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Das bürgerliche Brauwesen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit

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Das bürgerliche Brauwesen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit
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CC Attribution 3.0 Germany:
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Production Year2021
Production PlaceHannover

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Abstract
Das Braudielenhaus, wie es bis in das 17. Jahrhundert zum Hausbrauen der brauberechtigten Bürger verwendet wurde, ist keineswegs ein auf Einbeck begrenztes Phänomen. Seine Verbreitung erstreckte sich über den gesamten mitteleuropäischen Raum. Als besonderer Bautypus war das Braudielenhaus auch in Goslar vertreten. Am Beispiel der Bier- und Hansestadt Einbeck mit ihren 723 Hausstellen mit Braugerechtigkeit noch im Jahr 1616 wird diese Einwicklung von den Anfängen bis zur Einrichtung fester Brauhäuser beschrieben. Das Braudielenhaus löste seit dem 14. Jahrhundert ältere, mittelalterliche Hausformen wie den Saalgeschossbau und Zwischenformen wie das Vorderhaus mit Kemenate nach und nach ab. Wie funktionierte dieses Haus, wo wurde das Braumalz gedarrt, wo wurde der Sud gebraut, wo fand die Gärung statt, wo kochte und wohnte die Familie des Brauers? Der Hausbestand in Einbeck mit rund 100 erhaltenen Braudielenhäusern, 50 Dachwerken und 500 Gewölbekellern gibt den Blick frei auf den bürgerlichen Reichtum, bevor die Landesherren und der Dreißigjährige Krieg im 16./17. Jahrhundert diese Phase bürgerlichen Reichtums beendeten.
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Engineering drawing
Transcript: German(auto-generated)
Herzlich willkommen beim Goslarer Geschichtsverein zur Online-Version eines Vortrages, den ich Ihnen gerne live am 19. November 2020 im Kreishaus in Goslar präsentiert hätte. Wir möchten Sie nicht verdrösten, bis Theater, Kinos und Hörsäle wieder geöffnet haben.
Also machen wir aus der Not eine Tugend und wir steigen hier ein. Wir steigen um auf die für uns alle noch sehr ungewohnte Form einer Videopräsentation. Das hat aber auch gewaltige Nachteile. Ich kann Sie zum Beispiel nicht sehen. Sie können auch keine Frage stellen und keine Hinweise geben.
Und es ist auch anstrengend. Deshalb habe ich Ihnen im Anhang neben einer Auswahl der verwendeten Literatur auch meine Kontaktdaten hinterlegt. Scheuen Sie sich also nicht, mir eine Mail zu senden. Auch können Sie die im Hintergrund laufende PowerPoint-Präsentation herunterladen. Das gleiche gilt für die PDF-Version meines Redemanuskriptes.
Oder Sie schauen und hören einfach nur herein. Ich habe den Vortrag dafür in leichter verträgliche Portionen von zusammen rund 90 Minuten unterteilt. Den Abschluss bildet ein kurzes Resümee. Was ich aufgrund des mehrfach verschärften Lockdowns leider nicht mehr umsetzen konnte,
das ist die Einfügung von Filmsequenzen aus den Dachwerken und den Kellern in Einbeck. Die Vorbereitung der Ortstermine, die Produktion vor Ort und der Schnitt im Anschluss wären unter den gegenwärtigen Bedingungen des Homeoffice einfach zu aufwendig geworden. Sollten Sie tiefer einsteigen wollen, so kann ich Ihnen neben den Literaturhinweisen
die zusammenfassende Darstellung des historischen Hausbaus der Stadt Einbeck in Band 7.3 der Denkmaltopographie von 2017 empfehlen. Dort werden komprimiert auf fast 100 Seiten alle Facetten der Dielenhäuser reich illustriert behandelt.
Was erwartet Sie in den folgenden rund 90 Minuten? Als Bauhistoriker und Denkmalpfleger beschäftige ich mich primär mit den materiellen Hinterlassenschaften, bei denen es sich oft nur um Relikte und Spuren handelt, die für sich alleine noch gar nicht mal aussagekräftig sind. Wir werden uns auf die Suche nach diesen Relikten und Spuren für das bürgerliche Haus brauen
in der Blütezeit der Europäischen Stadt, also vom 14. bis 17. Jahrhundert machen. Diese Zeit des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit war sehr eng verknüpft mit der in Norddeutschland dominierenden Hausform des Dielenhauses.
Am Beispiel der Stadt Einbeck mit Querverweisen auch auf Goslar und Lübeck möchte ich Sie mit den Abläufen in einem Braudielenhaus vertraut machen, von der Zubereitung und Einlagerung des Braumalzes über das eigentliche Brauen bis zur Abfüllung und Lagerung der Fässer.
Warum am Beispiel der Stadt Einbeck? In keiner anderen Stadt waren Bürgerrechte und Braurechte so eng und so lange miteinander verknüpft. Die Anzahl von bis zu 723 bürgerlichen Hausstellen mit Braugerechtigkeit im 16. und frühen 17. Jahrhundert übertrifft alles, was wir anderen Orts kennen.
Und das bei einer Gesamtzahl von bis zu 1189 bürgerlichen Hausstätten bei circa 5.000 bis 6.000 Einwohnern. Von den zugehörigen Häusern aus dem Mittelalter haben sich umfangreiche Reste zumindest in der Keller-Ebene oder in diversen Brandhorizonten erhalten.
Im Aufgehenden zeugen rund 150 Häuser von der Spätphase des Dielenhauses nach den großen Stadtbränden zwischen 1540 und 1641. Dieser mehr oder weniger stark überformte Bestand erschließt sich uns nicht unmittelbar.
Erst nach einer flächendeckenden Neunacherfassung bis 2008 können wir nun die Spuren und Relikte besser einordnen. Die wesentlich tiefer gehende Untersuchung weniger Einzelobjekte kann die vergleichende Untersuchung aller Objekte ergänzen, aber nicht ersetzen.
Standardlösungen und Entwicklungslinien können wesentlich besser herausgearbeitet und von Sonderlösungen unterschieden werden, wenn wir aus einem umfassenden Fundus schöpfen können. Erst in der Verknüpfung von Befunden, der Archäologie und der Hausforschung
mit den historischen Schrift- und Bildquellen entsteht eine Vorstellung von den Abläufen in einem Braudielenhaus des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Bevor wir uns auf Spurensuche durch die Häuser begeben werden, bedarf es einiger einführender Worte zu den rechtlichen, sozialen und natürlichen Rahmenbedingungen,
unter denen in den Städten Norddeutschlands gebraut wurde. Eine Klärung der Begrifflichkeiten ist zwingend notwendig. Sie offenbart auch unsere Lücken in der Überlieferung. Grundsätzlich werde ich nicht die oft lokal gefährten Begriffe der mittelniederdeutschen Verkehrssprache verwenden,
wie sie uns in den norddeutschen Schriftquellen entgegentreten. Stattdessen wähle ich die neuhochdeutschen Begriffe, also Hefe statt Dest, Reie statt Riege, Bottich statt Bodden oder Röhre statt Piepe. Das funktioniert aber nicht immer.
Für manch einen Gegenstand gibt es eben keine adäquate moderne Übersetzung, so für die Schierstöcke und das Raucheteil, wie wir gleich sehen werden. Wir beginnen unsere Einführung mit den beiden Begriffen Vollbürger und Brauer,
die mancherorts über Jahrhunderte synonym verwendet wurden. Der Prozess der Stadtwerdung im hohen Mittelalter war nur möglich, indem zuvor von den Klöstern und Stiften ausgeübte Rechte wie das Schank und auch das Braurecht als bürgerliche Nahrung abgetreten und in die Stadt- und Bürgerrechte übertragen wurden.
Brau- und Bürgerrechte waren also auf das allerängste miteinander verknüpft. Das große und volle Bürgerrecht beinhaltete alle Rechten und Pflichten ungeachtet der sozialen Herkunft. Dieser mittelalterliche Rechtsgrundsatz der Chancengleichheit beim Nahrungserwerb war in Einbeck auffallend lange präsent.
Dies offenbart natürlich auch eine Strukturschwäche im Wirtschaftsleben dieser Stadt. Nicht zuletzt die ausgewogene Verteilung der Stimmrechte unter den ratsfähigen Gilden
verhinderte in Einbeck soziale Unruhen im Kampf um die Teilhabe an den Brau- und Bürgerrechten. Alle persönlichen Wettbewerbsvorteile durch kapitalkräftige Bürger und Brauer wurden in Einbeck über die städtischen Statuten frühzeitig so weit wie möglich ausgeschlossen.
Im Jahr 1576 überstimmten die Vertreter der vier ärmeren Gilden die Vertreter der beiden reichen Gilden, als es darum ging, die Anzahl der zulässigen Gebräue pro Jahr und Brauer zu reduzieren. Fortan wurde aufgrund des sinkenden Absatzes die Anzahl von zwei auf eins reduziert.
Stark steigende Getreidepreise führten zu sinkender Kaufkraft und Rückgang der Nachfrage. Verschärfen kam der Bierstreit mit dem regierenden Herzog über die Absatzmärkte hinzu. Mit Rücksicht auf die ärmeren Bürger und Brauer wurden Angebot und Nachfrage reguliert.
Die reichen Brauer mit ihren geräumigen Lagerkellern und ihrem direkten Zugriff auf die Kornüberschüsse ihrer Meier auf den Dörfern konnten ihre kapitalschwache Konkurrenz nicht in dem Maße verdrängen, wie es andernorts sehr wohl geschehen ist.
Die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen war in anderen Städten schon im späten Mittelalter immer wieder Grund für soziale Unruhen und Aufstände. Die Stadt als Bürgergemeinde war in der Rechtsauffassung des Mittelalters vor allem ein Zusammenschluss der Grundbesitzer mit gleichen Rechten und Pflichten.
Das Braurecht und das damit zusammenhängende Brauwesen war das Gemeingut aller Bürger. Fast alle Wirtschaftszweige einer Stadt profitierten vom Brauen. Die Leineweber, die feingewebte Filtergase für die Leutervorgänge produzierten, die Fuhrleute, die Getreide hopfen, Brennholz und Fässer transportierten,
die Müller, die das Malz schroteten, die Küfer und Fassbinder, die Bottiche und Fässer herstellten, die Kupferschmiede, die für Braupfannen und Kühlfässer sorgten, die Maurer und Zimmerleute, die Pfannenherd, Bierkeller und Brandgiebel ausbauten,
die Wirte, die das Bier ausschenkten und nicht zuletzt die vom Rat bestellten Braumeister, Braugnächte, Zuschläger und Feuervisitator. Alle profitierten direkt oder indirekt vom Brauwesen, solange der Kreis der Bebraugerechtigten nicht allzu stark eingeschränkt wurde.
Das Braurecht war aber nicht nur persönlich definiert, sondern als Realgewerberecht auch dinglich mit einer Liegenschaft verbunden. Die Hausstätte des Vollbürgers musste zum Kreis der brauberechtigten Stammgrundstücke einer Stadt gehören.
Das Recht galt nur auf einer Braustelle, gleichbedeutend wird der Begriff Brauhaus verwendet. Solange die Braunahrung aller Brauberechtigten gesichert war, konnte die Anzahl der Braustellen durchaus wachsen. Das war immer dann der Fall, wenn die vorhandenen Braustellen den lokalen Bedarf nicht befriedigen konnten.
Als alle Stammgrundstücke innerhalb der Bürgerstadt vergeben waren und zunehmend gewerblich über den Bedarf der Stadt hinaus produziert wurde, trat eine Änderung ein. Die Anzahl der brauberechtigten Grundstücke und Bürger wurde eingefroren oder sogar zurückgefahren.
Auch in Einbeck wurde der Kreis der alteingesessenen Grundbesitzer mit vollem Bürgerrecht im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts geschlossen. 1401 taucht in den Schriftquellen erstmals für Einbeck die Bezeichnung Bude für eine Hausstätte minderen Rechtsauf.
