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ARCH+ features 17: "Lernen von London"

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ARCH+ features 17: "Lernen von London"
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ARCH+ features 17: "Learning from London"
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German
German
Warum gehört alles Land der Krone? Was hat London mit Lagos zu tun? Welche Rolle spielt das Dreiecksverhältnis London-Berlin-Moskau? Wieso sind Architekten Entfesselungskünstler? Warum war Mrs Thatcher schon immer da? Diese und viele andere Fragen haben wir am 14.12.12, ab 19 Uhr anhand der neuen ARCH+ 209 Kapital(e) London mit Charlotte Skene Catling, Marc Frohn und Maren Harnack diskutiert. 19:00: Begrüßung & Heftpräsentation 19:15: Escape Artists, Marc Frohn & Charlotte Skene Catling 19:45: Sozialer Wohnungsbau in London, Maren Harnack 20:15: Diskussion 21:00: Ende und anschliessend Bar mit Musik von Karel Duba Maren Harnack schreibt in ihrem Artikel "Lernen von London. Sozialer Wohnungsbau zwischen privater Stadtproduktion und Gentrifizierung" und führte dies auch in ihrem Vortrag aus: "Kommerzielle Projektentwickler dominieren nach wie vor den Wohnungsmarkt. Sie stehen in der Tradition der Entwickler von Estates seit dem 17. Jahrhundert und bauen weitgehend standardisierte Wohnungen und Häuser. Die vier größten Wohnungsbaufi rmen waren 2007 für fast 40 Prozent der Fertigstellungen verantwortlich und hatten damit eine Position erreicht, in der sie den Markt aktiv beeinfl ussen können. Trotz der stetig steigenden Nachfrage ist die Produktion von Wohnungen seit 1994 annähernd gleich geblieben. Als Gründe hierfür werden seitens der Investoren vor allem die Baulandknappheit und ineffiziente Genehmigungsverfahren genannt. Allerdings gibt es keine verlässlichen Daten darüber, in welchem Umfang die Investoren Baulandreserven vorhalten. Es steht jedoch außer Frage, dass sie in Zeiten des Booms zumindest einen Teil ihrer Gewinne auch aus den Wertzuwächsen ihrer Baugrundstücke erwirtschaftet haben. Es war durchaus lukrativer, auf weitere Preissteigerungen zu spekulieren, als Grundstücke und Immobilien sofort zu verwerten. Außerdem haben die Investoren lange von der vorherrschenden Wohnungsknappheit profi tiert, weil sie dadurch auch relativ minderwertige Wohnungen zu hohen Preisen verkaufen konnten. Die Tradition, Wohnungsgrößen nicht in Quadratmetern sondern mit der Anzahl der Schlafzimmer anzugeben und die Abschaffung von Flächenstandards durch die Konservativen im Jahr 1980 hat die Entstehung von Wohnungen mit sehr kleinen, eigentlich nicht nutzbaren Zimmern gefördert. Erst in diesem speziellen Kontext können Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus gegenüber den auf dem freien Markt gebauten auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Vorteile aufweisen, die beispielsweise darauf beruhen, dass die Raumqualität der Wohnungen, Größe oder der rechtliche Status besser ist, und die Nachteile, die etwa aus dem sozialen Umfeld erwachsen können, aufwiegen."
