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Ein blindes Huhn ist kein Ponyhof: Mit Schabernack auf Wortschatzsuche

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Ein blindes Huhn ist kein Ponyhof: Mit Schabernack auf Wortschatzsuche
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126
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CC Attribution - ShareAlike 3.0 Germany:
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Der Wortschatz ist das Persönlichste, das wir miteinander teilen können. Sprichwörter und Redewendungen erzeugen Nähe - oder Abgrenzung. Wörter, Sätze und Texte sind neben Bildern die Grundlage der digitalen Kommunikation. Es wird soviel gelesen und geschrieben wie wohl niemals zuvor. Dennoch ist immer wieder von Sprachverfall die Rede. OMG!!! Zu Recht? Ist das Abendland in Gefahr? Werden wir alle durch Social Media zu Sprachstümpern und ruchlosen Verbrechern an unserer Muttersprache? Wibke Ladwig hebt den Wortschatz und lädt zu einem Spaziergang durch die digitalen Refugien der Sprachliebhaber und Wortspielkinder ein.
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MicrosoftComputer animation
Meeting/Interview
ProgrammänderungInternetBucklingMoment (mathematics)
Meeting/Interview
Lecture/Conference
SupremumLecture/ConferenceMeeting/InterviewComputer animation
InternetMeeting/Interview
InternetTwitterLecture/ConferenceMeeting/Interview
AliasingLecture/Conference
WordLecture/Conference
WordVersion <Informatik>Lecture/Conference
Computer animation
Link (knot theory)Musical ensembleComputer animationMeeting/Interview
InternetDiscrepancy theoryEstimationWordLecture/Conference
Computer animation
WordComputer animationLecture/Conference
Lecture/ConferenceMeeting/Interview
WordSource codeComputer animationMeeting/Interview
InternetWordAudio file format
Computer animationLecture/Conference
Computer animationLecture/Conference
WordMeeting/Interview
Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Content (media)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
NoiseGroup actionComputer animation
Software testingWordComputer animation
PlotterInternetWordMoment (mathematics)Hand fanComputer animation
Computer animationLecture/Conference
Well-formed formulaComputer animationDrawingLecture/Conference
Lebendigkeit <Informatik>Computer animationLecture/Conference
TwitterRow (database)Computer animation
Mobile appComputer animation
CurveLecture/Conference
LengthSet (mathematics)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Lecture/ConferenceMeeting/InterviewComputer animation
DialectComputer animation
ForceWordMeeting/InterviewLecture/Conference
FINALE <Programm>Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Lecture/Conference
MicrosoftComputer animation
Transcript: German(auto-generated)
Ich bin Andrea Götzke, stelle mich einfach kurz vor, weil ich jetzt hier bis heute Abend diese Bühne hosten werde.
Der nächste Talk wird sein von Wiebke Ladwig. Magst du einfach schon mal hochkommen? Wiebke wird sprechen. Der Titel ist ein blindes Huhn ist kein Ponyhof. Es geht, es ist ein Talk über Aschabernack und Wortwitz.
Und letztes Jahr wurde dein Talk ja als der populärste von der ganzen Republik gevotet, also von daher kein Wunder, dass der Raum so voll ist. Ja, baue Druck auf, das brauche ich.
Dann eine Sekunde, bevor ich dir die Bühne überlasse, ein kleines Announcment noch für später 16.50 Uhr auf der Stage 1 gibt es eine Programmeänderung, dort wird gerade im Knick, ist doch nicht der Name,
Pranish Prakash aus Indien sprechen, ist Policy Director am Center for Internet and Society and Access to Knowledge und wird über Zensur online und offline sprechen. Das ist eine Programmeänderung, also wird auch gut. Aber jetzt erstmal Wiebke. Ich danke dir.
