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Environmental Protection as an International Mission

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Environmental Protection as an International Mission
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340
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Transcript: German(auto-generated)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es ist kaum mehr als zehn Jahre her, da schien das Thema Umweltschutz hierzulande für Fantasten reserviert. Ich kann mich noch gut daran erinnern, und seitdem habe ich nicht nur auf diesem Gebiet erfahren,
welche Last sich aus verschleppten Reformen ergeben kann. Wir sind nun in den letzten Jahren Zeugen eines Bewusstseinswandels von geschichtlicher Auswirkung.
Industrielle und technologische Revolution sowie wirtschaftliches Wachstum haben die menschlichen Möglichkeiten in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß erweitert. Gleichzeitig wird jedoch immer deutlicher, dass dieser Prozess zu schweren Schäden
der physischen und sozialen Umwelt führt, die die Existenz des Menschen gefährden. Der Ausnutzung von Rohstoffen und Technologien sind grenzengesetzt. Zunehmend wird deutlich, dass die Schäden an den Staatsgrenzen nicht Halt machen.
Insofern sind die Verschmutzung des Bodensees und das Fischsterben im Rhein, um zwei sehr naheliegende Beispiele zu nennen, richtig eingeordnet worden. Auch nimmt die Zahl derer zu, die sich klar zu machen wissen,
dass krisenhafte Verschärfungen der Umweltsituation in anderen Teilen der Welt uns nicht gleichgültig lassen können. Hier wie anderswo spürt man, dass Probleme, die heute noch weit entfernt scheinen,
schon morgen bei einem selbst auftreten können. Und es ist eben nicht Science Fiction, wenn wir hören, dass man in Tokio schon mit automatisierten Überwachungs- und Warnsystemen arbeitet, um die Bevölkerung vor plötzlich auftretenden Konzentrationen gefährlicher Schadstoffe zu schützen.
Der gewandelte Stellenwert des Umweltproblems und der tiefgreifende Bewusstseinswandel in der Welt
kommen auch dadurch zum Ausdruck, dass die Vereinten Nationen, wie wir wissen, dieses Thema aufgegriffen haben und in diesem Monat in Stockholm eine der größten Konferenzen ihrer Existenz veranstalteten. Ihr Motto, Only One Earth, nur eine Erde zeigt, worum es geht.
Es handelt sich nun nicht darum, die Welt das Umweltgruseln zu lehren, sondern es gilt, die Warnungen vor programmiertem Selbstmord so ernst zu nehmen, wie sie sind.
Nicht, um vor den ernsten Gefahren zu resingieren, sondern um durch eine nüchterne Bestandsaufnahme rasch genug zu geeigneten Problemlösungen zu kommen.
Meine Damen und Herren, Umweltpolitik erfordert ein konsequentes Umdenken und verlangt die Änderung eingefahrener Gewohnheiten, und zwar in doppelter Weise. Wir müssen lernen, die Umweltgefahren als ein weltweites,
zugleich fast alle Bereiche des Lebens umfassendes Problem zu begreifen. Und wir müssen prüfen, ob unser gesellschaftliches Wertsystem der Forderung nach einer angemessenen Qualität des Lebens standhält.
