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Interview mit Gabriele Fischer

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Interview mit Gabriele Fischer
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126
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MicrosoftMusical ensembleiPhoneCoefficient of variationComputer animationLecture/Conference
Computer fontBlock (periodic table)Moment (mathematics)Lecture/Conference
Row (database)Meeting/Interview
MomentumGodLecture/Conference
LinieEckeLecture/ConferenceMeeting/Interview
Meeting/Interview
InformationInformationsgesellschaftLecture/ConferenceMeeting/Interview
Moment (mathematics)Systems <München>Meeting/InterviewLecture/Conference
Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Musical ensembleMeeting/Interview
Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Lecture/ConferenceMeeting/Interview
EckeDirection (geometry)Meeting/InterviewLecture/Conference
Interactive kioskHöheMeeting/InterviewLecture/Conference
Meeting/Interview
Content (media)Process (computing)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Set (mathematics)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Airline <Programm>Lecture/Conference
Lecture/Conference
Musical ensembleLecture/Conference
Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Evolutionarily stable strategyLecture/Conference
InternetMeeting/Interview
InternetMusical ensembleLecture/ConferenceMeeting/Interview
NumberLengthLecture/ConferenceMeeting/Interview
Point (geometry)Lecture/Conference
Process (computing)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Process (computing)Computer animationMeeting/InterviewLecture/Conference
Graph coloringMeeting/InterviewLecture/Conference
Print <4->Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Print <4->InternetLinieInformationControl engineeringLecture/ConferenceMeeting/Interview
ZahlPrint <4->Lecture/Conference
iPadHigh availabilityInternetLecture/ConferenceMeeting/Interview
Product (category theory)NumberZahlLecture/ConferenceMeeting/Interview
NumberInternetMusical ensembleMeeting/InterviewLecture/Conference
Lecture/Conference
Set (mathematics)NumberLecture/Conference
Lecture/ConferenceMeeting/Interview
Lecture/Conference
EncryptionCryptographyMeeting/InterviewLecture/Conference
Lösung <Mathematik>Meeting/InterviewLecture/Conference
Machine learningLecture/ConferenceMeeting/Interview
Print <4->Lecture/Conference
Lecture/Conference
Concurrency (computer science)Digital mediaMeeting/InterviewLecture/Conference
Order of magnitudeLecture/Conference
Decision theoryWeb pageMeeting/InterviewLecture/Conference
Grand Unified TheoryMeeting/InterviewLecture/Conference
Computer animationLecture/Conference
Musical ensembleLecture/Conference
Series (mathematics)Musical ensembleLecture/ConferenceMeeting/Interview
MicrosoftComputer animation
Transcript: German(auto-generated)
Hallo, hallo, hallo, schönen guten Tag, toll, dass es so voll ist, reibt sich fast ein bisschen.
Mein Name ist Johnny Häusle, ich gehöre zum Gründungsteam der República und werde euch jetzt durch ein kurzes Gespräch begleiten, das ich führe, das ist ein ganz blöder Satz gewesen, ist für mich jetzt, Entschuldigung, 1998, was viele gar nicht wissen, ich liebe Print, ich liebe Print-Magazine, schön gemachte, gut geschriebene Magazine, 1998
gab es davon aus deutschen Landen nicht allzu viele und deswegen überraschte es mich sehr, als ich in diesem Jahr 1998 in so einem ganz normalen Zeitungs-Kiosk stand und zwischen den ganzen rot und weißen Covern und große bunte Bilder und große bunte
Buchstaben plötzlich, das Cover eines Magazins sah das so gar nicht deutsch aus, sah eher britisch aus, sah aus wie eine Architekturzeitschrift oder wie eine Designzeitschrift und stand groß drauf Econy und es war ein Wirtschaftsmagazin und ich hab das gekauft und dann gab es so ein paar wenige Ausgaben von Econy und plötzlich
war das weg und kurz danach gab es ein neues Magazin, das ein bisschen ähnlich aussah und da stand plötzlich Brand 1 drauf. Wie ihr alle wisst, gibt es die Brand 1 bis heute und zwar sehr, sehr erfolgreich und deswegen freue ich mich sehr, mit euch begrüßen zu dürfen die Chefin, Gründerin und Verlegerin von Brand 1, Gabriele Fischer. Ich gucke nicht auf meinen iPhone um zu twittern oder