Zu diesem Zeitpunkt waren in vielen anderen norddeutschen Städten die Anzahl der brauberechtigten Hausstätten bereits wieder rückläufig. Im Zuge einer spätmittelalterlichen Nachverdichtung wurden Baulücken geschlossen und in den bislang unbebauten Randlagen, sowie auch rückwärtig auf den großen Stammgrundstücken,
entstanden die sogenannten Buden für nachrückende Bewohnerschichten. Die Karte mit der Verteilung der Brauhäuser und Buden innerhalb der Stadtmauern von Einbeck zeigt zwar den Stand in der Mitte des 18. Jahrhunderts,
dennoch vermittelt die Karte ein grundsätzlich stimmiges Bild. Die Brauhäuser konzentrierten sich an den Haupt- und den Torstraßen, während sich die Buden überwiegend auf die Nebenstraßen verteilen. Spätestens mit dem Ende des Hausbrauens im 17. Jahrhundert war der Unterschied zwischen einer Bude und einem Brauhaus nicht mehr offensichtlich,
schon von außen an der baulichen Struktur festzumachen. Im 15. und 16. Jahrhundert gab es viele Gründe, warum sich Buden als kleine Wohnhäuser von den Brauhäusern unterschieden, und das völlig unabhängig von der fehlenden Brauberechtigung.
Aufgrund der schwer erschließbaren und der abgelegenen Grundstücke waren die kleinen Höfe der Buden meist auch nicht befahrbar. Der hohe Grundwasserstand in den bislang nicht bebauten Randlagen ermöglichte auch keine Kellern. Als Hausstätte minderen Rechts waren für deren Bewohner die Brennholznutzung sowie
die Weideberechtigung auf den statteigenen Wald- und Hudeflächen stark eingeschränkt. Die geringe Kapitalkraft vieler Bödener verhinderte auch den Bau und die Nutzung von Gewölbekellern und Speicherstockwerken. Der Standardgrundriss eines Braudielenhauses ließ sich auch nicht unendlich reduzieren.
Häuser wie Tidexerstraße 26 von 1541 mit Grundflächen von rund 100 Quadratmetern oder 6 mal 16 Metern bildeten das untere Limit. Die kleineren Buden wiesen Grundflächen von lediglich 50 Quadratmeter oder 5 mal 10 Metern auf.
Derartige Größenordnungen ließen nur zwei Raumtiefe Häuser zu. Meist eine Stube über einem Balken gedeckten Keller und eine hohe Diele mit Herdstelle im Erdgeschoss. Im Ober- und Dachgeschoss konnten allenfalls zusätzliche Schlafkammern liegen. Im Aufgehenden haben sich solche Beispiele in Einberg aus dem 15. oder 16. Jahrhundert nicht erhalten.
Eine rückwärtige Budenreihe aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, wie im Bild aus dem benachbarten Nordheim, vermittelt zumindest einen Eindruck. Ab 1700 spielte die Unterscheidung, funktional und auch sozial, oft keine allzu große Rolle mehr.
In den Quellen wird dann auch folgerichtig nur noch von Braustellen und Kotstellen gesprochen. Ich zeige Ihnen als Beispiel im Gegenüber die Braustelle Höheren Nummer 9 von 1738 links
und die Kotstelle Höheren 3 aus der gleichen Zeit, die sich zumindest äußerlich nicht unterscheiden. Das nächste Begriff, mit dem wir uns jetzt zuwenden, bezeichnet die beiden Haustypen, das Dielenhaus und das Brauhaus.
Auch diese Begriffe sind nur bedingt austauschbar. Das Dielenhaus bezeichnet einen in norddeutschen Städten seit dem 13. Jahrhundert verbreiteten Haustypus mit einer hohen Diele im Zentrum als kombiniertes Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Die Höhe der Diele sagt nichts darüber aus, wie die Rauchgase der Hersteller abgeführt wurden.
Von der befahrbaren und meist auch durchfahrbaren Diele wurden immer weitere Räume, Anbauten oder auch Hinterhäuser erschlossen. Sie dienten als rauffreie Stube und Kammer, als Keller oder auch als Speicher. Die zentrale und ebenerdige Diele bildete einen multifunktionalen Wirtschaftsraum mit einer direkt angeschlossenen oder auch integrierten Herdstelle.
Die Kombination mit einem mehrgeschossigen Steinwerk endete im 15. Jahrhundert. Im Zuge der starken Nachverdichtung im späten Mittelalter traten anstelle der Steinwerke die Seitenflüge.
Als Beispiel zeige ich Ihnen Tidexer Straße 44 in Einbeck. Der Seitenflügel vorne rechts im Bild entstand zeitgleich 1544 zusammen mit dem Vorderhaus hinten im Bild. Die Seitenflüge sind überwiegend unterkellert und liegen auf der seitlichen Grundstücksfläche, Grundstücksgrenze.
Aufgrund der zunehmenden Dichte der Bebauung hatten Seitenflüge deutliche Vorteile. Zum einen eine geschlossene Brandwand zum Nachbar und zum anderen eine Erschließung und Belichtung zum Innenhof.
Daneben existierten im 13. und 14. Jahrhundert als Haupt- und Vorderhäuser der Hausstellen zusätzliche Haustypen wie zum Beispiel der Saalgeschossbau. Dabei handelte es sich um meist zwei- bis dreigeschossige oft nur einen Raum tiefe Massivbauten mit Saalfunktion im Obergeschoss.
Sie wurden von den Führungseliten aus der Frühzeit der Stadtwerdung gebaut und bewohnt. In Einbeck findet sich davon lediglich ein Giebe in Zweitverwendung als Brandwand zwischen den Häusern Marksstraße 12 und 14.
In Goslar wurde der letzte Vertreter dieser Saalgeschossbauten Mark Kirchhof 1 aus der Mitte des 13. Jahrhunderts im Jahre 1906 durch Brand zerstört. Der Saalgeschossbau ist kein Dielenhaus. Kommen wir zum Begriff Brauhaus. Neben der rechtlichen Bedeutung als Hausstelle mit Brauberechtigung gibt es in den Quellen auch die Bedeutung als Bau- und Funktionstyp.
Dabei muss Brauhaus nicht zwingend ein eigenständiges Haus bedeuten, sondern kann sich auch auf Hausteile oder Anbauten an die Dielenhäuser beziehen. Brauhäuser in diesem funktionalen Sinn sind reine Wirtschaftsgebäude, die überwiegend oder ausschließlich den Brauen dienten.
Derartige Brauhäuser wurden von der bürgerlichen Oberschicht erbaut und genutzt. Das rückwärtige massive Gebäude auf der Hausstelle 36 in Einbeck, das ich Ihnen als
Beispiel zeige, könnte ursprünglich als Brauhaus wie das reiche Dielenhaus von 1550 gedient haben. Aber es ging auch anders. Der vermögende Einbecker Bürger Dietrich Raven kaufte zum Beispiel 1562 eine zweite Braustelle mit Brau-Dielenhaus in der Nachbarschaft seines Hauses am Marktplatz.
Dieses hinzugekaufte Brau-Dielenhaus an der Knochenhauer Straße wurde als reines Brauhaus im engeren Sinne verwendet. Die Benutzung einer fest installierten eigenen Braufanne war ein gewichtiger Grund zur
Separierung. Hinzu trat die bewusste und gewollte Trennung von Wirtschaften und Wohnen. Natürlich waren Brauhäuser schon weit früher innerhalb der klösterlichen Gemeinschaften bekannt, aber erst im 16. Jahrhundert wurden sie zu einer ernsthaften Gefahr für das bürgerliche Brauwesen der Städte.
Um die kommunale Selbstverwaltung und die Macht der Städtebündnisse einzudämmen, waren den fürstlichen Territorialherren alle mittelrecht. Viele Landesherren der 16. Jahrhunderts versuchten daher, die wirtschaftliche und politische Macht der Städte zu brechen, indem sie das städtische Brauwesen schädigten.
Auslöser des Bierstreites zwischen Einbeck und dem regierenden Herzog Philipp von Grubenhagen von 1569 bis 1579 war nicht nur die Abriegelung der stadtnahen Absatzmärkte. Der Herzog stieg selbst in die nicht standesgemäße Bierproduktion ein.
Der Bau eines im Kern bis heute erhaltenen Brauhauses von 1569 auf dem ehemaligen Amtshof in Rotenkirchen, um das in Sichtweite der Stadt, das war mehr als eine Provokation. Die mehreren Ansicht von 1654 zeigt dieses Brauhaus mit einem qualmenen
Schornstein über Fürst, mit Lüftungsgauben im Dachwerk und einem Speicherstockwerk im Fachwerk. In Fürstverlängerung schließt ein weiteres Gebäude an, das 1586 erbaute Fürstenhaus. Ein Teil dieses Gebäudes diente als Erweiterung des Brauhauses.
Im Untergeschoss liegt der nur leicht eingetiefte, zweischiffige, kreuzgradgewölbte Braukeller. Ich zeige den aktuellen Zustand nach mehrfacher Umnutzung. Über dem erhaltenen Braukeller waren Malzböden und vermutlich auch eine Malzdarre in Verbindung mit den Backöfen angeordnet.
Oft wurde die Restwärme von Backöfen auch als Ersatz für einen Darofen verwendet. Diese Zweiteilung, hier die Malzzubereitung und dort der eigentliche Brauvorgang, vollzog sich also nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich, aber immer unter einem Dach.
Hiervon kündet auch das Amtsbrauhaus in Salz der Helden an der nördlichen Stadtgrenze von Einbeck, vor dem ich Ihnen nur zwei historische Abbildungen zeigen kann. Der 1764 am Fuß des Burgberges errichtete Neubau in massiver Bauweise wurde nämlich 1999 abgebrochen.
Der Grundriss zeigt die bereits kennengelernte Aufteilung. Auf der einen Seite die Keller mit Malzdiele und Melzerei, auf der anderen Seite die längsrechteckige Braufanne mit den verschiedenen Bottichen.
Mit Meichbottich, vom Meichbottich bis zu den flachen Kühlbottichen. Wenn Sie mehr über Amtsbrauhäuser erfahren möchten, dann empfehle ich den aktuellen Beitrag von Bernd Adam. Der Längsschnitt durch das Amtsbrauhaus von Stolzenau zeigt den Entwurfsplan von 1720.
Die Problematik des ständigen Wechsels zwischen Umfüllen, Läutern, Erhitzen, Abkühlen erforderte ein Arbeiten auch in der Vertikalen. Hierzu waren hohe Dielen und die Anordnung in mehreren Ebenen zwingend erforderlich. Und das nicht erst ab 1720. Auch Pumpen kamen dabei zum Einsatz.
Das währte so bis zur Einführung der industriellen Dampfbrauerei im späten 19. Jahrhundert. Der Grundriss des neuen Brauhauses auf dem Amtshof in Bodenteich von 1802 zeigt wie raumgreifend das Brauen war.
Unter der Malzdiele ganz links liegt auch der Bierkeller. Alle sich hier abzeichnenden Vorgänge mussten auch in einem bürgerlichen Braudielenhaus des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit untergebracht werden. Bei den Amtsbrauhäusern haben wir allerdings eine ungleich bessere Quellenlage.
An dem eigentlichen Herstellungsprozess eines gehopften Bieres sind über die Jahrhunderte keine gravierenden Änderungen eingetreten. Deshalb war dieser Blick auf die Amtsbrauhäuser auch hilfreich, um das bürgerliche Braudielenhaus besser verstehen zu können.
Kommen wir jetzt zu einer weiteren für das Verständnis wesentlichen Unterscheidung, nämlich zum Verhältnis der Bierproduktion in den Seestädten an Nord- und Ostsee zu der in den Binnenstädten. Die Aufstellung von Wolfgang Frontseck zum Malzverbrauch in diversen norddeutschen See- und Binnenstädten im 15. Jahrhundert macht deutlich,
wie sehr das Brauwesen der Städte von den Transportwegen abhing. Sie erklärt nicht die ungewöhnlich hohe Anzahl brauberechtigter Bürger in Einbeck. Wer im Mündungsbereich von Flüssen ein großes Einzugsgebiet hatte, war eindeutig im Vorteil.