English
English
Why does all land belong to the Crown? What does London have in common with Lagos? Why are architects escape artists? Why has Mrs Thatcher always been there? We did discuss these and many other questions with Charlotte Skene Catling, Marc Frohn and Maren Harnack on Dec. 14, 2012, from 19 h, based on the recent ARCH+ 209 Kapital(e) London. 19:00: Welcome & Introduction 19:15: Escape Artists, Marc Frohn & Charlotte Skene Catling 19:45: Sozialer Wohnungsbau in London, Maren Harnack 20:15: Discussion 21:00: End and afterwards Bar with music by Karel Duba
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Transcript: German(auto-generated)
Ja, ich werde Sie jetzt hoffentlich nicht mit den Feinheiten der englischen Wohnungspolitik langweilen. Ich werde versuchen, sofern mir das in der kurzen Zeit gelingt, das Verhältnis der Briten zum Wohnen und zum Wohnungsbau ein bisschen darzulegen
und dann zu erklären, welche Rolle der soziale Wohnungsbau darin gespielt hat, wobei wir ja schon gehört haben, dass das, was wir davon kennen und was Sie auch als Illustration in dem Feature sehen,
eigentlich eine Anomalie im britischen Wohnungsbau ist. Jetzt muss ich hier mal gucken, da geht es weiter. Ich werde das erst so ein bisschen historisch aufbauen, ich werde nicht ganz so weit hinten anfangen wie die beiden Kollegen vor mir. Aber was schon noch wichtig ist, ist sich klar zu machen, dass bei den Bildern, die wir von London im Kopf haben,
ja oft genau diese Strukturen dominant sind, die Rheinhäuser aus der Georgian- oder Victorian-Periode und die machen eben auch große Teile der inneren Stadt London aus.
In Berlin zum Beispiel, aber auch in anderen Städten, versucht man sich ja gerade wieder an dieser Typologie und stellt dann aber fest, dass dabei eben nicht diese geschlossenen Bilder entstehen, wie wir sie aus London können, sondern eher so eine Art Architekturzoo. Hier haben wir so eine sehr schöne geschlossene Fassade und das, das so ist, das liegt daran,
dass eben diese Rheinhäuser oder Stadthäuser nicht das Produkt von individuellen Bauherren waren, die sich da verwirklicht haben und dann auf wunderbare Weise quasi nebenbei so ganz geschmackvoll geschlossene Fassaden erzeugt haben, sondern dass diese Quartiere das Ergebnis von kommerzieller Stadtentwicklung sind.
Im London waren schon im 17. Jahrhundert, also eigentlich nach dem großen Brand, kommerzielle Projektentwickler und Bauunternehmer aktiv, die sich, da haben wir auch schon von gehört, in diesem komplizierten System von Estates und Freehold und Leasehold die Entwicklung von den Stadtquartieren aufteilten.
Der Grundbesitzer blieb dabei immer Eigentümer von dem Grundstück und kriegte auch dann, wenn das Haus fertig war, von den Bewohnern die ganze Zeit Miete und der Bauunternehmer hat diese Häuser gebaut und dann fertig verkauft.
Wenn dann so ein Erbpachtvertrag, was dieser Leasehold im Prinzip ist, auslief, dann fielen die Häuser zurück an den Grundeigentümer und der konnte sie dann weiter nutzen oder auch das Ganze neu entwickeln. Also es ist wichtig im Kopf zu behalten, kommerzielle Stadtentwicklung gewerbsmäßig organisiert.
Die Projektentwickler haben dann auch immer gleiche Typen von Häusern gebaut. Wenn man sich diese Fassade anschaut, dann sieht das eigentlich insgesamt aus wie so eine Art Landhaus oder Schlösschen mit so einem Mittelteil. In Wirklichkeit sind es aber tatsächlich gleiche Reihenhäuser, die ihre Bedeutung genau daraus ziehen,
dass sie eben nicht individuell erkennbar sind, sondern so eine Großform bilden, die dann eben diese Anmutung von Schloss haben kann, was ein einzelnes Haus ja nie geschafft hätte. Was man dabei auch im Kopf haben muss, ist, dass die Bauunternehmer, die diese Häuser dann gebaut und verkauft haben, schon damals nicht immer die besten Baumaterialien verwendet haben.
Die haben ja nicht, wie wir das heute in Deutschland auch noch kennen, schon so gebaut, dass sie das noch an ihre Enkel und Urenkel vererben können, sondern eben um es zu einem bestimmten Zeitpunkt möglichst teuer verkaufen zu können. Das heißt auch die historische Bausubstanz, die wir in London haben, die ist oft von ziemlich minderwertiger Qualität.
