Innovate Against Populism
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Formal Metadata
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Title of Series | ||
Number of Parts | 234 | |
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License | CC Attribution - ShareAlike 3.0 Germany: You are free to use, adapt and copy, distribute and transmit the work or content in adapted or unchanged form for any legal purpose as long as the work is attributed to the author in the manner specified by the author or licensor and the work or content is shared also in adapted form only under the conditions of this | |
Identifiers | 10.5446/32990 (DOI) | |
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Abstract |
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re:publica 2017191 / 234
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InternetDesignwissenschaft <Informatik>Digital signalComputer animationJSONXMLUMLLecture/Conference
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Web browserCodeLecture/ConferenceMeeting/Interview
01:01
Point of saleCodeInformationStrategy gameDesigner <Programm>Computer animationMeeting/Interview
05:12
TransmitterLecture/ConferenceMeeting/Interview
07:02
Family of setsDirection (geometry)ALT <Programm>Lecture/ConferenceMeeting/Interview
08:13
Meeting/Interview
08:35
File formatCladeForm (programming)Weight functionSystem identificationMeeting/Interview
11:07
Service (economics)Meeting/Interview
11:34
Service (economics)Form (programming)Software developerPatch (Unix)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
13:00
FrictionProcess (computing)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
13:37
RoundingLecture/ConferenceMeeting/Interview
14:01
PasswordStress (mechanics)Moment (mathematics)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
15:08
Sign (mathematics)RollbewegungPerspective (visual)Form (programming)Process (computing)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
16:43
Scientific modellingMathematical structureComponent-based software engineeringPrototypePlatteRoundingMeeting/InterviewSource code
18:07
Scientific modellingMeeting/InterviewLecture/ConferenceSource code
18:29
HierarchyOpen setSystems <München>Mathematical structureLecture/ConferenceMeeting/Interview
19:24
Process (computing)Lecture/ConferenceMeeting/Interview
20:24
Process (computing)Lecture/ConferenceMeeting/InterviewSource code
20:54
Greatest elementWordForm (programming)Hand fanVapor barrierMobile appMeeting/Interview
22:08
Process (computing)HierarchyMathematical structureLecture/ConferenceMeeting/Interview
23:41
Jacobson radicalSign (mathematics)Sound effectRow (database)Computer fileMeeting/Interview
24:58
Meeting/InterviewLecture/Conference
25:22
InternetDigital signalMeeting/Interview
26:31
Computer animation
Transcript: German(auto-generated)
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Gerge Joost ist Professorin an der Universität der Künste Berlin für Designforschung.
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Sie leitet das Design Research Lab und forscht unter anderem zu einer digitalen inklusiven Gesellschaft und zu nutzerzentrierten Designansätzen. Sie vertritt außerdem die deutsche Bundesregierung als Internetbotschafterin, zudichter digitalen Agenda bei der Europäischen Kommission und ist Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und ist auch im Aufsichtsrat von SAP. Herzlich willkommen.
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Dankeschön, super. So, bevor wir anfangen, würde ich gerne zwei Dinge klarstellen. Es wird am Ende keine Fragerunde geben, aber ihr habt die Möglichkeit über ein Tool, das Slido heißt, Fragen zu stellen während der Session. Dafür geht ihr in eurem Browser einfach auf slido.com. Das müsste auch jetzt hinter mir genau eingeplündet werden und gebt da den Code POP17 ein.
