On the Unforeseeability of Foreseeable Manifestations of Life
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Number of Parts | 340 | |
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License | CC Attribution - NonCommercial - NoDerivatives 4.0 International: You are free to use, copy, distribute and transmit the work or content in unchanged form for any legal and non-commercial purpose as long as the work is attributed to the author in the manner specified by the author or licensor. | |
Identifiers | 10.5446/55118 (DOI) | |
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Lindau Nobel Laureate Meetings172 / 340
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Transcript: German(auto-generated)
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Sehr verehrter Herr Tagungspräsident, Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, ich möchte heute eine alte Frage mit Ihnen neu diskutieren.
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Die Frage, ob das Leben unser Leben vielleicht vorbestimmt sei, oder ob äußere und innere Einflüsse jederzeit gewisse Aspekte in unser Leben eintragen können.
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Ich werde versuchen, das aus der Warte des Molekulargenetikers zu machen. Ich bin mir natürlich bewusst, dass das Leben nicht bei der Molekulargenetik aufhört, dass die Zelle und der Verband von Zellen eigentlich die Gesamtheit des Lebens gestalten.
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Doch werde ich versuchen, aus der Sicht des genetischen Materials und dessen Produkte zu diskutieren, inwiefern das genetische Material, das Erbgut, mit dem genetischen Code zusammen zum Voraus Lebensäußerungen bestimmen
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und ob in diesen Bereichen der Makromoleküle des biologischen Geschehens gewisse Freiräume vorhanden seien,
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die nun eine gewisse Flexibilität in dieses unvorherb Gesehbare, eine Komponente des Zufalls vorhanden sei. Ich werde in einem ersten, kleinen Phase für die unter Ihnen, die vielleicht nicht gerade Molekulargenetisch auf dem Laufenden sind, einführen, um was es geht.
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Dann aber einige Beispiele aus meinem eigenen Forschungsbereich Ihnen skizzieren. Und werde zum Schluss kommen, dass im Bereich der molekularen Wechselwirkungen biologischer Makromoleküle
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die Naturgesetze prinzipiell eingehalten werden, dass aber je nach Reaktion, die man betrachtet, mehr oder weniger grosse Freiräume bestehen und dort eben diese Komponente des Zufalls einwirken kann. Wobei ich natürlich zugestehen muss, dass wir auch heute noch nicht, bei weitem nicht alle Naturgesetze kennen
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und vielleicht in einer späteren Phase einzelne Aspekte, was wir heute als Zufallskomponenten betrachten, wiederum als neue Gesetze erkannt werden könnten. Nun, das Erbgut ist Desoxyribenoklinsäure und es ist in der Schule gelehrt, dass das ein langes Kettenmolekül ist.
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Und das Wesentliche sind hier diese Reihenfolge von einzelnen Bausteinen, hier mit Buchstaben symbolisiert, es gibt deren vier verschiedene Buchstaben.
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Und wie in unserer Schrift ist die Reihenfolge in der linearen Anordnung bestimmt, den Informationsgehalt des Erbgutes. Nun, Sie sehen hier einen ganz kurzen Ausschnitt dieser riesenlangen Fadenmoleküle von nur zehn Bausteinen.
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Wir müssen uns auch bewusst sein, dass schon bei der ganz einfachen Escherichia coli Bakterienzelle der Informationsgehalt solcher Bausteine etwa vier Millionen beträgt. Und wenn wir das in unsere Schrift übertragen, entspricht das ziemlich genau dem Inhalt der Bibel.
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Beim Menschen hatten wir in jeder Zelle ein Grundinformationsgehalt von etwa tausendmal mehr. Also eine riesige Bibliothek von tausend Bänden des Inhaltes einer Bibel. Nun, die einzelnen funktionellen Kapitel des Erbgutes nennt man Gene,
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und ich habe Ihnen hier in einer sehr schematischen Weise ein Gen aufgezeichnet. Die Länge dieses Segmentes, wiederum im Vergleich zu unserer Schrift, wäre einige Zeilen bis vielleicht eine Seite dieser Bibliothek.