so, ich hoffe ihr wisst das alle, sondern weil das liebste Foto der Presse im Moment scheint zu sein auf der Republika Menschen, die so einen Schreibblock
in der Hand haben, also aus Papier und da steht dann immer irgendwie so was drunter wie die Netzgemeinde besinnt sich auf Papier zurück, wegen der NSA, deswegen hatte ich eigentlich auch überlegt, so einen großen Schreibblock mitzubringen, aber ich habe gerade erzählt, es gab kurz Econy, dann hieß es plötzlich Brand 1 und ich
gehe mal davon aus, dass nicht alle Menschen, die hier sind, die Geschichte kennen, kannst du das noch mal in anderthalb Sätzen umreißen, was damals Ende der 90er passiert ist. Das ist eine tolle Idee. Wir haben ein Magazin gegründet im Auftrag eines großen Verlages, des Manager-Magazins, ich versuche das jetzt ganz kurz, weil normalerweise sind wir sonst anderthalb Stunden älter, im Auftrag eines großen Verlages, wir haben das
getan, wir haben das wie wir fanden ganz großartig getan, wir waren wie der Verlag auch beseelt von dem, was wir da getan haben, leider Gottes nur bis zum Erscheinen der zweiten Ausgabe, dann hat der nicht mehr so beseelte Verlag beschieden, dass das jetzt ein schönes Experiment war und dass wir das einstellen und damals, 1998, war so eine Zeit des Aufbruchs und
Gründer und sowas alles, also haben wir dann gesagt, dann übernehmen wir das einfach selber und wir hatten keine Ahnung, worauf wir uns einlassen, was ein ganz wichtiger Gründungsimpuls ist, den man nicht unterschätzen darf. Wir sind auch vier Monate später pleite gewesen, auch das gehört
durchaus zu den normalen Runden, haben ganz kurz vor der Insolvenz es geschafft, das Ding zu verkaufen und haben vier Monate dann noch mit dem Käufer zusammen ein Magazin gemacht, was grauenvolle Monate waren, weil er nicht begriffen hat, was wir da tun und haben uns dann getrennt und haben Brandeins gegründet. Als wir Brandeins gegründet haben, sind nur drei Sachen
wichtig, erstens wir hatten ein Jahr lang Schule mit Econy und haben ein Jahr lang gelernt, was ein Verlag ist, das wussten wir vorher nicht, das weiß kein Chefredakteur, behaupte ich mal. Wir haben festgestellt, dass die Art und Weise, wie wir Magazin machen, durchaus seine Interessenten findet, denn so schlecht stand Econy gar nicht da und das dritte war, dass wir
festgestellt haben, Gründung allein ist, ich hoffe, dass ich jetzt niemanden auf die Füße trete, ein stinklangweiliges Thema. Und deswegen haben wir das Spektrum von Brandeins erweitert und haben gesagt, uns interessiert nicht nur Gründung, uns interessiert das, was sich verändert, wenn sich eine Wirtschaft und eine Gesellschaft verändert. Das ist so
heute unser Thema. Und es geht nach wie vor doch in erster Linie um die Menschen hinter den Unternehmen. Also ihr habt ja immer Schwerpunktthemen, das heißt auf der Brandeins, können wir nachher noch mal drüber reden, wie ihr da rankommt, wie ihr entscheidet, welcher Schwerpunkt in dem Monat dran ist. Aber ich meine, ich habe gerade von der Gestaltung geredet auch, also ihr seid mit Fotos, mit Text anders umgegangen und
ihr habt immer eigentlich eher über die Menschen berichtet als über das Unternehmen selber. Naja, das Interessante ist ja, dass Wirtschaft meistens von Menschen ausgeht. Die Vorstellung, dass das irgendwelche Apparate tun, entspricht nicht ganz den Tatsachen. Und wenn man sich wie wir beschäftigt damit mit der Transformation von der Industrie zu
der Wissensgesellschaft, dann kommt man an Menschen überhaupt nicht vorbei, weil Menschen sind diejenigen, die Ideen haben. Menschen sind diejenigen, die vielleicht irgendwann in der Lage sind, Informationen so in Wissen zu verarbeiten, dass wir daraus eine neue Ökonomie bauen können. Das alles hat nur mit Menschen zu tun. Also die Apparate, die drumrum sind, werden auch in der
Regel von Menschen entwickelt. Also von daher kommst du daran nicht vorbei. Und ich glaube auch, dass wir nicht so, also in dem Moment, wo man alles in Systeme packt, kommt man auch leicht um die individuelle Verantwortung rum. Und die ist uns auch sehr wichtig.
