We're sorry but this page doesn't work properly without JavaScript enabled. Please enable it to continue.
Feedback

Look Back at 118 Semesters of Studying Chemistry

00:00

Formal Metadata

Title
Look Back at 118 Semesters of Studying Chemistry
Title of Series
Number of Parts
340
Author
License
CC Attribution - NonCommercial - NoDerivatives 4.0 International:
You are free to use, copy, distribute and transmit the work or content in unchanged form for any legal and non-commercial purpose as long as the work is attributed to the author in the manner specified by the author or licensor.
Identifiers
Publisher
Release Date
Language

Content Metadata

Subject Area
Genre
Abstract
The way he delivers his first lecture in Lindau, the organic chemist Vladimir Prelog can be seen to personify the dramatic sweeping away of the Austrian monarchy and the establishment of a new European map after WWI. No wonder then that he chooses to catch the interest of the younger part of the audience for the historic development in organic chemistry in the 20th century by describing to them his own personal life story. From Sarajevo (Bosnia) to Zagreb (Croatia), then to Prague (Czechoslovakia), back to Zagreb and finally to Zürich (Switzerland). Since Prelog believes that performing research really means that you are a student, the 118 semesters of the title refer to his life from 1924, when he enters the Czech Institute of Technology up to 1983, when he delivers his lecture at the Lindau meeting. In a book published later, the same year that he passed away at age 92, he actually updates the story to 132 semesters! During his life he met with many inspiring personalities and, as so many other Nobel Laureates, he bears witness to the importance of good teachers, both in school and in Academia. He also considers himself lucky to come to Zagreb as a newly created PhD to be given the task to build up the research activities in organic chemistry with a set of young co-workers. In the next movement, to ETH in Zürich, he mentions in particular three Nobel Laureates in Chemistry who worked there at different times: Leopold Ruzicka (NP 1939), Hermann Staudinger (NP 1953) and Richard Kuhn (NP 1938). It was Ruzicka who had the good idea to invite Prelog to come to ETH in 1941 and from the lecture it seems clear that he never regretted this invitation! Anders Bárány
NobeliumNaturstoffAntibacterialMixtureMorphineChemical compoundMolekulargenetikCleanlinessGasolineChemical reactionChemische AnalyseSpawn (biology)LodeReactivity (chemistry)Bioorganic chemistryHeilmittelTodSpeciesMoleculeLife expectancyAlkaloidSunscreenNondestructive testingCamphorXenolithOrganische ChemieCancerStereochemistryAdversaryDiazepamLigandAssimilation (biology)ChlorophyllAtomIce frontCrystalFarmerPharmaceutical industryStaudinger reactionFischer, EmilGlacial erraticHydrogenProcess (computing)BiodieselSteinSolutionMetastable Impact Electron SpectroscopyWoodward, Robert BurnsCavePetroleumMetaboliteChemisches ExperimentSubstitutionsreaktionStaudinger, HermannBiosynthesisKuhn, RichardFrüher TodÖlExtractDiamondKohlenhydratchemieEssenceMetaboliteSolubilitySetzen <Verfahrenstechnik>Blind experimentDrainage divideGeneIronBase (chemistry)AlkaloidKorkenDipol <1,3->Germanic peoplesGeneral chemistryWillstätter, RichardVitaminCarbonylverbindungenSugarOxalsäurePhysikalische EigenschaftLackOppolzer, WolfgangMolecular biologyOrganische VerbindungenAusgangsmaterialVorkommenLamineBauerFunnelGesundheitsstörungPharmaceutical drugEsterKonfiguration <Chemie>Coordination complexDerivative (chemistry)PressureNucleic acidBiogenesisLeadIoneneNitrogenPflanzenfarbstoffCalciumWirkstoffBranch (computer science)ApothekerGreisenHardening (metallurgy)Asymmetrische SyntheseKinineChemistToterEnantioselektivitätCarbonPenicillinFiningsMolekülspektroskopieChemical SocietyChemiestudiumLipopolysaccharideAdamantaneSteroidderivateBarton, DerekBitterspirituoseCarbohydrateStabilitätskonstanteElimination reactionAglyconeCyanohydrineMaterials science
Transcript: German(auto-generated)
Lieber Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, als ich eingeladen wurde, dieses Jahr in Lindau einen Vortrag zu halten,
wollte ich zuerst zuhanden der hier anwesenden wissenschaftlichen Nachwuchses etwas über die großen Änderungen sprechen, die in Anschauungen, in der Methodik und in den Zielsetzungen der organischen Chemie während der letzten halben Jahrhunderts stattgefunden haben. Dann fand ich, dass dies eine zu anspruchsvolle Aufgabe ist
und schränkte sie ein, indem ich mich entschied, nur einige dieser Änderungen mit Beispielen auf dem Hintergrund meines wissenschaftlichen Werdegangs zu schildern. Und auch diese Aufgabe lässt sich in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit nur oberflächlich lösen, und die Wahl der Beispiele ist gezungenermaßen sehr subjektiv.
Es ist eine Binsenwahrheit, dass die Jugend ihre Zukunft und das Alter seine Vergangenheit immer überschätzt. Ich bitte Sie schon am Anfang meines Vortrages zum Nachsicht, wenn ich auf diesem Gebiet, was unvermeidlich ist, sündige.