Diese Häuser waren eben einfach nicht für die Ewigkeit gebaut. Dementsprechend ist auch das Verhältnis der Bewohner zu diesen Häusern nicht so wahnsinnig eng gewesen. Die wurden auch im 17., 18. Jahrhundert schon relativ häufig gekauft und wieder verkauft,
wie es gerade den persönlichen Erfordernissen entsprach. Und man hatte einfach nicht so eine enge Bindung an die Scholle, wie man das hierzulande kennt. Das Grundstück lieb ja auch immer bei diesem Freeholder und war nicht Teil des Eigentums an dem Grundstück. Und man musste auch regelmäßig Pach bezahlen, wodurch man dann ja immer wieder daran erinnert wurde, dass man da eigentlich nur temporär wohnt.
Irgendwie ist der Tisch ein bisschen klein. Ja, gegen Ende des 19. Jahrhunderts kreimte dann aber auch in London langsam das Bewusstsein auf, dass man nicht alle Probleme mit den privaten Projektentwicklern in den Griff bekommen kann.
Zum Beispiel das Problem der Slums, die sich zu dieser Zeit ziemlich ausgiebig ausgebreitet haben. Das hier ist so eine Karte von Charles Booth. Da sieht man diese dunklen, blauen und schwarzen Bereiche. Das sind die Bereiche, wo, wie es dann heißt, zum Beispiel die lowest class, vicious und semi-criminal lebt.
Und die Eigentümer dieser Slums, die machten natürlich ein prima Geschäft mit der Vermietung von ihren heruntergekommenen Häusern und sahen überhaupt keinen Anlass, das zu ändern, sodass da dann der soziale Wohnungsbau langsam nach London kam.
Hier sehen Sie in der Mitte so einen weißen Flag. Das ist der Ort, wo der erste soziale Wohnungsbau London entstanden ist.
Und zwar dezidiert, um den Slum loszuwerden, der sich dort vorher befand. So sah es dann aus. Der kommt im Heft auch vor. Das ist der sogenannte Boundary State. Wichtig ist dabei dann wiederum, dass das London County Council, das wir heute ja auch schon mehrfach erwähnt haben,
hier dann selbst als Anbieter von diesem Wohnraum aufgetreten ist. Auch als Bauherr und diese Wohnungen dann im Besitz hatte und vermietet hat und verwaltet hat. Also da wurden nicht andere Leute subventioniert, sondern das London County Council wurde selber Eigentümer
und wurde im Laufe der Zeit dann zu einem der größten Player auf dem Wohnungsmarkt in London. Ich habe das mal Slum Wrestling genannt, weil man sich irgendwie schon so vorstellen muss, dass man mit diesen Slums so richtig gekämpft hat. Jetzt gibt es einen ziemlichen Sprung nach vorne und wir sind da, wo auch die vielen Projekte,
die in diesem Feature erwähnt sind, herkommen, nämlich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. London war ja ziemlich stark von Bomben getroffen worden und es gab wie in vielen anderen Städten natürlich auch diese Haltung, dass man das jetzt mal nutzen kann, diese vielen Lücken, um da richtig gute Stadt zu machen und nicht diese schlechte Stadt, die man vorher hatte.
War ja im Prinzip nach dem Brand 1666 auch schon so, dass man eigentlich versucht hat, diese tabula rasa zu nutzen, um es besser zu machen als vorher. Und zunächst war die Verantwortung für den Wohnungsbau damals bei der Ingenieurabteilung.
Das zeigt auch schon, dass Wohnen eigentlich als Architekturaufgabe gar nicht so richtig ernst genommen wurde. Und erst 1951 ging das dann an die Architekturabteilung über. Und mit diesem Zeitpunkt gab es einen unglaublichen Qualitätsschub im Wohnungsbau in London.
Die Architekturabteilung, dieses Land County Council, die war extrem progressiv. Da arbeiteten junge, ambitionierte Architekten, die zum Beispiel nach Marseille mal gefahren sind, um sich die Unité anzuschauen und wie man hier sieht, das dann auch ziemlich direkt umgesetzt haben in diesem Projekt.
Und die haben allerdings nicht alles selber gebaut, sondern auch viel an externe Architekten vergeben. Aber dieses Land County Council hatte die Besonderheit, dass es einerseits Planungsbehörde war, andererseits Auftraggeber für den Wohnungsbau und dann in vielen Fällen eben auch noch das ausführende Architekturbüro.