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Wenn ihr Fragen stellen wollt, gebt ihr die einfach ein, dort ihr müsst keine Anmeldeinformation eingeben. Ihr könnt das auch anonym machen, also ihr müsst auch nicht euren Namen eingeben. Und am Ende der Session werden wir dann zwei bis drei Fragen noch rausnehmen aus dem Publikum, die wir gerne dort beantworten. Und eine zweite Sache, worüber ich noch kurz sprechen möchte,
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ist einfach, was ist genau das Thema, also worüber reden wir? Nutzerzentrierte Designansätze oder auch Human-Centered Designansätze sind Methoden wie zum Beispiel Design Syncing, Ethnographie, Forschung oder Feed-Forward, die genutzt werden, um Nutzer direkt in den Designprozess einzubinden. In ganz verschiedenen Stadien, teilweise als Mitglied des Designteams,
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teilweise aber auch als Feedbackgeber etc. Und das sind Methoden, die Unternehmen schon sehr lange anwenden, gerade innovative Tech-Unternehmen, die aber in Politik und Verwaltung bisher noch nicht so häufig eingesetzt werden, zumindest in Deutschland. In Dänemark zum Beispiel sieht das anders aus, da gibt es seit über zehn Jahren das Mind Lab, was solche Ansätze nutzt,
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beispielsweise um gemeinsam mit Arbeitslosen Maßnahmen zu entwickeln zur Reintegration in den Arbeitsmarkt oder beispielsweise auch in Großbritannien, wo lokale Regierungen mit Bürgern zusammenarbeiten, um Strategien für den gemeinsamen öffentlichen Haushalt zu entwickeln. Und ein zweites Thema, worüber ich kurz sprechen müsste
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zu Anfang ist das Thema Populismus, denn darum geht es ja auch bei uns heute. Populismus aus der sozialwissenschaftlichen Forschung heraus ist erst mal eine sogenannte dünne Ethologie. Das heißt, er kann rechts oder links sein. Er verbindet sich in der Regel mit anderen Ethologien. Er hat drei Kernelemente. Eines ergeht von einer homogenen, korrupten Elite aus.
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Das sind politische Eliten, wirtschaftliche Eliten und mediale Eliten. Und wenn man sich die AfD anschaut, spricht sie beispielsweise Zitat von einer Beute Gemeinschaft aus etablierten Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Industrieverbänden und der internationalen Finanzwirtschaft. Demgegenüber steht das moralisch reine Volk,
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dass dieser Volksbegriff kann inklusiver oder exklusiver gestaltet sein, je nachdem, was dem noch zugrunde liegt im Falle der AfD. Um es wieder auf Deutschland zu beziehen, ist er eher exklusiv gestaltet, denn er orientiert sich an ethisch nationalen Definitionen. Und bei der AfD wird sozusagen von einem Staatsvolk gesprochen, das sich daraus rekrutiert, dass Menschen,
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die deren Großeltern bereits in Deutschland gelebt haben, dazugehören. Und das dritte Element zum Populismus ist das Thema eines allgemeinen Volkswillens. Das bedeutet, dass man davon ausgeht, dass es nur eine Meinung gibt, die von einem Volk vertreten wird und die die Populisten
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zur Geltung bringen müssen im politischen Prozess. Das heißt auch, dass es im Prinzip keine anderen Meinungen gibt, die akzeptiert werden. Jemand, der nicht dieser Meinung ist, wird dann gleich als Volksverrieter abgestempelt. Das sieht man bei der AfD auch wieder unter dem Thema Staatsvolk, denn in der in dem Programm der AfD wird von einem Staatsvolk ausgegangen,
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nicht von einem einzelnen Bürger, der geschützt werden muss. So wie beispielsweise im deutschen Grundgesetz. Und das sieht man dort beispielsweise auch, dass sie ganz klar den Islam ablehnen und Religionsfreiheit einschränken wollen durch das Verbot der Moschinen. Populismus hat dann Aufwind, wenn es ihnen gelingt,
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Themen aufzugreifen, die etablierte Parteien so nicht behandeln, die es ihnen gelingt, diese zu politisieren, zu moralisieren und so ein Gefühl von Krise herzustellen. Also all das, was in Deutschland 2015 unter der Flüchtlingskrise in Anführungsstrichen passiert ist. Und das bedeutet halt auch, dass Populisten erst mal politische Institutionen eher kritisch gegenüberstehen oder diese ablehnen
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und dass dort auch das Gefühl entsteht, dass es vielleicht auch so eine Krise der repräsentativen Demokratie gibt, weil sich Menschen nicht mehr wahrgenommen führen von ihren politischen Vertretern und sich andere Wege und Parteien suchen. So und unter all diesen Voraussetzungen gehe ich. Welche Möglichkeiten siehst du denn mit nutzerzentrierten Designern
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in der Politikgestaltung, Menschen, die sich abgehängt fühlen, wieder einzubeziehen in den politischen Prozess? Also erst mal habe ich mich total gefreut, dass du dieses Thema auf die Bühne gebracht hast, weil ich glaube, es ist eine sehr relevante Fragestellung in Zeiten der zunehmenden Verschärfung, in Zeiten des zunehmenden Populismus und wie du es eben
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auch geschildert hast, in Zeiten, wo man den Eindruck hat, dass die diese grundsätzliche repräsentative Demokratie hat, ist in einer fundamentalen Krise. Was sind eigentlich neue Wege, wo wir dem, wie wir dem begegnen können? Und das beschäftigt, glaube ich, viele hier auch auf der Republika, weil ich glaube, wir haben hier viele Kommunikationswege etabliert,
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die vielleicht auch anzweifeln, ob diese repräsentative Demokratie denn so das Richtige ist. Also könnte man nicht einfach sagen, OK, wir lösen das Ganze über die Crowd, wir lösen das Ganze über dezentrale soziale Netzwerke und wir haben dadurch viel mehr Macht und Schnelligkeit. Und ich glaube, dass so eine so eine kurze Antwort, dass man sagt,
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das lösen wir sozusagen über dieses dezentrale Netzwerk reicht alleine nicht aus, sondern wir müssen sehen, wie wir vielleicht auch neu definieren, was diese repräsentative Demokratie eigentlich für ein System für uns sein kann. Und den Vorschlag, den du ja machst, ist also könnte eben so ein nutzerzentrierter Design Ansatz da helfen.