Auf meinem ersten Dia steht der Spruch aus einem alten alchemistischen Buch. Ich glaube, man muss es etwas verdunkeln. Ich zitiere, um zu zeigen, dass schon damals die Chemie sich enorm rasch änderte.
Solange man auf dem Gebiet der Chemie forschen will, bleibt man immer ein Student. Um meinen Titel zu rechtfertigen, muss ich kurz meinen Lebenslauf schildern, der mich als zeitliches Gerüst für meine Ausführungen dienen wird. Ich bin 1906 in Sarajevo geboren, der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina.
Das war damals eine Provinz der K und K österreichisch-ungarischen Monarchie. Die Stadt hat in der westlichen Welt einen schlechten Ruf, dessen ich mir besonders stark bewusst wurde, als ich mir 1950 nach meinem ersten Aufenthalt in den Vereinigten Staaten einen sogenannten Sailing Permit holen musste.
Das bedeutet die Bestätigung, dass ich meine Steuern in den Staaten bezahlt habe. Das Gespräch mit den Eltern zuständigen Steuerbeamten ging ungefähr so von Staaten. Er, wer are you from Professor? Ich, Zürich. Ich sag, Zürich, Sweden. Er, no, Zürich, Switzerland.
Er, offensichtlich war er etwas irritiert, but you were not born in Zürich. Where were you born? Ich, Sarajevo. Er, erleichtert. Ha, this is the place where all this mess started. Er hat sich offenbar an die Ermordung des Thronfolgers und seiner Gattin erinnert, die man als unmittelbare Ursache des ersten Weltkrieges betrachtet.
Ganz kurz kann ich erwähnen, dass ich als Volksschüler unweit vom Ort des Attentats im Spalier stand, mit der Aufgabe, Blumen von dem Wagen der hohen Besucher zu streuen. Bis oft später war ich ein unbeteiligter Zeuge bedeutender Ereignisse.
Die weltpolitisch ereignisvolle Zeit zwischen 1914 und dem Herbst 1924, als ich mit meinem 180. semestrischen Chemiestudium an der Technischen Hochschule in Prag begonnen habe, muss ich überspringen, obwohl sie für die Wahl des Studiums bestimmend war.
Ich möchte nur die wichtige Rolle, welche die Mittelschullehrer auf die Berufswahl ihrer Schüler aussieben, hervorheben. Ich hatte einen ausgezeichneten Chemielehrer, Ivan Kuria, unter dessen Leitung ich mit 15 Jahren meine erste vollständig belanglose chemische Veröffentlichung verfasste. Es zeugt von damaligen niedrigem Niveau des chemischen Schriftums,
das man sie in der angesehenen Chemikerzeitung angenommen hat. Während der ersten drei Semester habe ich mich besonders für ganz große naturwissenschaftlich-philosophische Probleme interessiert und habe gehofft, dass es mir einmal gelingen würde, etwas zur Lösung dieser Probleme beizutragen.
Meine Vorzugslektüre waren Poincare, Wissenschaft und Hypothese, Machs, Mechanik, historisch-kritisch dargestellt und ähnliche Bücher. Zwischen den geistigen Höhen meiner Abendlektüre und der täglichen Frontarbeit im anorganischen und im analytischen Laboratorium
lag ein tiefer Abgrund. Meine damaligen Empfindungen habe ich später bei Kanso formuliert gefunden. Die Begriffe ohne Anschauungen sind leer, die Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Es war mein Glück, dass ich im vierten Semester im Assistenten des Laboratoriums für organische Chemie, in dem ich mein Praktikum absolvierte, Rudolf Lukas,
einen Mentor fand, der mich aus diesem unbefriedigenden Zustand der Blindheit und der Leere herausholte. Ich möchte Ihnen das Bild von Herrn Lukas zeigen. Er wurde dann nicht nur mein Lehrer, sondern auch mein Freund bis zu seinem vorzeitigen Tode im Jahre 1965.
Ich finde immer, wenn man von jemanden spricht, ist es interessant sein Bild zu sehen, sein Gesicht. Ich bin immer fasziniert von menschlichen Gesichtern. Bevor ich Lukas kennengelernt habe, schien mir die organische Chemie ein Sammelsurium von unzähligen Verbindungen und Reaktionen zu sein,
die man auswendig lernen muss, um auf diesem Gebiet tätig zu sein. Lukas hat mir dann die wundervolle Systematik der organischen Chemie beigebracht, wie es ermöglicht, nicht nur das Bekannte zu ordnen, sondern auch seine Grenzen zu übertreten und in das Unbekannte vorzustoßen. Darüber hinaus hat er mich in die organisch-chemische
Experimentierkunst eingeführt, in dem er mich gelehrt hat, wie man als Amateur Glas bläst, Legeartist einen Korten bohrt, schonend destilliert und vieles andere mehr. Ich habe ihm am Abend nach den offiziellen Arbeitsstunden bei seiner Forschung geholfen und habe noch als Student mit ihm mehrere Arbeiten publiziert.