Ja, liebe Leute, ich freue mich natürlich sehr, dass ihr alle da seid. Wahnsinn, ihr seid irre. Wir haben leider nur eine halbe Stunde Zeit, das hat mich auch irgendwie jetzt total in Druck gebracht. Ich war gar nicht sicher, ob ich es auch wirklich angegeben habe. Ein blindes Huhn ist kein Ponyhof, heute geht es um Wortschatz, Sprachverfall, Sprachwandel
und es gibt auch einen kleinen Hashtag, der bot sich einfach an. Ponyhofgate ist der Hashtag für den Talk jetzt. Ja, es ist so eine Sache mit dem Thema. Es ist entstanden eigentlich so zu gleichen Teilen auf Wanderwegen durch die Eifel,
unter der Dusche und in der Kneipe. Es ist ein Thema, was mir sehr am Herzen liegt und das soll ich sagen. Also ich möchte natürlich über ein Thema, was mir sehr am Herzen liegt, nicht von Menschen sprechen, die nicht guten Herzen sind. Ob ihr die fabelhafte Welt der Amelie gesehen habt, weiß ich nicht. Dort gab es eine kleine Situation, wo ein Galan,
der anhobt, um Amelie zu freien, auf Herz und Nieren geprüft wurde und wie prüft man einen Menschen, man guckt, ob er auch Sprichwörter kennt. Ich möchte jetzt mal gerne wissen, ob ihr auch Sprichwörter kennt. Um einfach zu wissen, ob ich hier vor guten oder vor schlechten Menschen spreche.
Aller Anfang. Oh, das klingt jetzt aber nicht wirklich nach vielen guten Menschen. Aller Anfang. Sehr schön. Das gibt schon ein Fleißbienchen, ohne Frage.
Wer die Wahl hat? Sehr schön. Ja, ich glaube, es sind doch ein paar gute Menschen hier. Probieren wir was anderes. Old MacDonald hat eine Farm. Ha! Super.
Das war jetzt ein kleines wenig. Es war ein wenig, um euch aufs Glätteis zu führen, wobei aber auch eben diese alten Gassenhauer aus der Mundorgel im Prinzip genauso funktionieren wie die Sprichwörter. Sie brennen sich in unseren kollektiven Bild- und Wortschatz ein und deswegen funktioniert das ganz schön. Nichtsdestotrotz hören wir halt immer wieder von Sprachverfall.
Gerade wenn man mit den Menschen spricht, die das Internet momentan noch so aus der Ferne betrachten oder das Ganze vielleicht mit ein wenig Misstrauen beäugen, da kommt dann gleich dieses Meine Güte in diesem Internet. Die Leute verlieren ohnehin richtig zu schreiben. Man sieht das ja. Autokorrektur, die lustigsten Sachen kommen. Es gibt keine
Satzzeichen mehr. Es gibt schreckliche Abkürzungen. Es ist Fetzenliteratur bei Twitter. Es gibt alles nur noch um super, geil und alles mit Ausrufezeichen. Das sagte 2012 Hans Zierdmeier, der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung.
Es ist nicht ganz neu. Die deutsche Sprache, die Nymphe, Germania wurde geschändet, befleckt, beschmiert, zerstückelt, verdreht und zerschnitten. Es ist nicht neu. Es ist tatsächlich von 1640. In der Lamentatio Germania Expirantis, der nunmehr hinsterbende Nymphe Germania elendeste Todesklage.
Schotelius, kennen wir im Prinzip aus der Grundschule, er sorgte dafür, dass das Semikolon etwa Strichpunkt heißt. Er machte aus der Komödie ein Lustspiel. Er beklagte das Übermaß von Fremdwörtern in der deutschen Sprache
und bejammerte ohnehin diesen liderlichen Umgang der Deutschen mit ihrer Muttersprache. Man hätte es fast gestern in der Welt lesen können oder in der FATS. Ihm verdanken wir aber auch so wunderbare Wörter wie den Freigeist und den Dickwanst. Ganz schlecht ist er also nicht. Dennoch, oh Gott, ich bediene mich jetzt hier ein paar Worte von Rimbaud, französischer Dichter.