Und damit ergab sich so die Möglichkeit, diese modernen Ideen ziemlich direkt und ohne große Abstriche umzusetzen. Das ist eine sehr besondere Situation in dieser Zeit. Das haben übrigens auch die Konservativen, die zwischenzeitlich mal an der Regierung waren, in dieser Zeit so mitgetragen, weil die Wohnungssituation einfach so miserabel war, dass keine Regierung sich das hätte leisten können, da nicht drauf einzugehen.
Die Intensität, mit der die öffentliche Hand da in das Wohnungsbau geschehen, in die Stadtproduktion und auch in die Eigentumsverhältnisse eingegriffen hat, hat aber, und da kommt dieses Setscher, war eigentlich schon immer da,
sie hat schon eigentlich konstant ziemliche Kritik hervorgerufen, hat ziemliche Widerstände erzeugt und war eigentlich immer Thema politischer Konflikte und Diskussionen und es gab dann auch von Seiten der Konservativen
vor allem dann Programme, die auch Leute förderten, die zum Beispiel Eigentum erwerben wollten, so dass dieser soziale Wohnungsbau eigentlich auch nur eine sehr kurze Zeit wirklich das Hauptaugenmerk der Wohnungspolitik bekam. Ich zeige jetzt hier nochmal ein paar von diesen Projekten, einfach um nochmal in Erinnerung zu rufen,
in welcher Liga die Architekturabteilung zu dieser Zeit eigentlich gespielt hat und wie moderne Projekte da eigentlich auch verwirklicht wurden und wie viele wirklich neue Ansätze umgesetzt wurden. Hier zum Beispiel dieses Haus mit so einem Schmetterlingsgrundriss und so einzelnen Wohntürmen, die alle nach der Sonne ausgerichtet sind.
Dann der schon erwähnte Trailock Tower, der heute so eine ganz große ikonische Qualität hat. Robin Hood Gardens, das haben vielleicht auch einige mitgekriegt, das ist ein Projekt, das heute eventuell abgerissen werden soll,
aber auch eine sehr hohe architektonische Qualität hat, finde ich. Und hier sieht man nochmal, dass diese Projekte eigentlich so eine architektonische Ausstrahlung haben, dass wir die heute gerne benutzen, um unser Leben damit zu verschönern, sei es indem wir uns einen Rock anziehen,
wo so ein Fassadenmuster drauf ist, gibt es auch als Sofakissen. Dann gibt es hier diese ganze Serie von Tellern und Tassen, zum Beispiel auch mit Fassadenmuster oder so T-Shirts, die eine Skaterfirma vertreibt. Es gibt auch unendlich viele Musikvideos, die diese Gebäude als Hintergrund benutzen und die immer darauf abziehen,
dass man natürlich erkennt, welches Gebäude das ist und versteht, welche Symbolik das auch mit sich trägt. Der Niedergang dieser ganzen Wohnungsbauarchitektur begann eigentlich 1965, da trat die sogenannte Borough-Reform in Kraft
und dieses London County Council wurde mit den umliegenden Boroughs verschmolzen zum Greater London Council. Das Kalkül war ein bisschen, dass man da diese starke Labour-Dominierung endlich mal abschwächt, wenn man mehr suburbane Gebiete dabei hat. Das hat zunächst so nicht funktioniert, aber man hat trotzdem die Macht dieser Institution sehr stark beschnitten, gerade im Bauen,
denn die Architekturabteilung oder überhaupt dieses Greater London Council, das war nicht mehr die übergeordnete Planungsinstanz. Das heißt, die mussten sich mit den einzelnen Boroughs jetzt ins Benehmen setzen, wenn sie Wohnungsbau machen wollten, mit denen verhandeln
und es kam dann eben dazu, dass es Boroughs gab, wie hier in Sadak, die ganz andere Ziele hatten, die interessierte gute Architektur nicht so sehr, die waren eher daran interessiert, viele Wohnungen möglichst schnell fertigzustellen, damit sie eben vielen Leuten ein neues Zuhause geben konnten.