Noch heute bin ich überzeugt, dass man das Forschen am schönsten als Lehrling eines Meisters erlernt, dessen Kompetenz und Autorität man akzeptiert. So wie die Maler und Bildhauer der Renaissance von ihren Vorgängen in die Kunstgeheimnisse eingeführt wurden. Mein Doktorvater war aber nicht Lukas,
sondern brauchgemäß der Ordinarius für organische Chemie Emil Votoček, ein Schüler des bekannten deutschen Zuckerchemikers Bernhard Tolles. Nach grundlegenden Arbeiten von Emil Fischer über Zucker und andere Kohlehydrate schienen sowohl Lukas als auch mir Votočeks Arbeiten epigonenhaft. Ich bat ihn deshalb mir für meine Doktorarbeit
ein Thema aus einem anderen Gebiet zuzuteilen. Meine Aufgabe, die Aufklärung des Konstitution eines Aglikons, habe ich rasch gelöst und meine Doktorprüfung in der aufgrund des Prüfungsregulatifs kürzesten Frist am Ende des zehnten Semesters Summa Cum Laude bestanden.
Das Jahr 1929, in dem ich meine Doktorprüfung ablegte, war das Jahr der großen wirtschaftlichen Weltkrise. Als Folge davon konnte ich keine Stelle an einer Hochschule oder einer anderen Institution finden, die mir erlauben würde, mich der Forschung über organische Chemie zu widmen.
Ich schätzte mich deshalb glücklich, als mir ein Schulfreund von Lukas in einem zu gründenden kleinen Laboratorium in Prag, die im Handel nicht erhältlichen seltenen Verbindungen für seine zwei Chemikalienhandlungen herzustellen. Ich hatte in diesem Laboratorium eine bescheidene Möglichkeit, nach den Arbeitsstunden Forschung zu betreiben, und mein Arbeitsgeber war mein erster Doktorand
eine heikle Aufgabe. Ich musste damals entscheiden, welches Problem für mich wichtig genug wäre, um mit seiner Bearbeitung die Nachtstunden zu verbringen. Das Interesse für Alkaloide, die ich von Lukas erbte, verbunden mit dem Willen, etwas Nützliches für die Menschheit zu tun,
haben mich bewogen, über das Chemin und die Alkaloide der Kienerrinde zu arbeiten. Chemin war damals noch immer das wichtigste Anti-Malaria-Mittel. Seine Konstitution war bekannt, nicht dagegen sein räumlicher Bau, die Konfiguration. Der Syntheseweg war durch die Arbeiten von Paul Raabe vorgezeichnet,
aber das Ausgangsmaterial dafür war schwer zugänglich. Ich möchte das nächste Dia bitten. Bitte das nächste Dia. Über das Chemin und über die damit zusammenhängenden Probleme habe ich dann sieben Jahre langsam in Prag gearbeitet, und habe die Arbeiten fünf Jahre lang
in Zagreb in Jugoslawien fortgesetzt. Man hat mir dort an der Technischen Fakultät aufgrund der in Prag ausgeführten und publizierten Arbeiten die Stelle eines Universitätsdozenten angeboten, die ich mit Begeisterung angenommen habe. Ich wusste nicht, dass es sich um eine Stelle handelt,
bei der die Pflichten eines ordentlichen Professors, Vorlesungen, Prüfungen und Übungen mit dem Gehalt eines schlecht bezahlten Assistenten verknüpft waren. Die Stelle hatte aber einen sehr großen Vorteil. Auf dem Gebiet der Forschung war ich frei. Ich konnte alles tun, was mir mein lächerlich kleines Budget erlaubte.
Ich musste aber niemanden etwas fragen und niemandem Bericht erstatten. Mit Hilfe von einigen begeisterten jungen Mitarbeitern kamen wir mit unserer Grundlagenforschung an der Universität gut vorwärts. Die in Prag und in Zagreb ausgeführten Arbeiten habe ich hier ganz mit einigen Formeln.
Ich werde Ihnen einige Formeln zeigen, aber nur so um zu illustrieren, wie sich vielleicht ihre Kompliziertheit immer wieder steigerte. Sie sehen oben die Formel des Genins. Wir haben dann gefunden, dass die Synthesen, die bis jetzt in dieser Reihe ausgeführt wurden,
sich sehr leicht mit dem Lösen ließen, mit der Konstitution des sogenannten Kinolin-Einteiles von ihrer Seite links. Aber dass Kinoklin-Synthesen aus leicht zugänglichen Materialen nicht möglich waren. Und weil man, um die Malaria zu heilen,
Kinin sehr billig hätte herstellen müssen, haben wir uns bemüht, solche Verbindungen herzustellen. Das sind die sogenannten bizyklischen Basen mit Stickstoff am Verzweigungs-Syntom. Wir haben dabei allerlei gelernt. Wir haben dabei die Verbindung, die Sie dann rechts sehen,
das Dichlordiethylamin, Enmethyldichlordiethylamin, auch hergestellt. Wir haben gefunden, dass sie hoch toxisch ist. Unsere Hände waren immer voll Blasen, als wir mit dieser Verbindung gearbeitet haben. Später wurde sie als Heilmittel gegen gewisse Arten von Krebs verwendet.
