Beyond Porn oder Die digitale sexuelle Revolution
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Formal Metadata
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Title of Series | ||
Number of Parts | 126 | |
Author | ||
License | CC Attribution - ShareAlike 3.0 Germany: You are free to use, adapt and copy, distribute and transmit the work or content in adapted or unchanged form for any legal purpose as long as the work is attributed to the author in the manner specified by the author or licensor and the work or content is shared also in adapted form only under the conditions of this | |
Identifiers | 10.5446/33353 (DOI) | |
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Abstract |
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re:publica 201460 / 126
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MicrosoftComputer animationLecture/Conference
01:04
Computer animationMeeting/Interview
01:45
InternetZusammenhang <Mathematik>Computer animationMeeting/Interview
02:25
Lecture/Conference
03:07
Digital mediaList of anatomical isthmiInternetContent (media)Lecture/ConferencePanel paintingComputer animation
04:17
Positional notationContent (media)ComputerLecture/ConferenceComputer animation
04:59
ModemComputer animationLecture/Conference
05:41
ModemMittelungsverfahrenFactorizationLecture/ConferenceComputer animation
06:28
Component-based software engineeringMeeting/InterviewLecture/Conference
07:07
Component-based software engineeringContent (media)Context awarenessLecture/Conference
08:31
World Wide WebZusammenhang <Mathematik>MetrePerspective (visual)Plane (geometry)InternetScientific modellingWebsiteLecture/ConferenceComputer animation
10:18
PixelView (database)Component-based software engineeringProduct (category theory)Computer animation
11:06
Zusammenhang <Mathematik>DepictionBewertung <Mathematik>Port scannerDigital mediaComputer animationLecture/ConferenceMeeting/Interview
11:49
Perspective (visual)Uniformer RaumPerspective (visual)Focus (optics)BlogAuthenticationTwitterBlock (periodic table)Computer animation
12:49
Discrepancy theoryAuthenticationXML
13:31
Physical lawTwitterSource codeComputer animationLecture/ConferenceXML
14:07
Physical quantityLecture/Conference
14:45
CodeACT <Programm>Focus (optics)Computer animationLecture/Conference
15:23
Content (media)Distribution (mathematics)E-bookRandComputer animation
16:18
Observational studyInternetDigital mediaLecture/ConferenceMeeting/Interview
17:13
RoundingComputer animationLecture/Conference
17:58
InformationInformationComputer animationLecture/Conference
18:40
Lecture/ConferenceMeeting/InterviewComputer animationPanel painting
19:16
NewsletterWorld Wide WebXML
20:00
File formatComputer animationLecture/Conference
20:40
Bookmark (World Wide Web)InternetContent (media)BlogBlock (periodic table)AgreeablenessLecture/ConferenceProgram flowchart
21:55
World Wide WebSound effectXMLLecture/Conference
22:51
InternetComputer animationLecture/Conference
23:26
Screening (medicine)InternetComputer animationLecture/ConferenceMeeting/Interview
24:02
Sound <Multimedia>Meeting/InterviewComputer animation
24:40
Graphics tabletiPadZusammenhang <Mathematik>InternetComputer animation
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E-bookInternetMeeting/InterviewComputer animationLecture/Conference
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SicTOUR <Programm>Shader <Informatik>Per milLecture/ConferenceMeeting/InterviewComputer animation
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TOUR <Programm>Product (category theory)Zusammenhang <Mathematik>Meeting/InterviewComputer animationLecture/Conference
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Field extensionInternetProduct (category theory)ZahlOutline of industrial organizationPhysical quantityInformationFamily of setsDistribution (mathematics)Similarity (geometry)Digital mediaDigital RevolutionMeeting/InterviewLecture/Conference
30:38
Field extensionComputer animationLecture/ConferenceMeeting/Interview
31:41
Constraint (mathematics)Meeting/InterviewLecture/Conference
33:22
InternetSocial classHand fanTouchscreenMeeting/Interview
34:59
InternetLetterpress printingLecture/Conference
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Meeting/Interview
37:53
StatistikerInternetComputer animationLecture/Conference
38:34
Noten <Programm>WebsitemakeMeeting/InterviewLecture/Conference
39:27
InternetMeeting/Interview
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Computer animationLecture/ConferenceMeeting/Interview
41:55
GRADELecture/ConferenceMeeting/Interview
42:36
InternetDigitizingWEBLecture/ConferenceMeeting/Interview
44:07
Absolute valueInternetMeeting/Interview
44:44
MicrosoftComputer animation
Transcript: German(auto-generated)
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Vielen Dank, möchte euch alle willkommen heißen zu meinem Vortrag Beyond Porn oder die digitale
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sexuelle Revolution. Gibt es technische Probleme? Das tut mir sehr leid, die Idee kam nicht von mir.
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Also ich versuche mal laut zu sprechen, das ist jetzt nicht etwas, was mir schwerfällt. Macht keinen Sinn? Also ich spreche jetzt einfach und es tut mir leid. Vielleicht nebenan. Letztes Jahr fuhr ich zur Republika und hörte dabei, das war Sonntag
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und der 5. Mai, die Sendung sanft und sorgfältig mit Jan Böhmermann und Olli Schulz. Während dieser Sendung rief eine junge Frau an, die hatte sich angeboten, einen Porno von Melanie Müller, das war noch bevor sie im Dschungelcamp war, anzuschauen und darüber in der Sendung
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zu berichten. Und diese Sendung nahm dann eine extrem interessante Wende für mich, als die Anruferin erzählte, dass sie sich auch allgemein gerne Pornos anschaut. Und diese Tatsache, dass die Frau nicht nur mit ihrem Freund, sondern wirklich ganz für sich alleine
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anschaut, die irritierte sowohl Schulz als auch Böhmermann. Dieses Erstaunen hat mich wiederum sehr erstaunt und mir wurde klar, die Welt braucht Aufklärung. Und so entstand also der Wunsch, einen Vortrag über Sexualität, Internet, Pornografie und Gesellschaft zu halten. Und bei der Republika hat man mich sprechen lassen und ich konnte den Eintritt
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sparen und das Essen im VIP-Bereich ist auch ganz lecker. In dieser Radiosendung haben wir drei Punkte, das habe ich selbst gezeichnet, zusammen, die mir in anderen Zusammenhängen auch immer wieder auffallen. Das ist zum einen die Stigmatisierung von
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Pornografie oder den Konsum von Pornografie, wenn man öffentlich darüber spricht, wie furchtbar, das macht ja keiner und wenn, i. Und dann die Verwunderung über Frauen, die ihre Sexualität gestalten, also selbstständig gestalten und dann auch noch darüber sprechen und last but not least die Sprachlosigkeit selbst rhetorisch versierter Menschen wie