Und damit begann eine ganz starke Diskreditierung auch von diesem sozialen Wohnungsbau. Es gab dann noch ein Unglück, wo ein Hochhaus aus solchen Fertigteilen teilweise eingestürzt ist und einige Menschen zu Tode kamen
und man dann irgendwie anfing zu denken, dass diese Art des sozialen Wohnungsbaus doch nicht gut ist, dass die Architektur, die da entsteht, nicht gut ist und dass damit eigentlich der ganze soziale Wohnungsbau so nicht mehr weiterverfolgt werden sollte. Mit der Übernahme der Regierung von Marit Thatcher war das dann auch politischer Konsens.
Die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus wurde quasi über Nacht total eingestellt. Die Projekte, die angefangen wurden, baute man noch zu Ende, aber ansonsten lief da nicht mehr viel. Die Vorstellung war logischerweise im Neoliberalismus, dass dann der private Sektor stärker in den Wohnungsbau einsteigt
und ich zeige Ihnen diese ein bisschen dröge Grafik hier, da ist sozusagen der Zeitpunkt, wo Thatcher kommt, dass der private Sektor nämlich überhaupt nicht in der Lage war, offensichtlich diese Lücke auszufüllen. Auf jeden Fall ist die Wohnungsbautätigkeit in dem Bereich nicht gestiegen.
Was Thatcher dann auch machte, sie schuf sofort ein Programm, um die Bestände des sozialen Wohnungsbaus zu privatisieren, an die Bewohner, also ganz kleinteilig, weit unter Marktwert und ziemlich bald danach war es dann auch soweit,
dass die Bestände dieses Greater London Councils an die einzelnen Borrowes übergeben wurden, die das dann dezentral organisierten und verwalteten und damit zum Beispiel das Umziehen von einem Teil der Stadt in einen anderen erheblich erschwerten.
An dieser Grafik sieht man nochmal, und dann höre ich auch mit solchen Grafiken, dass die Kosten für die Wohnungsversorgung insgesamt gar nicht gesunken sind. Diese Linie ist hier die Kosten, die direkt für den kommunalen Wohnungsbau entstehen, die sind schon gesunken, aber hier sieht man parallel dazu, dass das Wohngeld, die Ausgaben für Wohngeld sich verdreifacht haben,
die kommen aber aus einem anderen Topf und insofern konnte man schon immer sagen, ja wir haben hier Geld gespart und eine solide Finanzpolitik gemacht. Andere Sachen tauchen gar nicht in der Kalkulation auf, Sachen, wie heißt es, entgangene Einnahmenkosten, die dadurch entstehen.
Hier zum Beispiel, das ist die Steuererleichterung, die man auf die Zinsen seiner Hypothek bekommt, die taucht nicht als Ausgabe auf, weil sie nach englischem Buchhaltungsverständnis eben keine Ausgabe ist.
Was man finde ich auch in dieser Thatcher-Ära sehr gut sieht, ist, dass man zwar eigentlich anstrebte, den privaten Sektor stärker mit dem Wohnungsbau zu betrauen, dass der private Sektor aber ganz offensichtlich mit der Aufgabe, in so einer großen Stadt wie London tätig zu werden, nicht so richtig zurecht kam. Die haben ihre suburbanen und ländlichen Typologien einfach in die Stadt transferiert.
Und wenn Sie heute durch die Docklands laufen, was ja das große Stadtentwicklungsprojekt dieser Zeit war, dann sehen Sie, dass es ganz, ganz viele Teile in diesem Quartier gibt, die unglaublich wenig dicht bebaut sind, wo unglaublich winzige Häuser stehen und man sich fragt, wie kommt es eigentlich, dass man in so einer Lage so baut?
Und da würde ich sagen, das kommt eben daher, dass der private Sektor gar nicht darauf eingestellt war, in wirklich hochurbanen Gebieten tätig zu sein. Dann kam Tony Blair, der auch öffentlichkeitswirksam und medienbewusst wie er war,
seine erste Rede außerhalb des Parlaments in einem sozialen Wohnungsbaugebiet hielt, nämlich in Southwark, das ist dieses Gebiet, was ich Ihnen vorher schon mal gezeigt habe, und sagte, ja, ihr seid die vergessenen Menschen unserer Gesellschaft, euch wollen wir helfen, das darf nicht passieren.