Und viele ähnliche Verbindungen sind für diese Zwecke hergestellt worden. Wir hatten damals keine Ahnung, um was für eine Verbindung es sich handelt. Ein von der Chemie des Kinins unabhängiges Problem, das uns in Sagreb zum Lösen gelang, war die erste Synthese des Adamantans,
eines ungewöhnlichen symmetrischen Kohlenwasserstoffs, der einige Jahre vorher, als ich noch dort war, von Stanislav Landa aus dem Erdöl isoliert wurde. Auf dem nächsten Dia sieht man die Stereoformel des Adamantans und die wunderschönen tetraedrischen Kristalle, aus welchen intuitiv
die Formel des Adamantans abgeleitet wurde. Adamantan wurde nachdem Paul Schleyer eine schöne Methode, einfache Methode gefunden hat, um es herzustellen, ist zu einem beliebten Forschungsobjekt der organischen Chemie geworden. Die günstige Entwicklung unserer Arbeiten wurde durch die dunklen Wolken überschattet,
die sich zuerst über Europa und später über die ganze Welt zusammengezogen haben. Als 1939 der Krieg ausbrach und 1941 Jugoslawien von deutschen Truppen besetzt wurde, konnte die Forschung in Sagreb nicht mehr fortgesetzt werden. Das pharmazeutische Unternehmen, das uns unterstützte, wurde verstaatlicht
und zeigte kein Interesse für eine weitere Zusammenarbeit. Durch eine Einladung des Präsidenten der Deutschen Chemischen Gesellschaft, Richard Kuhn, in Deutschland Vorträge zu halten und mit einer Einladung von Leopold Ruzicka in den Zürich zu besuchen, gelang es mir, auf legale Weise in die Schweiz zu kommen. Im Laboratorium für Organische Chemie der ETH
fand ich wie mehrere andere Fachgenossen Zuflucht und Gelegenheit zu forschen. Verschiedene günstige Umstände haben dies erleichtert. Ruzicka hat mich persönlich gekannt. Ich war im Jahre 1937 als Gast mehrere Monate in seinem Laboratorium. Kurz bevor ich im Dezember 1941
nach Zürich kam, hat eine größere Gruppe von Mitarbeitern des Laboratoriums Richtung Amerika verlassen. Sie fühlten sich nicht mehr sicher in der Schweiz. Einige davon haben eine wichtige Rolle im Aufbau der pharmazeutischen Industrie jenseits des Athletics gespielt.
George Rosenkranz, Stefan Kaufmann, haben in Mexiko die Syntex zu einem Weltunternehmen entwickelt. Max Furter, Wolf Moses Goldberg haben die Forschung bei Hoffmann-Aroch in den Vereinigten Staaten organisiert. Und Leo Sternbach hat dort später Librium und Valium entdeckt. Eine ungemein wichtige Entdeckung.
Im Laboratorium für Organische Chemie der ETH blieb nach diesem Exodus ein Vakuum zurück, sodass es nicht schwierig war, dort für mich Arbeit zu finden. Ich habe meine Tätigkeit an der ETH als Fachhörer begonnen. Dann habe ich mich habilitiert, wurde Titularprofessor, außerordentlicher Professor und schließlich in meinem 52. Semester
persönlicher Ordinarius. 1957 wurde ich als Nachfolger von Ruzinska Vorstärk des Laboratoriums für Organische Chemie, wodurch ich offensichtlich das Niveau meiner Inkompetenz erreichte. Mein Bestreben, es wieder gut zu machen, indem ich mich bemühte, eine kollegiale Laboratoriumsleitung
einzuführen, von der ich ausgeschlossen wäre, wurde 1964 von Erfolg gekrönt. Seit 1976 bin ich im Ruhestand und da unsere Schule den Status eines Emeritusprofessor nicht kennt, bin ich wieder Fachhörer am Ende meines 118. Semesters. In diesem Semester habe ich nur noch
die Pflicht, am 1. Juli ein Kolopium zu halten. Die 32 Semester, die ich in Prag und Saglet verbrachte, kann man als Mittelalter der Organischen Chemie bezeichnen. Das imposante Hauptschiff der Kathedrale der strukturellen Organischen Chemie war auf den Festen von Altmeistern geschaffenen Grundmauern
fast fertiggestellt. Es ging damals um den Bau der Seitenschiffe und um den Innenausbau. Als Baumaterial verwendete man sehr viel die Naturstoffe, aber auch immer mehr die zahlreichen Verbindungen, welche die sich rasch entwickelnde Synthese zur Verfügung stellte. Es reifte aber auch die Zeit,
um die Kathedrale ihrem ursprünglichen Zweck zuzuführen, die materielle Grundlage des Lebens in allen seinen Aspekten, von der Fortpflanzung bis zum Bewusstsein, kennen und verstehen zu lernen. Dies ist und wird immer die gültige Rechtfertigung zu sein, um sein ganzes Leben dem Studium der Chemie zu widmen.
Sir Cyril Hinshelwood, ein Nobelpreisträger, hat das sehr schön mit folgenden Sätzen in der Presidential Lecture für die Chemical Society ausgedrückt. Chemistry provides not only a mental discipline, but an adventure and an aesthetic experience. Its followers
seek to know the hidden causes which underlie the transformations of our changing world, to learn the essence of the rose's color, the lilac's fragrance, and the oak's tenacity, and to understand the secret path by which the sunlight and the air create these wonders.