Ich hab drei Klatscher gehört. Ich würde ganz gerne noch mal bei der Gestaltung bleiben, weil für mich war das wirklich ein ausschlaggebender Punkt. Und das sind ja auch hier auf dieser Veranstaltung, sind ja auch die Kleinerinnen und Designer, dieses UX und so, alles Thema hier
auch. Also User Experience. War das von euch eine bewusste Entscheidung, wir wollen anders aussehen, oder gab es da einen Art Director, der das alleine in die Hand genommen hat und die Redaktion hat gesagt, ja mach mal. Ich glaube, es war beides. Also es gab das gute Gefühl von mir,
dass ich wusste, wie sich das neue Magazin liest. Aber ich hatte keine Ahnung, wie es aussieht. Ich wusste nur, es sieht nicht so aus, wie das, was es bisher an Wirtschaftsmagazinen auf dem Markt gab. Und es gab einen Art Director, den ich damals noch lose kannte, mit dem ich heute befreundet bin und der dieses Konzept, von dem ich in dem stand, wie sich das lesen
sollte, las und in den Nachbarraum verspannt, mir vier Magazine auf den Tisch warfen, spanisches, also Magazine, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte, auf den Tisch warf und sagte, ungefähr so, nur ganz anders. Und dann mich fragte, aber das ist doch klar, dass ich das Editorial Design
machen soll. Und das war eigentlich nicht klar. Ich wollte von ihm nur ein paar Tipps haben. Aber dann haben wir gesagt, dann machen wir das zusammen. Das haben wir dann auch gemacht. Und es war von Anfang an klar, dass das, was wir anders machen wollten, sich als erstes über die Optik darstellt. Also jemand, der zu einem Brand eins greift, ist, sag ich mal, nicht der typische, klassische Manager-Magazin-Leser, der vor allen Dingen
wissen will, was jetzt nach Herrn Keeser kommt und wo die ganzen Vorstände sich jetzt neu verteilen und sonst irgendwas, sondern der will was anderes. Das ist schon das Layout spaltet. Und das war eigentlich durchaus gewollt. War das schwierig am Anfang? Oder waren die Leute von
Anfang an begeistert oder beeindruckt davon? Ich kann mir vorstellen, dass es auch, es gab auch mal den Vorwurf der Textwüsten und so. Ja, ja. Also mittlerweile ist es ja sehr interessant, dass fast alle Rhin-Launches in diese Richtung gehen, die nicht wir, sondern die Maik damals vorgegeben hat. Es war am Anfang aus zwei Gründen schwierig. Zum einen hießen wir Brand eins und landeten
in einer Ecke der Kioske, die für Feuerwehr-Magazine vorbehalten war. Und wir haben damals gelernt, dass es Feuerwehr-Magazine gibt. Das ahnten wir vorher nicht. Und das zweite war, dass wir eigentlich unsere Gestaltung, das war schon bei Econy so, so Outstanding fanden, dass wir
dachten, die Kioske werden gestürmt. Menschen gehen hin, sehen das, wollen das unbedingt haben. Das ist nicht passiert. Aber bereut habt ihr es trotzdem nicht, ich hab es weiter durchgezogen, wie man weiß. Dann lass uns jetzt mal ein bisschen zu den, achso, nee, du hast vorhin so ein bisschen erzählt von den von den Startschwierigkeiten und von dem hin und her und dass ihr dann pleite wart und das waren aber nicht die einzigen Höhen und Tiefen in den
letzten 15 Jahren. Gab es eine Zeit, in der du gedacht hast, das geht nicht mehr? Eigentlich nicht. Es gab zwei Gründe, warum nicht. Erstens mal ist diese Redaktion, die ja in wichtigen Bausteinen bis heute zusammen ist und also die Gründungskollegen sind alle noch da, das
Gründungsteam ist noch da. Und das eigentlich die ganze Zeit so eine Art von Zukunftsoptimismus mit sich rumgetragen hat, der es dir gar nicht erlaubt hat zu sagen, dann lass ich das. Das zweite, dass ich so hoch verschuldet war, dass wenn ich gesagt hätte, dann lass ich das jetzt einfach. Ich glaube ich, also ich war ja auch
nicht mehr die Jüngste, nicht mehr bis zu meinem Lebensende die Schulden nicht mehr hätte abarbeiten können. Also es war ein bisschen Vernunft und ein bisschen Team. Okay, dann kommen wir jetzt mal zu den Inhalten. Ich wüsste gerne mal, was das für ein redaktioneller Prozess ist. Ich war schon mal bei euch, durfte mal so eine Heftkritik machen. Das ist bei der Brandeins eine ganz schwierige Aufgabe.