Hamburg konnte über die Elbe aus den slawischen Eilzielegebieten im Wendland nicht nur Leinen, sondern auch Hopfen importieren. Über den Seeweg konnte der Export des Bieres außerdem kostengünstig und in Massen abgewickelt werden. Das bis nach England, Friesland, Holland, Seeland, Flandern verschiffte Hopfenbier
war gegenüber den heimischen Sorten, dem Ale und dem Grutbier, deutlich überlegen. Sowohl so schmacklich, in der Haltbarkeit, aber auch im Preis. Es dauerte rund 100 Jahre, von der Mitte des 14. bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts, bis in diesen Ländern eine heimische Produktion gehopfter Biere aufgebaut werden konnte.
Ganz anders die Binnenstädte und vor allem jene wie Einbeck, die nicht an einem schiffbaren Fluss lagen. Hier musste der Handel über weite Strecken auf dem Landweg bewältigt werden. Das verteuerte das Bier erheblich. Gegenüber den exportorientierten und hauptgewerblich arbeitenden Brauern in den Seestädten
waren die Nebenerwerbsbrauer der Binnenstädte kleine Fische. Während sich in den Binnenstädten keine Brauerzünfte herausbildeten, waren die Berufsbrauer der Seestädte gut organisiert. In den Binnenstädten kontrollierte und reglementierte der Rat alle Phasen der Produktion und des Handels.
In den Seestädten herrschte eine völlig durchrationalisierte, frühkapitalistische Massenproduktion. Die Binnenstädte mussten daher im 19. Jahrhundert ihre Nischen finden.
Bier war eben nicht nur ein Massenartikel des täglichen Bedarfs. Nein, die Binnenstädte mit ihren streng gehüteten Bierrezepten erfanden ihre eigenen Marken. Nicht die Masse, sondern auch die Qualität und das Sozialprestige eines Bieres konnte über den wirtschaftlichen Erfolg entscheiden.
Braunschweig wurde mit der Mumme, Goslar mit der Gose und Hannover mit dem Bräuhaar recht erfolgreich. Bei Einbeck genügte der Namen der Stadt Einbecker, das Einböckig Bier oder kurz Bockbier. Die Hochphase des Einbeckerbieres lag deshalb auch in der zweiten Hälfte des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Als hochpreisiges Luxusbier war es an vielen europäischen Fürstenhöfen und in speziellen Schankstuben ihrem gleichen Namens in vielen großen Städten vertreten. Kommen wir nun noch kurz zu den Entwicklungsphasen im häuslichen Brauwesen einer Binnenstadt wie Einbeck.
Bier war über viele Jahrhunderte nämlich weit mehr als ein Genussmittel. Es konnte und wird bis heute als Hausmittel in der Krankenversorgung eingesetzt und es war fester Bestandteil des täglichen Bedarfs. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass in einem Gebäude die unterschiedlichsten Qualitäten erzeugt werden konnten,
also vom stark über das Mittel bis zum dünnen Bier. Nichts wurde verschenkt. Noch der letzte Auszug konnte als alkoholarmes Dünnbier für Kinder, Knechte, Megde oder als gewöhnlicher Durstlöcher konsumiert werden.
Je nach Berechnungsmethode kommen die Historiker zu einer recht großen Spannbreite beim Bierkonsum pro Kopf und Jahr. Die Zahlen schwanken zwischen 300 und 1000 bis zu 1000 Litern. Seriös und belastbar ist eine Größenordnung von 300 Litern Bier pro Kopf und Jahr Alter und Kinder eingerechnet.
In den norddeutschen Niederungsgebieten war der Zugriff auf sauberes Trinkwasser aus Grundwasserbrunnen oder Quellen eher die Ausnahme. Deshalb war die Flüssigkeitsaufnahme über das nahrhafte und auch keimfreie Bier von existenzieller Bedeutung. Der enorme Aufwand für ein Gebräu war für einen bürgerlichen Haushalt nur auf Vorrat zu bewerkstelligen.
Dabei stellte man schnell fest, je größer ein Gebräu war, umso besser wurde das Ergebnis. Es wurde also immer über den aktuellen Eigenbedarf hinaus produziert. Die beschränkte Haltbarkeit des Bieres setzte eine Vorratshaltung aber enge Grenzen.
Was lag da näher, als sich mit den Nachbarn abzustimmen? Der Weg zum Handeln mit den Überschüssen war also recht kurz. Die erste Entwicklungsphase, nämlich das häusliche Brauen zur Selbstversorgung, bezog sich nicht auf einen Haushalt, sondern auf eine Nachbarschaft, ein Quartier oder eine Stadt.
Die zweite Entwicklungsphase, nämlich das häusliche Brauen im Nebengewerbe, war die natürliche und fast nahtlose Folge. Sie setzte bereits im 13. Jahrhundert ein und hielt sich in den Binnenstädten teilweise bis in das 17. Jahrhundert. Bereits ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigten sich in Einbeck Absatzprobleme.
Die produzierten Mengen konnten nicht mehr abgesetzt werden. Auch der Bau von großen Lagerkellern unter den Braudielen der Vorderhäuser änderte daran nichts. Einbeck verknüpfte die Produktionsmenge mit dem Absatz, indem das sogenannte Reihe Brauen 1591 eingeführt wurde.
Die meisten der anderen Binnenstädte folgten dem Einbeckerbeispiel. Auch schon zuvor wurde in Einbeck in einer ausgelosten Reihe mit mehreren Braufannen gearbeitet. Ab 1591 blieb die Reihe aber nicht mehr auf eine Brauperiode oder ein Jahr begrenzt.
Gebraut wurde nur noch, wenn das Bier des Vorgängers in der Reihe abgesetzt war. Sinkende Kaufkraft, Münzverschlechterung, Krieg- und Ernteausfälle gingen im 17. Jahrhundert einher mit dramatischen Qualitätseinbußen.
Das Bier wurde schlechter. Die Brauperiode, in der jeder Willige an die Reihe kam, verlängerte sich zusehends auf bis zu fünf Jahre. Und dies ob schon immer weniger Brauer das notwendige Kapital dazu aufbringen konnten. Damit wurde schließlich die dritte und letzte Entwicklungsstufe im bürgerlichen Brauwesen eingeleitet, das gemeinschaftliche Brauen.
Mehrere Brauer schlossen sich zusammen, um in einem Haus der beteiligten Braugenossen gemeinsam zu brauen. Nach und nach wurde dieses gemeinschaftliche Brauen in fest installierte Brauhäuser verlagert. Die Abkehr vom häuslichen Brauen war damit eingeleitet.
Es setzte sich in Einbeck im späten 17. Jahrhundert mit der neuen Brauordnung von 1689 durch. Diese Brauordnung war nicht länger innerhalb der bürgerlichen Selbstverwaltung vom Rat der Stadt Einbeck beschlossen. Nein, sie wurde von außen als fürstliche Brauordnung erlassen.
Erste gemeinschaftliche Brauhäuser waren bereits im frühen 17. Jahrhundert entstanden. Die Schustergilde zum Beispiel richtete für ihre Zunftgenossen in dem Erweiterungsneubau für das Gilderhaus in der Münsterstraße 1610 eine feste Braustätte ein.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg standen viele Braudielenhäuser über einen langen Zeitraum wüßt oder verlassen. In der Titelstraße zum Beispiel wurde eines dieser verlassenen Häuser zum festen gemeinschaftlich genutzten Brauhaus eingerichtet.
Baufälligkeit, Feuergefahr und auch die Sorge vor dem Kontrollverlust veranlassten den Rat schließlich selbst zwei zentrale ratseigene Brauhäuser auf öffentlichen Plätzen zu errichten. Auf dem Neustädter Kirchplatz und auf dem Schmiedeplan.
Im Stadtplan von Hallensen von 1750 sind beide Brauhäuser eingetragen. Vor 1705 entstand auf dem Neustädter Kirchplatz gleich neben dem sogenannten Piepenborn das erste Brauhaus. Ein zweites Brauhaus wurde 1709 durch Umbau der alten Rossmühle auf dem Schmiedeplan geschaffen.
Diese Brauhäuser wurden bis 1794 betrieben. In diesem Jahr wurden am Neustädter Kirchplatz neben der Ratsschule ein zentrales Brauhaus für die verbliebenen Braugerechtigten eingerichtet. Der eigentliche Brauvorgang war also seit dem frühen 18. Jahrhundert nicht mehr häuslich, wohl aber die Vorstufen dazu.
Ab dem Rechnungsjahr 1716-17 wird in den Kämmerreirechnungen nicht mehr zwischen dem Pfannengeld und der Brauhausabgabe unterschieden, weil nämlich ab sofort alle Gebräuen nur noch in den festen ratseigenen Brauhäusern abgewickelt wurden.
Dennoch verblieft das Luftmelzen zunächst noch in den Häusern. Topfen und Braugerste wurden vielfach noch im Umfeld der Stadt und auf den Ländereien der Bürger angebaut. Ein wirklicher und endgültiger Wandel erfolgte in Einbeck erst 1843 bis 1845.
In diesen Jahren wurden die verbliebenen 247 Braugerechtigungen vom Rat der Stadt Einbeck abgelöst. Die Stadt wurde selbst zum Unternehmer und errichtete die erste Brauerei, die 1889 in eine Aktiengesellschaft überführt wurde.
Im Gegensatz zu den Seestädten wurden in den meisten Binnenstädten eine wichtige Entwicklungsphase ausgelassen, nämlich das häusliche Brauen als exportorientiertes Hauptgewerbe. Das Dielenhaus wurde für diese gewerbliche Massenproduktion in den Seestädten lediglich ausgebaut und angepasst.
Ganz gleich, ob im Haupt- oder im Nebengewerbe, das Dielenhaus wurde nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Spannend wird die Frage jetzt, ob die Entwicklungsphasen im häuslichen Brauwesen in irgendeiner Form
korrespondieren mit den Entwicklungsphasen des Dielenhauses. Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, habe ich bereits mehrfach vollmundig vom Braudielenhaus gesprochen. Hat sich das häusliche Brauen auf die Konstruktion, die Bauweise, den Grundriss oder die Erschließung der Dielenhäuser auswirken können?
Schon in der ersten Phase der Stadtwerdung im 12. und 13. Jahrhundert konnte bereits auf eine hochentwickelte Verzimmerungs- und Mauertechnik zurückgegriffen werden. Sowohl der Stein als auch der Holzbau wurden für ein breites Spektrum unterschiedlicher Bautypen und oft auch in Kombinationen verwendet.
In den älteren Stadtgründungen des 11. und 12. Jahrhunderts wie Braunschweig und Gossler blieb der Massivbau lange vorherrschend. In den jüngeren Stadtgründungen des 13. Jahrhunderts wie Einbeck dominierte frühzeitig der Fachwerkbau. In der modernen Form als Schwellrahmenbau wurden diese Häuser bereits auf eine umlaufende Grundschwelle gesetzt.
Die lag geschützt über dem Erdreich auf einem in Lehm gesetzten Fundament Sockel aus Kalkbruchstein. Unabhängig vom Material und auch unabhängig von der Fürstausrichtung war vielen Haustypen die hallenartige Diele als zentrale Raum gemeinsam.
Die Rekonstruktionszeichnung von Stefan Tolber zeigt ein solches zweigeschossiges, quer erschlossenes, freistehendes und traufenständiges Dielenhaus im Zustand um 1268 in Einbeck am Petersilienwasser.
In Einbeck können derartige Befunde aus dem Mittelalter nur im Bodenarchiv erschlossen werden. In den Städten der näheren und weiteren Umgebung gibt es genügend Beispiele aus dem 13. und 14. Jahrhundert auch im Aufgehenden. Ich zeige Ihnen beispielhaft das Haus Kirchener Gasse 7 in Erfurt von 1386 in einem teilrekonstruierten Zustand von 1996.