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Böhmermann und Schulz beim Thema Sexualität. Bei der Reflektion zu diesem Thema ist mir immer wieder aufgefallen, dass die zwei, also als ich darüber reflektiert habe,
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ist mir immer wieder aufgefallen, dass diese drei Punkte, die ich eben ansprach, immer wieder auftauchen, aber sie so gar nie existiert haben und dass diese Fassade, die diese Punkte so aufbauen, die diese Punkte beschreiben, immer mehr bröckelt und das dank der digitalen Medien und dass jetzt sozusagen ein Blick freigegeben wird auf die tatsächliche
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Realität. Und ich möchte jetzt anhand von vier Beispielen zeigen, an welchen Stellen dieses bisherige Bild von Sexualität bröckelt und dass wir uns inmitten an einer Revolution befinden und dass die digitalen Medien massiv daran beteiligt sind. Punkt eins, Pornografie. Das Internet und Pornografie haben sich ja immer schon oder
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alles rund um Sexualität war immer schon eng verbunden miteinander, also Technik, Pornografie und so weiter. Die neuen Techniken wurden immer wieder schnell aufgegriffen und angewendet. Bonimowicz schreibt hier zum Beispiel, immer wenn es neue
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Unterhaltungen gibt, können wir oft nicht auf traditionelle Marktplätze zurückgreifen. Entsprechend müssen wir innovativ sein, damit unsere Inhalte den Konsumenten erreichen. Mit Inhalten für Erwachsene muss man eigene Lösungen entwickeln. Das heißt, Fotografie, Film, Video, eben auch das Internet. Innerhalb von kürzester Zeit wurden diese Technologien adaptiert, verbessert und genutzt, um damit Geld zu verdienen. Die
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Innovationsstruktur der Pornindustrie hat beispielsweise einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der VHS-Kassette oder Einführung der VHS-Kassette gehabt. Die Entwicklung von digitalen Zahlsystemen oder auch die Notwendigkeit von höheren Downloadraten. Das heißt, Sexindustrie und Technologie haben auch immer miteinander voneinander profitiert. Ein weiterer Punkt ist, dass dank der neuen
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Technologien Inhalte so einfach verfügbar sind wie niemals zuvor. Wir können zu jeder Tages- und Nachtzeit auf Computern, Tablets, Handys, auf dem Sofa, im Bett oder eben auch in der Badewanne kleine Clips runterladen. In meiner Jugend war das etwas
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komplizierter. Ich hatte zum Beispiel einen Lehrer, der besuchte regelmäßig eine ortsansässige Videothek. Wir wussten alle ziemlich gut über seine Vorlieben Bescheid und während ich immer damals schon der Meinung war, er wäre besser beraten gewesen, einfach eine Videothek bzw. eine Tankstelle weit entfernt aufzusuchen und diese Magazine, die so zugeklebt waren, so diese Überraschungseier der
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Sexualität zu erstehen. Aber gut, er ging halt in die lokale Videothek und wir alle wussten Bescheid. Und auch wir Schüler hatten ja so unsere Probleme. Also fanden vielleicht mal was im Papiermüll oder nachts auf dem Privatsender, da gab es irgendwie deutsche und italienische Softpornos, aber alles in einem durften wir nicht wählerisch sein.
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Und obwohl es jetzt Post-Modem sozusagen viel einfacher und aber auch diskreter ist, an Material mit nackten oder partiell nackten Menschen im Geschlechtsakt zu kommen, wurden diese neu zur Verfügung stehenden Mittel nicht nur dafür gebraucht, den Konsum alleine in der Einsamkeit der
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technologisierten Welt zu konsumieren, sondern sie wurden auch für Interaktion genutzt. Es wird also nicht nur konsumiert, sondern auch gechattet, es wird verabredet in bestimmten Pornen, fotografiert, getauscht und so weiter. Das heißt, das Porno beinhaltet nicht nur Porno, sondern eben auch Social Porn. Ein Faktor, der meines Erachtens von extrem wesentlicher Bedeutung ist für die Veränderung des
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Verhältnisses von Sexualität und Gesellschaft in unserer Zeit. Aber bevor ich jetzt sage, jetzt ist alles neu und alles super und noch nie da gewesen, Sharif Muvabou Clous, ich glaube, ich habe es falsch ausgesprochen, von der Universität Sussex, weist beispielsweise darauf hin, dass es immer schon Zeiten gegeben hat, in
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denen Pornografie eine soziale Komponente gegeben hat. Also mit Ausnahme einiger bestimmter Zeiten der Geschichte hatte Pornografie immer auch eine soziale Dimension. Diese fand zwar im verdeckten Stadt, aber sie war sozial. Da bringt es zum Beispiel die Blue Records, das waren Platten, auf denen kopulierende Paare
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aufgenommen wurden. Und die hat man sich wohl in 20er und 30er Jahren sehr gerne angehört und vor allem innerhalb einer Gruppe angehört. Oder auch Ex-Movie-Kinos waren Orte der geteilten Pornografie oder sozial geteilten Pornografie. Mitte der 90er Jahre, das ist also auch schon eine Weile her, ging ich regelmäßig an diesem Kino hier vorbei, habe ich natürlich nie
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hineingetraut, denn ich wusste auch aus die Akte, dass darin dann Menschen von Auftragsmördern mit zum Seil erwürgt werden. Aber habe gesehen davon, hatte ich die Sorge oder fragte ich mich immer, ist es nicht auch ein bisschen unappetitlich, so die ganzen Geräusche und Gerüche der anderen mitzubekommen. Also ich war fasziniert, aber ich beobachtete vor allem von
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der Ferne die ständig wechselnden Filmplakate. Ich glaube aber, dass diese soziale Pornografie, auch wenn sie vorher schon existiert hat, heutzutage ein wesentlich größeres Ausmaß annimmt und viel mehr Menschen einbezieht, als das jemals zuvor der Fall war. Während man früher also vor allem einen Raum teilte und damit meine ich wirklich Mann, ich
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denke nicht, dass sehr viele Frauen sich in ein soartiges Etablissement verlaufen haben, ist es jetzt also hat das soziale Netz oder bietet das soziale Netz viel größere und viel mehr Komponenten. Man kann ganz eigene Inhalte herstellen und zur Verfügung stellen, man kann durch die Kuration von Bildern, Texten oder Filmen neue Kontexte
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aufbauen, man kann Kontakte knüpfen und es kann ein viel größerer Personenkreis partizipieren. Örtliche Gegebenheiten, das Geschlecht, die sexuellen Vorlieben, bestimmen eben nicht mehr, wer in diesem X-Movie-Kino sitzt, sondern jeder kann sein eigenes interaktives Pornokino haben. Das ist meines Erachtens
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neu und revolutionär. Punkt zwei, Metasexualität. Im Zusammenhang mit Interaktivität und Austausch ist es meines Erachtens auch wichtig, den Austausch nochmal von einer anderen Perspektive zu betrachten. Was passiert auf einer Meta-Ebene? Wie entwickelt sich der Diskurs über Sexualität und wie sieht es jetzt aus?