The vision of nature yields the secret of power and of wealth. And for this it may be sought by many, but it is revealed only to those who seek it for itself. Ruzicka, wir werden ihn auf dem nächsten Dia
sehen, war 1941, als ich nach Zürich kam, zwei Jahre nach seinem Nobelpreis auf den Gipfel seiner wissenschaftlichen Karriere. Das Laboratorium für Organische Chemie der ETH, dem er vorstand, besaß eine bemerkenswerte Tradition. Drei seiner Vorgänger, Richard Wilstetter, sein Lehrer,
Hermann Staudinger und Richard Kuhn, waren ebenfalls Nobelpreisträger. Für mich war es ein unerhörtes Glück in diesem Laboratorium, das für damalige Verhältnisse luxuriös ausgestattet war, arbeiten zu dürfen. Ja, ich wollte Ihnen also noch kurz erklären, ich glaube, Herr Wilstetter ist schon weg. Er hat den
Nobelpreis für seine Arbeiten über Pflanzenfarbstoffe insbesondere Chlorophilm bekommen. Hier ist Hermann Staudinger, der Lehrer von Ruzicka, der den Nobelpreis wegen seinen Beiträgen zur makromolekularen Chemie, also grundlegenden Beiträge, bekommen hat.
Und der letzte ist Richard Kuhn, bitte das nächste Dia, bitte das nächste Dia, der hauptsächlich für seine Arbeiten über Vitamine den Nobelpreis erhielt. Was mein Arbeitsprogramm dann betraf, so habe ich
mich mit Ruzicka geeinigt, dass ich selbst eine der vorhandenen Lücken ausfüllen und die Untersuchungen über Organextrakte, die von anderen begonnen wurden, fortsetzen würde. Weiter wollte ich mit einigen jüngeren Mitarbeitern Alkaloide bearbeiten. Ruzicka hat mit Unterstützung der Rockefeller Foundation größere Mengen von Organextrakten in den Vereinigten
Staaten herstellen lassen. Er hatte gehofft, dass man daraus mit Hilfe von modernen Trennungsverfahren, wie Molekulardestillation und Chromatographie, die von ihm darin vermuteten, unbekannten Hormone wird auffinden können. Die Untersuchungen nahmen, schon bevor ich nach Zürich kam, nicht den erhofften Verlauf. Es war mir deshalb niemand neidisch, als sie mir zugeteilt wurden.
Meine erste Aufgabe war, Extrakte aus mehreren Tonnen Schweinetestikeln nach neuartigen Wirkstoffen zu untersuchen, was mir trotz fleißiger Arbeit nicht gelungen ist. Ein kleiner Erfolg war die Isolierung eines stark moschusartig riechenden Stoffes, der sich als ein dem von Adolf Buternand
aus dem Haaren isolierten ersten männlichen Hormon Androsteron verwandte Steroidderivate pukte. Wie aus dem Dia ersichtlich, besteht zwischen dieser Verbindung, hieß hier unten, und zwischen dem entsprechend noch stärker riechenden Keton, mir rechts,
und dem von Ruzicka aufgeklärten Moschus-Richtstoff, Zybeton, eine formelle Ähnlichkeit. Nach vielen Jahren, als ich fast vergessen habe, dass sich das 3-Alpha-Andros-Tenol eigenhändig isolierte, habe ich erfahren, dass es mit Erfolg als Sexualrockstoff in der
Schweinezucht verwendet wird. Ebenso amüsant fand ich die Mitteilung, dass es in den Trüffeln vorkommt und dass die Fähigkeit der Schweine, die Fundorte der Trüffeln, unter einer dicken Erdschicht herauszuschnüffeln, darauf beruht. Die neuerdings in den Seraten vorkommende markschweierische Behauptung, dass es auch Männer unwiderstehlich
macht, glaube ich nicht. Jedenfalls habe ich nicht solches erfahren an mir selbst. Jedenfalls ist es interessant, dass es an viele Leute gibt, wie zum Beispiel Ruzicka selbst, der das 3-Alpha-Andros-Tenol als geruchlos fand, was auf einer offenbar genetisch
bedingten, wie man später feststellte, Anosmie beruht. Um Ihnen zu ermöglichen, sich selbst auf diese Anosmie zu prüfen und den Geruch zu begutachten, werden wir damit imprägnierte Filterpapierstreifen verteilen. Ich habe diesem einzelnen Stoff so viel Zeit gewidmet, um die These zu illustrieren, dass man nie wissen kann,
was die Konsequenzen auch der kleinsten Entdeckung sind. Wollen Sie bitte diese Papierstreifen nicht zu kurz riechen. Sie werden sehen, dass manche von Ihnen überhaupt das vollständige Geruch losfinden und die anderen werden einen ziemlich starken Geruch und den möchte ich von Ihnen
beurteilt haben. Ich habe mich über die bescheidenen Ergebnisse der Organextraktarbeiten durch die Fortschritte der Alkaloiduntersuchungen getröstet. Es handelte sich um die Aufklärung der Konstitution und den räumlichen Bau von mehreren, altbekannten, leicht zugänglichen Alkaloiden wie derjenigen der
Kina-Rinde, der Strichnoss-Alkaloide, der Solanidins aus Kartoffelkeimlingen, der Varatrum-Alkaloide, der Erythrina-Alkaloide und anderen mehr. Sie werden diese, bitte einen Moment lassen, Sie werden diese Alkaloide nur um zu sehen, dass sie immer etwas komplizierter wurden, zum Beispiel Solanidin