Der Speicher im Obergeschoss erstreckt sich hier sogar über zwei Vollgeschosse. Mit der spätmittelalterlichen Verdichtung entstehen im 15. Jahrhundert die geschlossenen Randbebauern.
Sie prägen bis heute unser Bild von der alten Stadt. Die Häuser und ebenso die hohen Dielen werden allerdings schmaler und tiefer. Gemäß der älteren Bautradition wurde hinten gewohnt. Die beheizbare Stube lag oft etwas erhöht über den Balken gedeckten Keller.
Dabei spielte es keine Rolle ob die Stube als sogenannte Kübung angebaut war, sich in einem rückwärtigen Steinwerk befand oder innerhalb der hallenartigen Diele lag. Die häusliche Herdstelle innerhalb der Diele rückte an die gemeinsame Brandgiebelwand des benachbarten Hauses.
Die Hausgröße des 15. Jahrhunderts weisen innerhalb einer Stadt eine hohe Uniformität auf. In einer Art Modulbauweise entstehen standardisierte Dielenhäuser nach immer gleichen Muster. Der wesentliche Vorteil dieser Bauweise war die multifunktionale Nutzbarkeit.
Das kam der hohen Mobilität der damaligen Bevölkerung durchaus entgegen. Wie schon im 13. Jahrhundert kragen die Speichergeschosse nur einseitig zur Straße über Knacken stark vor. Als Beispiel zeige ich Ihnen zwei Häuser aus Göttingen.
Rote Reihe 14 von 1429 und Rote Straße 25 von 1424. Die Diele bildete einen halböffentlichen Werk- und Wirtschaftsraum. Um diesen Raum stützenfrei zu halten, musste es bei den sogenannten Wandständerbauten bleiben.
Bei diesem Konstruktionstyp werden alle aufgehenden Lasten über die Außenwände abgetragen. Aufgrund der hohen Haustiefe benötigte man dafür sogenannte Unterzüge. Diese Balken wurden zwischen den beiden Brandgiebeln gespannt. Sie durften eine Spannweite von rund neun Metern nicht überschreiten.
Andernfalls hätten sich diese Unterzüge schon unter ihrer eigenen Last durchgebogen. Diese oft stark dimensionierten Unterzüge verhinderten also die Durchbiegung der Decken- und Dachbalken. Weil also die Breite der Häuser begrenzt war, wurde in die Tiefe gebaut.
Haustiefen von 16 bis 20 Meter waren und sind in Einbeck bei Dielenhäusern des 16. und 17. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich. Aber das alleine war nicht ausreichend. Wohin mit der Stube, dem einzigen beheizbaren und auch rauchfreiem Raum? Ganz einfach, die Stuben und auch die Schlafkammern wurden in die hallenartige Diele eingehängt.
Sie schwebten wie Schwalbenester über der Braudiele. Ich zeige Ihnen als Einbeckerbeispiel das Eckhaus Marktstraße 28 von 1551. Die Zwischengeschosse dieser Häuser sind heute alle, und zwar ausnahmslos alle, als Vollgeschosse ausgebaut.
Die eingehängte Stube liegt bei diesem Beispiel also rechts vom hohen Torbogen. Diese Hängestuben sind übrigens kein Einbeckerphänomen. Sie sind seit dem 15. Jahrhundert bis zum Ende des Hausbrauns im 17. Jahrhundert bis in die Seestädte bekannt.
Die Ausrichtung zur Straße war in vielen Fällen schon deshalb notwendig, um ein Hinterhaus oder ein räumlich mit dem Vorderhaus verbundenen Seitenflüge ansetzen zu können. Das Wohnen zur Straße wurde aber auch modern.
Im Spietenmittelalter verschwanden in Einbeck auch die Balken gedeckten Keller. Die Abkehr vom flach gedeckten Keller zum eingewölbten Steinkeller könnte mit dem Hausbrauen zusammenhängen. Derartige Investitionen waren nur verkraftbar, wenn über die gewerbliche Produktion von Bier auch zusätzliche Einkünfte erzielt wurden.
Eingewölbte Keller halten ganzjährig ohne große und rasche Schwankungen ihre Temperatur. Sie bildeten die Kühlschränke der Häuser. Viele der alten Keller drohten im Boden durch das kontinuierlich ansteigende Geländeniveau zu versinken.
Jeder einplanierte Brandhorizont trug dazu bei. Wollte man also alte Keller bei einem Neubau weiter nutzen, dann war eine Einwölbung unerlässlich. Im heutigen Einbeck liegen viele der eingewölbten Keller aus dem 15. und 16. Jahrhundert um ein bis zwei Meter unter dem Fußbodenniveau im Erdgeschoss.
Eingewölbte Keller können erheblich mehr Drucklasten aufnehmen als Balken gedeckte Keller. Sie überstehen Brände meist unbeschädigt. Nach dem verheerenden Stadtbrand in Einbeck von 1540, der mit einem Totalschaden der Stadt im Aufgehen einherging,
wurde aus gutem Grund die spätmittelalterliche Stadt wieder aufgebaut. Erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts traten zeitbedingte Neuerungen ein, die dem Repräsentationsbedürfnis der Zeit entsprachen. Die Stuben erhielten prunkvolle Erker und die Dächer verspielte Zwerchhäuser.
Aber ein Typus und Struktur der Häuser änderte sich nichts. Auffallend ist, dass mit rückläufigem Absatz in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein bislang nicht gekannter Neubau von Braukellern direkt unter den Braudielen
bereits existierender Vorderhäuser einsetzte. Und zwar auch dort, wo es bislang keine Unterkellerung gegeben hat. In die bestehenden Dielen wurden haustiefe Tonnengewölbe seitlich der Durchfahrt eingefügt. Das vom wirtschaftlichen Niedergang geprägte 17. Jahrhundert brauchte deshalb keine weiteren Neubauten.
Die Einwohnerzahlen waren dramatisch gesunken. Mehr als die Hälfte aller Häuser war noch 1671 gegenüber dem Stand vor dem 30-jährigen Krieg nicht bewohnt. Im Rahmen einer extrem modern anmutenden Städtebauförderung setzte ab 1709 eine Neubauwelle ein, die bis 1748 anhielt.
Die Vorgaben für Bauwillige waren einschneidend. Sie brachen mit der lokalen Bautradition des Dielenhausen vollständig. Das Braudielenhaus hatte damit ausgedient und verschwand dauerhaft als Funktions- und Konstruktionstyp.
Als Beispiel zeige ich Ihnen das Haus Münsterstraße 11, ein Neubau aus der Zeit um 1740. Voraussetzung für diesen tiefgreifenden Wandel zum barocken Stadthaus mit Querfluren und Schornstein war das Ende des Hausbrauens.
Zeitgleich verschwanden auch die Braudielen. Viele der Braukeller wurden verfüllt, die Zwischengeschosse zu Vollgeschossen ausgebaut, die Dachwerke tiefer gelegt, die Speicherstockwerke entfernt oder ausgebaut, die Erker abgebrochen.
Dielenhäuser mit einer Bauschreinschrift aus dem 16. Jahrhundert sind keineswegs das, was sie scheinen. Der wichtigste Rohstoff neben Hopfen und Braumals ist das Wasser. Nicht nur für das Gebräu, auch für die Meiche und den Hopfensud wurden große Mengen an Wasser benötigt.
Die abschließende Säuberung des großen und kleinen Brauzeuges erforderte ebenfalls reichlich Wasser. Grundwasser aus Brunnen war zum Brauen eher ungeeignet. Besser war weiches, fließendes und nicht vorbelastetes Wasser aus Bachläufen.
Und, was mindestens ebenso wichtig war, es musste auch direkt vor Ort verfügbar sein. Wolfgang Franzek rechnet für Lübeck im 14. Jahrhundert mit einem Wasserbedarf von 7,5 m³ pro Gebräu. Und genau hier hatten die bekannten Bierstädte schon frühzeitig im 13. Jahrhundert erhebliche Anstrengungen unternommen.
Sie sorgten nämlich für eine funktionierende Wasserversorgung bis in die Dielenhäuser oder in ihre unmittelbare Nähe. Grundsätzlich wurde die Trinkwasserzufuhr von der Entwässerung getrennt. Ein natürliches Gefälle innerhalb der Stadt und klare Bäche oberhalb der
Stadt bildeten eine wichtige Voraussetzung schon für die Standortwahl einer Stadt. In Nordheim, in Allfeld, in Einbeck, Goslar und Zellerfeld lässt sich ein ausgeklügeltes System mit unterirdisch verlegten Leitungsrohren nachweisen. Sie haben über viele Jahrhunderte bis in das späte 19. Jahrhundert auch die Braustätten mit Wasser in geeigneter Qualität und Quantität versorgt.
Anfänge des zuletzt 45 Kilometer langen historischen Leitungsnetzes in Goslar reichen bis in das zwölfte Jahrhundert zurück.
In Goslar wurde das Bier sogar nach dem Fluss benannt, der die Stadt durchströmt, Gose. Das natürliche Bachbett der Gose diente innerhalb der Stadtmauern als Stadtentwässerung. Es wird daher auch Abzucht genannt. Oberhalb der Bergwerke mit ihren Halben und Lösungsstollen wurde vor 1313 ein Abzweig zur Gose angelegt.
Dieser künstliche Gosekanal wurde am höchsten Punkt bei der Frankenberger Kirche in die Stadt geführt. Er speiste dann eine Vielzahl davon abzweigender Gräben, oft auch offene, seitlich ausgemauerte Rinnen.
Diese der Verschmutzung ausgesetzten Wasserläufe wurden bis zum 15. Jahrhundert zunehmend eingewölbt oder durch ein unterirdisches Leitungsnetz aus Fichtenstämmen ersetzt. Während die offenen Wasserläufe hinter den Häusern entlanggeführt wurden, ging das geschlossene System mit Wasserpfosten und Verschlusszapfen bis in die Häuser.
Otto Flachsbad, der sich 1928 in seiner Dissertation diesem Thema widmete, hat die von ihm dokumentierten Teile der alten Wasserversorgung noch vor Ort in den Häusern beobachten können.
Laut Ratsordnung von 1447 blieb die Wasserentnahme an drei Tagen innerhalb der Woche jeweils nachmittags von 12 bis 5 Uhr den Brauern vorbehalten. Auch für Lübeck ist ein solches Wassersystem nachgewiesen. Für den
nötigen Druckaufbau in der Leitung sorgte dort die älteste nachweisbare Wasserkunst. Sie entstand bereits vor 1294. Wasserkünste werden durch Wasserkraft angetrieben. Sie können über Schöpfwerk oder Pumpen Wasser heben. Die Karte von Lübeck zeigt die Verteilung der bürgerlichen Braustätten im Jahr 1407.
Miteingetragen sind die Wasserleitungen, wie sie im 13. und 14. Jahrhundert bereits angelegt waren. Alle Braustätten liegen an den mit Wasserleitungen bestückten Straßen.
Auch in Lübeck wurden die hölzernen Röhren bis in die Häuser verlegt. Die Entnahmestellen lagen in der gemeinsamen Brandwand innerhalb der hallenartigen Diele mit der Braupfanne. Im Haus Langerlohberg Nr. 47 ist ein solches Steigrohr in der Brandwand zu Langerlohberg 49 im Zuge einer Sanierung zutage getreten.
Das hölzerme Steigrohr ist mit versetzt angeordneten Entnahmeöffnungen zu beiden Seiten versehen. Also zu den Braudielen von Nr. 47 und von Nr. 49. Die mit Stopfen verschließbaren Öffnungen liegen rund 2,7 Meter über dem historischen Fußbodenniveau.
Das kann bedeuten, dass auch die Braupfanne über dem eben erdigen Herd aufgebockt war. So konnte die Würze in die Läuterungsbottiche und Kühlschiffe gut abgeleitet werden.
Bereits in der Phase der Stadtwerdung in der Mitte des 13. Jahrhunderts wurden auch in Einbeck die Grundlagen für die Wasserversorgung gelegt. Ein natürlicher Flusslauf, das krumme Wasser, wurde künstlich um das künftige Stadtgebiet herumgeführt. Von der Stadt wurde an künstlicher Graben das Wildwasseranalog-Syngose-Kanal im Gossler abgezweigt.