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Ich dehne jetzt den Begriff Meta oder das Metakonzept ein wenig und beginne mit der Meta-Ebene, die wir auch Marketing nennen. Tis Wall war Sexarbeiterin und ist jetzt Beraterin in diesem Bereich und sie schreibt, die wirklich neue Herausforderung ist, wie Sexarbeiter Technologien nutzen können, um
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sich als Menschen darzustellen, um für ihre Rechte zu kämpfen. Im Grunde wollen wir, dass man unsere Arbeit und unsere Marke mag, so wie jeder andere auch. Viele Pornostars, z.B. Stoya, James Dean, Aja, Kira, aber auch andere Menschen, die in der Sexindustrie als Domina, Hostessen, Modelle oder ähnliches arbeiten, haben eigene Websites, haben Instagram-
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Accounts, Twitter-Accounts, Blogs, Facebook- Seiten. Das ist auf den ersten Blick jetzt nicht groß verwunderlich, das hat jede Firma, aber auf den zweiten Blick ist das sehr wohl neu, denn Sexarbeit ist nach wie vor stigmatisiert und war es früher noch viel, viel mehr. Anders als bei anderen Unternehmen geht es jetzt erstmal darum, diesen Beruf in einen
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öffentlichen Diskurs zu bringen und aus diesem Schattendasein zu bringen. Und auch hier bietet das Internet komplett neue Möglichkeiten. In diesem Zusammenhang sind mir drei Aspekte besonders aufgefallen. Auf diesem Bild ist Stoya. Stoya ist eine ziemlich berühmte Pornodarstellerin und hat sich hier mit ihrer einäugigen Katze fotografiert. Ich glaube nicht, dass das
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dem klassischen Pornomarketing entspricht, was man erwarten würde. Es steht kein Sexprodukt im Vordergrund, hoffe ich jedenfalls nicht. Und es gibt durchaus Accounts, die aktuelle Bücher, Filme oder sowas promoten, aber meines Erachtens und auch meiner Erfahrung nach ist die viel
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größere Ebene oder das, was viel mehr gezeigt wird, etwas Unsexuelles, etwas vermeintlich Unkommerzielles oder Privates. Ich glaube, dass diese gewöhnliche Komponente dazu beiträgt, dass Pornomainstream wird. Und bevor jetzt noch mal diese ganze Panik entsteht, die behauptet, Pornowürz Mainstream und die ganze Gesellschaft verroht und es ist alles ganz furchtbar und der
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Pornomainstream, das finde ich total bescheuert. Wir wissen bereits seit FKK-Stränden, dass Nacktheit im Zusammenhang mit Unaufgeregtheit im besten Fall egal, im schlimmsten Fall trivial ist. Eine Dämonisierung führt also eher zu einer unnötigen
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Überbewertung und Paranoia. Insofern freue ich mich immer wieder in meiner Timeline darüber, wenn die Darsteller oder die Nutzer dieser ganzen Skandalosität was nehmen, indem sie einfach was Privates und Normales einbringen. Und ein weiterer Aspekt, der damit auch eng zusammenhängt, ist die Lobbyarbeit. Denn Social Media
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oder überhaupt die neuen Medien bieten ganz neue Möglichkeiten der Lobbyarbeit. Connor Habib wiederum, das ist ein männlicher Pornostar, hat einen langen Artikel geschrieben, in dem er fragt, warum Pornuntersteller so gehasst werden. Darin spricht unter anderem über einen Vortrag, den er an einer Uni gehalten hat. Und er sagt, ich hatte keine Ahnung,
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worüber er sprach. Du bist aus der Hochschule, sagte ich ihm. Ich spreche aus meiner Perspektive als jemand, der seit sechs Jahren in der Pornindustrie arbeitet. Es war ihm also bei diesem Talk nicht glücklich zu erklären, dass er seine Arbeit freiwillig und gerne nachgeht. Und im Fokus standen immer wieder die Themen Menschenhandel, Ausbeutung, Objektifizierung und so weiter. Während über die Sexindustrie,
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also bisher immer durch einen berichtenden, aber nie daran berichtet wurde, besteht nun die Möglichkeit durch offene Kanäle wie Twitter, Blogs und so weiter, die Möglichkeit, dass die Menschen ganz persönlich darüber sprechen können. Dieses Bild ist oft deutlich weniger paranoid und adressiert ganz andere Belange und
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Bedürfnisse der Beteiligten. Und das alles ohne einen ideologischen Überbau. Das heißt, es ist viel mehr als früher möglich, zum Beispiel in Ausführungen von Alice Schwarzer etwas entgegenzusetzen. Sie und viele andere, also es ist sicherlich nicht die Einzige, aber viele nutzen eben die Sexindustrie für ihre eigenen ideologischen Ideen.
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Und sie können jetzt eben nicht mehr ohne öffentliche Kritik oder Widerspruch bestehen. Es ist eben nicht mehr einfach so zu behaupten, dass normale Frauen sich beim Sex nicht filmen lassen würden, dass sexuelle Objektifizierung per se böse ist und Prostitution nie freiwillig sein kann. Ich will jetzt auch vermeiden, hier die Sexindustrie als eine fröhliche, glückliche Hippie-Community
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darzustellen. Ich habe nur mal festgestellt, dass es eine massive Diskrepanz gibt zwischen dem einen Bild und dem anderen Bild der Leute, die daran beteiligt sind. Und ich habe mich auch immer gewundert, warum Menschen, die dieser Arbeit nachgehen, nicht selber mit an den Gesetzen, die dafür gelten sollen, beteiligt sein sollen oder überhaupt gefragt werden sollen.