Man erwartete dann, dass er dem sozialen Wohnungsbau wieder mehr Bedeutung geben würde, dass er dafür sorgen würde, dass es Geld da ist, um diese runtergekommenen Quartiere zu sanieren und generell die Rolle der öffentlichen Hand als Bauherr wieder zu stärken. Tatsächlich, das ist jetzt ein bisschen polemisch vielleicht,
aber tatsächlich hat er eigentlich genau die gleiche Strategie verfolgt wie Thatcher auch schon, nämlich der soziale Wohnungsbau wird an private Firmen ausgelagert, die heißen dann zwar registered social landlords, aber de facto sind das private Firmen, die gewinnorientiert wirtschaften müssen, weil sie sonst eben pleite gehen.
Und er hat auch die ganze Struktur der Wohnungsbauförderung so ausgelegt, dass der Bestand, wenn er denn nicht voll ins runterkommen soll, eigentlich auch an diese registered social landlords übergeben werden muss,
selbst wenn die Bewohner das nicht wollen, die müssen dem zustimmen, aber es gibt dann Wege und Mitte, das auch zu übertragen, wenn die Bewohner sich dezidiert dagegen entschieden haben. Die öffentliche Hand als Bauherr wurde unter Blair mitnichten gestärkt, sondern ist darauf angewiesen, über Verhandlungen mit Investoren Gebäude zu bekommen,
in denen sie dann öffentliche Einrichtungen betreiben kann. Wir gucken da manchmal so ein bisschen fasziniert drauf und denken, dass Instrumente wie public private partnerships oder, was sich noch ein bisschen schicker anhört, private finance initiatives,
build and design und so weiter, dass das irgendwie gute Methoden sind, um öffentliche Infrastruktur aufrecht zu erhalten, ohne direkt investieren zu müssen, aber ich denke, das ist ein Fehlschluss und wenn man mal sich Londoner Infrastruktur längere Zeit ausgesetzt hat, dann weiß man auch warum.
Einzelne gute Projekte sind natürlich in dieser Zeit entstanden, wie zum Beispiel die Ideastores, die tatsächlich, soweit ich das beurteilen kann, den lokalen Menschen zugutekommen, die da wohnen, die gut gebaut sind, die ein gutes Konzept haben, aber die meisten dieser PPP oder PFI Projekte,
die sind echt schlecht entworfen und schlecht gebaut. Es gibt ein sehr schönes Buch von Owen Heatherly, das heißt The Guide to the New Ruins of Great Britain, da sind diese Projekte in aller Ausführlichkeit beschrieben.
Es gibt auch ein paar geglückte Sanierungsprojekte, muss man sagen, aus dieser Zeit hier, das ist der Umbau so eines klassischen Estates mit Deckerschließung und Garagen im Erdgeschoss. Da ist eine sehr gute und umfassende Bewohnerbeteiligung gemacht worden und man hat, was sehr selten ist, das Ganze umgebaut.
Meistens wird nicht umgebaut, sondern der Bestand wird einfach abgerissen und was Neues gebaut. Und wie man sich denken kann, ist das Neue tatsächlich selten besser als das Alte. Und ein Beispiel hierfür, ich glaube, ihr zeigt gar nicht,
was da jetzt steht statt der Pimlico School, aber das ist so ein Beispiel, das ist in diesem Heft auch sehr schön ausführlich dargestellt, wo einfach ein gutes Gebäude durch ein schlechtes ersetzt wurde. Ich finde das ziemlich erstaunlich, mit welcher Vehemenz man sich zum Teil versucht, diese Architektur der 50er, 60er und auch noch 70er Jahre zu entledigen.
Das ist fast manchmal, wie es bei uns mit den Zeugnissen der DDR-Vergangenheit ist, wo man denkt, das darf gar nicht sein, dass das gute Architektur ist oder so. Und so habe ich hier manchmal das Gefühl, dass die Qualität, die diese Bauten haben, so provokant ist, dass man sie dann lieber los wird,
weil man weiß, man kann das heute sowieso nicht mehr erreichen. Ein ganz interessantes Phänomen finde ich auch, dass die Frage der Qualität unter Blair an eine extra Organisation ausgelagert wurde. CAPE ist inzwischen von der neuen Regierung abgeschafft worden. CAPE hatte die Aufgabe, die Designqualität im Bauen zu steigern.