ist noch sehr ähnlich den, sehr ähnlich den Verbindungen, die wir zuerst gezeigt haben. Und hier sehen Sie das Bild meines Vorbildes und meines fiktiven Lehres auf dem Alkaloidgebiet, mit dem ich besonders durch unsere Arbeiten
über Strichnoss-Alkaloide in ein näheres persönliches Verhältnis kam, das oft einem Wechselbad ähnlich war. Durch die Arbeiten über Kina, Strichnoss- und Varatrum-Alkaloide, die Sie so gesehen haben, geriet ich dann auch unter den Einfluss von zwei jungen Lehren, die mich in meinem Chemiestudium stark
förderten. Der nächste, den Sie sehen werden, ist Robert Berns-Woodworth. Und einen zweiten, den ich Ihnen hier vorstellen kann, Sir Derek Barton. Mit diesen beiden haben wir einige Arbeiten zusammen publiziert. Während der 50er-Jahre änderte sich
die Forschungsszene auf den Gebiet der organischen Chemie ganz gewaltig. Die Konstitutionsermittlung auf chemischen Wege, die vorher eine überragende Rolle spielte, wurde zuerst langsam und dann immer rascher durch physikalische Methoden ersetzt. Besonders mit Hilfe von Diffraktionsmethoden und vor
allem der Röngenstrukturanalyse konnte man die Struktur von Moleklen viel rascher und eindeutiger bestimmen als auf rein chemischen Wege. Mein Kollege Prof. Jack Dannitz illustrierte dies mit folgendem Gleichnis. Der organische Chemiker, der die Struktur einer Molekle auf chemischen Wege bestimmt, ist wie ein Mann, den man in einem vollständig dunklen
Zimmer einsperrt, mit der Aufgabe, dieses Zimmer kennenzulernen. Wenn man ihn lange genug darin herumwandeln lässt, wird er dabei wahrscheinlich verschiedene Gegenstände und Stehlampen umwerfen, aber er wird das Zimmer schließlich recht genau beschreiben können. Der Röngenstrukturanalystiker, der das selbe Zimmer kennenlernen will,
zündet ganz einfach das Licht an. Zu den Röngenstrukturanalystikern kamen dann noch hinzu die Molekularspektroskopiker, die das Zimmer mit ihren Taschenlampen durchsuchen und aus den so gewinnenden Teilkenntnissen oft in der Lage sind, das Gesamtbild recht genau zu rekonstruieren.
Die Einführung der Molekularspektroskopie und der Röngenstrukturanalyse bedeutete für den Chemiker eine Änderung, welche der Einführung der Feuerwaffen in der Kriegskunst gleichzusetzen wäre. Die Siege, die vorher nur den Helden mit ungewöhnlicher physischer Kraft und Mut vorbehalten waren, konnten nachher von durchschnittlichen
Soldaten mit guten Waffen errungen werden. Als Folge dieser Entwicklung haben sich mehrere begabte Chemiker von der Naturstoffchemie abgewandt, weil sie darin die intellektuelle Befriedigung, die sie bei der Konstitutionsermittlung fanden, vermissen. Ich erinnere mich wohl, dass mich 1951
ein weiterer früh verstorbener Lehrer, Saul Winstein, bitte das nächste Bild, einmal fragte, warum arbeitest du eigentlich über Naturstoffe? Du könntest etwas besseres, befriedigeres tun. Weil meine Vorliebe für Naturstoffe eine gefühlsmäßige und nicht rationelle war, musste ich darüber erst nachdenken.
Dann habe ich gefunden, dass die Naturstoffe das Ergebnis einer 10 hoch 17 Sekunden oder 3 Milliarden Jahre dauernder Evolution des Lebens sind. Sie enthalten in sich eine große Weisheit, auch wenn wir sie meistens nicht verstehen. Wenn wir die materiellen Grundlagen des Lebens kennenlernen wollen, so ist es sinnvoll, sich mit Naturstoffen zu beschäftigen.
Wir blieben deshalb der Naturstoff Chemie treu. Obwohl die früher hoch geschätzte Konstitutionsermittlung als intellektuelles Spiel an Bedeutung verlor, blieben viele ebenso wichtige und interessante Aufgaben übrig. Die Isolierung von neuen Naturstoffen und besonders solchen von neuen Typus, die möglichst rasche Ermittlung ihrer
Struktur mit den ekonomischesten und zuverlässigsten Methoden, die Erforschung ihrer Biogenese und schließlich vielleicht die wichtigste davon, die Aufklärung ihrer Rolle im biologischen Geschehen und deren Mechanismen. Dies bedeutet genug wichtige und interessante Arbeit für Generationen von Forschern, und diese können sich
nur freuen, dass die Konstitutionsermittlung, die früher so viel von ihrer Arbeit beanspruchte, so wesentlich erleichtert wurde. Denn nur dadurch ist es möglich geworden, die anderen Aufgaben zu lösen. Ein ethischer und sozialer Aspekt dieser Entwicklung muss noch besonders erwähnt werden, während die Geräte, die man vor dem Krieg brauchte, für
organische Chemie einfach und billig waren. Verlangen die neu eingeführten physikalischen Methoden nicht nur immer kostbillige Instrumente, sondern auch Spezialisten, die sie betreuen und die Messergebnisse richtig zu interpretieren wissen. Die Forschungskosten sind dadurch enorm um einen Faktor, der zwischen 10 und 100 liegt, gestiegen.