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Das heißt, als erstes Fazit möchte ich quasi sagen, Social Media verändert die öffentliche Wahrnehmung von Sexarbeit. Sexarbeit wird Teil der Mainstream-Kultur. Es hat eben nichts Anruhiges mehr, einem Pornostar auf Twitter zu folgen. Und die Beliebtheit innerhalb der sozialen Medien führt dann auch mal wieder zu einem
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Aufgreifen der klassischen Medien. Und damit eine Manifestierung im Mainstream. Darüber hinaus bietet Social Media ein direktes Sprachrohr der Beteiligten und lagert diese ewige Panikmache und ideologische Moralisierung ein bisschen aus. So, ich komme aus Aachen
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oder aus der Nähe von Aachen und da gibt es das Ludwig Forum. Und das ist eine Statue von Jeff Koons, die dort seit Jahren ist, die ich oft in meiner Jugend bewundert habe. Das ist eins meiner Lieblingswerke von Jeff Koons. Und diese pornografischen Werke, das ist hier er mit Cicciolina vor oder nach dem Geschlechtserkehr, jedenfalls
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hatten seine pornografischen Werke in den 90er Jahren zwar die Medienwirkung, aber die Ironisierung und die Kitschisierung waren das Thema, was wissenschaftlich oder kulturwissenschaftlich aufgegriffen wurde. Das Thema Sexualität war Mittel, aber auf gar keinen Fall Zentrum des Diskurses. Und auch als ich studierte, das war um das Jahr 2000 herum, dafür hatte ich einmal eine sehr, sehr gute Vorlesung
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bei einer Professorin, Frau Dr. Neumeyer. Ich weiß nicht, ob sie sich freut, dass ich sie hier erwähne. Die hieß Code in the Act. Und es ging um das Verhältnis von Englischer Literatur und Sexualität. Ansonsten hatte ich den Eindruck, dass eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Sexualität auch in den Geisteswissenschaften komplett vermieden wurde. Wie bei Jeff Koons
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richtet man den Fokus auf andere Aspekte. In Anbetracht der Tatsache, dass das Thema ja doch relativ relevant ist für die Gesellschaft, nicht nur weil wir bei vielen Menschen Sex haben, sondern weil wir auch ständig mit sexuellen Inhalten in irgendeiner Form umgeben sind, sei es in der Werbung, im Literaturfilm oder auch weil der Staat sich wünscht, dass wir etwas mehr ungeschützten Geschlechtserkehr haben
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und mehr Kinder machen, ist das umso absurder. Während also der bisherige gesellschaftliche Aspekt von Sexualität eher für Stuhlen am Rande behandelt wurde, rückt dieser langsam ins Zentrum. Die internationale Distribution von E-Books oder Social Media Marketing macht das möglich. Diese drei Publikationen beispielsweise
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sind in den letzten zwei Jahren erschienen und haben vor allem über Social Media ihre Leserschaft gefunden. Also zum Beispiel, ich wäre wahrscheinlich sonst nicht so darauf aufmerksam geworden. Alle drei Publikationen behandeln die Themen Sexualität, Liebe, Pornografie und Gesellschaft. Das veranschaulicht meines Erachtens schon mal
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die Verlagerung in der Sexualität von einem Randthema zu einem Hauptthema wird. Das ist ein Zitat von zwei Frauen, die das erste Heft oder regelmäßige Magazine über Porn Studies rausgebracht haben. Gerade vor ein paar Monaten.
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Vielleicht war es aber auch so, dass die Technologie, also dass das Internet überhaupt uns dazu gezwungen hat, diese Themen immer mehr aufzugreifen. Also dass man diese Thematik noch mal von der anderen Seite sieht, dass Social Media uns gezwungen hat, diesen gesellschaftlichen Aspekt der Sexualität und der Verbreitung über den digitalen Medien aufzugreifen und wissenschaftlich zu
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beobachten. So, nachdem wir jetzt hier über so viel Wissenschaft gesprochen haben, wollte ich einen, wie ich finde, philosophischen Tweet bringen. Ich hatte Sorge, dass der zu eklig ist. Daraufhin habe ich den einer Freundin gezeigt, was dazu führte, dass sie mich, die fand es nicht eklig, die hat mich nur gefragt,
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wo die Pointe ist. Daraufhin habe ich den, dann war ich ein paar Tage später mit zwei Freundinnen abends essen, habe gedacht, das probiere ich jetzt nochmal. Da habe ich gesagt, hier, was haltet ihr davon? Und ich musste es dann nochmal erklären. Ich habe aber nicht aufgegeben. Ostern habe ich es dann im Runde der Familie gezeigt.
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Und ein medizinischer Fachmann hat ihn verstanden, fand es überhaupt nicht witzig. Und außer mir gab es eine einzige Person, die es ansatzweise witzig fand. Ich habe daraufhin beschlossen, dieses Experiment fortzusetzen und in diese Präsentation einzubauen. Apropos erklären. Voilà, hier der dritte Aspekt, den ich beraten und
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selbst hilfe. Oder, wie ich es in einem Untertitel nennen würde, Information über Fistens, Quirten und Multiple Orgasmen findet man nicht in der Apothekenrundschau.
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Manche habe ich den Eindruck, dass ich in meiner Jugend vor allem, dass ich in meiner Jugend vor allem von drei Dingen sexuell geprägt wurde. Dem Stern, der Bravo und die südamerikanischen Romane des Magischen Realismus. Das sind diese Romane, in denen die Hauptprogramm- gonisten so leidenschaftlichen Sex am Vulkan haben und nebenbei die Welt retten.
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Das kann man als sehr schöne Jugend verklären, es liegen aber sehr viele Fragen offen. Und ich meine, selbst ein sehr liberales Elternhaus hat seine Grenzen. Neulich zum Beispiel stieß ich auf einen Text über die Clitoris und der hat mir erst mal bewusst gemacht, wie umfangreich diese ist und das als jemand, der selber eine solche besitzt. Das Gelbe, was wir da sehen, ist die Clitoris im
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irrigierten Zustand, die innere Clitoris. Und ich meine, das ist groß, ja. Ich meine, geiler Scheiß. Oder auch Blogs, wie das von Betty Dodson und Colin Ross, Better Orgasms, Better World.
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Wenn ich diese lese, bin ich immer wieder verwundert. Und zwar darüber, wie wenig ich weiß und auch über die Antworten oder Fragen, Kommentare der Leser, die zeigen, wie wenig die Leute wissen. Das zeigt eben nochmal, wie wenig das Thema thematisiert und wie unausgesprochen es bleibt. Man muss sich das jetzt mal vorstellen. Vor jedem Flug wird einem gezeigt,
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wo die Notausgänge sind. Aber der Gebrauch der Geschlechtsteile, der soll intuitiv im Privaten und ohne großen Aufhebens passieren. Oder anders ausgedrückt, uns geht eine komplexe Bestellung bei Starbucks leicht über die Blippen, als die adäquate Bezeichnung unserer Geschlechtsteile. Und ich meine damit Mumu, Mushi, Gletscherspalte, Scham, Schlitz oder Schnecke.