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Das ist der Inhalt eines Genes. Zum Gen gehört der Teil, der sich später als Genprodukt Eiweiß oder Protein manifestiert,
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aber auch jene Zeichen vor und nach dieser Sequenz, die für die Kontrolle des Ausdrucks dieses Genes wesentlich sind. Die Frage also wäre die, ob durch die lineare Anordnung der einzelnen Bausteine zum Voraus bestimmt ist, wie dieses Protein aussieht.
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Die Antwort ist ja, das wissen wir natürlich. Dieses Protein wird sich natürlich nicht so, wie hier dargestellt, in einer genau linearen Form so manifestieren, sondern es wird eine bestimmte dreidimensionale Struktur annehmen
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und wird dann seine Funktionen ausführen, sei es als Enzym zum Leiten weiterer biologischer Reaktionen oder als Strukturbaustein, zum Beispiel einer Membran. Und was ich mit Ihnen heute besprechen möchte,
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wirken nun diese hier grün gezeichneten Genprodukte in einer ganz bestimmten Weise, kann man genau voraussehen, was die tun. Nun, das erste Beispiel greife ich aus einer Thematik, die ich schon als Doktorand bearbeitet habe, nämlich die Frage, wenn ein bakterielles Virus,
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eine bakterielle Wirtszelle infiziert, wie hier am Beispiel des sehr gut untersuchten Bakteriofagen Lambda, dann werden in einer ersten Reaktion wird das virale Partikel
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sich an der Zelloberfläche anhaften und sein Erbgut in die Wirtszelle hinein injizieren. Kurz darauf werden nach einem zum Voraus folgenden Schema gewisse Gene, nicht alle, dieses viralen Erbgut-Moleküls
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exprimiert, kommen also zum Ausdruck, wir kriegen Proteine und diese werden dann die Funktion, die sogenannten frühen Funktionen darstellen, welche ihrerseits wiederum weitere Gene anstellen, sodass mittelfrühe bis späte Funktionen kommen.
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Nun, das interessante an diesem speziellen Fall ist, dass wir, wenn wir nach einer halben Stunde sehen, was passiert ist, dann sehen wir, dass entweder das links gezeichnete Resultat entsteht oder das rechts gezeichnete.
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Es sind zwei Möglichkeiten hier vorhanden. Die erste Möglichkeit, die mit etwa 70% aller Fälle beobachtet werden kann bei dieser speziellen Infektion, ist, dass die infizierenden Viren sich reproduzieren
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und Nachkommen geben. Sie sehen schon hier, nach einer guten halben Stunde ist diese Zelle wieder aufgebrochen und nachkommen, virale Partikel sind entstanden und die können wiederum neue Zellen infizieren. Das ist das normale Leben eines Virus eigentlich. Aber in 30% dieser Fälle der infizierten Zellen
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geschieht etwas anderes. Da kommen die späten Funktionen nie zum Ausdruck, die werden zum Voraus reprimiert durch frühe Funktionen, sodass dann in einer späteren Phase dieses Erbgut des Virus
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in die Zelle, in das Chromosom eingebaut wird. Und hier weiter vererbt, wenn die Zelle sich zweiteilt, erhält jede Zelle diesen sogenannten Pro-Virus, sodass wir eine ganze Population, einen Klon, sogenannt Lysogener-Bakterien haben. Nun, hier sehen Sie ein erstes Beispiel dieser Vorbestimmtheit.
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Natürlich sind diese Prozesse genetisch geleitet. Aber wenn es möglich wäre, in dieser infizierten Zelle zur Zeit null, wenn dieses Erbgut eindringt, die Zelle zu fragen, was wird mit dir passieren,
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dann könnte die Zelle höchstens sagen, Statistisch habe ich eine Wahrscheinlichkeit, von 70% zugrunde zu gehen und Viren zu geben, oder von 30% zu überleben, das virale Erbgut einzubauen und weiter zu vererben. Hier ist eindeutig ein nicht von uns und von niemand,
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von den Beteiligten zum Voraus bekannter Prozess. Es würde zu weit führen, das hier darzulegen, aber man versteht einigermassen, wie es zu diesem Entscheid kommt.
