vielleicht erstmal klarmachen,
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warum es sich für sie um einen typischen Tag handelt, den sie jetzt berichtet. Sie kann sich also nicht dem Erzählfluss überlassen. Das ist hier nicht klar aus dieser Aufforderung ablesbar. Sie wird wahrscheinlich mehrere Darstellungsschema tabellen. Also, sie wird wahrscheinlich ein bisschen erzählen, ein bisschen beschreiben und ein bisschen argumentieren. So unsere Vermutung. Das narrative Interview kann nur zum Einsatz kommen, wenn die befragte Person selbst in den
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interessierenden Verlauf involviert war. Nur dann können Erzählungen für die Auswertung generiert werden. Außerdem muss das interessierende Phänomen für die befragte Person eine gewisse
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Relevanz besitzen, damit sich entsprechende Erlebnisaufschichtung überhaupt eingelagern können. Wir können nicht nach jeder beliebigen Situation und Erlebnis fragen. Wenn es keine Bedeutung hatte für die Person, die wir befragen, dann wird sich eben keine Erzählung daraus generieren lassen. Außerdem muss das untersuchte Phänomen Prozesscharakter haben. Also, es müssen
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Handlungen, Abläufe sozusagen berichtet werden können, die mit etwas beginnen, sich weiter entwickeln und zu einem Endzustand führen, der dann eben erzählt werden kann. Für alltägliche, routinierte und wiederkehrende Erfahrungen ist das narrative Interview also nicht geeignet. Also,
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was wir gerade als typisch gesehen haben in der Erzählaufforderung, das wäre zum Beispiel etwas, was sehr schwierig mit dem narrativen Interview zu erheben wäre. Typische Tage sind Tage, die sich wiederholen, die Routine beinhalten, schwierig zu erzählen. Es erfolgt keine Erlebnisaufschichtung in Form der vier zentralen kognitiven Figuren des Erzählträgers, Erzählkette,
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Situationen und Gesamtgestalt. Also, einzelne Situationen werden nicht herausgehoben, weil es gibt eben nur diesen Fluss des Erlebens und keine Besonderheiten an einem typischen Tag, zum Beispiel. Tägliche Verrichtung kann man also nur zusammenfassend beschreiben und einzelne Erlebnisse nicht mehr auseinanderhalten. Das ist sehr, sehr schwierig und deswegen muss man
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da genau drauf achten, was man eigentlich erfragen möchte. Auch was schon öfter erzählt worden ist, das eignet sich nicht besonders gut für ein narratives Interview. Hier haben sich also Darstellungen wahrscheinlich schon eingeschliffen. Man hat geübt, man hat ein paar Witze gemacht, die nicht gefruchtet haben, die lässt man dann bei der nächsten Erzählung weg usw. Also,
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es professionalisiert sich die Erzählung und das ist auch ein schlechtes Zeichen. Also, auch wenn sich eigentlich das Erlebnis für eine Erzählung gut eignet, wenn das schon zu oft erzählt worden ist, dann hat man auch ein Problem. Verschiedene Versionen wurden also bereits erprobt und gegeneinander abgewogen und dann wird sich für die beste Version entschieden,
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die man dann berichten möchte. Und das ist eben nicht die Version, die uns interessiert. Die beste wollen wir nicht hören. Letztlich muss das narrative Interview in einem ganz speziellen Setting stattfinden. Stehgreiferzählung, eigene Erlebnisse sind auf die Face-to-Face-Interaktion angewiesen. Nur hier werden diese Zugzwänge des Erzählens, die Sie jetzt schon kennen,
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relevant und die Erzählungen bleiben besonders nah an den erlebten Erfahrungen. Ein weiterer wichtiger Punkt verbirgt sich hinter der narrativen Kompetenz. Ich gehe nochmal zurück. Fritz Schütze geht davon aus, dass die Fähigkeit zur Stehgreiferzählung eine
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menschliche Basiskompetenz ist und darüber müsste man nachdenken. Stehgreiferzählungen werden also von allen beherrscht, so die Annahme. Wenn keine Stehgreiferzählung zustande kommen kann, dann liegt das häufig eben an der falschen Anwendung der Methode. Zum Beispiel an einem