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Natürlich gibt es auch Offline-Formate, die sich mit dem Thema beschäftigen. Ratgeber oder Frauenmagazine, habe ich jetzt mir hier rausgepickt. Allerdings habe ich noch nie einen Ratgeber, einen Sexratgeber zu Ende gelesen, aber auch sonst kein Ratgeber. Und Frauenzeitschrift
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wollen glaube ich immer noch ihren Leserinnen klarmachen, dass Sprühsan im Bauchnabel total sexy ist. Zum Beispiel hier der Sex IQ sofort testen. Ich meine, was machst du, wenn du Scheiße abschnellt? Also Ich meine, da ist der Tag gelaufen. Oder Männer erklären sich selbst
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ihre Bedürfnisse im Bett. Da ist die Frage, warum sagt man die Leute nicht, fragt einfach den Typ, der neben dir im Bett liegt. Oder Sex up your Alltag, das ist mein Favorite. Klappt sogar im Büro. Ich meine, wo arbeiten die? Ich würde in der Welt dieser Magazin, das ist auch total crazy,
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wenn man einen Hochzeitsantrag mit so einem Glas, mit so einem Ring im Champagnerglas macht. Aber das Internet, tada, da kam der Segen. Und es gibt nirgendwo eine so massive Vielfalt an Seiten, auf denen persönliche Erfahrungen geschrieben wird, die informieren, die teilweise anonyme Fragen beantworten, die authentisch und ehrlich
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zu sein scheinen. Und die Betreiberinnen, ich habe hier witzigerweise den Eindruck, dass viel mehr Frauen Content produzieren, wirklich was Interessantes zu sagen haben. Für alle, die jetzt hier will, Blognamen abschreiben. Am Ende meines Vortrages stelle ich eine Bibliografie auf meinem Blog zur Verfügung, in deren diese erwähnten Blogs, aber auch die Texte, auf die ich mich im Rahmen dieses Vortrags
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hier wieder zu finden sind. Nicht unbedingt safe for work. Nicht vergessen darf man Projekte, aber auch die nur indirekt mit Sexualität zu tun haben. Beispielsweise Dan Savage's Projekt It Gets Better. Das hat er 2010 mit seinem Partner gegründet, nachdem in den USA einige Jugendliche
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Selbstmord begangen haben, weil sie aufgrund ihrer homosexuellen Orientierung massiv gemobbt wurden. Es handelt sich dabei um einen YouTube-Kanal, bei dem lesbische, schwule, bisexuelle, transgender Menschen ihre Geschichte erzählen und versuchen anderen Mut zu machen, indem sie sagen, dass es besser wird. Und darunter waren dann auch einige berühmte Persönlichkeiten, was dem ganzen auch quasi ein großes
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mediales Echo beschert hat. Und ich glaube, dass hier zwei Aspekte toll sind. Zum einen, dass die Leute, die betroffen sind, sich untereinander unterstützen können, also durch eben so eine Art Community. Aber eben auch die große mediale Aufmerksamkeit, die auch weltweit war, die vielleicht auch Leute erreicht, die sich bisher
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nicht mit dem Thema befasst haben und womöglich davor schützen dann weitere Kinder oder Jugendliche oder wem auch immer weiterhin zu Morden aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Auch hier haben die digitalen Möglichkeiten den Boden für einen Paradigmenwechsel gelegt, für eine sexuelle Revolution, wenn man so will.
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Vierter Punkt. Sowohl beim Angebot, als auch bei der Nachfrage zum Thema Internet und Sexualität oder sowas, fällt eins auf Frauen. Oder besser das Ignorieren von Frauen. Während wir eben gesehen haben, dass im Internet tatsächlich viele Produzenten weiblich sind und stark vertreten sind, ist die öffentliche Wahrnehmung dessen eine komplett andere. Dieser Witz
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illustriert ganz wunderbar, dass es offensichtlich gesellschaftlicher Konsens ist, dass Frauen sich nur mäßig für Sexualität interessieren. Man liest zwar ständig von pornosüchtigen, sexsüchtigen, fremdgehende Männern, aber Frauen, die solchen Süchten unterlegen sind, die scheinen es nicht zu geben.
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Im Realitätssteck habe ich immer wieder festgestellt, dass dieser dumme Witz irgendwie nicht auf mich zutrifft. Ich habe dann mit Freundinnen gesprochen und die hatten auch nie Migräne und wenn, dann hatten die trotzdem Sex. Dann habe ich gedacht, vielleicht lebe ich ja in einer sozialen Filterbubble, aber dank des Internets weiß ich,
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dass es jetzt ein bisschen anders ist. Jedenfalls, Frauensexualität wird immer mit Zärtlichkeit, Romantik, Kerzen und Blumen in Verbindung gebracht. Während Männer offensichtlich nichts Besseres zu tun haben, als Frauen heftig von hinten zu ficken. Ich frage mich immer, wie konnten die Menschen über so viele Jahrtausende hinweg sich fortpflanzen, wenn die sexuellen Bedürfnisse so komplett unterschiedlich sind? Und mit wem gehen diese ganzen Männer
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fremd, wenn die Frauen an solchen Eskapaden überhaupt kein Interesse haben? Insofern fand ich den Erfolg von Fifty Shades of Grey gut. Ich halte die Theologie selbst ziemlich im Mist. Ich habe am Anfang des dritten Buches ennervt aufgegeben, obwohl ich es aus amateursoziologischen Gründen durchziehen wollte, aber aber, selbst Fifty Shades of Grey
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hat eine gute Seite, denn der Erfolg des Buches zeigt, dass es nicht nur ein paar internetaffine nerdische Frauen Interesse an Sexualität haben, sondern dass es sich um ein Massenphänomen handelt. Frauen mögen Sex und das nicht nur im Zusammenhang mit Vorspiel.