An der höchsten Stelle, innerhalb der Stadtmauern bei der Stiftskirche St. Alexandri, wird er im Verlauf des alten Bachbettes als sogenannter Dreckgraben durch die Stadt geführt. Das Wasser diente lediglich der Spülung dieser nach und nach ausgemauerten und eingewölbten Entwässerungsgräben.
Das Wassersystem wird im Stadtplan von Hallensen von 1750 detailliert dargestellt. Ich zeige lediglich einen kleinen Ausschnitt aus diesem Plan. Entscheidend für die Trinkwasserversorgung war der Abzweig vor Eintritt in die Stadtmauer ganz unten am linken Bildrand.
Ein Teil des Wassers wurde nämlich in die Stadtgräben vor der Stadtmauer abgeleitet. Aufgrund eines Gefälles von Nord nach Süd um vier Meter ist der Stadtgraben in Abschnitte unterteilt. Bei den Stadttoren wären die Torstraßen über Dämme zwischen den einzelnen Abschnitten des Stadtgraben geführt.
Von den angestauten Stadtgräben führten dann unterirdische Leitungen spätestens seit dem 14. Jahrhundert in die Stadt. Sie versorgten ein dichtes Netz innerstädtlicher Brunnen, auch mit dem benötigten Brauwasser.
Der Brunnenplan von 1814 zeigt die Verteilung der mehr als 40 öffentlichen Brunnen. Die Standorte, an denen mit Braudielen, Häusern, dicht belegten Haupt- und Torstraßen, ist besonders augenfällig. Der Einsatz von Pumpen und von Schöpfwerken, Kehrrädern, Wasserkünsten, Springbrunnen
und Druckleitungen seit dem 13. Jahrhundert verwundert in Goslar vermutlich niemanden. Der Bergbau war ohne eine ausgeklügelte Wassertechnik einfach gar nicht möglich. Und so ist es auch folgerichtig, dass bei der Neubesiedlung des Oberharzes im 16. Jahrhundert auf funktionierende Leitungsnetze für die Trinkwasserversorgung geachtet wurde.
Das Wasserleitungs- und Brunnennetz von Zellerfeld in einem Plan von 1719 zeigt anschaulich, wie aus unbelasteten Quellsümpfen auf der Hochebene im Nordwesten und Nordosten der Stadt frisches Trinkwasser über eine längere Strecke bis in die Stadt geführt wurde.
Die Stadtrechte der Bergstadt Zellerfeld wurden 1532 vergeben. Bereits 1539, also nur sieben Jahre später, war ein erstes Leitungsnetz installiert.
Auch dieses immer wieder erweiterte Leitungsnetz wurde bis in das späte 19. Jahrhundert genutzt und unterhalten. Im Gegensatz zu Einbeck handelte es sich bei den öffentlichen Brunnen nicht um Schöpfstellen, sondern um Laufbrunnen. Mit einem hölzernen Überlaufbecken. Allerdings wurden diese Brunnen nicht zum Hausbrauen eingesetzt.
Die Bergleute verfügten weder über Hopfen noch über Getreide. Außerdem kamen sie aus den sächsischen Bergbauregionen und brachten ihre Bautradition mit. Die Stadt wurde nämlich komplett aus Holz errichtet. Ein häusliches Brauwesen war hier schon allein aus Brandschutzgründen nicht vorgesehen.
Der Ausschnitt aus dem berühmten Seigeris von Daniel Flach von 1661 zeigt das radseigene Brauhaus am tiefsten Punkt der Stadt. Unmittelbar oberhalb des bergmännisch durchgruben und halben Wasser stark belasteten Zellbaches.
Im Hof des Brauhauses steht ein solcher Laufbrunnen. Unterhalb des Brauhauses liegt ein Sammelbecken für Oberflächenwasser. Sämtliches in den Kellern der Häuser in Cisternen austretende Schichtenwasser, der Abfluss der Laufbrunnen und auch das Regenwasser sammelte sich in diesem Becken.
Es konnte dann als Aufschlag oder auch als Löschwasser dienen. Der eigentliche Brauteich lag oberhalb und wurde durch einen völlig sauberen Bach gespeist. Das hier früher erforderliche Striegehäuschen ist gut zu erkennen. Vermutlich wurde der Brunnen im Hof des Brauhauses durch diesen Brauteich gespeist.
Auffallend sind aber auch weitere öffentliche Laufbrunnen, die Aborderker der Häuser und nicht zuletzt die sogenannten Rauchhüte der Häuser. Dabei handelt es sich um eine sächsische Variante des über Dach geführten Schornsteins.
Der Rauchzug war nämlich aus Holz. Um die Abgastemperaturen und den Zug niedrig zu halten, wurden traditionell sehr weite Querschnitte gewählt. Es war eben kein Schornstein im üblichen Sinne. Aufgrund der Größe der Rauchöffnung musste die Austrittsöffnung abgedeckt werden.
Dazu diente der sogenannte Rauchhut. Ich erzähle Ihnen das deshalb so ausführlich, weil ein ähnliches Prinzip auch in den Einbeckerbraudienhäusern angewendet wurde. Dazu gleich mehr. Wenn es um das Brauen geht, ist keine Frage so umstritten wie die Frage nach der verwendeten Hefekultur.
Wann und wo wurde Bier obergärig oder untergärig produziert? Die untergärigen Biere benötigten während der Gärphase niedrige Temperaturen von 4 bis 9 Grad Celsius. Die Hefe setzte sich im Gärfass am Boden ab, deshalb untergärig.
Die Gärzeit war mit rund 14 Tagen deutlich länger als bei den obergärigen Biere mit lediglich zwei Tagen. Obergärige Biere wurden bei Temperaturen von 15 bis 20 Grad mit Hefe versetzt.
Um ein Bier haltbar zu machen, gab es vier Faktoren, an denen gedreht werden konnte. Erstens der Grad der Hopfung. Zweitens der Malz- und Alkoholgehalt. Drittens die Filtrierung. Und viertens die Verwendung untergäriger Bierhäfen, die den obergärigen Bierhäfen bezüglich der Haltbarkeit deutlich überlegen sind.
Deshalb verwundert es auch nicht, dass es bereits im frühen 14. Jahrhundert die ersten Hinweise auf untergärige Biere gibt. Just in der Zeit, als der Fernhandel mit Bier einsetzte. Die Brauperiode in vielen binnenländischen Städten mit langen Transportzeiten auf dem Landweg
war nicht ohne Grund auf die kalte Jahreszeit zwischen September und April begrenzt. Schon am 1. Mai wurde in Einblick bei einem Losverfahren auf dem Marktplatz die Reihenfolge der nächsten Brauperiode festgelegt. Vermutlich wurde nur das besser haltbare Starkbier mit hohem Alkoholgehalt über längere Strecken gehandelt.
Aber war es auch ein untergäriges Bier? Die extrem kostspieligen eingewölbten Keller sprechen dafür. In den Stadtwellen aus dem frühen 15. Jahrhundert befinden sich zudem eingewölbte Eiskeller, die in Kriegszeiten als Pulvermagazine genutzt wurden.
Die Gärzeit in Einblick ist mit lediglich acht Tagen überliefert. Das heißt zwischen den 14 Tagen für ein untergäriges und den lediglich zwei Tagen für ein obergäriges Bier. Das nährt die Vermutung, dass auch mit einer gemittelten Gärtemperatur von 10 bis 14 Grad Celsius gearbeitet wurde.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass es besondere Hefekulturen gab, die ein untergäriges Bier erzeugten. Das 15. Jahrhundert wurde zudem von einer Zwischeneiszeit mit geringeren Temperaturen geprägt. Als im 16. Jahrhundert die Temperaturen wieder anzogen, ist für Einblick ein groß angelegter Ausbau der Keller festzustellen.
Ein Zufall? Wie dem auch sei, wir wissen es nicht. Rezepturen sind leider nicht überliefert. Je nach Region wurden extrem unterschiedliche Biere gebraut. Das Weißbier ist ein reines Weizenbier, wie es in Hamburg bevorzugt wurde.
Es konnte ganzjährig gebraut werden und war über den schnellen Seeweg auch im Fernhandel gut einsetzbar. Die Braunschweiger Mumme war zumindest im späten 14. Jahrhundert ein Schwarzbier. Ebenso wie die Braun- oder Rotbiere wurde überwiegend Gerstenmalz verwendet.
Die Farbe, ob braun, rot oder schwarz, hat mit unterschiedlichen Röstverfahren während des Melzens zu tun. Wird das Getreide mit Rauch gedarrt, entsteht das typische Rauchbier, wie wir es aus Bamberg kennen. Das traditionelle Einbeckerbier war keines von allen.
Es passt am ehesten in die Sorte der Braunbiere. Die Einbecker hatten für ihr Bier ein Alleinstellungsmerkmal gefunden. Es war ein ausgesprochen helles und absolut klares Bier. Auf der Grundlage von zwei bis vier Anteilen Gerstenmalz und einem Anteil Weizenmalz.
Als vermutlich untergäriges Bier war es zusätzlich auch stark gehopft. Was seine Haltbarkeit als Sparkbier noch einmal erhöhte. Das Geheimnis für das Fehlen sämtlicher Schwebstoffe war ein ganz besonderes Filtrier- und Leuterungsverfahren.
Die in zeitgenössischen Berichten des 16. Jahrhunderts immer wieder gerühmte, völlig klare Goldfärbung, ohne die sonst üblichen Trübstoffe, wird durch die Verwendung von sogenannten Klärstöcken erreicht. In den Mittel niederdeutschen Schriftquellen werden sie als Schierstöcke bezeichnet.
Das Verb schieren bedeutet so viel wie reinigen oder klären. Schierstöcke wurden mit den sogenannten Schierlaken bespannt in einer fein gewebten, fast durchsichtigen Filtergase. Aber was, wenn süffige, naturtrübe Biere, gefragter und auch deutlich...
Eiswärter wurden. Genau dies geschah nämlich im 16. Jahrhundert. Der Siegeszug des Weizenbieres setzte sich durch, setzte ein. Der Hamburger Braugnecht Kurt Beuhahn brachte das obergärige Weizenbier 1526 nach Hannover. Es wurde dort nach ihm als Beuhahn genannt. Ob schon auch etwas Gerste
hinzugegeben wurde, handelte es sich um ein Weizenbier. Es hatte den großen Vorteil, dass es ganzjährig braubar war. Der zudem preiswerte Bräuhahn eroberte bis zum 18. Jahrhundert fast die gesamte binnenländische Bierproduktion. Die Einbecker-Kämmerreirechnungen des
18. Jahrhunderts kennen nur zwei Sorten. Das Bräuhahn und das Bier. Letztmalig 1733-34 wurde neben 87 Gebräuen Bräuhahn doch ein einziges Gebäubier hergestellt. Danach wurde in Einbeck bis zur Ablösung der
Braurechte 1844 ausschließlich Bräuhahn gebraut. So, jetzt haben Sie in einem Schnelldurchgang schon eine Reihe wichtiger Informationen erhalten. Die werden wir auch brauen, wenn wir uns gleich der Bauweise der Einbecker-Dielenhäuser im 16.