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fehlerhaften Erzählstimulus oder andere Faktoren, die Sie sich vorstellen können. Andere Autoren der Narrationsanalyse gehen allerdings davon aus, dass es vielleicht eben auch andere Einflussfaktoren geben kann, die Menschen daran hindern, Narrationen entwickeln zu können, erzählen zu können über ihre Erlebnisse. Dass es z.B. schichtgebundene Ausprägungen gibt, diese Fähigkeiten zu
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entwickeln. Hier kommt es dann auf z.B. Ausdrucksvermögen an, also wie sprachgewandt bin ich eigentlich. Oder die Übung, Erzählungen vorzutragen, wird von mir öfter mal verlangt, eine Erzählung zu präsentieren. Wenn das nie geschieht, kann ich das dann überhaupt auch in der Interviewsituation. Darüber muss man nachdenken. Das führt uns ja so ein bisschen schon zu dem,
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was ich jetzt besprechen möchte. Das ist vielleicht auch schon eine Baustelle der Methoden. Also wie allgemein ist diese Methode eigentlich? Wer kann eigentlich Narrationen hervorbringen und wer nicht? Das wäre ein wichtiger Punkt. Und hier kommen jetzt weitere Kritikpunkte. Kritik erfahren vor allem
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die Hintergrundannahmen des Verfahrens. So wird bezweifelt, dass Erlebnisse und Erzählungen in der vorgestellten Art und Weise miteinander zusammenhängen. Es stellt sich also die Frage, aktivieren Erzählungen wirklich zurückliegende Erlebnisse? Ist das überhaupt denkbar? Ist das so vorstellbar? Besteht also eine Homologie zwischen Erlebtem und Erzähltem? Das ist die
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Homologieannahme, die in der Narrationsanalyse vertreten wird. Kritische Stimmen, die gehen davon aus, dass jedes narrative Interview über die hier generierten Erzählungen vielmehr vergangene Erlebnisse konstituiert. Also die entstehen erst in der Erzählung. Denn Erzählungen
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verändern sich über die Zeit und damit eben auch die Erlebnisse, die präsentiert werden. Das ist so die Kritik. Die Erlebnisse werden also immer in der Gegenwart erzählt, in einer spezifischen Form. Und wie gesagt, die verändern sich. Einige Vertreterinnen der Narrationsanalyse, die halten
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dagegen und die sagen, man kann natürlich niemals die eigentlichen Erlebnisse reproduzieren. Das ist auch gar nicht so gedacht. Vielmehr geht es darum, wie die Erlebnisse von demjenigen, der sie erzählt, erfahren wurden. Und dieses Erlebnis, wie sich das abgelagert hat in der
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Person, das kann erzählt werden, welchen Eindruck man hatte von dem, was passiert ist. Fassen wir nun zusammen. Das narrative Interview ist also mit einigen spezifischen Hintergrund und Verfahrensschritten verbunden. Die wichtigsten haben wir in dieser Präsentation zusammengefasst.
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Mit dem narrative Interview versuchen wir uns Zugang zu den Stehgreiferzählungen der Personen zu verschaffen, die wir befragen. Das steht im Zentrum. Diese Erzählungen müssen sich auf selbsterlebte, zurückliegende und prozessuale Erlebnisse beziehen. Das ist der wichtigste Punkt. Sie müssen spontan und unvorbereitet vorgebracht werden. Damit wird die Überzeugung verbunden,
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den zu Grunde liegenden Erlebnissen sehr nahe zu kommen, weil man sich eben nicht davon lösen kann, nicht künstlich überlegen kann, wie man das jetzt eigentlich erzählen möchte. Erzählungen geben das Erlebte detailliert wieder und sind durch ihre komplexe Struktur gegenüber bewusster
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Manipulation abgesichert. Also je komplexer ich erzähle, desto weniger kann ich mir Dinge ja da rein basteln sozusagen, weil das muss ja dann mit allen Bestandteilen der Erzählung gut zusammenpassen und das ist spontan schwer zu leisten. Als Zentral erweist sich im narrativen Interview der Erzählstimulus. Das haben wir gesehen. Von ihm hängt es ab, inwiefern überhaupt
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eine Erzählung Interview generiert werden kann und welche Qualität diese Erzählung hat. Damit möchte ich mich bedanken für ihre Aufmerksamkeit.
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