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Und auch bei Fifty Shades of Grey war das Internet der Geburtshelfer. Ich bin mir sicher, dass kein großer Verlag das Skript publiziert hätte, wenn das nicht als Fanfiction zuvor online publizierte Werk so einen riesigen Erfolg gehabt hätte. Und ich bin mir auch sicher, dass die Trilogie ohne Kindles, Tablets oder iPads viel weniger
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Leserinnen gehabt hätte. Denn ich möchte noch einen weiteren Aspekt, den ich schon mal am Anfang kurz angerissen habe, eingehen. Das ist der Aspekt, dass Frauen sehr viel weniger als Männer versuchen, sexuell nicht aufzufallen. Selbst Böhmermann und Schulz geraten ja komplett aus der Fassung, wenn eine Frau offen über ihren Pornokonsum spricht. E-Books ermöglichen es nun, zu lesen,
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was ich will, wann ich will und wo ich will. Jedenfalls würde ich mich mit einer Hardcopy von Hope gefangen zwischen Liebe und Lust nicht morgens um 7 in die Bahn setzen. Und ich meine das nicht nur aus sprachstilistischen Gründen. Und während die meisten Frauen keinen regulären Sexshop allein betreten würde, ist ein Kauf online mehr als das Krieg möglich. Das Internet hilft also beim Verstecken des Konsums,
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was dann wiederum die Schwelle für den Konsum deutlich tiefer setzt. Dadurch konsumieren auf einmal viel, viel mehr Menschen Schmudelprodukte, die dann wiederum zum Mainstream werden. Und dann, angekommen im Mainstream, ist es auf einmal viel einfacher darüber zu sprechen. Ich hab das festgestellt, als 50 Shades of Grey rauskam und dann auch alle meine Freundinnen das gelesen hatten. Und ich stellte fest,
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dass wir auf einmal nicht mehr 1,3 Promille brauchen, um über Sex zu reden. Insofern finde ich den Begriff Mommy Porn auch eine Unverschämtheit. Denn er führt etwas in die Lächerlichkeit, was an sich sehr schön ist. Und redet es dadurch auch klein. Denn das Buch manifestiert, dass Frauen Interesse an Sexualität haben, dass sie sehr wohl Konsumentinnen für Texte, Filme,
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Produkte, Beyond, eine Partnermassage, einen Candlelight-Dinner oder einer Romantik-Schnulze sind oder die Romantik-Schnulze in Kauf nehmen, wenn sie Sexszenen enthält. Und was mich in diesem Zusammenhang auch immer wieder wundert ist, während diverse Unternehmen sich den Kopf zerbrechen, welche unnötigen Produkte sie entwickeln können, welche Begehrlichkeiten sie wecken könnten
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oder wie sie ihren Umsatz erhöhen können und neue Zielgruppen erschließen können, wird beim Thema Sex 50,9 Prozent, das ist der Anteil der Frauen in Deutschland, der Bevölkerung komplett ignoriert. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal ein so großes Wachstumspotenzial ungenutzt gesehen habe. Die Vielfalt. Es ist natürlich nicht wahr, dass alle das mögliche Potenzial von Frauen
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oder als Konsumentinnen unterschätzen. Nischen und Independent-Produkte bekamen durch das Internet die Möglichkeit eines globalen Marketings und einer weltweiten Distribution. Damit dann auch eine wirtschaftliche Grundlage, die es ermöglicht, am Markt bestehen zu können. Zum Beispiel ein Film, der pansexuelle Fußfetischisten mit Liebe zu Bratwüsten anspricht,
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wird in Deutschland wahrscheinlich nur 1000 zahlbereite Zuschauer finden. Weltweit könnte das also wesentlich mehr sein und eine Produktion könnte sich lohnen. In diesem Markt hat sich der Feminist Porn etabliert, über den Tristan Taumino hier spricht, wenn sie für ihre Produktion festlegt, ich bevorzuge die Darstellung
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unterschiedlicher Möglichkeiten, sexuelle Lust zu geben oder zu bekommen, verschiedener nicht heteronormativer sexueller Praktiken und authentischer Orgasmen. Tristan Taumino sprach im April auf einer Feminist Porn-Conference in Torento und stellte danach eine Auflistung der Teilnehmer zur Verfügung. Na ja, es waren nur 300 Leute.
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Ich fand das trotzdem sehr spannend, denn fast die Hälfte der Besucher kam aus dem akademischen Umfeld. Ganz offensichtlich haben viele Intellektuelle einen Umstieg vom Film noir zu puer nu, zu nackter Haut, vollzogen. Und wenn es sich auch hier nur um eine kleine Nische handelt, so glaube ich, dass das große Interesse der Akademiker darauf hinweist, dass immer mehr Menschen an der Diskussion und der Partizipation
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an der Diskussion über Sexualität partizipieren und sie mitgestalten möchten. Die Zeit des verstohlenen und heimlichen Konsums geht langsam vorbei. Die neuen Medien haben also unsere Wahrnehmung, unseren Diskurs und unsere Partizipation an Sexualität stark gewandelt. Die digitale Revolution ist im vollen Gang.
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Jeder kann auf sein eigenes, interaktives Porn und Kino zugreifen. Es war noch nie so einfach, zu konsumieren und zu partizipieren. Über die Sexindustrie wird nicht mehr so in indirekter Form und durch einen Filter berichtet. Die neuen Medien helfen nicht nur dabei, das Stigma dieses Arbeitsfeldes zu eliminieren, sondern bieten auch den Betroffenen einen offenen Kanal, einen Sprachrohr,
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um ihre tatsächlichen Bedürfnisse und Probleme zu thematisieren. Auch in der wissenschaftlichen Wahrnehmung rückt das Verhältnis von Sexualität, Kultur, Technik und Gesellschaft vom Hintergrund in den Vordergrund. Das Internet bietet die Möglichkeit eines nie gekannten Ausmaßes und einer großen Vielfalt an Informationen über Sexualität,
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Aufklärung und viel mehr. Themen, die man im Familien- oder Freundeskreis nicht besprechen konnte, sind über die Diskretion des Internets abrufbar. Und es gibt die Möglichkeit oder die Hilfestellung zu einer sexuellen Identitätsfindung. Da man im Dorf der sexuelle Außenseiter, so ist man im global digitalen Dorf womöglich einer von vielen Mitstreitern.
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Durch globales Marketing und weltweite Distribution finden eben auch Nischenprodukte Konsumenten. Dadurch gibt es eine nie entstandene Vielfalt an Filmen, Produkten, Büchern oder Ähnlichem. Darüber hinaus wird die offensichtlich gesellschaftlich manifestierte Rolle von Frauen als passive, unlustempfindende
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Personen im sexuellen Bereich massiv widerlegt. Meines Erachtens gab es in den letzten Jahrhunderten keinen so massiven sexuellen Wandel. Es wird Zeit, dass wir uns über die paranoiden Gefahrenmeldungen hinwegsehen und uns mit dem auseinandersetzen,
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was wirklich spannend ist. In diesem Sinne, vielen Dank und vive la revolution!
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Also wenn jemand noch Fragen stellen möchte, dann bitte gerne melden. Da ist jemand.
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Ist das an? Ich höre ihn. Kannst du die Folie erklären, die du bei Fifty Shades of Grey gezeigt hast? Das waren irgendwie deine, oder? Das waren Nagelacke. Ich bin ein Mann.
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Schön, ne? Sonst irgendjemand noch Fragen? Traust dich keiner?