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Nämlich, es ist ein Gleichgewicht. Hier in dieser frühen Phase spielt sich ein Gleichgewicht ab, wann, zu welchem Zeitpunkt mehr von dem einen oder von dem anderen Genprodukt entstanden ist. Und je nachdem, ob nun zu einem kritischen Zeitpunkt die späten Funktionen eingeleitet werden, dann führt es zu Liese, zur Fagenproduktion,
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oder wenn sie unter Repression kommen, dann steht das nicht, dann ist Gelegenheit da, das virale Genum einzubauen. Hier auf dieser Zeichnung kann ich Ihnen gleich ein zweites Beispiel zeigen, wie nun gewisse Prozesse,
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Lebensprozesse auch unbestimmbar sind. Wenn Sie diese Kultur von Lysogenenbakterien immer weiter vererben, dann geschieht es mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 1 in 10.000 pro Generation,
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dass nun eine Zelle plötzlich beginnt, Fagen wieder zu produzieren. Das Erbgut ist ja da, ist nur unter Repression, und es kann geschehen, dass diese Repression in einem bestimmten physiologischen Zustand wegfällt, sodass diese Zelle in diese lytische Phase tritt,
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während 9.999 Zellen sich weiter vererben. Wiederum hier, es ist nicht klar vorherbesehbar, wann und mit welcher Wirksamkeit diese einzelne Zelle in diese Induktionsphase tritt. Was aber für die Nachkommenschaft natürlich von Bedeutung ist,
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die Zelle wird sich dann nicht mehr vermehren können. Es gehen wiederum freie Viren in dieser Zelllösung. Nun ist es möglich, und das ist wiederum interessant, von außen her diese Wahrscheinlichkeit der Induktion zu beeinflussen. In diesem speziellen Fall, zum Beispiel durch Bescheidenen
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mit ultraviolettem Licht, kann man statt nur 1 in 10.000 Zellen kann man praktisch die ganze Population zur gewollten Zeit, zur dieser Induktion bringen. Durch Bestrahlen mit ultraviolettem Licht. Und man kann es auch unter bestimmten Bedingungen durch Erhöhung der Temperatur, kann man diesen Effekt erzeugen.
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Und das zeigt, dass nun diese Zelle nicht einfach für sich die internen Gesetze beachtet, sondern dass Einwirkungen von außen wahrgenommen werden, Umwelteinflüsse, und dass die Zelle darauf reagiert. Eine dritte Möglichkeit der Unvorhersehbarkeit
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sehe ich im Folgenden. Bei dieser schon beschriebenen Induktion, da wird in einer bestimmten Phase dieses Erbgut, das hier eingebaut ist in das Wirtszellenerbgut,
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wieder herausgeschnitten. Und normalerweise geschieht das präzise. In wenigen Fällen aber ist dieses Rausschneiden nicht am richtigen Ort. Und das habe ich Ihnen in einer weiteren Zeichnung hier nochmals etwas klarer dargestellt.
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Also, wenn wir hier dieses rot gezeichnete virale Genom eingebaut haben, in das blaue Bakteriengenom, das natürlich hier viel zu kurz gezeichnet ist, dann kann bei der Induktion der lysogenen Zelle
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das virale Genom korrekt herausgeschnitten werden, ohne dass etwas verloren geht. Das ist eine ortsspezifische Rekombination. Ein rückgängig machendes ursprünglichen Einbaus. Nun, wiederum, in seltenen Fällen kann aber ein Rekombinationsprozess, den man als illegitim im Moment anschaut,
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weil man nicht zum Voraus sehen kann, wo dieser Rekombinationsprozess entsteht. Hier, hier oder irgendwo kann er folgen, sodass dann das heraus rekombinierte virale Genom einen Teil, hier rot gezeichnet,
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zurücklässt im Bakterienchromosom. Einen anderen Teil aber des Bakterienchromosoms, der hier die Charaktere für die Galaktosefermentation des Wirtschromosoms eingebaut im viralen Genom enthält. Und der Punkt, wo hier rekombiniert wird,
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also die Menge des verlorenen viralen Materials und die Menge des neu zugefügten bakteriellen Materials ist von Fall zu Fall verschieden. Unprogrammiert, eigentlich wiederum etwas von dem Zufall überlassen. Was hier entsteht, ist ein hybrides Genom,
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enthält also virales Erbgut und bakterielles Erbgut und ist deshalb für die Umwelt von großer Bedeutung für die Population der Mikroorganismen. Denn solche Viren, wie die hier gezeichnet, können natürlich andere Bakterien infizieren und somit Erbgut, einzelne Gene,
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einer früheren Phase infizierten Wirtszelle in eine neue Wirtszelle übertragen und ihnen neue Eigenschaften bringen. Ich möchte hier nur in Erinnerung rufen, dass gerade dieser natürliche Prozess für die Wissenschaftler vor gut 10 Jahren Vorbild war
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zur Entwerfung der Strategie der In-Vitro-Neukombination. Wo ja Erbgut aus irgendwelchem Ursprung, aus irgendwelchen lebendigen Zellen in einen sogenannten natürlichen Vektor, zum Beispiel ein virales Erbgutmolekül, eingebaut werden, in Vitro, also im Regensglas,
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um dann eben in Bakterienzellen wieder hineingebracht zu werden und dort dieses Erbgut zu vermehren, was dann erlaubt, detaillierte molekulare Studien zu machen. Dass diese Strategie wahr war, haben die Forscher in der Tat der Natur abgeschaut.