Jahrhundert zuwenden werden. Dabei lernen wir das Haus und seine Teile im Ablauf des häuslichen Brauens kennen. Vom Dach und dem Speicher über die Braudele bis zum Gär- und Lagerkeller. Aber vorher machen wir eine kleine Pause. So, beginnen wir mit dem Speicherstockwerk und den Malzböden
im Dachwerk. Ein Blick auf die Nordseite des Marktplatzes in Einbeck
verrät schon einiges. Die historischen Dachwerke sind nicht nur auffallend steil, sondern dadurch auch ausgesprochen hoch, oft höher als der Rest des ganzen Hauses. Der Unterschied zwischen einem Dach mit einer Neigung von 55 Grad und von 45 Grad ist enorm. Das auffallend
niedrige Haus in der Mitte, das Gilderhaus der Bäcker, hat im 18. Jahrhundert ein neues, auf 45 Grad tiefer gelegtes Dachwerk aus den Vorgängerkonstruktionen erhalten. Die ursprüngliche Höhe aus der Bauzeit
von 1552 entsprach den benachbarten Gebäuden. Nur bei rund 50 von 150 Dielenhäusern ist das historische Dachwerk erhalten. Zum Beispiel bei
Hulaserstraße 16 von 1565. Das Haus entstand zusammen mit Hulaserstraße 14 in einem gemeinsamen Abbund mit drei nahezu identischen Braudielenhäusern in Reihe. Die beiden östlichen Häuser wurden frühzeitig zu einem Haus, der heutige Nummer 16, verbunden. Im Dachwerk hat sich die
alte Brandgiebelwand zwischen den beiden ursprünglich selbstständigen Gebäusern erhalten, ebenso die beiden nachträglich verbundenen Gewölbekeller. Auch die alte Toröffnung der Durchfahrt des östlichen Hauses lässt sich im heutigen Fachwerk nachvollziehen. Die Traufhöhen
liegen bei 8,90 Meter, die Fürsthöhe allerdings bei 20 Meter. Das heißt, das Dachwerk ist höher als alles andere. Doch wozu brauchte denn ein Haus vier Kehlbalkenlagen mit vier nutzbaren Dachböden? Ich zeige Ihnen den Blick in ein bislang nicht ausgebautes
Dachwerk, bei dem die Dielen auf den Dachböden entfernt wurden. Dadurch ist der freie Blick in das riesige Dachwerk möglich. Das Beispiel von Markplatz 911 aus der Zeit um 1550 macht die Dimensionen und die besondere Qualität der Dachwerke deutlich. Es handelt sich
um ein sogenanntes Spitzsäulendachwerk. Diese besonders kräftigen Dachwerke wurden vom 15. bis in das 17. Jahrhundert errichtet. Sie fallen also in die Hochphase des voll entwickelten Braudielenhauses. Im Längsverband stehen mächtige Ständer, die
sogenannten Spitzsäule. Sie reichen von der Dachbalkenlage bis in den Fürst. Man findet sie grundsätzlich in beiden Giebeln. Bei Häusern über neun Meter in der Breite kommen zusätzliche Spitzsäulen hinzu. Das Bild in den Dachraum zeigt diese
zusätzliche Spitzsäule im siebten von insgesamt 13 Dachgebinden. Sie werden untereinander ausgestreift durch Längsriegel und eine Diagonalverstrebung. Die Dachwerke sind in Einweg aufgrund der benötigten Längen überwiegend aus Nadelholz abgebunden. Bis heute, auch mehr als 200 Jahre nach Einbau von
Schornsteinen, sind sie immer noch stark von Ruß geschwärzt. Wie üblich ist jedes Haus nur an einer Seite mit einem geschlossenen Brandgiebel ausgestattet. Für die andere Seite hatte der dortige Nachbar die Pflicht zur Bauunterhaltung.
Sie sehen als Beispiel den Brandgiebel von Marktplatz 9 11. Bis auf die Kehlriegel waren in den Brandgiebeln alle Gefacher geschlossen und zusammen mit allen Holzteilen auch überputzt. Nur so konnte im Brandfall das schnelle Überschlagen der
Flammen verhindert werden. Zu diesen Dachböden kommt als weiter Speicherebene das größte Vollgeschoss des Schielenhauses, der zur Straße stark vorkragende Speicherstock. Sämtliche der erhaltenen Speicherstöcke sind heute zum
Wohnen ausgebaut. Ein Beckerbeispiel zeige ich Ihnen ein Nebenhaus von Marktplatz 15 an der Münsterstraße von 1595 mit den typischen Lüftungsöffnungen eines Speicherstocks. Die Aufnahme ist von 1955. Ein
Speicherstock wurde in der Münsterstraße 12 aus dem 17. Jahrhundert dort allerdings gleich mit zwei Speicherstockwerken übereinander. Der Speicherstock diente zur Bergung von Getreide und Hopfen. Auch das Malz wurde vor und nach dem Schroten in den städtischen Mühlen dort verwahrt. Das Melzen wurde in
den meisten Südniedersächsischen Städten in Form des sogenannten Luftmelzens betrieben. Dafür diente das Getreide in den benötigten Flächen vorhanden. Das Getreide wurde zum Melzen zunächst ein bis zwei Tage gewässert, dann zum Trocknen dünn ausgebracht, anschließend zu Beten
zusammengeschüttet, angeschüttet, um den Keimvorgang anzuregen. Die Keimung musste rechtzeitig unterbrochen werden, indem die völlige Trocknung eingeleitet wurde. Auch hierzu wurde das gekeimte Getreide ganz dünn wenige Zentimeter ausgebracht. Bei allen Durchgängen war ein
ständiges Wenden und eine gute Durchlüftung der Dachböden erforderlich. Eine historische Aufnahme um 1970 vom Amtsbrauhaus in Roten Kirchen zeigt die typischen Lüftungsgauben dort in Form der sogenannten Schlitzgauben. Sie wurden hier
bewusst nur wenig über der Schüttebene der Dachböden angeordnet. Nach bis zu sechs Wochen war das Luftmelzen abgeschlossen. Das Getreide konnte nun zum Schroten zur ratseigenen Mahlmühle gebracht werden, anschließend wurde es dann auf den Speicherboden eingelagert, bis es dann oft
erst Monate später zum Brauen Verwendung fand. Aus spezielle Daröfen wurde nicht nur in Einberg aus Gründen des Brandschutzes verzichtet. Viele Städte in der Region hatten das Darren mit speziellen Öfen verboten, so Göttingen ab der
Mitte des 15. Jahrhunderts. Andere wie Braunschweig mit einem dichten Bestand an Steinhäusern haben das Darren in massiv eingewölbten Darrofen unter Auflagen gestattet. Nur wenige Darren aus dem häuslichen Brauen sind bekannt. Ich
habe eine Darre von 1835 errichtet, im Dach eines Gasthauses in Lüdinghausen im Münsterland. Eine zweite Darre wurde 1983 in einem typischen Braudielenhaus in Lübeck entdeckt. In dem Haus Warmenstraße 33. Diese Darre mit einem Ofen und einem
Rauchzug in der Diele steht im ersten Speicherstockwerk, also dort, wo das Malz eingelagert wurde. Sie arbeitete rauchfrei, das heißt, nur erwärmte Luft diente der Trocknung. Unabhängig davon, ob die Methode des Luftmelzens oder des
Röstmelzens angewendet wurde, in allen Dielenhäusern mussten ausgehend von der Durchfahrtstile im Erdgeschoss erhebliche Lasten zwischen dem Speicherstock und den Dachböden hin und her bewegt werden. Dies erfolgte bis zum Ende des Hausbrauns grundsätzlich
innerhalb des Hauses und nicht über Ladebäume und Ladeluke an der Außenseite. Inmitten der Dielen-Durchfahrt, leicht versetzt unter der Fürstlinie, führte ein senkrechter Aufzugsschacht durch alle Geschossen. Diese lassen sich vielfach noch gut als Flickstellen in der Dielung
nachweisen. In drei von 50 erhaltenen Dachwerken haben sich in Einblick zu dem die sehr effektiven Radwinden erhalten. In den übrigen Dachwerken lassen sie sich immer an der gleichen Stelle genau lokalisieren, zwischen der dritten und vierten Kehlbalkenlage, unweit der
Fürstlinie, um nicht mit dem Längsverband im Dachwerk zu kollidieren. Nur eine einzige dieser Radwinden befindet sich noch an der ursprünglichen Stelle und zwar im Dachwerk vom Marktplatz 15. Das Kernstück bildet das
Windenrad. Mit rund zwei Metern im Durchmesser und in einer massiven Ausführung Eiche ist es sehr, sehr schwer. Es diente als Schwungrad und als Hebelarm, um über den Schacht eine Achse mit der Seiltromme antreiben zu können. Es benötigte also zwei Seile, ein unendliches
über das Windenrad gelegtes Seil und das eigentliche Lastenseil. Das unendliche Seil wurde über heute vielfach noch vorhandene Löcher in der Dielung hinab bis in die Durchfahrt geführt. Dort konnte eine einzelne Person das Rad und damit auch die Winde in
Bewegung setzen. So konnten auch schwere Lasten von mehreren Zentnern mühelos zwischen den Eben bewegt werden. Aber warum sind die Dachwerke nicht aber die Speicherstöcke so stark verrußt? Eine erste Antwort liefert der Blick auf die älteste Stadtansicht Einbecks
in der Chronik von Johannes Letzner von 1595. Aus Brandschutzgründen verzichtete man in Einbeck nicht nur auf die Malzdarren, sondern auch auf Schornsteine. Die Stadtansicht zeigt nur wenige qualmende Schornsteinköpfe und das hatte seinen
Grund. Alle historischen Quellen, wie die Polizeiorordnung von 1573 unterscheiden immer Schornsteine und sogenannte Raucheteile. Der gemauerte und über Dach geführte Schornstein, das war die absolute Ausnahme. Lediglich das Rathaus, die Apotheke und die reiche Oberschicht
verfügten über gemauerte Schornsteine. Der Rauch der Feuer- und Braustelle in der Diele wurde über einen geraden, hölzernen Schacht in Größe der Braufanne bis in das Dachwerk geleitet. Diese Raucheteile würden wir heute als
Rauchkästen bezeichnen. Dort im Dachraum nahm der Rauch dann seinen Weg über die Gauben und spezielle Öffnungen in den Swerchhäusern. Ich zeige Ihnen ein keineswegs kleines Doppelhaus von 1652, bei dem bereits in der Notzeit nach dem Dreißigjährigen Krieg das
Speicherstockwerk fehlt. Das zweite Swerchhaus wurde in jüngerer Zeit entfernt. Entsprechend den Rauchlöchern im Fürst der Bauernhäuser gab es in den Einbäckerdächern ebenfalls Öffnungen, aus denen der Rauch entweichen konnte. Das Dachwerk von Baustraße 18 zeigt eine typische Spitzsäulenkonstruktion
zwischen den Brandgiebeln. An der gemeinsamen Brandwand zwischen den beiden Doppelhaushälften lagen im Erdgeschoss die Feuerstellen. Deshalb ist dort die Verrußung im Dachwerk auch besonders stark. Ein Blick in das Swerchhaus zeigt einen wichtigen Befund. Dort, wo wir uns das Rauchloch vorstellen
müssen, ist die Öffnung ausgemauert. Wir sehen saubere Lehmsteine ohne jede Spur einer Verrußung. Der Hintergrund dafür ist ganz einfach. Zwischen 1700 und 1840 wurden ausnahmslos alle Braudielenhäuser mit Schornsteinen nachgerüstet, die mit
ihren Köpfen über die Dachhaut hinausgeführt wurden. Die detailgetreue Stadtansicht auf einer Forstkarte von 1771 zeigt kaum Schornsteine in der Dachlandschaft. Die Stadtansicht von Larnat von 1838 bietet
dagegen ein völlig neues Bild. Gemäß der Feuerordnung von 1833 wurden erstmals keine Ausnahmen mehr geduldet. Jedes Haus mit Feuerstelle musste jetzt über einen Schornstein verfügen. Kommen wir nun zum
Kern des Hauses, die Braudiele mit dem Pfannenherd an der Brandwand. Das südliche Dielenhaus von Münsterstraße 10 wurde bereits um 1900 als letztes Beispiel für eine unverbaute Braudiele gehandelt. Das Haus mit Brauberechtigung verfügte noch um 1930, als diese
Aufnahme entstand über einen nicht ausgebauten Speicherstock. Es steht im Bereich mit dem höchsten Grundwasserstand. Der Keller wurde also als Halbkeller und nicht wie üblich als Vollkeller ausgebildet. Die Stube liegt somit auch nicht als Hängestube über der Diele, sondern über dem Halbkeller. Dennoch
zeigt die Aufnahme von 1930 aus der Durchfahrt in die hohe ebenerdige Diele einige Charakteristiker wie den direkten Treppenabgang in den Keller. Dennoch versperrt das Haus den Blick auf das tatsächliche Aussehen der Braudiele. Das Haus wurde nämlich im
18. Jahrhundert um ein Drittel seiner Tiefe eingekürzt. Nein, Münsterstraße 10 taugt nicht als Beispiel für eine Braudiele. Die Lage des Pfannenherz ist hinter der Stube über dem Keller und nicht ebenerdig innerhalb der Diele zu vermuten. Als zweites Beispiel wird
in Einbeck gerne das mit einer Diele und einem Stubenärger gut erhaltene Haus Maschenstraße 9 angeführt. In dem zwischen 1540 und 1549 errichteten Kernbau wurde eine massive Brandwand aus dem späten Mittelalter integriert. Hier lag die Küche mit der Herstelle allerdings separiert und
verfügte über einen gemauerten Schornstein. Zwischen dem eigentlichen Haus und dem Küchenanbau lag die 8,7 Meter hohe und bis zu 1,30 Meter starke Brandgiebelwand. Auf dem Schnitt und der Ansicht ist die Lage der Herstelle jenseits von Diele und Brandwand gut zu erkennen. Auch bei
Maschenstraße 9 handelt es sich um einen Sonderfall. Das Haus wurde nämlich erstmals vor 1471 als Beginenhaus errichtet. Ebenso wie auf dem Einbecker Klosterhof der Cisterciensa von Amelungsborn in der Hulleserstraße durften die Klarissinnen in der Maschenstraße
nur für den häuslichen Eigenbedarf brauen. Erst 1585 wurde das Haus nach Ableben der letzten Bittschwester durch einen bürgerlichen Neueigentümer den geänderten Bedürfnissen angepasst. Nicht viel anders sah es in
Goslar aus. Auch dort sind die ältesten und prächtigsten Beispiele für den bürgerlichen Profanbau nicht immer repräsentativ für die Masse der Dielenhäuser. Die zentrale Diele vermutlich ohne Feuerstelle ist dort weit verbreitet. Die Häuser haben dabei immer einen hochmittelalterlichen massiven Kernbau, oft in Verbindung mit
einem Steinwerk. Zeige Ihnen eine Dielenansicht von Marktstraße 33, dokumentiert von Mithoff im Jahre 1857. Erwählte den Blick aus der Durchfahrt in die Hohe Diele. Leicht erhöht über einem Halbkeller der Aufgang in die vordere Stube. Unter dem Treppenpodeß
mit dem galerieartigen Aufgang ins obere Schoss ist eine Kellertür im Schlagschatten noch schwach zu erkennen. Auf diesen geraden Kellerabgang bezieht sich die links oben angebrachte Umlenkrolle, um Lasten aus dem Keller ziehen zu können. Bei Frankenberger Straße 11 ist die Lage ähnlich.