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Genau, ich hätte eine Frage dazu. Kannst du mich so hören, wenn ich so rede? Ich brauch so Kopfhörer. Kann mir jemand Kopfhörer bogen? Ich kann auch versuchen, sehr laut zu fragen, wenn die anderen nicht
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die Ohren wegfallen. Ich hab jetzt nicht lange drüber nachgedacht, aber es ist ein Thema, das ich lange beschäftigt, mit der Akzeptanz von Pornokonsum und auch mit dem, wie wir das alle wissen, dass es immer mehr auch unsere sexuelle Erziehung mitbestimmt, da man jetzt auch im jugendlichen Alter mit anfängt, Pornos zu schauen. Und du hast ja auch erst Akira
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oder wie sie heißt zitiert und so. Was ich mich frage, wie ist deine Einschränkung darum, in welcher Weise stellt denn Pornografie und Pornokonsum eigentlich eine Beobachtung der echten Sexualität da? Und inwieweit prägt uns jetzt schon im jugendlichen Alter eigentlich eine Sexualität, die eigentlich nur auf bestimmte Bedürfnisse,
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die wir alleine haben, ausgerichtet ist, nämlich ich als einzelner Pornokonsum und gar nicht mehr eigentlich um die Bedürfnisse geht, die man in einer Zweisamkeit erleben kann. Also meine eigentliche Frage ist... Das waren ja zwei bisher, ne? Genau. Meine eigentliche Frage ist, wie weit glaubst du verändert Pornokonsum unsere Sexualität? Und was ist deine Meinung dazu? Also meine Meinung ist, dass Pornokonsum
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unsere Sexualität nicht so massiv verändert, wie es einem Glauben gemacht wird. Also es waren ja im Grunde zwei Fragen. Es ging ja einmal um Jugendliche. Wir erleben jugendliche Sexualität. Ich meine, ich bin jetzt aus dem Alter raus, aber ich glaube, dass auch hier das gilt, was seit Jahrhunderten gilt, wenn im Elternhaus eine
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Erziehung entsteht, in der gesagt wird, du musst draus finden, was du magst. Du musst es einfordern oder du musst es mit dem Partner besprechen und sagen, ich möchte das so. Und du darfst dich so nicht zwingen lassen. Dann kann man nicht so viel falsch machen. Und dann schadet auch der ein oder andere Porno ganz sicher nicht. Ich glaube darüber hinaus,
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und das war ja auch ein Punkt, den ich versucht habe, in meinem Vortrag aufzubringen, ist, dass Sexualität im Internet eben nicht nur Pornografie und Online-Porn ist, sondern dass Sexualität im Internet ganz viele Facetten hat. Und da auch dieses Bild des ewig masturbierenden Personen vom Screen, glaube ich, nur eine Halbwahrheit ist, das passiert. Und ich glaube,
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ganz viele Jugendliche verbringen viel Zeit in ihrem Zimmer genau damit, ob mit oder ohne Telefon oder Handy. Und insofern würde ich das jetzt einfach mal, diese Frage, so beantworten, dass ich sage, es macht alles nichts. Und ich glaube, es ändert uns auch alle nicht so schlimm. Weil letztendlich ist es, also dann kann man auch sagen, ein Actionfilm ist, das ist ja auch nicht die Wahrheit.
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Also sollte man Jugendlichen auch keine Actionfilme zeigen. Ja guck, also das, was Arnold Schwarzenegger da macht, das passiert eigentlich gar nicht echt. Also ich meine, da wird es ja auch nicht thematisiert. Und bei Pornos wissen die auch ganz genau, dass sie nicht mit Asia Akira gleich ins Bett gehen, sondern mit ihrer Freundin aus der zehnten Klasse.
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Ja, schönen guten Tag. Hallo. Ich bin Sozialpädagoge. Ich mache so Sozial- Arbeit mit Jugendlichen im größten Teil. Da auch so sexuelle Aufklärung und sowas in einer Art. Und ich fand die Frage sehr gut da von meinem Vorgänger.
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Weil nun mal so als Rückmeldung, ich da viel erlebe, dass dadurch aber ein sehr hoher Druck aufgebaut wird, weil Gewaltgeschichten weniger tabubelastet sind, darüber eher geredet wird, als über so Sexualität. Und da gerade hohe Erwartungshaltung produziert werden. Also wenn ich mit 12-, 13-, 14-Jährigen
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rede, dann also mindestens der Analsex-Dreier zum Standard gehört, sag ich mal. Und also ähnlich, wie du das vorhin meintest, dass erst mal dieses Benennen überhaupt der Geschlechtsorgane schon mal ein hoher Wert für viele ist und die dann aber total überfordert sind mit den Bildern, die sie dann im Internet dann sehen.
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Und diese Zweiteilung, die du gemacht hattest, mit einmal dem Pornos selber und dann dieser Aufklärungsfaktor, der im Internet zweifelsfrei gegeben ist. Nun mal so, Dr. Sommer wurde gerade eingestellt, so zu den eigenen Jugendzeiten, dass da das natürlich für Jugendliche
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dann der Reiz des Pornos selber zu konsumieren viel höher ist, klar, als bei den Sachtexten. Also, dass ich jetzt die These aufstellen würde, dass die Beeinflussung dann doch um einiges größer ist, als du das jetzt eben meintest. Also, ich nehme an, ich habe weniger mit Jugendlichen zu tun, ich habe zwar
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selber Kinder, aber die sind noch nicht in dem Alter. Ich gehe da mehr so von mir und meinem Umfeld aus. Und ja, also, ich denke aber auch gerade eben Thema Gewalt, dann müsste man ja eigentlich genauso, also in meiner Jugend gab es ja Horrorfilme, wo wir uns dann irgendwie die angeguckt haben und dann irgendwie alle gegruselt und geäkelt haben.
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Ich glaube, Gewalt ist grundsätzlich, da ist jetzt nicht nur Pornografie der Schuld, sondern auch Actionfilme oder überhaupt die Tatsache, dass irgendwie aus einem Liebesfilm beispielsweise eine Szene gestrichen wird, in der eine Frau oral befriedigt wird, aber eine
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Vergewaltigungsszene bleibt drin. Ich glaube, das ist ein gesellschaftliches Problem, was da viel mehr drin ist, indem halt Frauen immer noch irgendwie ja, als Menschen gelten, die man nicht ansprechen muss oder fragen muss, bevor man mit ihnen Sex hat. Wie gesagt, wenn du sagst, du hast diese Erfahrung, ich glaube immer noch nicht, dass Pornografie Jugendliche so schädigt, vor allem, wenn sie
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in einem Elternhaus aufwachsen, denen solche Themen auch besprochen werden und indem die Eltern da auch offen mit umgehen und vielleicht aus sich selber mal was angucken, um zu wissen, was ihre Kinder da konsumieren und dann einfach darüber sprechen. Nur noch als Rückmeldung dazu, das sehe ich genauso, dass natürlich die Erziehung und so weiter, wie das eingebettet ist, eine ganz entscheidende Rolle da spielt.
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weil das ja unter dem Titel der Sexuellen Revolution in Verbindung mit dem Internet, ja, hier der Vortrag läuft, über die Statistiken, dass das erste Mal beispielsweise immer später stattfindet, nicht immer früher, würde ich jetzt auch vermuten,
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dass das nicht unbedingt, also dass dieser Slogan da ja rumgeht, dass dieses Oversexed but underfucked eher so eine Überforderung halt auslöst. Ich glaube, es ist ein extrem komplexes Thema, was wahrscheinlich nochmal besonders betrachtet werden sollte. Ich glaube, es gibt da Probleme, aber ich glaube auch,
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dass sie hochgejesst werden. Ich habe viel mit Babysitter zu tun. Und wenn ich mir die angucke und wenn die mir erzählen von ihren Freundinnen und Freunden, da muss ich feststellen, es ist eine extrem verantwortungsbewusste Generation, die da gerade aufgewachsen ist und so viel kann da nicht falsch geworfen sein.