Nachdem man sich jahrelang darauf beschränkt hatte, einzelne Symptome isoliert zu betrachten, beginnt nun das Verständnis dafür zu wachsen, dass zwischen den Faktoren, die die Umwelt des Menschen bestimmen,
vielfache Verbindungen und Abhängigkeiten bestehen. Ein wichtiges Indiz für die besonderen Gefahren der Umweltverschmutzung ist die Tatsache, dass Schäden, die durch Emissionen oder durch Eingriffe in die Biosphäre entstehen,
nicht nur dort auftreten, wo sie verursacht werden. Das heißt nicht nur, wer den Oberlauf eines Flusses verunreinigt, schädigt damit fast automatisch die Bewohner am Unterlauf, sondern es heißt beispielsweise auch, durch DDT verursachte Schäden
können sich teils direkt, teils durch Wechselwirkung mit anderen Prozessen in Gebieten zeigen, in denen dieses Insektenschutzmittel nie verwendet worden ist. Die Auswirkungen von Umweltschädigungen erscheinen,
wie das eben genannte Beispiel DDT zeigt. Diese Auswirkungen erscheinen, so will ich sagen, jedoch häufig nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich verschoben, sodass eine erhebliche Zeitspanne
zwischen der Verursachung und der schädlichen Wirkung liegen kann. Die Gefahren werden häufig erst erkannt, wenn sie sich bereits millionenfach vervielfältigt haben. Man sollte daraus die Lehre ziehen, dass es insgesamt schon viel später ist,
als wir denken möchten. Maßnahmen, die wir heute ergreifen, werden unheilvolle Prozesse unter Umständen erst in Jahren unter Kontrolle bringen können. Ich will allerdings gleich hinzufügen, worüber ich vorhin mit Herrn Oberbürgermeister gesprochen hatte
zu meinen schönsten Erlebnissen und Eindrücken der letzten Wochen gehört auch, wie ich mich bei Gesprächen in England kürzlich davon habe zu überzeugen können, dass bestimmte Aspekte des Umweltschutzes, namentlich das Wiederreinmachen von Flüssen und Seen,
auch rascher gehen kann, als man noch vor wenigen Jahren glaubte, dass es gehen könnte. Auf die Notwendigkeit, Umweltprobleme weltweit und langfristig zu sehen, hat der jetzt viel genannte Club von Rom in seinem Bericht zur Lage der Menschheit
sehr eindringlich hingewiesen. Dieser globale Aspekt hat nicht nur das Team des MIT bei der Berechnung seines Weltmodells, sondern beispielsweise auch die britischen Wissenschaftler beschäftigt,
die Anfang dieses Jahres ein Blueprint for survival, das heißt ein Konzept für das Überleben der nächsten Generationen veröffentlicht haben. Die Einsicht in die schädlichen Auswirkungen eines einseitig quantitativ orientierten Wachstums
ist rasch über den Kreis der Theoretiker hinaus gedrungen. Ich denke hier, was die Bundesrepublik Deutschland angeht, unter anderem an die vierte internationale Tagung der Industriegewerkschaft Metall in Oberhausen,
auf der zu dieser Einordnung der Umweltprobleme Wesentliches gesagt wurde. Selbstverständlich wird ein so komplexes Thema kontrovers diskutiert, denn wir stehen ja erst am Anfang einer intensiven Erforschung der Umweltbedingungen.
Man wird deshalb auch über die Bewertung einzelner Fakten streiten können, aber über eines, glaube ich, sollte man nicht streiten. Einerlei, ob gewisse katastrophale Folgen der Umweltverschmutzung
in 10, 50 oder 100 Jahren eintreten. Ob die Erschöpfung bestimmter Hilfsquellen schon in der nächsten Generation oder erst später zu verzeihen sein wird, es geht, meine Damen und Herren, um nicht weniger als darum,
den Zusammenbruch unseres ökologischen Systems zu verhindern. Dazu bedarf es fundierter Kenntnisse der weltweiten Zusammenhänge zwischen Rohstoffreserven,
Nahrungsmittelproduktion, Bevölkerungswachstum, Industrialisierung und Umweltverschmutzung, um nur die wichtigsten Faktoren zu nennen. Die Interdependenz dieser Größen ist in letzter Zeit wiederum sehr eindrucksvoll durch die Untersuchungen des Club von Rom belegt worden.
Auch wenn man anmerken muss, dass es sich dabei nur um vorausgeschätzte mögliche Entwicklungen handelt, deren Voraussetzungen noch kritisch zu überprüfen sind, darf festgehalten werden,
dass die Rohstoffvorkommen endlich sind. Dass die Möglichkeiten, mit oder ohne Pestizide so viele Nahrungsmittel zu produzieren, dass davon eine explosionsartig ansteigende Bevölkerung ernährt werden kann, begrenzt sind.