Natürlich nicht, indem man den Leuten Vorschriften macht, sondern indem man irgendwelche Anreize schafft. CAPE hat auch sehr viel sich damit beschäftigt, wie man eben diesen kommerziellen Massenwohnungsbau auf ein zumindest vernünftiges Niveau heben kann und hat dann diese Untersuchung gemacht,
die ich immer noch ziemlich schockierend finde, wenn man sich anguckt, dass also 18 Prozent aller Neubauprojekte in London von 2001 bis 2006 gut oder sehr gut sind. Das ist weniger als ein Fünftel. Und 50 Prozent sind Durchschnitt. Und Durchschnitt, das ist
also das ist echt ein Euphemismus für eigentlich vollkommen unbrauchbar. Das sind Bilder aus dem Horrorkabinett des Kommerziellen Wohnungsbaus, die ein CAPE-Mitarbeiter immer in seinen Präsentationen zeigte
und die ich hier auch nochmal zeigen möchte, weil das tatsächlich das ist, über was wir auch unter Blair reden, wenn wir vom Massenwohnungsbau reden. Ja, ich habe mich oft gefragt, wie es eigentlich kommt,
dass diese kommerziellen Wohnungsbauer es nicht schaffen, Wohnungsbau im städtischen Kontext zu machen, der dem entspricht, was die Leute sich eigentlich wünschen. Also eigentlich will niemand darin wohnen, jedenfalls niemand, niemand, den ich kenne. Und trotzdem kaufen alle diese Häuser,
trotzdem werden die produziert und trotzdem gehen diese Wohnungsanbieter auch nicht pleite. Ich habe dann eine kleine Reise unternommen mit meinem damaligen Kollegen Martin Kohler und wir haben uns überlegt, dass wir vielleicht rausfinden können, wie diese Firmen so ticken, wenn wir mal angucken,
wie denn die Hauptsitze aussehen, in denen die sich niedergelassen haben. Man muss wissen, die zehn größten Firmen haben einen Marktanteil von ungefähr 50 Prozent. Also jede zweite Wohneinheit in England wird von einer dieser Firmen gebaut und die drei größten haben einen Marktanteil von fast 30 Prozent. Also das ist schon eine ziemliche Gestaltungsmacht in so einem Land.
Und ich zeige Ihnen jetzt mal kommentarlos. Hier sieht man noch die Route, die wir gefahren sind. Was man auch sehr schön an dieser Karte sieht, ist, dass die Standortentscheidungen dieser Unternehmen so sind, wie die von Logistikunternehmen und nicht wie von jemandem,
der sich irgendwie in einem interessanten Umfeld niederlassen möchte. Hier kommen Sie. Ach so, es ist jetzt ein PDF und hat keine Automatik mehr. Also mache ich es doch von Hand.
Der stand da wirklich so. In Google Earth steht er übrigens auch da.
Unsere Antwort war nach dieser Reise, dass diese Leute offensichtlich gar nicht wissen können, wie man in der Stadt eigentlich so lebt. Und das kann man, fanden wir eigentlich schon daran sehen, wie sie sich selber behausen. Die neue Parole heißt jetzt Localism.
Da will ich gar nicht mehr viel zu sagen. Im Prinzip ist es nicht Thatcher light, sondern Thatcher heavy. Nämlich noch mehr Kommerz, noch weniger Steuerung. Und ich denke, nachdem jetzt alles back to normal ist und man sich bei der Stadtproduktion wieder
auf die Dienste der kommerziellen Projektentwickler verlässt, haben wir eigentlich wenig Anlass zu der Hoffnung, dass diese Phase der LCC-Architekturabteilung irgendwie doch mehr sein könnte als eine Anomalie. Das Einzige, was wir wahrscheinlich tun können, ist dafür zu sorgen, dass die Bauten aus dieser Zeit nicht völlig verschwinden.