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Hi. Hallo. Hallo, ich bin Anna. Hörst du mich? Ja, ich höre dich. Also ich habe vor zwei Jahren hier diesen tollen Vortrag besucht von der Cindy Gallop. Vielleicht warst du auch da. Und die hat ja diese Website gemacht, Make Love Not Porn. Das Thema finde ich seitdem total spannend und deswegen bin ich auch hier bei dir. Und ich glaube,
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wir müssen da gar nicht so eine Schwarz-Weiß-Diskussion führen. Also es gibt nicht nur Oversexed oder underfucked oder es gibt auch nicht nur alles ist gut, sondern ich glaube, es ist irgendwo in die goldene Mitte. Damals in der Diskussion war, glaube ich, die Aussage, das diskutieren wir hier auf der Republica auch immer wieder, so dass es immer diese Trennung zwischen den Sphären Internet und reales Leben gibt.
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Und ich glaube einfach, dass wir uns einfach bewusst sein müssen, dass Kiddies heute viel früher an Porno irgendwie rankommen. Das hast du ja vorhin auch gesagt. Also dass man da viel schneller rankommt als früher. Die Schwelle, irgendwie an sowas ranzukommen, ist ganz, ganz niedrig. Und ich glaube schon, deswegen würde ich dir da auch zustimmen, dass es dazu führt, dass man vielleicht nicht eine falsche
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Forschung, aber eine unrealistischere Forschung erstmal auftankt. Ich bin sofort fertig. Und ich glaube schon, dass wichtig einfach ist, dass wir solche Sachen machen, wie du das erzählst, so Aufklärung. Also dass man eben genau mit den Jugendlichen auch über solche Themen spricht. Ich weiß nicht, ob die in der Schule solche Diskussionen führen, wie wir das hier tun.
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Das glaube ich nämlich nicht und das ist eigentlich schade. Und dafür wäre ich einfach, dass es da einen viel größeren Austausch gibt und eben auch diese Enttabuisierung dieses Themas in den Schulen schon viel früher stattfindet. Ich glaube, das ist wichtig, damit wir einfach da so eine Verbindung schaffen und nicht das Verbot aussprechen,
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sondern eben, okay, wie gehen wir damit um? Ja, unbedingt. Also ich glaube in der Tat, dass du da recht hast. Wobei, also bei diesem unrealistischen Bild, das regt mich immer wahnsinnig auf. Weil ich bin aufgewachsen mit so Romantik-Schnulzen. Und ich bin jetzt verheiratet seit einigen Jahren. Und nie, nie war dieses unrealistische Bild von Romantik-Schnulzen, was ich als Kind und Jugendliche gesehen habe, entsprach das meiner Realität. Und ich meine,
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ich bin trotzdem irgendwie, ich komme zu Recht und ich bin immer so doof den Leuten. Man spricht ihnen ja auch quasi und auch Jugendlichen, das regt mich auch immer wieder auf, man spricht ihnen ab, dass sie rational und klug denken können. Also die sind ja nicht doof. Die sind vielleicht ein bisschen komisch. Und die benehmen sich wild oder so. Aber die sind nicht doof.
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Und ich glaube, man sollte ihnen einfach viel mehr zumuten. Also ich halte es für eine Essentielle Sache. Ich hoffe, ich werde das bei meinen Kindern dann auch so machen. Ich halte es für eine wissensielle Sache, dass man Jugendlichen Sachen zutraut. Und dass man ihnen sagt, du kannst damit verantwortungsvoll umgehen. Du bist nicht doof und du wirst wissen, dass so ein Porno nicht bei dir stattfinden wird.
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Jedenfalls nicht sofort. Ich würde auch da gerne nur noch mal kurz was ergänzen. Also das hat für mich auch nicht was mit Dochheit zu tun, sondern eher damit, dass man Reflexion erstmal lernen muss. Also das ist halt ein Prozess. Und ich glaube nicht, dass es ein Lernprozess ist.
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Und dass man da herangeführt werden muss. Und ich glaube, dass wir schon in einer Gesellschaft leben, wo viel so nicht unbedingt unkritisch, aber schneller aufgesorgt wird und für wahr befunden wird. Und deswegen sitzen wir auch heute hier, weil viele von uns sich dafür einsetzen, dass wir Dinge reflektieren. Und ich glaube, das ist einfach was, was an manchen Stellen noch fehlt. Und wo man einfach ausbauen kann.
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Als Ausbau bin ich absolut bei dir. Also das hat nichts mit Dochheit zu tun. Wir haben jetzt noch Zeit für eine letzte Frage. Ja, ich finde es eigentlich noch gerade wichtig, zu sagen, im Spiegel, die aktuelle Ausgabe ist Jugend forscht, wie schädlich ist Pornografie.
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Ist eine Studie drin. Und die sagt ganz klar aus, dass Jugendliche ein ganz bodenständiges, normales Verhältnis zur Sexualität haben. Wie früher auch schon. Und dass sie sich eigentlich nur Pornos angucken, die sie sich selber eigentlich auch zumuten können. Also sie steuern das, was sie sich zumuten wollen. Und können da sehr klar differenzieren zwischen, was im Netz da abgeht und was dann in der Realität wirklich ist.
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Ich hatte die auch gelesen, dachte, war auch sehr entspannt. Ich fand den Kommentar, der dann auch folgt, doof. Aber die Studie war gut. Also nicht von Ihnen den Kommentar, sondern im Spiegel. Nur ganz kurz, also deine These ist ja irgendwie die befreiende Wirkung,
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die die Digitalisierung auf Sexualität hat. Aber andersrum eigentlich die ganze Diskussion, die wir kennen, über die Beschneidungen des Internets, sind ja eigentlich getrieben von Pornografie und Urheberrecht. Also andersrum sind das eigentlich Bedrohungen für die Freiheiten im Web.
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Naja, also jetzt gerade bei Pornografie habe ich ja eher das Gefühl, dass z.B. jetzt in Engl- Ich weiß nicht, siehst du dich auf die Situation in England, wo Naja, aber jetzt also in England ist es so, dass also überlegt wird, ob man einen Filter vor Pornografie setzt. Das hat ja die Pornografie selber nicht gemacht, sondern das hat die Regierung gemacht. Die basiert auf Grund
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von Annahmen, dass Menschen nicht mündig genug sind, sich damit auseinanderzusetzen und der Sorge, dass wir hier alle irgendwas ganz komisches machen, wenn wir diesen Ding ausgesetzt sind. Insofern sehe ich mich jetzt sozusagen meiner Rolle als diejenige, die jetzt hier was darüber gesprochen hat, darin, dass ich auch für
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Pornografie oder alles rund um Sexualität und auch in expliziter Weise absolute Freiheit mir wünsche, aber eben einen großen Raum an Freiheit. Und natürlich ist das eine Gefahr, aber ich glaube, dass es wichtig ist, darüber zu sprechen, wo die guten Seiten sind, um diese Gefahr abzuwenden, dass wir hier nochmal eine Schranke und Zensur bekommen.