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Das ist also nicht eine neue Erfindung der Wissenschaft. Nun, es gibt auch, man kann die andere Seite, dann entstehen diese biotranszillierenden Phagen. Was ich hier gezeichnet habe, ist, wenn dieser Prozess entsteht, das könnte theoretisch auch entstehen,
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nur wird dann dieses Genom, das nichts verloren hat von Virus und sehr viel biologisches Material der Wirtszellen enthält, ist zu groß, um nun noch in virale Partikel abgepackt zu werden. Und es ist wohl aus diesem Grunde, dass wir diese gar nie beobachten können. Denn da ist eine räumliche Limitierung in der Struktur der Köpfe dieser Viren vorhanden.
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Ich möchte hier nun noch kurz die Mechanismen besprechen, nochmals auf das zurückkommen. Es gibt beim Einbau der Viren
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ursprünglich in das bakterielle Chromosom, gibt es eine bevorzugte Stelle, die ist in der Tat zwischen Genen, die für die Galaktosefermentation zuständig sind, der E. coli-Zelle, und Genen, die für die Biotinproduktion zuständig sind. Man hat aber beobachtet,
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dass eine ganze Reihe zusätzlicher sekundärer Einbau-Orte auf der E. coli-Zelle vorhanden sind, die allerdings mit viel kleinerer Wahrscheinlichkeit benutzt werden. Wenn also der Einbau nun an variablen Orten erfolgt, kann man voraussehen, dass in analoger Weise
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beim illegitimen Ausbau nun nicht die Lambda-Gal oder die Lambda-Bio entstehen, sondern andere Lambda-Hybride mit Erbgut der Wirtszelle, die natürlich Gene anderer Ursprungs haben aus dem großen bakteriellen Chromosom.
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Sodass es hier in diesem natürlichen Prozess im Prinzip möglich wäre, Bakterien zu machen unter natürlichen Bedingungen, die irgendwelche Gene des bakteriellen Chromosoms haben. Und wiederum diese Gene eher als Gal oder Bio an andere übergeben können. Dort spielt nun natürlich die Wahrscheinlichkeit
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eine grosse Rolle, weil die Einbau-Wahrscheinlichkeit an anderen Orten sehr viel kleiner ist als bei dem hauptsächlich gebrauchten Einbauort. Nun möchte ich dieses Schema vom bakteriofalen Lambda verlassen und kurz auf die Restriktionsenzyme
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zu sprechen kommen. Sie haben schon von Herrn Kollegen Feinendegen gehört, dass Restriktionsenzyme sich in vielen Bakterienzellen finden. Deren Hauptaufgabe dort ist es, zu wachen, ob nun fremdes Material in diese Zelle eindringt
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und falls ja, dieses Material möglichst schnell zu zerstören. Denn eine Zelle hat natürlich alles Interesse daran, sein Erbgut zu erhalten, nicht fremdes Erbgut zu erhalten und schon gar nicht sich durch Viren infizieren lassen, weil das, wie wir eben gesehen haben, Chancen gibt, die Zelle abzusterben
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bei der Virusvermehrung. Nun, was ich hier aufgemalt habe, ist ein vereinfachtes Schema des Wirkungsmechanismus eines Restriktionsenzymes mit dem Namen E-CoK aus der Escherichia coli K12-Zelle heraus.