Mit der Sprache geht es möglicherweise zu Ende. Gucken wir doch erstmal, was macht denn die Sprache eigentlich aus, nämlich auf den Wortschatz. Der Wortschatz besteht der Grundwortschatz der deutschen Sprache besteht aus ungefähr 100 bis 150.000 Wörtern, wobei der Grundwortschatz
einen Kollektivwortschatz meint, den Gebrauchswortschatz. 1880 erschien die erste Auflage des Dudens mit damals 27.000 Stichwörtern. Der Rechtschreibduden, den vielleicht die meisten von euch, die euch irgendwie für Text, Sprache,
Wörter interessiert oder damit beruflich zu tun hat, wird ihn auch auf dem Schreibtisch stehen haben oder aber auch die Online-Version nutzen. Die gedruckte Version Rechtschreibduden hat 135.000 Stichwörter und da ist alles drin, was so wirklich zu diesem Gebrauchswortschatz gehört. Jedes Jahr gibt es ein großes Jammern und Klagen, weil Wörter aus dem Duden fliegen oder andere Wörter wie
Handy beispielsweise in den Duden aufgenommen werden oder SMS. Das hat nichts damit zu tun, dass sie auf den Friedhof geschickt werden. Das ist nur in der Tat so, dass sie nicht mehr so häufig benutzt werden. Das Problem ist im Grunde bei all diesen Wörterbüchern, was ist eigentlich ein Wort?
Das ist eine Definitionsfrage im Grunde. Wir müssen uns überlegen, was macht eigentlich ein Wort aus? Es gibt in der deutschen Sprache ungefähr 300.000 bis 500.000 Grundformen. So etwas wie vielleicht Segeln, wozu dann eben auch ein Elbsegler oder Segelschiff
gehören oder einen, weiß ich nicht, mit Segeln, was der Himmel. Das momentan immer noch umfangreichste Wörterbuch der deutschen Sprache stammt von den Herren Jakob und Wilhelm Grimm. Ja, ja, das sind tatsächlich die Märchengrims.
Die haben damals in 1838 begonnen, die Herkunft und den Gebrauch von deutschen Wörtern zu belegen in diesem Grims Wörterbuch. Es ist nach wie vor online. Den Link, den habe ich auch, wenn ihr euch wundert, dass da manchmal Tweets von mir kommen.
Ich gestehe, ich habe ein bisschen geschummelt. Ich habe ein paar vorprogrammiert. Sie haben damals 1838 begonnen, den Wortschatz zu dokumentieren und 123 Jahre später wurde es dann mit Band 32 beendet. Mit dem schönen Wort wie Z, zu pressen, Zweig. Das haben die Grims natürlich nicht mehr erlebt. Jakob Grimm war der letzte der Grims, der starb und er kam bis Frucht.
Der Rest, der wurde dann eben übergeben und wie gesagt, 123 Jahre später erschien dieses Wort und es beschreibt vor allem den Wortschatz des 19. Jahrhunderts. Kurz zum Wortschatz um 350.000 Wörter, die hat natürlich niemand von uns wirklich
präsent oder eben auch nicht die 100 bis 150.000 Wörter des Gebrauchs-Wortschatzes. Es gibt den aktiven und den passiven Wortschatz. Der passive Wortschatz sind Wörter, die wir kennen und verstehen, aber nicht unbedingt benutzen. Der aktive Wortschatz ist in der Tat der, in dem wir sprechen, den wir ohne Probleme verstehen, wo wir nicht überlegen müssen.
Da gibt es auch viele Unterschiede, also der passive Wortschatz, je nachdem, pro Mensch 3000 bis 216.000 sind so Schätzungen, die ich in diesem Internet gefunden habe. Der aktive Wortschatz, auch da ist die Diskrepanz sehr groß zwischen 1000 und 16.000 Wörter.
Ganz pikant finde ich, Adenauer wird ja nachgesagt, dass er einen relativ kleinen Wortschatz hatte, von 1000 Wörtern. Manche sagen sogar 500. Nur gut, er hat sich ja offensichtlich dennoch ausdrücken können.
Also es kommt nicht unbedingt auch immer auf die Anzahl der Wörter an, sondern auch darauf, welche man benutzt. Um mal zu zeigen, wie die Herren des Wortes, ich habe leider nur Herren gefunden, die Damen sind offensichtlich auch nicht dokumentiert, um hier zu zeigen, Goethe, der absolute Spitzenreiter. Liegt aber auch daran, dass der Mann wirklich wahnsinnig interessiert war und er ist einfach sehr gut dokumentiert.
Er hat sehr viele Schriften hinterlassen und zwar eben nicht nur das, was wir von ihm kennen, also nicht nur Faust 1, 2 und so weiter, sondern eben auch wissenschaftliche Schriften, Schriften aus seiner Zeit im Weimarer Staatsdienst und hat sich wirklich mit allen möglichen Themen beschäftigt und verfügt deshalb über einen sehr umfassenden Wortschatz.