Und dass eine ständige, einseitig orientierte Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums angesichts der bereits jetzt sichtbaren Umweltschäden schwere Gefahren zur Folge hat,
die ohne eine Änderung der Konsumgewohnheiten nicht bewältigt werden können. Wir sind gewarnt, wenn ich es recht verstehe, und es ist nun die Aufgabe,
nicht nur die vorhandenen Daten in unser politisches Koordinatensystem einzuordnen, sondern daraus dann auch ohne ungebührliche Verzögerung neue Prioritäten abzuleiten.
Hinter uns liegt die schmerzliche Erfahrung, dass ein hoher technischer Standard Verletzungen der Menschenwürde nicht aufhebt und neue nicht ausschließt. Es ist logisch, dass national und international verlangt wird,
Umweltschutz in die Grundrechte einzubeziehen. Aber machen wir uns nichts vor. Umweltschutz ist nicht gratis zu haben.
Und wenn man wirklich eine bessere Qualität der Lebensbedingungen verwirklichen will, dann muss man Antworten auf die Fragen finden, die sich aus der engen Verflechtung von ökonomischen Interessen und Umweltschutz ergeben.
Isoliert wirtschaftliche Rationalität ist gewiss nicht in der Lage, gesamtgesellschaftliches Wohlergehen zu sichern. Es bedarf mit anderen Worten zusätzlicher gemeinschaftlicher Anstrengungen,
um die Lebensgrundlagen zu festigen. Umweltschutz ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die es gegen den Widerstand vielfältiger Sonderinteressen durchzusetzen gilt. Und die deshalb eine möglichst breite Zustimmung braucht.
Dazu müssen viele Menschen begreifen, dass jeder Verursacher von Umweltschäden im Grunde auch Opfer der von ihm geschaffenen Zustände ist. Alle sind für die Umwelt, in der sie leben, mitverantwortlich.
Vor allem muss ich die Erkenntnis stärker durchsetzen, dass sich der private Wohlstand aus zwei Komponenten zusammensetzt. Einer individuellen und einer gemeinschaftlichen Komponente, und dass die zweite immer mehr Bedeutung erhält.
Wenn aus dieser Erkenntnis nicht rasch genug Konsequenzen gezogen werden, drohen über einen inhumanen Materialismus hinaus schwere Störungen der gesellschaftlichen Ordnung. Damit ich recht verstanden werde, meine Damen und Herren,
wir brauchen Leistung, damit wir die Aufgaben der Zukunft meistern, damit wir ihnen gerecht werden können. Aber wir werden unseren Scharfsinn in steigendem Maße darauf verwenden müssen, wie wir von einer bloßen Wachstumsmaximierung
zu einer ausgewogenen Wachstumsoptimierung gelangen können, oder mit anderen Warten zu besseren Lebensbedingungen. Für die Wissenschaft und für die praktische Politik ergeben sich neue Fragestellungen und Aufgaben.
Vor allem ist zu fragen, wie erreicht man die optimale Nutzung begrenzter Ressourcen. Ich will gleich hinzufügen, dass ich nichts mit jenen Umweltschützern übereinstimme, die voreilig, meiner Meinung nach voreilig, ein Nullwachstum propagieren.
Ich meine, diese Forderung muss allen jenen Gruppen und Ländern wie Hohen erscheinen, die in Armut leben und durch Entwicklung die wirtschaftliche Grundlage einer menschenwürdigen Existenz schaffen wollen.
Es geht meiner Meinung nach nicht darum, das Wachstum anzuhalten, sondern es umzustrukturieren. Dies bedeutet, dass wir als Bestandteil vernünftiger Umweltplanung
das Wachstum bei bestimmten Produkten drosseln, bei anderen zum Beispiel umweltfreundlichen Produkten, aber weiter steigern müssen. Nun wird, meine Damen und Herren, mit Recht eingewendet,
eine solche Vorstellung sei schon deshalb unrealistisch, weil man weder bei uns noch in anderen Ländern damit rechnen könne, dass sich das Umweltbewusstsein bei allen Produzenten gleich stark entwickeln werde.
Das ist sicher so. Und deshalb müssen, es führt daran kein Weg vorbei, Umweltvorschriften entwickelt werden, die nach Möglichkeit Wettbewerbsverzerrungen und Handelshemmnisse vermeiden.