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Das ist ein schon ziemlich komplexes Enzym. Es ist, wenn es produziert wird, als Genprodukt im Moment noch unwirksam, kann also nicht diese Wachfunktion ausführen.
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Es braucht den Co-Faktor Esadensylmethionin und wenn dieser vorhanden ist, wird er sich mit diesem Enzym assoziieren und aktiviert dann das Enzym und erst dann ist das Enzym fähig, sich spezifisch mit DNA, also dem Erbgut,
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zu assoziieren und dort eine ganz spezielle Sequenz der Reihenfolgen dieser Bausteine zu erkennen. Diese Sequenz in dem Fall ist AAC, eine beliebige Sequenz von 6, anderen Basenpaaren müssen 6 sein und dann GT-GC. Das wird erkannt.
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Nun gibt es hier eine weitere Komplikation. Es ist natürlich klar, dass die E-Coli-Zelle rein aus statistischen Gründen in ihrem vier Millionen langen Fadenmolekül der DNA, hin und wieder diese Sequenz hat.
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Und wenn dieses Enzym da ist, ist das gefährlich und deshalb, wohl deshalb, hat die Bakterienzelle ein Schema gefunden, sich selbst in der eigenen Sequenz zu schützen, sodass diese Sequenz nicht als fremd erkannt wird. Und das erfolgt durch Methylierung. Es gibt an diesem Adenin und diesem Adenin je
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eine Methylgruppe, die auch angebracht wird durch den gleichen Enzymkomplex Eko-K. Und man hat dann herausgefunden, dass in dem Fall, wo ein Strang der doppelsträngigen DNA eine Methylgruppe trägt und der andere nicht,
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das Enzym die zweite Methylgruppe hinbringt, sodass diese Struktur entsteht und das hat dann keine Folgen für Erkennen von Fremd. Fremd wird nur dann erkannt, wenn eine solche Sequenz ist, die absolut nackt ist von solchen Methylgruppen.
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Also weder im einen noch im anderen Strang die Methylgruppe vorhanden ist. Dann nämlich kommt das Signal auf dieses Eko-Enzym, das hier diese Sequenz erkannt hat. Das ist fremdes Erbgut, bitte zerstören. Und was nun interessant ist, ich habe hier ein kleines DNA-Molekül mitgebracht.
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Sie sehen, wie dieser Mechanismus geht. In dem speziellen Fall nehme ich an, die Sequenz des Erkennens sei hier. Das Enzym fixiert sich hier dran. Und das Interessante ist, dass die Spaltung nun nicht hier erfolgt, an dem Ort.
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Sondern dass das Enzym, das hat man im Elektronomikroskop gesehen, beginnt, dieses DNA so in einer komplizierten Weise durchzuschlaufen. Bis schließlich entschieden wird, hier an dem Ort. Ich muss jetzt hier keine Kofaktoren noch dazu bringen, um das zu funktionieren. Und dieser Ort wird gebrochen.
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Und Sie sehen, das Enzym bleibt an dem Ort der Erkennung, aber gespalten wird hier unten. Das ist ganz spektakulär. Das Enzym wandert also nicht an den Spalt dort hinüber, sondern bleibt an dem Ort hier fixiert. Man kann das sehen im Mikroskop nach der Spaltung.
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Aber gespalten wird anderswo. Und das Interessante ist in diesem Prozess, dass wenn Sie das tausendmal untersuchen, ist dieser Spalt dort nie am gleichen Ort. Es ist immer an einem anderen Ort. Die Gesetze, wo gespalten wird, kennen wir nicht. Dort ist die Komponente anscheinend des Zufalls drin.