Heftkritik macht fast jede Zeitung, jedes Magazin, manche Radiosender machen das auch. Dann laden sie irgendjemand ein und der soll dann das aktuelle Heft, naja, kritisieren. Und dann sitzt man da in der Brandeinsredaktion. Ich meine, ich lese die wirklich schon lange und habe da auch eine Menge Respekt. Und dann sitzt man da so und dann gucken
ein, wie viele Leute waren da? Zwölf? Zwölf bestimmt, ja. Dann sitzen an so einem großen Tisch zwölf Menschen und gucken einen mit großen Augen an und man weiß, die haben jetzt wahnsinnig viel Herzblut da reingesteckt. Und dann sitzt man mit seiner eigenen Ausgabe, wo so lauter Einklebedinger sind und macht die, die rot sind, wo man was Kritisches zu sagen soll, die überschlägt man erst mal. Das ist
eine ganz komische Situation, finde ich, aber es hat sehr, sehr viel Spaß gemacht. Und ich habe noch nie eine Brandeins so von vorne bis hinten gelesen wie diese Ausgabe, nämlich wirklich jedes Wort dann. Wenn man ja sonst einfach so ein bisschen auswählt, liest die Geschichten, die einen sofort anspringen oder interessieren. Mich interessiert
der redaktionelle Prozess. Was ist für dich ein guter Brandeinsartikel? Ein guter Brandeinsartikel ist einer, wo jemand sich eine interessante Frage stellt. Also die Tatsache, dass Air Berlin jetzt pleite ist und dass man da jetzt drüber schreibt, ist keine gute Frage, sondern
es ist etwas, was auf der Straße liegt. Die grundsätzliche Frage, wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass Flüge immer billiger geworden sind und dass die Airlines sich immer weiter unterboten haben in den Preisen, bis sie eben dann pleite gehen. Wie kommt so ein Prozess zustande? Das ist eine bessere Frage.
Also Brandeinsgeschichten versuchen tatsächlich, die Frage dahinter zu stellen und nicht an dieser ersten Beobachtung stehen zu bleiben. Und das zweite ist, dass dann eben jemand versucht, relativ ohne Scheuklappen alle möglichen Parteien zu befragen. Das gelingt uns natürlich nicht immer, aber es ist das Ziel einer Brandeinsgeschichte,
dass man erstmal alles an Fakten zusammenträgt, um sich dann einen Standpunkt zu erarbeiten und dann eine Geschichte zu schreiben, an der sich der Leser reiben kann, aber die ihn nicht bevormundet. Also am Ende einer Brandeinsgeschichte sollte man das Gefühl haben, das habe ich vielleicht so noch gar nicht gesehen oder interessant, aber es sind ja alles
Idioten. Das ist alles gut. Aber man soll nicht das Gefühl haben, dass wir sagen, wie die Welt tickt und dass wir versuchen, dir zu sagen, wie die Welt tickt. Das ist nicht das Thema. Kannst du dich an Geschichten erinnern, deren Outcome, also deren Fazit dich selber überrascht hat, wo man vielleicht vorher in der Redaktion dachte, ja lass da mal was drüber
machen und man hatte vielleicht so ein bisschen im Kopf. Das kommt natürlich sehr oft vor und ich habe dir vorher gesagt, frag mich nicht nach den tollsten Seiten, die ich habe und den tollsten Geschichten, weil dann geht der ganze, aber es ist eine, die ist uralt und es ist trotzdem eine Geschichte, die zeigt, was wir meinen. Es gab einen Kollegen, der wollte vor 10 Jahren, als das noch nicht so ein Thema war wie
jetzt, eine Geschichte über die diese Ölgeschichten in Nigeria machen. Er ist hingefahren und hatte sich vorgenommen, mit einer Gruppe von Umweltaktivisten dort zu fahren. Dabei hat er es aber nicht bewenden lassen. Er ist dann auch mit den Ölfirmen dort gewesen, er ist mit
den anderen, also mit den Menschen, die dort zum Teil zu Tode kamen, weil sie aus den Rohren sich Öl abgezapft haben. Mit denen auch unterwegs gewesen und er hat eine sehr, sehr differenzierte Geschichte geschrieben, bei der es keinen Schwein mehr gab, sondern es gab eine Situation, in der die einen
Öl haben wollten und natürlich auch da dran kommen wollten und das lief durch ihr lang, aber dabei natürlich die Rohre so beschädigt haben, dass sie explodierten. Es gab Interessen von allen drei Parteien und es gab eine sehr differenzierte Geschichte, an deren Ende du nicht mehr so klar wusstest, dass Schwarz
und Weiß das Richtige ist, sondern die Grautöne gezeigt hat. Das ist eine gute Brandeinsgeschichte. Ist das ein Fazit, das du aus den letzten 15 Jahren auch ziehen würdest, dass es viele Grautöne gibt? Es gibt viel mehr Grautöne. Ich glaube wir sind, ich weiß nicht, ob wir jeden Zeiten waren, in denen es so schwarz-weiß war, wie es gerne dargestellt worden ist, aber für die Zeit heute würde
ich auf jeden Fall sagen, dass die Grautöne auch die viel spannenderen sind. Wir neigen vielleicht ein bisschen dazu, wenn man von irgendwas überzeugt ist, die andere Seite nicht mehr hören zu wollen oder sich in solche Selbstgewissheiten zurückzuziehen, egal um was es geht, Internet, Kapitalismus und und und.