Man sieht aber auch, Trakel, ich liebe Trakel, wenn ihr ihn noch nicht gelesen habt, herrlich, Vergänglichkeit, Tod, Zerstörung. Ach, es ist wunderschön, ihn im Herbst zu lesen, insbesondere November, wenn alles neblig und trüb ist. Wunderbar, man kann richtig schwelgen und man sieht 3800 Wörter, es funktioniert dennoch.
Und es ist eben so, die Sprache befindet sich einfach im Wandel, Wörter werden neu geboren, manche werden einfach zur Tode geschwiegen im wahrsten Sinne des Wortes, andere werden wiederentdeckt, Wörter verändern sich eben. Und auch solche Wörter wie etwa, den Herren, den kennen vielleicht alle,
Smörrebröd, Smörrebröd, ist das das Toll. Es gibt also eben keinen Sprachverfeil, sondern in der Tat einfach einen ganz normalen Sprachwandel. Und um diesen, sich um seinen Wortschatz zu kümmern und vielleicht diesen Sprachwandel auch aktiv zu begleiten,
lohnt es sich durchaus eben auch an der eigenen Sprache zu feilen. Und der erste Schritt ist tatsächlich einfach, Synonyme zu verwenden. Ich rede hier so, ich muss auf und zu mal tatsächlich, ich hab mir tolle Notizen gemacht und guck da gar nicht rein. Aber ich quatsche euch auch so einfach in meinen Grund und Boden.
Aber gut, gehen wir einfach weiter mit einem ersten Beispiel von einem Synonymwörterbuch oder Lexikon, was ich sehr schätze, das Voxikon. Es gibt mehr als das allerdings, aber dort findet man einfach auch schöne Wörter für,
ich meine, es wäre für den ersten Stein, der frei von Schuld ist, heute schon mal vielleicht getwittert zu haben, das ist aber interessant. Interessant ist so vieles. Und es sagt leider so wenig aus. Und es ist vielleicht auch viel präziser, wenn man einen anderen Ausdruck wählt. Und im Voxikon etwa findet man in der Tat andere Möglichkeiten.
Und es ist eine hervorragende Möglichkeit, auch den aktiven und passiven Wortschatz ein wenig aufzufüllen und vielleicht von den 1000 Wörtern auf 1002 Wörter zu kommen. Oder aber auch von den 15.000 Wörtern auf 15.002, indem man dann etwa erstaunlich oder eben außerordentlich statt interessant benutzt und in den aktiven Wortschatz hebt.
Es gibt für Synonym, übrigens Sinn, Verwand, Bedeutungsgleich kann man auch sagen, mal ein bisschen zu klugscheißen hier, habe ich natürlich gegoogelt. Es gibt auch natürlich andere Alternativen zum Voxikon.
Und was wirklich schön ist, es gibt Menschen in diesem Internet, die sich um Wörter kümmern. Das heißt, man kann denen folgen und man bekommt täglich etwa, wie bei das tägliche Wort, ein Wort präsentiert, wo man sieht, okay, es ist ein Wort, was vielleicht nicht so häufig benutzt wird. Wobei heute wurde etwa getwittert Frieden, was ich finde ja auch ein ganz schönes Wort ist für den letzten Tag der Republika.
Dort wird so ein bisschen erzählt, wo das Wort herkommt. Und es gibt sogar auch eine kleine Audiodatei, wo man auch hören kann, wie sich dieses Wort anhört. Hashtag formose Worte, Hashtag hier Ponyhofgate, ihr denkt dran.
Ein anderer Account ist Kunstworte und dort fand ich etwa dieses schöne Wort Blaustrumpf. Ich glaube, wir sind hier heute Abend, oder heute Mittag, heute Mittag ist es so dunkel. Heute Mittag sehr viele Blaustrümpfe, nämlich in der Tat unweiblich geltende Frauen, die sich um Wissen und Bildung kümmerten und auch noch lasen.
Und es ist in der Tat ein Eichalismus, damit werden veraltete Wörter bezeichnet, die nicht mehr gebraucht oder benutzt werden, wie etwa das schöne Wort Backfisch. Seit den 50er Jahren ist es der Teenager und Backfisch kommt lustigerweise aus der britischen Anglersprache.