Die Herdstelle schließt mit einem gemauerten Rauchfang und einer offenen Bogenstellung an die Diele an, ist aber nicht integriert. Zwei Beispiele mit dieser Rauchhauben möchte ich kurz zeigen. Da ist zum einen der massive Küchenanbau des Armenhauses St. Annen aus dem 15. Jahrhundert in der
Gieserstraße 65. Das zweite Beispiel rechts ist wieder von Mitthoff überliefert und zeigt die heute nicht mehr erhaltene Herdstelle von Schreiberstraße 10. Schornsteine hatten einen zusätzlichen Vorteil. Sie ermöglichten eine freie Wahl des Standortes im Haus.
In Einbecker-Dielenhäusern war die Lage der Herdstelle auf grund der fehlenden Schornsteine an der gemeinsamen Brandgiebel wann zum Nachbarn festgelegt. Das Brauen benötigte von allen städtischen Nebengewerben den mit Abstand größten Raumbedarf.
Einen kleinen zeitgenössischen Eindruck vom geschäftigen Treiben in einer Braudeale vermittelt der Holzschnitt bei Joost Ammann von 1568. Der Blick in eine beliebige Braudeale während des Brauens zeigt nicht nur viele Menschen. Ein großes Vorherunter dem Pfannenherd und ein Arbeiten
auf mehreren Ebenen. Eine Unzahl an Kesseln, Bottichen, Kannen, Eimern und Fässern füllte die Diele. In Einbeck wurde zwischen dem großen und dem kleinen Brauzeug unterschieden. Das große Brauzeug, das gehörte der Gemeinschaft der Bürger und Brauer, wurde also vom Rat gestellt.
Das kleine Brauzeug musste von jedem einzelnen Brauer unter Mithilfe der Nachbarschaft bereitgehalten werden. Inventare für bürgerliche Hausstellen liegen zwar nicht vor, aber für den sogenannten Möncherhof werden in den Inventaren genaue Angaben zum vorhandenen Brauzeug gemacht.
Besonders aufschlussreich ist das im Inventar von 1616 aufgeführte Brauzeug im Haupthaus mit der Abstube. Vier große Braubottiche, elf kleine Bottiche und Kühlfässer, vier Schierstöcke, drei Bierleitern, zwei Läuter
und Seibottiche, zwei Pfannenstühle, neun Pfannensteine, vier Schierstockkässe, zwei Rohrhölzer, zwei hölzerne Trichter und der kupferne Braukässe. Die bürgerlichen Braudielen dürfen wir uns am Brautag ähnlich ausgestattet vorstellen.
Die Brauknechte und Braumeister des Rates brachten das große Brauzeug mit, insbesondere die kostspielige Braupfanne. Ebenso wie die Kühlfässer war sie aus Kupfer. Sie hatte eine Größe von rund vier Metern in der Länge und 1,50 Meter in der Tiefe,
sowie eine Höhe von mindestens 40 Zentimeter. Der Holzschnitt aus dem Till-Olden-Spiegel von 1515 zeigt den Schalk als Brauknecht in Einbeck. Die rechteckige, auf Pfanneisen aufgeständerte Braupfanne ist gut zu erkennen.
In einer solchen Pfanne konnten 2300 Liter Bier gebraut werden. Für ein Gebräu mit 15 bis 18 Fässern, 416 Litern, wurden drei Durchgänge benötigt. Zunächst mussten die Pfanneisen auf die häusliche Herbstelle am Brandgiebe
gestellt werden. Dann konnte die Braupfanne aufgesetzt werden. Von diesem Pfannenherd haben sich keine archäologischen Spuren erhalten. Wohl aber von dem großen Feuerplatz. Nach den archäologischen Untersuchungen der letzten 25 Jahre vor Andreas Hege und von Stefan Teuber befanden sich
diese großen, ebenerdigen Feuerstellen seit dem ausgehenden Mittelalter fast immer hinter der Stube mitten vor dem gemeinsamen Brandgiebel. Dies hatte den Vorteil, dass der Stubenofen den Rauchkasten der ebenerdigen Feuerstelle mitnutzen kommt.
Der Rauchkasten dürfte in seiner Grundfläche genau mit den Maßen von Braupfanne und Herdstelle übereingestimmt haben. Der Rauch zog also direkt über der Feuerstelle ab. Durch den Rauchkasten durften laut Polizeiordnung keine Holzteile der Fachwerkkonstruktion geführt
werden. Er konnte also nur zwischen den beiden zwingend erforderlichen Längsunterzügen angeordnet werden. Die dem Rauchkasten zugewandte Stubenwand und Kammerwand waren überwiegend bis heute in den Verlauf dieser Unterzüge integriert.
Der Rauchkasten lag also genau zwischen Stube und Schlafkammer. Zusammen bildeten sie eine in die Diele gehängtes Zwischengeschoss. Dadurch konnte die Kammer auch ohne Öfen allein durch den senkrecht aufsteigenden Rauchkasten leicht temperiert werden. Da zusätzlich Wasser für den
Hopfenkessel und das Meichen des Malzes bereitgestellt werden musste, wurde innerhalb der Diele eine zweite Nebenfeuerstelle eingerichtet. Sie war deutlich kleiner und wurde nur temporär über die Zeitspanne des Gebräus, also maximal zwei bis vier Tage im Jahr, genutzt. Dort wurde dann vermutlich
auch gekocht. Der Rauchkasten der Rauchkasten endete auf Höhe der Dachbalkenlage. Dort finden sich bis heute mit identischen Abmessungen komplette Räucherkammern wie bei Marktplatz 31 von 15 und 51.
Das dürfte kein Zufall sein. Möglicherweise endeten die Rauchkästen in den Räucherkammern. Bei dem Dielenhaus Altendorfer Straße 29 aus der Mitte des 16. Jahrhunderts zeichnet sich am Brandgiebel und der Decke auf dem ersten Dachboden der einstige Umfang
der Räucherkammer gut ab. Nun werden Sie mit Recht fragen, warum man überhaupt hölzerne Rauchkästen wählte. Die Polizeiordnung von 1573 legte fest, dass der Pfannenherd nicht in zwei aufeinanderfolgenden Nächten betrieben werden durfte.
Wenn am frühen Morgen mit dem Anfeuern begonnen wurde, dann mussten die drei Durchgänge bis zum Abend des Folgetages abgeschlossen sein, also in maximal 36 Stunden. Nur so konnte man die Polizeiordnung bei maximaler Ausnutzung der Brauzeit erfüllen. Der Hintergrund war klar.
Die Bauteile der Rauchkasten und die Herdrückwand durften nicht überhitzt werden. Es handelte sich um eine Maßnahme des Brandschutzes. Außerdem stand der nächste Brauer ja schon parat und wartete auf das große Brauzeug für den nächsten Morgen.
Aber wo lagen die Vorteile? Diese Frage lässt sich recht einfach beantworten. Schauen wir uns die Bauernhäuser in der Region an, so stellen wir fest, dass auch dort sehr lange bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts an Rauchhäusern festgehalten wurde. Ein gutziehender Schornstein hat nämlich auch erhebliche Nachteile.
Er ist nicht nur teurer. Die Abgastemperaturen sind auch deutlich höher. Gerade in der Einschnürung, also dort der Rauchhauben am Eingang zum Schornstein, entstehen gefährlich hohe Temperaturen. Um 2300 Liter Wasser
mehrfach zum Kochen zu bringen, musste aber ordentlich eingeheizt werden. Außerdem sollte diese Temperatur ja über 36 Stunden gehalten werden. Der Funkenflug war ein enormes Problem für die Stadt, in der es weiterhin auch sehr, sehr viele Strohdächer gab. Das häusliche Leben
auf einer offenen Diele war außerdem schon problematisch genug. Das Letzte, was die Menschen gebrauchen konnten, das war zusätzliche Zugluft. Der Zug eines Schornsteins, der 20 Meter über Fürst geführt wurde, war jedoch erheblich. Den eigentlichen Brauvorgang möchte ich jetzt aus Zeitgründen
nicht näher beschreiben. Entscheidend ist, dass sich alles in der eben erdigen Diele abspielt. Nach der Beigabe des Hopfens in die Würze wurde der fertige Sud ein letztes Mal geläutert. Von den Seibottichen ging es nicht sofort in die Gärfässer. Zunächst musste der Sud heruntergekühlt werden und dies möglichst schnell.
Hierfür dienten die niedrigen, teilweise auch kupfernden Kühlfässer mit ihren großen Oberflächen. Erst dann kamen die Hölzernen, Rinnen und Trichter zum Einsatz, die zum kleinen Brauzeug gehörten.
Nur Wasser. Und jetzt kommen wir zum Schluss. Jetzt kommen zum Schluss die Keller ins Spiel. Die Gewölbekeller unter den Braudielenhäusern entstanden überwiegend im 15. und 16. Jahrhundert als Gär- und Lagerkeller.