Ich finde, ein Dialog darüber, was das Gute und Schlechte daran ist, wie man es besser entwickeln kann, wo man hin will, was die Ziele von der Gesellschaft sind, wie wollen wir unser Internet haben. Das geht nur in den Grautönen. Das geht nicht mit Schwarz-Weiß. Ich habe vorhin schon
die Schwerpunktthemen angesprochen. Auf jeder Brandeinsausgabe ist ein Schwerpunktthema ein Stichwort. Ich habe den Eindruck immer gehabt, dass die Schwerpunkte relativ zeitunabhängig sind. In letzter Zeit scheinen sie mir aktueller zu sein, was vielleicht auch damit zu tun hat, dass man mal genauer über
Privatheit und so weiter nachdenken kann. Ist das nur mein Eindruck oder stimmt das? Es ist, glaube ich, nur dein Eindruck, weil das Interessante ist, dass wir manchmal gelingt es uns, einen Schwerpunkt lange vorzuplanen, der dann in einer Zeit ist, in der es in der Zeit ist. Das schönste Beispiel dafür ist immer noch 2008, November. Wir erinnern uns
Limen gegen Pleite, die Welt unter. Und wir hatten zur Jahresmitte beschieden, dass wir uns, also zur Jahresmitte wurde plötzlich aus einem strahlenden Sommer eine schlechte Laune. Die Arbeitslosenzahlen waren besser denn je. Unternehmen lieferten tolle Zahlen ab, aber die Konjunktur war schon schwierig und man wusste nicht so genau. Und der Konsumklimaindex.
Und dann haben wir damals eine Recherche geplant, um zu gucken, wie kommen diese Konsumforschungsinstitute eigentlich zu diesen Ergebnissen. Und eines der Ergebnisse war zum Beispiel, dass die Bandbreite, in denen die das erforschen, so ist, dass sie eine Toleranz von drei bis vier Punkten haben, sodass man mal in die eine, mal in die andere, je nachdem, wie man so
drauf ist, fallen kann. Und das hatten wir zusammengetragen für einen Schwerpunkt Angst im November. Und dann kam Limen und dann kam der Kollege, der diese Geschichte geschrieben hat und sagte, jetzt müssen wir was ganz anderes machen, weil nun müssen wir einen anderen Schwerpunkt machen. Und wir haben natürlich keinen anderen Schwerpunkt gemacht, sondern
dieses Heft so gemacht, wie wir es vor hatten. Und die Titelzeile war keine Panik. Das ist schon wieder nicht das Ende. Und so läuft es manchmal rein. Privat war auch sehr, sehr lange vorgeplant und ist dann in die Snowden-Geschichte gefallen. Und wenn du das Gefühl hast, dass wir aktueller werden, haben wir eigentlich einen guten Job gemacht, weil dann treffen wir
das, was dich momentan interessiert. Das gelingt mal, mal gelingt es nicht so. Sind das denn demokratische Prozesse in der Redaktion, Schwerpunktthemen, oder diskutiert bis zum Umfallen? Oder sagst du jetzt nichts in drei Monaten? Im Gegensatz ist lustig. Sind das demokratische Prozesse oder diskutiert bis zum Umfallen? Können wir das rausschneiden?