Als Backfisch wurden die Fische bezeichnet, die zu mager oder zu klein waren, um sie zu essen und sie wurden ins Meer zurückgeworfen. Ja, liebe Teenies, natürlich auch so was wie das schöne Kassettenrekorder oder auch Weiland und Behoves,
wo man auch nicht wirklich genau weiß, warum diese Wörter überhaupt der Vergessenheit anheimfallen. Bei Droschke kann man es sich unbedingt vielleicht etwas vorstellen. Bei Telegram war mal ein neues Wort, inzwischen eher ein Eichalismus. Ein anderes Wort, ich habe ja so ein kleines Projekt, auch die Wortweide,
da will ich gar nicht weiter drauf eingehen, weil mir das gerade so schwer auf der Seele liegt, aber Blümerrand ist dort ein sehr, sehr beliebtes Wort. Und Blümerrand wird häufig benutzt von Menschen, obwohl sie gar nicht mehr wissen, woher der Ursprung dieses Wortes herkommt. Es hat wenig mit Blümchen zu tun, obwohl man das meinen sollte. Es stammt aus der Zeit, als die Damen noch Korsetts trugen und sich relativ eng schnürten,
sodass ihnen leicht schwummerig wurde. Und zu dieser Zeit war es so, dass ihnen der Dame nicht schwarz vor Augen wurde, sondern ihnen wurde blau vor Augen. Blümerrand. Gott, so schnell Sprachen wechseln, das ist ja jetzt auch echt anspruchsvoll, gut.
Aus dem Französischen, wie man vielleicht unschwer hören konnte, sterbend blau oder eben blassblau. Das ist Blümerrand. Krass, Alter. In der Tat auch ein altes Wort. Man glaubt es kaum. Krass ist aus der Jugendsprache in die Alltagssprache hinübergewandert.
Und krass findet sich im Grimmschen Wörterbuch. Das ist ein Kraftausdruck aus der Studentensprache des 18. Jahrhunderts. Das heißt, wenn Jugendliche oder eben auch wir uns wahnsinnig cool finden, wenn wir krass sagen, tja, es ist in der Tat ein altes Wort.
Es gibt wunderbare Projekte, wie etwa von The Grooves, dem Popstar unter den Sprachkursen, unbedingt mal unter The Grooves gucken. Eine kleine Aktion gab es namens Groovy Words, wo man Wörter einreichen konnte, mit einer kleinen Geschichte dazu. Wörter aus allen möglichen Sprachen.
Und ich hab mich jetzt heute ein bisschen auf die deutsche Sprache beschränkt und hab mir den Quatsch ausgewählt, weil ich finde, das passt ja eigentlich ganz gut. Wo also unzählige wunderbare Wörter zusammengekommen sind. Und Eva, die The Grooves macht, die hat dazu Bilder ausgewählt und hat dazu also eine sehr schöne kleine, die hat die Wörter wirklich sehr schön gefeiert, abgefeiert im Netz.
Auch nett, der Atlas-deutsche Alltagssprache. Mancher kennt ihn vielleicht. Ich habe ein etwas unverfängliches Wort rausgesucht, nämlich tatsächlich den Felssalat. Und die machen immer wieder kleine Tests, da kann man sich auch beteiligen, in welchen Regionen welche Wörter benutzt werden für etwas.
In dem Fall eben der Felssalat, der Nüsli-Salat, Rapunzel, der Maus-Ohr-Salat. Und da kann man mal sehen, in welchen Regionen welche Wörter eigentlich benutzt werden. Ich verzweifle ja immer so ein bisschen an den Schrippen, Wecken, Semmeln oder wie auch immer. Und wenn ich ein Brötchen bestelle, dann gucken mich manche Ortsbäcker ja auch ziemlich kritisch an.
Manchmal bekomme ich dann auch nichts. Man muss ja streng sein, benutzen Sie das richtige Wort. Auch immer wieder gibt es halt im Internet nette Aktionen, wie etwa hier von Slow Travel Berlin dieser Tage, wo 100 Lieblingswörter aus dem Deutschen gesucht wurden.