Dies dürfte nach unseren Erfahrungen, zum Beispiel mit der Steuerharmonisierung, schon im Bereich der westeuropäischen Gemeinschaft ein dorniges Problem sein.
Trotzdem wird es nicht nur regional, sondern weltweit zum Prüfstein für den Willen zur Gemeinsamkeit in Existenz fragen. Hinzu kommt dies. Umweltschutz nur für die hochindustrialisierten Länder
wäre eine sehr kurzsichtige Lösung und außerdem moralisch nicht vertretbar. Auch in den Entwicklungsländern kommt es durch die einseitige Bodennutzung, die konzentrierte Anwendung chemischer Stoffe und durch die beginnende Industrialisierung
zu Umweltschädigungen, die sich in den kommenden Jahren vermutlich noch verstärken werden. Dass die Entwicklungsländer die bisherige Umweltschutzpolitik der Industrieländer als einen Versuch zur Erhaltung ihrer ökonomischen Vormarktstellung missverstanden haben,
liegt sicher nicht nur daran, dass der Nord-Süd-Konflikt mit so viel Emotionen beladen ist. Ohne wirksame Maßnahmen zur Eindämmung der Bevölkerungsexplosion
und ohne eine durchdachte und substanzielle Hilfe, mit der man den Entwicklungsländern von vornherein möglichst wirksam beim Aufbau umweltfreundlicher Produktionsverfahren beistehen kann,
wird der Umweltschutz in den Entwicklungsländern eine halbe Sache bleiben. Fachleute sagen uns, dass es kaum Chancen gibt, die Bevölkerungsexplosion noch in diesem Jahrhundert zu stoppen.
Wo es im Bereich von Bildung, Beschäftigung, Ernährung, sozialer Sicherung und Gesundheitsdienst am nötigsten fehlt, hat Familienplanung keine Chance.
Und wo Familienplanung nicht wirksam werden kann, gibt es wenig Fortschritt in Bildung, Beschäftigung, Ernährung, sozialer Sicherung und Gesundheitsdienst. Noch kontrolliert ein Drittel der Weltbevölkerung etwa 85 Prozent des Weltkapitals
und verbraucht mehr als 80 Prozent der Energie- und Rohstoffproduktion. Solange diese Relationen bestehen, wird es schwer bleiben. Wir müssen die Entwicklungsländer mit unseren Vorstellungen von einer besseren Qualität des Lebens vertraut machen.
Aber, und das gilt für alle Seiten, niemand kann sich vor der Erkenntnis verschließen, dass die Welt unteilbar geworden ist. Wir können uns schon deshalb unserer weltweiten und regionalen Verantwortung nicht entziehen.
Der Europäischen, der Westeuropäischen Gemeinschaft kommt wegen ihrer wirtschaftlichen und politischen Bedeutung auch im Bereich des Umweltschutzes eine Schlüsselfunktion zu. Das Schreiben Seko Mansholz vom Februar dieses Jahres
an den damaligen Präsidenten der Europäischen Kommission, Herrn Malfati, ist ein bemerkenswerter Versuch, die Rolle der Europäischen Gemeinschaft auch in diesem Sinne neu zu definieren. Ich kann, ich will es ganz offen sagen, Mansholz in einer Reihe von Punkten nicht folgen.
Aber ich bin mit ihm der Meinung, dass wir uns über die soziale Dimension der Europäischen Gemeinschaft Klarheit verschaffen sollten. Und ich bewundere übrigens, ohne wie gesagt in allen Einzelheiten mit ihm einer Meinung zu sein,
ich bewundere trotzdem den Mut, mit dem er Mansholz gleich einer ganzen Herde heiliger Kühe zu Leibe rückt. Die Forderung, den Zivilisationsplunder über Bord zu werfen, wie Georg Picht in einer Würdigung der Mansholz schon Vorschläge formuliert hat,
braucht man sich nicht in extremer Auslegung zu eigen zu machen. Aber notwendig ist es, wie ich schon dazu legen versuchte, den privaten Verbrauch in ein vernünftiges Verhältnis zu bringen,
zu den Gemeinschaftsaufgaben wie soziale Sicherung, Bildung und Infrastruktur und zu den weiten immateriellen Gütern wie kulturelle Entfaltung, Freizeitgestaltung und Erholung.