Nein, es sind demokratische Prozesse. Wir diskutieren einmal im Jahr, gucken wir mal, was so große Themen sind, die uns interessieren, dann machen wir uns eine Liste, die uns zwar durch das Jahr begleitet, aber nie abgearbeitet wird, weil wir uns immer wieder andere Sachen einfallen. Wir sind eine sehr diskussionsfreudige Redaktion, auch,
was die Konferenzen angeht. Aber man muss jetzt mal so sehen, wenn man zum Beispiel so ein Wort wie Angst nimmt, dann hat, oder noch besser, im Dezember nach Lehmen hatten wir den Schwerpunkt Glück. So ein Schwerpunkt Glück hat natürlich eine ganz andere Geschichten und eine ganz andere
Färbung nach Lehmen, als wenn wir in zwei Jahren vorher in irgendeiner anderen Zeit gemacht hätten. Also die Ausprägung dessen, was im Schwerpunkt ist, entsteht zeitnäher. Das Wort ist sozusagen nur ein Teil vom Spiel. Und das ist eine Geschichte, die wir sehr gemeinsam machen. Wir produzieren auch das Heft
gemeinsam. Also es ist kein es sind kein besonders Reichschaftstrieb. Ich sag's jetzt schon, weil man immer eine Weile braucht, um nachzudenken. Wir werden auch gleich das Mikro noch rumgehen. Also ihr werdet noch Gelegenheit haben, auch selber Fragen zu stellen. Falls ihr dazu Lust habt, freue ich mich immer drüber, damit hier so eine Art Interaktion stattfindet. Also nur das als Vorwarnung,
weil wir insgesamt nur 30 Minuten haben und dafür haben wir schon 19 aufgebraucht. Ich komme zur Kernfrage. Gabriele, Print ist doch tot. Ja. Wie wir seit mittlerweile 10 Jahren wissen. Es ist ja auch nicht so, ich will da gar nicht so sarkastisch klingen, weil es ist ja nicht so, dass
die Printbranche nicht klagt. Also dieses Print ist tot und um Gottes Willen, das Internet macht alles kaputt. Warum gibt es Brand 1 noch, als doch in erster Linie Printmagazin? Darauf gibt es mehrere Antworten. Die erste ist die, wir haben nie mehr Magazine am Markt gehabt, wie heute. Die zweite ist die, die großen Verlage
haben ihre besten Renditen in den letzten 10 Jahren erwirtschaftet. Das ist so eine der typischen Geschichten, wo es sich immer lohnt, nochmal die Frage mehr zu stellen und nicht in schwarz-weiß zu gehen, sondern zu gucken. Selbstverständlich gibt es Entwicklungen, unter denen die Printbranche
leidet. Selbstverständlich sind Tageszeitungen ganz besonders schwer dran, weil wir unsere Informationen über andere Wege kriegen. Ansonsten glaube ich, dass wir zwei Bewegungen haben. Du hast die eine Bewegung, die Verlage werfen immer mehr Magazine auf den Markt, in der Hoffnung, dass einer durchkommt, also ein bisschen
Darwin. Und unten und oben ist die Zahl der Magazine eigentlich auch nicht so wahnsinnig angegriffen worden. Und wenn du einen Qualitätsmagazin machst, bei dem man die Qualität spürt, weil du gutes Papier benutzt, weil das sorgfältig gemacht ist, weil du Bildunterschrift und und und, dann teilt sich das den Leuten mit. Und dann gibt es gar keinen
Grund, digital und Print gegeneinander auszuspielen, sondern dann sind sie einfach nur gute Verbündete. Also du kannst brand eins auch auf dem iPad lesen, du kannst es im Internet nach dem Verkaufsmonat sind alle Geschichten im Internet verfügbar. Das machen wir seit der ersten Ausgabe und es hat uns nicht geschadet,
sondern es hat eigentlich nur gezeigt, Leute wollen entweder dieses Magazine oder wollen sie es nicht. Und wenn sie es nicht wollen, nützt es natürlich auch nichts, wenn ich es ihnen nur noch digital zukommen lasse. Also wenn Leute für ein Magazine nicht mehr...
Es gibt ja weitere brand eins Produkte. Also so ein bisschen habt ihr auch Ableger. Die Welt in Zahlen ist so eine Seite immer im Heft, wo ich mich immer frage, wer kommt auf die Idee, diese Zahlen zu vergleichen, die immer sehr spannend sind. Und das gibt es ja auch in Buchform. Ich glaube, drei Stück gibt es. Ist das richtig?
China in Zahlen ist das letzte. Ist das was, was ihr machen wollt oder was ihr dann auch aus wirtschaftlichen Gründen euch überlegt habt, dass ihr sagt, wir machen hier noch einen Spin-Off und geben noch andere Sachen raus? Also, wir wollen auch aus wirtschaftlichen Gründen Dinge tun. Tatsächlich sind wir ein Unternehmen...