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Und für DNA-Fragmente dieser Art, die dann unter Umständen neu verwendet werden können, ist es natürlich wichtig zu wissen, ob immer gleich oder an verschiedenen Orten gespalten wird. Nun, es gibt, um nun vorzubeugen, dass Sie mich misinterpretieren,
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muss ich nun hier zufügen, dass es andere Enzyme gibt, wie Eco-R1, die nun an dem Erkennungsort immer genau dort spalten. Sie sehen hier die Gegenüberstellung, was wir vorher gesehen haben. Hier der Erkennungsort spalten irgendwo anderswo. Das kann links oder rechts sein, jedes Mal anders.
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Das zweite Typ von Enzym spaltet immer an dem Ort. Hier ist es strikt reguliert. Und es gibt einen dritten Typ, der streckt seinen Arm aus und misst ungefähr 25 bis 27 solcher Bausteine und spaltet an dort. Das ist also eine Flexibilität der Natur,
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die man beobachtet. Ich verlasse die Restriktionsenzyme und komme jetzt zu einem, mich seit mehreren Jahren vornehmlich interessierenden Prozess der Transposition. Das Erbgut, wir wissen das heute, ist nicht so stabil, wie man lange geglaubt hat.
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Und ein wesentlicher Faktor der Instabilität ist Transposition. Hier nur schematisch dargestellt. Man hat hier ein Element, man nennt das IS-Element bei Bakterien, welches hier blau gezeichnet als Teil dieser langen fadenförmigen Moleküle ist. Und ganz schematisch dargestellt
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ist hier ein Laseraster, welches nun ein Genprodukt geben kann, eine sogenannte Transposase, die zusammen mit Wirtsproteinen der Wirtszelle hier ein Komplex bilden und dann in einem Prozess, der noch nicht in allem Detail bekannt ist, machen können,
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dass eine neue Kopie wahrscheinlich, oder sogar, man weiß das noch nicht so genau, eine Kopie, wie sie hier gezeichnet ist, auf eine neue Zielsequenz übertragen werden kann. Und ich danke wiederum unserem Vorsitzenden, dass Sie schon angetönt haben. Eine der interessanten Fragen ist nun zu sehen,
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gibt es Regeln, wo nun diese Einbau erfolgen? Und da möchte ich nur noch ganz kurz zufügen, dass es nun verschiedene Arten von solchen IS-Elementen gibt. Ich habe hier nur einige aufgetragen, die in E. coli K12 ansässig sind. In anderen Bakterien findet man sehr viele andere.
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Sie sehen, man hat hier IS1, 2, 3 und so weiter. Frage gibt es noch mehrere, die man noch nicht kennt. In der Anzahl Kopien pro Genom, das heißt pro bakterielles Chromosom, es variiert zwischen 1 und vielleicht 12 hier. Die Frage ist, wie kann man
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nachweisen, wie die wirken? Und hier komme ich zu einzelnen experimentellen Anordnungen, die wir im Laufe der letzten Jahre bei uns verfolgt haben. Wir haben ein Plasmit genommen, das ist ein kleines zusätzliches Deanamolekül zu dem großen bakteriellen Chromosom. Und dieses Plasmit,
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P1-Plasmit ist nun das Erbgut wiederum eines Virus, und man kann relativ leicht nachweisen, dass zum Beispiel durch Hinüber-Hüpfen einer solchen Inzertionssequenz nun hier eine Mutation entstanden ist, weil nämlich dann keine viralen Partikel mehr durch Induktion,
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man kann auch das Induzieren entstehen können. Das kann man nachweisen. Und wenn man nun lange genug wartet, bis solche Spontan-Mutanten entstanden sind und dann sich fragt, sind Spontan-Mutanten im Normalfall durch Punktmutationen,