Als eine logische Folge davon haben sich die oft wissenschaftlich nicht kompetenten Geldgeber, die die verschiedenen Fonds begonnen zu fragen, ob die großen Aufwendungen auch sinngemäß verwendet werden. Man verlangt deshalb immer detailliertere Projekte für die geplante und immer ausführlichere Berichte über die ausgeführte Forschung,
die dann oft von wenig kompetenten Fach- und Nicht-Fachleuten beurteilt werden. Parallel zu diesem Wunsch nach einer größeren Transparenz, lief die Forderung nach der gesellschaftlichen Relevanz jeglicher Forschung, der sich zuerst die verunsicherten Politiker und dann die Behörden in vielen
Wänden gefügt haben. Viele Grundlagenforscher sehnen sich deshalb zurück nach der teilweise verlorenen Freiheit und wehren sich besonders gegen die Forderung, dass ihre Arbeit gesellschaftlich relevant sein muss. Der bedeutende physikalische Chemiker und Philosoph Michael Polanyi hat dazu
Folgendes geschrieben. Unless we fully reestablish man's right to pursue truth regardless of social interest, this generation will find too late that it has opened wide the path to the barbarians. Lassen Sie mich nur kult schildern, wie wir uns der neuen Situation angepasst haben. Zuerst haben wir die Quelle der von uns
untersuchten Naturstoffe gewechselt. Ruschka und seine Mitarbeiter haben ausschließlich Naturstoffe aus den Pflanzen und Tierreich bearbeitet. Besonders am Folge der Entdeckung der Antibiotika wie zum Beispiel Penicillin und anderen mehr, haben wir begonnen Kulturen von Mikroorganismen und mikrobielle Stoffwechselprodukte
systematischer zu untersuchen. Es hat sich bald gezeigt, dass diese Kulturen Fundgruben für neuartige ungewöhnliche Naturstoffe sind. Wir haben mit allen Arbeiten über pflanzliche und tierische Naturstoffe wie Alkaloide, Terpenes, Teroide aufgehört, um uns ganz gerne mit mikrobiellen Metaboliten zu widmen. Dazu brauchten wir tatkräftige Hilfe
von Mikrobiologen, die wir im Professor Ernst Bäumann und seinen Schülern an der ETH fanden. Weitere wichtige materielle und arbeitstechnische Hilfe gewährte uns die pharmazeutische Industrie, die sich für diese Untersuchungen begleichlicherweise stark interessierte. Während der harmonischen Zusammenarbeit zwischen den Mikrobiologen,
den organischen Chemikern und der pharmazeutischen Division der Ciba bzw. Ciba-Geigi, die bis zu meinem Rücktritt dauerte, haben wir die Struktur zahlreicher zum großen Teil neuartiger mikrobieller Stoffwechselprodukte aufgeklärt und ihre Reaktionen untersucht. Zwei Gruppen von diesen Verbindungen, welche eine
Bedeutung erlangt haben, möchte ich besonders erwähnen. Im Verlaufe unserer Arbeiten sind die Mikrobiologen auf ein neues, stark wirksames, eisenhaltiges Antibiotikum gestoßen. Die Versuche, dieses zu reinigen, führten zu widersprüchlichen Ergebnissen. Bei gewissen Reinigungsoperationen verschwand das Antibiotikum,
um bei späteren Reinigungsphasen wieder zu erscheinen, und dann Hans Zehner fand die Lösung des Rätsels. Das Antibiotikum war von einem Antagonisten, einem eisenhaltigen Wuchtstoff begleitet. Je nach dem Verhältnis des Wuchtstoffes zum Antibiotikum in den untersuchten Präparaten hat man eine antibiotische Wirksamkeit
gefunden, oder das Präparat war inaktiv. Die tatsächlichen Verhältnisse waren noch komplizierter, weil das empfindliche Antibiotikum bei gewissen Reinigungsoperationen in den Wuchtstoff umgewandert wurde. Nachdem diese Tatsachen gesichert worden waren, konnten sowohl das Antibiotikum, das Pherimizin, als auch eine Plejade von
verwandten Wuchtstoffen, die wir Pherioxamine nannten, rein isoliert und ihre Strukturen bestimmt zu werden. Auf dem nächsten Via sind die Strukturen von einigen Pherioxaminen, von welchen das Pherioxamin B das Hauptprodukt war, und dann auch auf dem nächsten Via die Struktur
des Pherimizins abgebildet. Man sieht da oben, dass im Pherimizin auch der Wuchtstoff enthalten ist. Aus dem Pherioxamin wurde dann das Pherioxamin B hergestellt, welches bemerkenswerte stabile wasserlösliche Komplexe
mit Eisen-3-Ionen bildet, während das andere biologisch wichtige Ionen wie Kalzium-2, Zinc-2 und so weiter nur schwach komplexiert. Sie sehen hier gewisse Zahlen. Das Ungeheuer Eisen hat eine Stabilitätskonstante über 10 hoch 30. Also man kann damit alles Eisen,
was in einer Stadt befindet, komplexieren. Diese Eigenschaft wurde von Hämatologen Heilmayr und Wagner in Freiburg in Breisgau ausgenützt, um das pathologische Eisen aus dem menschlichen Körper, welches sich bei gewissen letalferlaufenden Krankheiten wie Chemothromatose, Chemosiderose in der Leber, Milz und anderen
Organen auch in Augen ansammelt, zu entfernen. Wir haben dadurch die Hämatologen haben dadurch ein Arzneimittel gefunden, mit dem man viele also zum Tode Verurteilte retten kann. Eine zweite Gruppe von mikrobialen Metaboliten, der die Struktur wir bestimmt
und deren Reaktionen wir studiert haben, sind die Rifamicine. Diese Verbindungen wurden aus den Kulturen eines Nocardia-Stammes von den Chemikern der italienischen pharmazeutischen Firma Lepetit isoliert. Als sich aufgefordert wurde, die Struktur von Rifamicinen aufzuklären, gelang es uns, mit Wolfgang
Opolzer, jetzt Professorin GEMT, in relativ kurzer Zeit diese Aufgabe im harten Wettlauf mit Röngen-Strukturanalytikern zu lösen. Aufgrund der im DIA dargestellten Strukturen, haben dann die Chemiker der Firmen Lepetit und Siba Gaidi mehrere tausend Derivate der Rifamicine hergestellt und geprüft, um ihre therapeutischen
Eigenschaften zu verbessern. Eines dieser Derivate, das Rifamicin, bedient heute als wichtigstes Medikament zur Bekämpfung der Tuberkulose und der Lepra. Darüber hinaus sind die Rifamicine und ihre Derivate von Interesse für die molekularen Biologen, weil sie die Reproduktion gewisser Nukleinsäuren hemmen.