Das sind immer solche kleinen Wettbewerbe, die echt sich verselbstständigen. Eins live hat es zum Jahreswechsel gemacht, hatte schöne Wörter gesucht. Und hier war es eben auch so ein Zimmermürrisch, Geschwindigkeitsbegrenzung, Geschlechtsverkehr, Dudelsack, Kartoffelpuffer, Betriebsblind. Auch wirklich sehr lustige Wörter.
Es ist so, dass ständig neue Wörter entstehen. Wir selber finden auch ständig neue Wörter. Es ist halt so, dass es immer wieder Bedeutungslücken gibt, die gefüllt werden müssen mit Wörtern. In dem Fall sowas wie Netzgemeinde. Man kann es finden, wie man will. Aber was sagt man tatsächlich zu diesen Leuten?
Online, Netzgemeinde? Tja, es gilt vielleicht noch, den richtigen Begriff zu finden. Es gibt auch immer mal wieder Entlehnungen aus anderen Wörtern. Es gibt auch wirklich Neuschöpfungen, Wörter, die neu geboren werden, sowas wie Mosern oder Rödeln. Und es gibt natürlich auch etwas, wo eine neue technologische Entwicklung kam,
wie das schöne Auspuffrohr. Ein wunderbares Wort, wie ich finde, zu Unrecht wenig benutzt. Es gibt auch Bedeutungsverschiebungen, wie etwa die Maus. Jeder, der früher als Kind Matheekesselchen gespielt hat, der erkennt das noch, ein Wort, was viele Bedeutungen hat, die Maus. Wenn ich das in diesem Kontext sage,
da denken wir wahrscheinlich weniger an dieses kleine Pelzwesen, das sich die Wohnung huscht, sondern vielmehr an diese Maus, die neben dem Computer liegt und wo wir dann darauf rumklicken. Auch schön immer diese Wörter, und dafür ist die deutsche Sprache berühmt, Wortbildung. Man kann im Deutschen ja wirklich aus vielen Wörtern neue Wörter bilden und auch wirklich solche,
ja, also solche, solche Wörter bilden. Das bekannteste ist der Donau-Dampfschiff... Moment noch mal. Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaftskapitän. Jesus, ich hätte es vorher üben sollen.
Es ist gar nicht so schlecht um die Sprache bestellt, und zwar zeigte das einen Bericht, der Ende letzten Jahres erschienen ist, und zwar herausgegeben von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Bericht zur Lage der deutschen Sprache, Reichtum und Armut der deutschen Sprache.
Und dort wurde natürlich streng wissenschaftlich vorgegangen, und es wurden Wörter gezählt. Und zwar haben die sich drei Dekaden genommen, einmal von, muss ich kurz gucken, das kann ich mir nie merken, 1905 bis 1914, 1948 bis 1957, und 1994 und 2004.
Und die haben gezählt. Sie haben also repräsentative Texte genommen, die digitalisiert waren, und haben erst mal definiert, was ein Wort für sie ist, und haben dann mal gezählt, wie hat sich denn eigentlich der Wortschatz verändert. Und in den letzten 100 Jahren ist die deutsche Sprache ungefähr um ein Drittel gewachsen. Es waren 1905 bis 1914 3,7 Millionen Wörter,
die gezählt wurden. Und es war dann eben 1994 bis 2004, da waren es 5,3 Millionen Wörter. Man muss dazu sagen, es sind eben auch wissenschaftliche Ausdrücke dabei, oder technologische Ausdrücke, die es nicht unbedingt im aktiven Wortschatz lauern,
sondern zumindest vielleicht bei uns allen. Aber das ist schon enorm. Es gibt immer wieder auch welche, es gibt ja zum einen die Neologismen etwa, die auch wirklich in den Wortschatz aufgenommen werden, und es gibt dann sogenannte Occasionalismen.
Das sind Wörter, die eher flüchtig gebraucht werden, die wir im Alltag benutzen, oder aber eben auch die benutzt werden von Menschen, die mit Sprache besonders schön und kreativ umgehen. Allen voran natürlich Robert Gernhardt, schwer vermisst. Aber es gibt auch Lebende unter uns. Peter Glaser. Auch jemand, der immer wieder entzückt
durch Wortneuschöpfung, Wortbildung oder eben auch Entlehnungen aus unserer Sprache. Ich fand ihr so töricht besonders schön. Und natürlich, es gibt jemand, ein alter Ego eines bekannten Twitterers sozusagen, Wortgeburt, der immer mal wieder den Twitter-Stream abgrast
und guckt, welche Twitterer mal wieder interessante oder nette, schöne Wörter in Sätzen gebildet haben. Ute Weber. Mit ihrer Toasterherde etwa. Und es gibt solche lustigen, kleinen Sachen wie etwa eine App, die ich neulich entdeckt habe, den Wortbot, wo man sich Neuwörter schütteln kann.