Der Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen dienen nach Mansholz Konzept, wie mancher hier wissen wird, Vorschläge zur Förderung umweltfreundlicher Technologien, zur Verlängerung der Lebensdauer von Investitionsgütern
und zur Entwicklung eines umweltschützenden Produktionssystems. Ich meine nun, dass eine möglichst breite Diskussion über die Sicherung unserer Lebensgrundlagen dazu beitragen wird, die Bereitschaft zu gemeinsamen Handeln zu fördern.
Wir brauchen eine Harmonisierung der Umweltpolitik, die Wettbewerbsverzerrungen verhindert und dafür sorgt, dass es keine billigen Flaggen des Umweltschutzes gibt.
Hier kommt Graf Berner dort, wenn ich von den billigen Flaggen spreche, ja ein Vergleich aus der Seefahrt hinein. Und ich bin insofern dankbar, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass ich als ganz junger Mann auch in dieses Geschäft einmal hineingerochen habe. Wir brauchen außerdem koordinierte Maßnahmen zur Beseitigung von Umweltschäden.
Ich begrüße es deshalb, dass sich die in Empfehlungen der Europäischen Kommission entwickelten Vorstellungen in wesentlichen Teilen mit denen des deutschen Umweltprogramms,
das ja noch verhältnismäßig jung ist, aber man muss es ja decken. So bekennt sich die Europäische Kommission ebenso wie wir in der Bundesrepublik zum Verursacherprinzip. Die Partner der Europäischen Gemeinschaft werden gemeinsam prüfen müssen,
welche Maßnahmen vordringlich in Angriff genommen werden sollen. Und man wird sich auch zu fragen haben, ob die rechtlichen Möglichkeiten der Europäischen Gemeinschaft ausreichen. Dabei werden wir nicht in jedem Fall Gemeinschaftslösungen abwarten können, wenn es gilt, akute Umweltgefahren im eigenen Lande zu bekämpfen.
Wir brauchen auch eine gesamteuropäische und eine internationale Kooperation auf dem Gebiet des Umweltschutzes. Die Probleme der Umweltverseuchung stellen sich ja in Wirklichkeit
unabhängig von den Gesellschaftssystemen. Und gerade auf diesem Gebiet sollte die Zusammenarbeit nicht durch ideologische Schranken beeinträchtigt werden. Dies ist umso notwendiger als Umweltfragen, neue Konfliktstoffe
im Verhältnis der Staaten zueinander aufwerfen. Hier gilt es, zeitig genug Vorkehrungen zu treffen, um aufkommende Konflikte mit Hilfe geeigneter Verfahrensweisen und internationaler Organisation
auf friedlichem Wege auszutragen und zu regeln. Doch lassen Sie mich meine Damen und Herren gleich hinzufügen. Ein globales technokratisches Weltmanagement, das den Vertretern des Club von Rom offenbar vorschwebt,
erscheint mir nicht erfolgversprechend. An den politischen Realitäten von heute kann man mit Aussicht auf Erfolg nicht vorbeiplanen. Die Lösung dieser Fragen sollte soweit irgend möglich im Rahmen der bestehenden
internationalen Organisationen gesucht werden. Ihre vorhandenen organisatorischen Möglichkeiten müssen allerdings effektiver genutzt werden. Dies erscheint mir rationeller als neue Institutionen zu schaffen. Dabei ist es notwendig und hoffentlich auch möglich, gemeinsame Auffassungen
über Prioritäten zu entwickeln und langfristige Ziele festzulegen. Ein wichtiger Auftakt zu weltweiten Bemühungen um eine bessere Qualität des Lebens, der Lebensbedingungen, war die Stockholmer Umweltkonferenz, die vor gut einer Woche zu Ende gegangen ist.