Diese Verbindungen, nicht nur Rifamicin, sondern gewisse andere, wie Isoniazid, die haben die Welt in gewisser Art verändert. Die Violeta aus der Latraviata könnte heute in ambulanter Behandlung geheilt werden. Ob sie dann mit ihrem Alfredo glücklich geworden wäre, ist eine
andere Frage. Ich glaube, dass diese Beispiele gut illustrieren, wie die Grundlagenforschung auf dem Gebiet der organischen Chemie gesellschaftlich relevant werden kann, obwohl sie dies ursprünglich nicht als Ziel hatte. Wir wollten nur die
Strukturen bestimmen. Abgesehen davon hilft sie uns, die materielle Grundlage des Lebens und somit unseres Daseins zu verstehen. Sie ist ein wichtiger Teil unserer Kultur, ebenso wie die Kunst- und die Gesellschaftswissenschaften, was die meisten Nicht-Chemiker nicht verstehen können oder wollen. Ja, man kann die Chemie auch als
Grundlage einer noch nicht existierenden Wissenschaft betrachten, die man als molekulare Theologie bezeichnen kann. Ich habe bisher in meinen Ausführungen absichtlich das Wort Sterochemie vermieden, obwohl wir dieses Gebiet seit Kriegsende intensiv bearbeitet haben. Man kann nicht Naturstoffchemie auf breiter Basis betreiben,
ohne sich mit der Sterochemie auseinanderzusetzen. Beim Studium der einschlägigen Literatur habe ich bald herausgefunden, dass es auf diesem Gebiet noch viele grundlegende Aufgaben zu lösen gibt. Da wohl der Preis für Untersuchungen der Sterochemie, organische Verbindungen und Reaktionen
zugesprochen wurde, seien einige Probleme, mit welchen wir uns als eingehender Beschäftigen aufgezählt, um ihre Manigfaltigkeit zu demonstrieren. Erstens, die nicht klassische Spannung der acht- bis zwölf- gliedrigen mittleren Ringverbindungen und ihren Einfluss auf die physikalischen Eigenschaften und die Reaktivität, die auf dem
nächsten Dia durch die Abhängigkeit der stabilitätsziklischen Cyanhydrine von der Ringgröße darstellen. Es gibt also eine Spannung, die man früher nicht festgestellt hat, die wir als nicht klassische Spannung bezeichnet haben. Herr Braun, der hier Anwesende, der alles nicht
klassische verabscheut, hat diesen Spannungen dann einen sehr leichtmerklich merkbaren Namen gegeben, FBI-Spannung. Die mit der nicht klassischen Spannung zusammenhängenden transannualen Substitutions- und Eliminationsreaktionen
veranschaulicht auf dem Dia durch die 1,5 und 1,6-Hydritverschiebungen in Ciclo-de-cil-Carbocation. Weiter. Drittens. Die Regelmäßigkeit des hysterischen Verlaufes von asymmetrischen Synthesen beruht auf der relativen Raumbeanspruchung der Liganden des asymmetrieinduzierenden asymmetrischen Atoms,
welche es erlaubt, die Enantioselektivität vorauszusagen. Als Beispiele sehen Sie auf dem Dia eine Regel, die die freundlichen Kollegen als die Prelogische Regel bezeichnen. Und auf dem nächsten Dia, bitte das nächste Dia, sehen Sie, wie man
die Enantioselektivität enorm steigern kann, indem man eine Gruppe der am asymmetrischen Kohlenstoffatom sitzt, immer größer und größer macht. In der ersten Form haben Sie ein Phenyl, dann haben Sie ein Trimetylphenyl und schließlich ein Tricyclohexylmethyl
und Enantiomerenüberschuss lässt sich dadurch von 3 auf 66 steigern. Viertens. Die Regelmäßigkeit des hysterischen Verlaufes von mikrobiellen und enzymatischen Reaktionen, insbesondere
der Reduktion der Karbonilverbindungen durch Oxido-Reduktasen auf dem Dia dann, sehen Sie die Steroselektivität von zwei Enzimen durch ihren von uns eingeführten charakteristischen Diamantgitterausschnitt spezifiziert. Ein jedes Enzim hat ein Diamantgitterausschnitt, das für ihn charakteristisch ist. Es ist so wie
eine Art von Fingerprint seiner Reaktivität.