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Substitutionen einzelner Bausteine entstanden, oder eher durch solches Herüber-Hüpfen von IS-Elementen, dann ist die Antwort in der Tat, in dieser experimentellen Anordnung, ist unter den zufällig isolierten Spontan-Mutanten die Wahrscheinlichkeit am größten, dass Transposition der Grund
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für Spontan-Mutation ist, also nicht etwa Replikationsfehler oder andere Arten von Nukleodizubstitutionen. Und wir haben dann auf diesem langen Genom von 90.000 Basenpaaren die Anordnung, die einzelnen Mutanten kartiert
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und haben gesehen, hier, das ist symbolisch eine Restriktionspaltungskarte für die Spezialisten, da ist einfach die Länge des gesamten Genoms linear aufgetragen und hier war ein Punkt für jede unabhängig kartierte Insertionsmutation. Und Sie sehen, die sind nicht zufällig, ist eine andere Verteilung als zufällig da. Also wir schließen,
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dass in diesen bakteriellen Anordnungen sind Spontan-Mutationen oft meistens durch Transposition bedingt und diese erfolgen nicht zufällig. Es ist ein enzymatisch interessiert, wie leiten die Enzyme diesen Prozess. Und wir haben diese
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heiße Region der Insertion etwas näher angeschaut. Das hat Christian Senckstag mit Patrick Casper in den letzten paar Jahren gemacht und die Antwort ist hier dargestellt, dies vergrößert, das sind 1756 Basenpaare und von diesen rot gezeichneten IS2-Elementen, das sind
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die IS2, die man am häufigsten findet, haben wir neun kartiert und von den grün gezeichneten IS30 alle drei. Und die Antwort ist nun folgende. Das Element IS30 ist nun ein Element, das eine ganz spezielle Sequenz Reihenfolge von Bausteinen erkannt und immer
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am gleichen Ort einbaut, zwischen den gleichen Basenpaaren. In einer Richtung oder in einer anderen spielt keine Rolle. Drei Mal unabhängig, das am gleichen Ort gefunden, in dem ganzen Genom drin. Während dem IS2 ein anderes IS-Element, das gehäuft, wie Sie sehen,
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hiervorkommt, nun in Detail an dem Ort immer wieder einen anderen Einbauort wählt. Also nie zweimal das gleiche. Und wenn man dieses ganze Segment wurde sequenziert, man kennt alle Bausteine, die Orte hier dieses Einbaus gleichen sich in keiner Weise. Kein Gesetz hier. Was, das ist eine Frage,
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die uns wirklich beschäftigt, was treiben nun IS2 in diese Region hinein? Und warum haben wir hier keine? Ich kann Ihnen die Antwort noch nicht geben. Wir haben eine Arbeitshypothese, das ist die hier, das Sie gesehen haben, dass vielleicht auch hier
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ein Aktivierungsort ist, das dann der Einbau irgendwo anders erfolgt, in einer gewissen Distanz, nicht gemessen, immer wieder in einem anderen Ort, aber nicht beliebig weit weg. Sodass hier irgendwo in der Gegend diese Aktivierungssequenz vielleicht verborgen ist. Das ist ein weiterer Grund zu erneuter
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Forschung. Nun, diese nicht Zufälligkeit eigentlich der Wahl von Ort ist von Bedeutung, weil, was man hier hat, ist Rekombinieren nicht homologen genetischen Materials, also das nicht miteinander unmittelbar verwandt ist.
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Und das spielt nun im Laufe der biologischen Evolution von Mikroorganismen eine große Rolle, indem nämlich DNA-Segmente beliebigen Ursprungs sich neu rekombinieren können, also ohne, dass das Material miteinander a priori das gleiche oder verwandt ist.