Ich bedauere, dass es nicht gelungen war, die Schwierigkeiten auszuräumen, durch die sich die Sowjetunion und andere Staaten des Warschauer Paktes an der Teilnahme gehindert sahen. Aber ich gehe davon aus, dass die Differenzen, die mit der Sache selbst nichts zu tun haben,
beigelegt werden können und dass die Arbeit zum Wohle der Menschen in Ost und West bald mit allen in der Organisation der Vereinten Nationen vertretenen Staaten fortgesetzt werden kann.
Die in Stockholm verabschiedete Erklärung zur Umwelt des Menschen erscheint mir als Grundlage dafür sehr geeignet. Sie setzt Orientierungspunkte für ein noch zu schaffendes neues Völkerrecht auf dem Gebiet des Umweltschutzes.
Und sie bildet die Basis und den Rahmen für den Aktionsplan, in den die zahlreichen Empfehlungen der Arbeitsgruppen einfließen. Ich nenne als Beispiel die Empfehlung zur Verstärkung der Umweltforschung und zum System der Erdwacht,
mit deren Hilfe weltweite Umweltschäden ermittelt und kontrolliert werden. Weiterhin die Empfehlung, dass Abfallstoffe nicht auf hoher See versenkt werden sollen. Und auch die Empfehlung, dass Umweltschutz nicht zulasten der Entwicklungshilfe gehen darf.
Der auf Vorschlag von Präsident Nixon auch mit deutscher Unterstützung geschaffene Umweltfonds ermöglicht den Aufbau weltweiter Überwachungs- und Informationssysteme. In Stockholm ist also unter den 114 anwesenden Staaten immerhin ein Konsensus hergestellt worden,
der die Entwicklung positiv beeinflussen kann. Es ist zu hoffen, dass die Vollversammlung der Vereinten Nationen die Empfehlungen der Arbeitsgruppen annimmt,
der Umweltschutzwerte der Weltorganisationen neue Impulse geben. Dabei werden der neue Governing Council und das Umweltsekretariat die weltweiten Initiativen auf dem Gebiet des Umweltschutzes koordinieren, konsolidieren und weiter vorantreiben müssen.
Die Bundesrepublik Deutschland ist, daran möchte ich keinen Zweifel lassen, zu einem aktiven Beitrag in diesen Gremien bereit. Aber meine Damen und Herren, wenn ich auch dies noch sagen darf, täuschen wir uns bitte nicht. Die jetzt in Gang gekommenen Aktivitäten werden bei weitem nicht ausreichen,
um den unheilvollen Prozess der Zerstörung unserer Umwelt aufzuhalten. Diese Aktivitäten stehen aber immerhin am Anfang eines weltweiten Bewusstseinswandels,
den es mit allen Kräften zu fördern gilt, um die Richtung abzustecken. An der sich unsere Bemühungen in Zukunft zu orientieren haben, möchte ich hier wiederholen dürfen, was ich im November 1970 in Bonn zum Abschluss des europäischen Naturschutzjahres gesagt habe.
Ich sagte damals, wir müssen künftig auf manches verzichten, was zwar ökonomisch rentabel, aber gesellschaftlich bedenklich ist.
Und wir müssen manches, was ökonomisch als unrentabel erscheinen mag, gesellschaftlich durchsetzen. Das ist die meiner Meinung nach notwendige Orientierung. Es ist jedenfalls das Problem. Sicher ist unsere freiheitliche Gesellschaft durchaus wandlungsfähig.
Aber die Schwierigkeiten wachsen zunächst schneller als die Fähigkeiten und die Möglichkeiten der Politik, sie zu lösen. Umweltfragen sind heute in Wirklichkeit noch Neuland für uns alle oder fast alle.
Sie sind eine Herausforderung für alle, die politische Verantwortung tragen. Und das nicht nur für die Politiker, sondern die, die politische Verantwortung tragen, sind die Bürger überhaupt.
Und es sind nicht zuletzt die Wissenschaftler, die ich von hier aus eindringlich um verstärkte Mithilfe bitten möchte. Wir brauchen Ihre Forschungsergebnisse und Ihren Rat, damit wir unsere Entscheidungen auf möglichst solide und breite Kenntnisse stützen können.