Du hast mir vorher gesagt, frag nicht so viel über Internet, ist nicht mein Thema. Wirtschaft ist nicht mein Thema. So kommen wir gut zurecht. So kommen wir gut zusammen. Nein, wir haben brand eins wissen gegründet in der Anfangszeit aus schlichter ökonomischer Notwendigkeit. Wir haben mit brand eins so unfassbar viel Geld
verloren, dass unsere Aktionäre in ständigen Panik waren. Und wir wollten ihnen mit brand eins wissen, einem corporate publishing Tochter beweisen, dass wir auch Geld verdienen können. Und es floss zwar immer mehr ab, als wir verdient haben, aber trotzdem konnten wir schon mal zeigen, wir können das. So, hat das Vertrauen auch genährt. Sie sind bei uns geblieben bis heute. Und inzwischen ist brand eins wissen
zu einer Schwester geworden, die eine Menge von dem, was bei uns angerissen oder gemacht wird, weiterverfolgt. Die zum Beispiel jetzt am 22. Mai haben wir unsere erste brand eins Veranstaltung. Die wird von brand eins wissen organisiert. Die hat diese Bücher gemacht, die
wählt in Zahlen auch mal ein Thema Buch, wo verschiedene Geschichten aus brand eins zusammengefasst worden sind, unter dem Thema Bildung. Die macht jetzt, hat jetzt ein brand eins Thema gemacht, bei dem es um die Beraterszene geht. Und die ist offen und macht immer noch corporate publishing, aber
auch andere Magazine, für die wir das Gefühl haben, dass wir sie uns leisten können. Denn Magazine machen ist eine dumme Nachricht, aber kostet immer noch Geld. Ich möchte nach meiner abschließenden Frage gerne das Mikro aufmachen. Das heißt, wenn ihr Fragen habt, könnt ihr euch jetzt schon mal melden. Magst du? Oder wie läuft das? Okay.
Du triffst viele Menschen, du sprichst mit vielen Menschen aus der Wirtschaft. Kleine Unternehmen, mittelständische Unternehmen, auch sehr große Unternehmen. Mich interessiert, ob du den Eindruck hast in den letzten, du den Eindruck hattest in den letzten 10 bis 11 Monaten in dieser Nach-Snowden-Zeit, wie es man jetzt mal nennen will. Hat das einen Einfluss
auf die Wirtschaft in diesem Land hier erst mal? Ist das etwas, was diskutiert wird oder wird das erst mal unter den Tisch gekehrt und man macht weiter wie es vorher war? Also mein Eindruck, und der ist natürlich nicht umfassend, weil ich treffe zwar viele Leute, aber das sind natürlich keine Massen, ist, dass es deutlich weniger die Leute umtreibt,
als man meinen möchte. Und es ist ja für die Wirtschaft auch kein neues Thema. Also wir haben vor 2000 eine Geschichte gemacht, über hast du heute schon telefoniert, wo es um die Erforschung des Mittelstandes durch ausländische Mächte ging. Und in dieser Geschichte spielte die NSA schon eine durchaus
tragende Rolle. Das war damals schon bekannt. Und dass die NSA in den vergangenen 14 Jahren die technischen Entwicklungen, die rundum entstanden sind, für ihre Arbeit, nennen wir es jetzt mal so, nutzt, ist jetzt auch keine Überraschung. Von daher glaube ich, dass die Überraschung auf Wirtschaftsseite nicht so groß ist, wie man so denkt. Was ich interessanter finde,
ist, dass Firmen, die versuchen mit Kryptographie, mit guten Verschlüsselungsgeschichten, also die versuchen auf diese Entwicklung einzugehen und Lösungen dafür zu bieten, dass die jetzt deutlich mehr Gesprächspartner im Mittelstand und in der Wirtschaft haben, als sie das vorher hatten. Also
von daher hat Stoden da durchaus Konjunktur fördernd gewirkt. Okay. Haben wir schon Fragen? Gibt es schon? Ja, wir haben einen Herrn, der möchte glaube ich eher was sagen. Ich weiß es nicht. Open Mic. Ich würde gerne eine kleine Geschichte mit Brand 1 erzählen.
Ich habe im Herbst 2009 ein Bildungsprojekt vorbereitet unter dem Titel Lern doch was du willst. Und im Januar 2010 ist die Brand 1 mit dem Titel Tu doch was du willst erschienen. Mit diesem wunderbaren Interview mit Kurt Biedenkopf.