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Sodass durch diese Prozesse, die ich jetzt nicht im Detail ausführen kann, eben dann durch Neu-Assoziation neue Funktionen entstehen können. Und ich glaube, zusammen mit vielen meiner Kollegen, dass das ein wesentlicher Faktor der biologischen Evolution ist, und ich habe mir erlaubt,
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dass wir hier einen theoretischen Ast dieses Evolutionsbaumes, das bezieht sich jetzt nur auf diese Bakterien aufzuzeichnen. Und im vertikalen Genfluss, das heißt von Generation zu Generation, werden diese in einem
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einzelnen Bakterienstamm natürlich intern Umstrukturierungen bringen können und neue Zusammensetzungen werden neue Genfunktionen hervorrufen. Was aber von großer Bedeutung ist, ist, dass durch Zuhilfenahme von natürlichen Vektoren, viraler Genome, wie auch
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konjugativer Plasmide, die in Zellkontakt Material miteinander austauschen können, nun beliebig schon voneinander verschiedene Bakterienstämme paketweise Informationsmaterial austauschen können. Und dieses Paketweise ist ein Gen oder ein Teil eines Genes oder
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einzelne Gene. Es ist nie das Gesamte, sondern es sind nur kurze Segmente, die, die dann wieder eingebaut werden können in der infizierten Zelle und dort nun neue Funktionen hervorrufen können. Sodass wir zu einem Schluss kommen, dass die Evolution nun nicht ein einfacher Ast ist eines Baumes,
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sondern ein Netzwerk mit diesen Querverbindungen. Sodass für zukünftige Evolution irgendeines neuen Bakteriums in ferner Zukunft nicht nur dieser Ast, dieser Zweige von Bedeutung ist, sondern die Gesamtheit des heutigen Genpools, was uns
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vielleicht zu denken geben muss, eben im Hinblick auf die Erhaltung unseres Genpools. Nun möchte ich zum Abschluss noch ein einziges Beispiel geben aus den Bereichen der höheren Zellen. Nämlich aus dem Immunsystem heraus, wo seit einigen
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Jahren bekannt ist, dass die Gene für die Immunantikörper in der embryonalen Zelle nicht zum Voraus schon als funktionierende Gene vorhanden sind, sondern wo wir wissen, dass im Laufe der Differenzierung dieser Zellen zu funktionellen Antikörper produzierenden
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Zellen, die Gene erst neu zusammengesetzt werden, hier in dem Fall von Lambda 1 Immunoglobulin, für andere ist es noch komplizierter als hier gezeichnet, dass man ein Segment aus irgendeiner Ecke dieser langen Bibliothek nimmt, ein zweites Segment aus
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einer anderen Seite und das zusammenklebt. Und wie interessant ist, dass dieses Zusammenkleben nun nicht immer genau an der gleichen Stelle folgt, nur ungefähr, so dass durch diese kleine Ungenauigkeit wieder eine große Anzahl von Variationsmöglichkeiten entsteht. Und
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man hat gelernt zu sehen, dass durch Rekombination vielleicht von etwa 1000 solchen Untereinheiten verschiedener Art Millionen von neuen Gene-Produkten entstehen können mit ihren eigenen Spezifitäten, eine ungeheure Manigfaltigkeit. Und diese Zusammensetzung ist natürlich wiederum
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enzymatisch geleitet, aber mit diesem kleinen Freiraum, den wir auch bei den anderen Beispielen gesehen haben. Nun, soweit die Beispiele, kurze Niveau dieser ganz einfachen
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makromolekülen Wechselwirkungen, enzymatisch geleitenden Prozesse, dass diese Enzyme natürlich die Gesetze der Natur und was schon im Erbgut verankert ist, ganz klar befolgen. Dass aber in vielen diesen Prozessen
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Freiräume zum Voraus da sind, dass die Enzyme nicht in einer ganz reproduzierbaren Weise machen, was wir zum Voraus erwarten könnten, sondern dass dort eben diese Wahlmöglichkeiten da sind, diese Komponente des Zufalls, die ich geschildert habe. Und nun extrapolierend auf eine ganze Zelle oder
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auf ein Organismus, würde ich sagen, kann man vielleicht spekulieren, dass die Freiräume nun doch genügend Möglichkeit gibt der Variation des Lebens und, was ich Ihnen gezeigt habe, oft Einfluss wahrnehmen von außen,
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dass der Einfluss von der Außenwelt, von der Umwelt dort auch noch einen Einfluss hat auf die effektiven Prozesse, dass wir also nie zum Voraus wissen können, was alle molekularen Prozesse eines Lebewesens sein werden. Und wahrscheinlich,
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so möchte ich extrapolieren, schon gar nicht, was der lebende Organismus dann im Laufe seiner langen Lebenstätigkeit alles machen wird. Das, glaube ich, ist eine gute Versicherung, dass wir diese Angst
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und das Unbehagen vielleicht beseitigen können, das einzelne von uns Menschen immer wieder befallen hat. Sollte man befürchten, dass, wenn man alle Naturgesetze kennt, dass dann das Leben uninteressant wird, dass man bei der Geburt ihm den Schein schon geben kann, was mit diesem Leben
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passiert? Ich würde aus der Sicht des molekularen Genetikers sagen, das ist eine gute Versicherung. Danke Ihnen.