Und wir brauchen auch Ihr Engagement in der Öffentlichkeit. Es scheint mir bemerkenswert, dass sich die Wissenschaftler des MIT, die ich ja schon ein paar Mal erwähnt habe, wenn ich Club von Rom sagte, dass es scheint mir bemerkenswert, dass Sie sich mit Ihrem Buch über die Grenzen des Wachstums
bewusst an die Öffentlichkeit und nicht an ein wissenschaftliches Publikum gewandt haben. Sie waren der Meinung, dass die Folgen, die sich aus Ihrer Untersuchung ergeben, jetzt zitiere ich Sie selbst,
weit über den Inhalt einer rein wissenschaftlichen Schrift hinausreichen. Damit haben diese Wissenschaftler bewusst den Dialog mit der Politik und mit all denen gesucht, die täglich Entscheidungen, Fällen und Meinungen bilden, welche die physikalischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse
auf der Welt für Jahrzehnte beeinflussen können. Ich bin dankbar für ein solches Angebot. Der Weg der Wissenschaft in die öffentliche Verantwortung folgt der Überzeugung, dass Katastrophen verhindert werden können,
wenn alle, die es angeht, rechtzeitig über die notwendigen Informationen verfügen. Das war, meine Damen und Herren, bei der Atombombe nicht der Fall. Aber gerade die Entwicklung auf diesem Gebiet hat die Wissenschaft in ihrem Selbstverständnis doch wohl wesentlich beeinflusst,
wenn nicht in manchen Bereichen sogar entscheidend verändert. Wir sollten ihr gesellschaftspolitisches Engagement für eine bessere Qualität des Lebens sehr ernst nehmen.
Verantwortliche Umweltpolitik braucht geschärfte wissenschaftliche Arbeitsinstrumente und umfassende wissenschaftliche Beratungen.
In immer stärkerem Maße werden daher in Zukunft von der Wissenschaft nicht nur Fachinformationen, sondern Analysen sehr verwickelt da und in einem Kausalverlauf schwer erfassbarer Zusammenhänge zwischen Natur und Gesellschaft verlangt werden.
Dies setzt freilich auch im Bereich der Wissenschaften vielfach ein Umdenken voraus. Sie wird durch ein interdisziplinäres Verhalten bestimmt und durch ein häufig politisch motiviertes Umsetzen in die Praxis ergänzt werden müssen.
Das bei uns in der Bundesrepublik in der Verantwortung von Innenminister Genscher entwickelte Umweltprogramm meiner Regierung, seine Entstehung und Verwirklichung geben bei allen Unzulänglichkeiten, die ich natürlich sehe,
insgesamt ein brauchbares Beispiel dafür, wie der Dialog zwischen Wissenschaft und Politik aussehen kann. Wissenschaftler und Verwaltungssachverständige haben dort zum ersten Mal
für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt eine Bestandsaufnahme erarbeitet, die Grundlage für die Entscheidung des Kabinetts war und zum Beispiel für die von uns erstrebten und trotz allen sonstigen Streits durchgesetzten Änderungen des Grundgesetzes, die wir brauchten, um weiterzukommen. Parlament und Öffentlichkeit konnten sich durch Veröffentlichung dieser Materialien
über alle Voraussetzungen und Annahmen orientieren und diese kritisch überprüfen. Ein unabhängiger Sachverständigenrat für Umweltfragen mit Wissenschaftler verschiedener Disziplinen wurde eingerichtet,
um die Bundesregierung wissenschaftlich zu bemerken und zu wichtigen Fragen der Umweltpolitik Stellung zu nehmen. Meine Damen und Herren, es ist noch Zeit das Steuer herumzuwerfen.
Unsere Bemühungen um eine friedliche Zukunft der Menschheit dürfen nicht bei der Verhinderung bewaffneter Konflikte enden. Wir hätten wenig erreicht, wenn die Menschen in Zukunft nicht mehr durch Kriege,
sondern durch Umweltkatastrophen ungekannten Ausmaßes in ihrer Existenz bedroht würden. Umweltschutz dient daher auch der Sicherung des Friedens. Sie ist, wenn man so will, verlängerte Friedenspolitik.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.