In Einbeck sind etwa 500 Keller erhalten. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges dürfen deren Zahl grob geschätzt doppelt so hoch gewesen sein. In der Keller-Ebene haben dennoch wesentlich mehr Zeugnisse des häuslichen Brauens überdauert. Als über der Erde. Nach jedem Abbruch oder Brand
wurden die erhaltenen Gewölbekeller in den Neubau integriert und das bis in die Zeit um 1900. Die Gewölbekeller bildeten den kostbarsten und auch dauerhaftesten Teil des Dielenhauses. Die ältesten, noch spätmittelalterlichen Gewölbekeller lagen im rückwärtigen Bereich des Dielenhauses oder in einem Hinterhaus.
Sei es ein Steinwerk oder ein Seitenflügel. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden auffallend viele und zusätzliche Keller errichtet. Sie liegen durchweg unter der Braudiele des Vorderhauses. Sie nehmen dort vielfach die komplette Haustiefe ein. Lediglich die Tordurchfahrt
blieb in der Regel ohne Unterkellerung. Für diese oft nachträglich eingebauten Keller wurden die bestehenden Keller entweder ergänzt oder abgebrochen. Ich zeige jeweils ein Beispiel aus Gossler und Einbeck für eine gewachsene Kelleranlage. Dort wurden die alten Keller nicht abgebrochen,
sondern lediglich ergänzt oder erweitert. Schreiberstraße 10 aus Gossler rechts und Marktstraße 44 aus Einbeck links. Aber warum entstanden seit dem 16. Jahrhundert unter den Braudielen überhaupt zusätzliche Keller? Allein für Einbeck liegt eine Gesamtschau aller Kelleranlagen
innerhalb der Stadtmauern vor. Ich zeige Ihnen einen Ausschnitt aus dem Kellerplan, den ich im Rahmen einer flächendeckenden Nacherfassung 2008 anlegen konnte. Auffallend sind die vielen, langen Tonnengewölbe direkt unter den Dielenhäusern und oft über deren komplette Tiefe.
Rückwärtig schließen oft deutlich kürzeren, wenn auch höhere und weitere Keller an. Die Tonnengewölbe werden im Scheitelpunkt zur Straße gut belüftet und in der Regel über die älteren, hinteren Keller erschlossen. Ich zeige den Blick in den rückwärtigen Hauptkeller
von Marktstraße 28. Vom Vorderhaus führt ein bequemer Treppenabgang in den Keller unter dem Hinterhaus, im Bild ganz rechts zu erkennen. Von diesem Vorkeller führt ein Durchgang in die Unterkellerung des Vorderhauses im Bild links vom Treppenabgang
zu erkennen. Der vordere Keller unter der Braudele auf der Folie rechts, ist der gleiche Keller, ist deutlich jünger und völlig homogen aus großformatigen Sandsteinquadern errichtet. Der ältere Keller auf der Folie links liegt unter dem Hinterhaus.
An der Schildmauer finden sich Konsolsteine. Dies könnte bedeuten, dass dieser Keller nachträglich eingewirkt wurde. Entscheidend ist jedoch eines. Die beiden Kellerteile hatten vermutlich unterschiedliche Funktionen. Der vordere Keller unter der Braudele diente als Gehrkeller,
der hintere Keller als Lager- und Hauswirtschaftskeller. Dieser These wollen wir im folgenden Kurz nachgehen. Die Zugänge erfolgten immer aus der Braudele im Vorderhaus, unweit der Herdstelle. Die älteren Zugänge sind oft mit bequemen geraden Abgängen ausgestattet.
Die Scheitelhöhen sind mit ein Meter bis zwei Meter heute recht niedrig. Das war aber nicht immer so. Es liegt an der starken Verfüllung vieler Keller in Einbeck. Sie sehen einen Grabungsschnitt der Archäologie durch den Keller von Hullerser Straße 34. Das Fundmaterial in den vielen Schichten
beginnt auffallenderweise erst mit dem frühen 18. Jahrhundert. Also genau zu der Zeit, als das häusliche Brauen flächendeckend aufgegeben und die Keller nach und nach mit Hausmüll verfüllt wurden. Zugleich änderte sich auch die Erschließung
und die Nutzung der Keller. Es handelt sich bei den Gewörbekeller also primär um die alten Braukeller, so wie wir die Dielen auch als Braudielen bezeichnen können. Die eigentliche Scheitelhöhe der Tonnengewörbe im 15. bis 17. Jahrhundert betrug überwiegend zwischen 2,20 Meter und 2,80 Meter.
Es gibt für diese Förderungkeller diverse Erschließungsvarianten, die ich Ihnen schematisch ganz kurz vorstellen möchte. Das rote Sternchen bezeichnet den Ort der großen Feuerstelle in der Diele für den Pfannenherd. Allen diesen Erschließungsvarianten gemeinsam ist die Nähe zu Feuerstelle. Das Gleiche gilt auffallend
und bezeichnet auch für die kleinen Öffnungen innerhalb der Scheitellinie der Gewölbe. Nur die Keller unter den Braudielen weisen diese Deckenöffnungen auf und das immer in unmittelbarer Nähe zur ehemaligen Herdstelle auf der Diele. Ich zeige Ihnen
eine dieser typischen Deckenöffnungen am Beispiel Altendorfer Straße 25. Die Öffnung ist nach oben zur heute völlig verbauten Diele mit einer Sandsteinplatte abgedeckt. Viel interessanter sind jedoch die seitlichen Abnutzungsspuren, die wir überall feststellen können. Und da schließt sich der Kreis.
Ich zeige den Blick in ein weniger verfülltes Gewölbe, gleicher Bauart und Lage unter der Diele von Altendorfer Straße 29. In einigen Fällen ist die abdeckende Sandsteinplatte mit einem Loch versehen, wie bei Marktstraße 12. Damit haben wir den undrücklichen Hinweis, wie das fertige Gebräu
von der Braufanne über die Kühlfässer aus der Diele direkt in die Gärfässer im Keller gelangt. Über die bereits erwähnten Trichter, Rohre und Rinnen wurden die großen und fest installierten Gärfässer unter Zugabe von Hefe befüllt. Da es keine entsprechenden Fässer mehr gibt,
zeige ich Ihnen den Blick in den Keller einer ehemaligen Einbecker Brandweinbrennerei im Hause von Altendorfer Straße 30. Von entsprechender Größe dürften wir uns die Gärfässer in den Bierkellern vorstellen. In einem Inventar von 1578 zum Gärkeller auf dem Möncherhof an der Hullerser Straße
werden 33 dieser sogenannten Kölbfässer gelistet. Es verwundert daher nicht, wenn die Keller unter den Braudielen Längen von 10 bis 20 Metern aufweisen. War der Gärprozess abgeschlossen, erfolgte die Befüllung
der Lager- und Transportfässer. Das geeichte Fassungsvermögen dieser Fässer wurde für Einbeck mit 390 Litern bei Feise und mit 416 Litern bei Hege berechnet. Andreas Hege hat zudem den archäologischen Nachweis erbringen können. Im Zuge seiner Tätigkeit
als Einbecker Stadtarchäologe hatte er eine Fasskloake, sekundär verbauter Einbecker Biertonnen ergraben. Aber wie wurden dieser Fässer nach der Lagerung aus dem Keller befördert? Immerhin brachten sie ein Füllgewicht von einer halben Tonne auf. Entscheidend hierfür war ein bequemer
und vor allem gerader Treppenlauf, um die sogenannten Bierleitern nutzen zu können. Ich zeige eine solche Treppe mit einem Beispiel aus Goslar, nämlich Schreiberstraße 10. In Goslar gab es zusätzlich sogar die für Einbeck noch nicht hinterfragte Unterstützung durch eine Winde. Hierzu zeige ich ein von Mitov
dokumentiertes Beispiel von Bergstraße 4. Die Winde im Vordergrund rechts ermöglichte die Fässer aus dem Keller über die Kufen der Bierleiter entweder beim Rollen zu sichern oder gleich hinaufzuziehen. Sie sehen im Hintergrund der Umlenkrolle die beiden geschlossenen Flügeltüren zum Kellerabgang
von Bergstraße 4 innerhalb der großen Diele des Vorderhauses. Damit wäre auch hier der Kreis geschlossen und wir kommen abschließend zum Resumé. Die Häusern sind in allen norddeutschen Städten vom 13. bis 17. Jahrhundert vertreten.
Es sind die Häuser der Vollbürger. Ob schon multifunktional werden sie vom häuslichen Brauen entscheidend geprägt. Sie sind immer dann erforderlich, wenn über den Eigenbedarf hinaus im Neben- oder Hauptgewerbe Bier produziert wird. Das Haus Marktstraße 10
in Einbeck aus der Mitte des 16. Jahrhunderts steht für die redessentzeitliche Weiterentwicklung mittelalterlicher Dielenhäuser. Nicht die Diele alleine, sondern eine komplexe Verbindung unterschiedlicher Funktionen in einem Haus bestimmen diesen Haustyp. Das Wohnen wird bei Marktstraße 10 in das Zwischengeschoss
und den Seitenflügel integriert. Beim häuslichen Brauen verbleiben alle Produktionsschritte bis auf das Schroten des Malzes unter einem Dach, also vom Melzen bis zur Abfüllung des fertigen Bieres. Die zentrale, ebenerdige Diele mit der integrierten oder angeschlossenen Herdstelle für die temporäre Braufanne
wird durch rauchfreie Speicherstockwerke, luftige Dachböden, geräumige Gär- und Lagerkeller notwendigerweise ergänzt. Vergleichen wir Dielenhäuser des 16. Jahrhunderts in Einbeck, Goslar und Lübeck, bestellen wir bei allen Unterschieden
auch Gemeinsamkeiten fest. Gemeinsamkeiten, die vom häuslichen Brauen bestimmt werden. Ich sage das Haus Schreiberstraße 10 mit der rekonstruierten Fassade im Zustand 1518 und daneben das Haus Münsterstraße 10 von 1548.
In beiden Häusern gruppiert sich alles um die zentrale Diele. Die Stube und Herdstelle liegen über dem Halbkeller. Über der Diele erstreckt sich ein Speicherstockwerk. Durch die Diele führt ein Torweg in den Hof. Unter der Diele liegen womöglich zusätzliche Keller. An die Diele können sich weitere Räume,
auch die älteren Steinwerke oder die jüngeren Seitenflügel anschließen. Als Beispiel aus Lübeck wähle ich Warnstraße 33 nach Aufstockung des mittelalterlichen Kernbaus im Jahre 1572. Als Vergleich für Einbeck nehme ich das Haus Tidexerstraße 19
von 1544. Obwohl das Dachwerk zu niedrig rekonstruiert wurde, zeigen die beiden Längsschnitte durch Vorderhaus und Seitenflügel doch eine hohe Übereinstimmung. Sicher, die Lübecker-Dielenhäuser sind giebelständig
und aus Backstein massiv gemauert. Dennoch Größe und Raumprogramm sind vergleichbar. Besonders deutlich wird es bei einem Querschnitt zum Lübecker-Beispiel Warnstraße 33. Ebenfalls inmitten der Dielendurchfahrt liegt der Aufzugschacht
mit der Radwinde oben im Dachfürst. Da aufgrund der massiven Bauweise mit Malzdarren gearbeitet wurde, ist der Dachraum deutlich kleiner als in Einbeck. Dafür verfügen die Lübecker Brauhäuser über zwei Speicherstockwerke. Hier liegt der Unterschied zwischen dem nebengewerblichen Haus Braun in Einbeck
und dem hauptgewerblichen Braun in Lübeck. Das norddeutsche Dielenhaus im 15. und 16. Jahrhundert als Braudielenhaus zu bezeichnen erscheint mir daher durchaus gerechtfertigt. Damit schließe ich meinen Vortrag.
Ich bedanke mich vielmals für ihr Durchhaltevermögen und ihre Bereitschaft, meinen Ausführungen zu folgen. Ich hoffe, es war für Sie nicht nur anstrengend. Vielleicht konnte ich Ihnen auch einen neuen Blick auf den historischen Hausbau in unserer Region eröffnen. Denn nur was man weiß,
wird man auch sehen. Und da ich längst nicht alles weiß, habe ich vermutlich bei meinen Streifzügen durch die Einbecker Häuser auch vieles übersehen. Aber so ist das nun mal. Auf Wiederholung.