Man empfängt ein Wort aus dem Wortraum und bekommt beispielsweise vielleicht herzensnah. Und das ist einfach eine nette, kleine App, mit der man Neuwörter schöpfen kann. Gut, machen wir eine kleine, bevor es hier abflaut, machen wir noch mal so eine kleine Zwischenprobe. Was lange währt.
Oh, das ist echt müde, Leute. Ich mein, ich weiß, ihr braucht ein Bier, ihr braucht was zu essen, ohne Frage. Aber ich finde auch gerade da hinten so, hier vorne ohne Frage, da hinten so die Kurve, was lange währt. Es macht doch viel mehr Spaß. Das ist wie in der Kirche, wenn niemand singt,
dann ist es fürchterlich zu singen. Aber wenn alle mal schmettern würden, dann wäre es gar nicht so furchtbar. In dem Fall leider aus Glatteis auch geführt, weil es ist was Länge wert, lernt herzchen nimmer mehr. Ein heißer Tipp, der Sprichwort Rekombinator. Für die Profis unter euch,
Sprichwort Liebhabern. Wo man also munter und lustig bekannte Sprichwörter entgegen durcheinanderschütteln kann. Also, es ist mitnichten der Fall, dass die Sprache verfällt, aber wie eben Wolfgang Klein auch sehr treffend formuliert, Wolfgang Klein war einer, der diesen Bericht zur Lage der deutschen Sprache verfasst hat.
Die Leute machen einfach tatsächlich einen schlechten Gebrauch von der Sprache. In der Tat. Es ist also so, dass die Sprache nichts Musiales ist. Es ist die Sprache, die Dialekte, die neuen und alten Wörter, die Lautmalereien, die es gibt,
die verleihen überhaupt der Sprache erst Farbe, Klang und Identität. Sprache, Wörter bieten Vertrautheit, Heimat, Orientierung. Es ist etwas, über das wir uns identifizieren und über das wir uns, wie ich finde, ich sage jetzt mal wir, ich mache mir gerne Gedanken darüber und finde es auch sehr spannend,
mir Gedanken darüber zu machen, wie ich etwas ausdrücken möchte und finde es schön, immer kleine Wörter zu finden, die man auch zusätzlich einsetzen kann. Und vor allem geht es auch um die revolutionäre Kraft des Wortes. Wir sprechen hier auf der Republika ganz viel darüber, wie wir etwas bewirken können. Sprache fängt es an. Sprache, Wörter, der Wortschatz ist das Persönlichste,
was wir eigentlich miteinander teilen können. Wilhelm von Humboldt sagte mal, dass Sprache ein Ausdruck der Verschiedenheit des Denkens ist und jede Sprache, jede persönliche, individuelle Sprache gibt eine andere Ansicht des Denkens wieder.
Insofern ist die Botschaft, hebt eure Wortschätze, teilt sie miteinander und mit dem Wortschatz verhält es sich eigentlich ähnlich wie mit der Liebe. Ein Wortschatz wird mehr, wenn man ihn mit anderen teilt. Und insofern ist meine Botschaft eben, geht raus, teilt euren Wortschatz
miteinander und behandelt eure Sprache mit Liebe. Und hier ein weiterer auf wieder something. Ich bedanke mich vielmals und das war's. Ich bin in der Zeit, oder? Ich bin in der Zeit.
Danke. Aber es lohnt sich auch fast sitzen zu bleiben, weil jetzt nachher kommt wirklich noch mal ein ganz toller Talk.
Willst du noch fragen? Also wenn wir noch Zeit? Ja, du hast noch 3 Minuten. Was? Hätte ich das gewusst, dann hätte ich mehr geredet. Gibt es noch irgendwas zu sagen? Ich glaube, lass uns gleich einfach ein Bier trinken.
Prost.