Ich habe ihn daraufhin angeschrieben und zu der Eröffnung eingeladen. Er hat danken abgesagt, aber immerhin hat er geantwortet. Und ich finde es lohnt sich, dieses Interview immer noch nachzulesen. Und das kann man, weil sie dankensweiterweise alles online stellen hinterher. Danke schön. Danke Ihnen.
Mein Name ist Jürgen Siebert. Johnny, du hast eben gefragt, Print leidet. Warum leidet Brand 1 nicht? Ich glaube, die Frau Fischer hat ein essentielles Feature vergessen zu erzählen. Das Businessmodell von
Brand 1 war nie auf Anzeigen basiert. Wie viele, viele andere Wirtschaftsmagazine, die sich sehr leicht finanzieren ließen, weil es potente Anzeigenkunden gab. Ich glaube, das hat sie auch in gewisser Weise angespornt, mit Qualität zu überzeugen. Und eben ausdauernd zu wirtschaften und ausdauernd das Magazin zu machen.
Auch in Zeiten, wo es, ich glaube, als ihr gestartet seid, kam gerade der wirtschaftliche Zusammenbruch. Ihr hattet ein starkes Konkurrenzmagazin mit Econy. Die sind ganz schnell pleite gewesen, aber ihr habt durchgehalten. Ich glaube, das ist auch eine gute Voraussetzung, jetzt auch über neue Medien nachzudenken und hat euch
dann auch angespornt, mit den neuen Medien mitzumachen, anstatt sie zu verdammen. Ist das so in etwa, wie ich das als Leser interpretieren würde? Kannst du das ungefähr aufteilen? Kannst du sagen, sonst so viele sind tatsächlich Vertriebserlöse, also Verkaufserlöse? Genau. 45% sind bei uns Anzeigen,
55% Vertrieb. Das ist für einen Magazin unserer Größenordnung völlig untypisch. Normalerweise ist die Relation 80% Anzeigen, 20% Vertrieb. Ich weiß gar nicht, ob das damals so eine bewusste Entscheidung war. Ich glaube, dass wir es anders nicht gekonnt hätten. Wir haben tatsächlich, als wir gestartet sind,
ja wirklich das Gefühl gehabt, dieses Magazin braucht die Welt. Das ist wirklich wichtig. Und wir haben von Anfang an ein Magazin für Leser gemacht. Und das Magazin für Leser machen bedeutet halt manchmal auch ökonomische Entscheidungen. Also es gibt immer noch für manche, die gar keine Anzeigen mögen, zu viele Anzeigen.
Aber es gibt ganz viele Anzeigenformate bei uns nicht. Alle Anzeigenformate, die den Text stören, gibt es bei uns nicht. Es gibt auf unserer Webseite keine Pop-ups und keine dieses, keine über die Seiten, die das Lesen stören. Das führt dazu, dass wir gar keine Werbung dort haben. Und zwar schlicht und ergreifend. Wir haben
vor sechs Monaten zum Beispiel eine Ausschreibung oder einen heimlichen kleinen Wettbewerb bei allen Werbeagenturen gemacht und haben gesagt, wenn ihr intelligente, gute Online-Werbung habt, könnt ihr die auf unserer Seite kostenlos für eine Woche zeigen. Wir haben eine Antwort gekriegt. Wir haben sie alle persönlich angeschrieben. Nicht, dass sie denken, es hat keiner mitgekriegt. Das ist ja auch schwierig. Intelligent,
gut und Werbung. Wie sollen das gehen? Ja. Herausforderungen gibt es genug. Jedenfalls, wer kriegt eine? Wir sind weiterhin auf der Suche. Wenn Sie welche haben, wir sind wirklich immer noch offen. Ich denke, wir müssen zeigen, dass das intelligenter geht, als den Leuten unauffällig
mit der Faust auf die Nase zu hauen. Ich glaube, eine kurze Frage können wir noch schaffen. Wir haben noch eine Minute. Hallo, Frau Fischer. Ich habe eine Frage. Wenn Sie in zehn Jahren nicht mehr Chefredakteurin von Brand 1 sind, was sind Sie dann?
Alt. Und daneben unendlich aktiv. Ich werde ganz bestimmt nicht aufhören, zu denken. Ich werde ganz bestimmt nicht aufhören, entweder schriftlich oder
mündlich zu den Sachen, die ich wichtig finde, was zu sagen. Ich werde ganz bestimmt ein freier Abo von Brand 1 kriegen, zu dem ich dann möglicherweise auch noch was sagen kann. Ich mache mir keine Gedanken, dass ich mich langweile. Das ist ein schönes Stichwort, Schlusswort. Ich danke euch allen fürs Zuhören. Gabriele Fischer.