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Einige sagen Design Thinking, andere sagen so Human Centered Design. Und ich finde diesen Vorschlag ganz großartig, weil Human Centered Design heißt natürlich, wie der Name schon sagt, der Mensch steht im Mittelpunkt und der Mensch, der Bürger jetzt in unserem Kontext würde in diesem Prozess nicht erst am Ende gefragt.
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Setze dein Kreuzchen bei der Partei oder bei der, sage hier die Steuererhöhung finde ich gut oder schlecht, sondern der Bürger, die Bürgerin würde ganz am Anfang einbezogen werden in den politischen Prozess. Wenn die Frage definiert wird, also nicht schon, wenn das Thema steht und man Wahloptionen hat, sondern eigentlich schon bei der Definition des Themas selbst.
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Und das ist auch so, wie wir arbeiten im Design Bereich, dass man sich eben mit ganz unterschiedlichen Gruppen von Leuten zusammensetzt. Bei uns geht es um Technologieentwicklung. Und wir arbeiten dann mit Demenzpatienten zusammen, mit Familien zusammen, mit Älteren, mit Jüngeren, mit Frauen, mit Männern, um ganz unterschiedliche Perspektiven und Alltagserfahrungen einzubeziehen in den Design Prozess.
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Und erst mal zu fragen, wie versteht ihr eigentlich vielleicht ein, ich sage mal, ein Großthema wie Nachhaltigkeit? Weil das sind solche Schlagworte, wo viele von uns die Verbindung verloren haben zur politischen Agendasetzung, weil das einfach total abstrakt ist. Ganz viele sagen, es ist irgendwie so eine Elite. Die sind ganz abgehoben.
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Die wissen gar nicht mehr, was mich selber betrifft. Und ich glaube, dass dieser Nutzer zentrierte Ansatz, der Bürger zentrierte Ansatz ganz früh anfangen müsste in der gemeinsamen Definition. Was passiert vor deiner Haustür? Was sind Sorgen, die du selbst hast? Wie kannst du selbst auch Teil eines politischen Prozesses werden? Jenseits von der Fragestellung, ob das irgendwann in der Partei mündet
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oder nicht? Ich glaube, das ist eine nachgelagerte Fragestellung, sondern ganz, ganz früh wirklich anfangen, sich gemeinsam darüber auszutauschen. Das ist ja so ein bisschen die Richtung, die du vorschlägst. Genau. Wenn man sich AfD-Wähler anschaut, dann sind das ja Menschen, die politischen Institutionen sehr kritisch gegenüberstehen. Das heißt, die Frage, selbst wenn man so ein Angebot machen würde,
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würden die das überhaupt annehmen? Also kann es ein Instrument haben, um die Glaubwürdigkeit der politischen Institutionen wiederherzustellen? Oder muss man erst in die Glaubwürdigkeit an sich investieren, um dann mit so einem Ansatz auch wieder mehr Bürger einzubinden? Ich glaube auch, wir haben ja bei vielen etablierten politischen Parteien gesehen, dass die so ein bisschen versuchen,
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Mitbestimmung zu erproben. Aber das ist meistens ganz spät im Prozess. Dann wird ein Wahlprogramm zur Abstimmung gestellt. Findest du das Thema wichtiger oder das? Aber dann sind die Themen sowieso schon da und dann kann man am Schluss noch mal so ein bisschen eine Gewichtung machen. Das ist halt nicht sehr viel Partizipation. Wir sehen auch, wie du es gesagt hast, in den skandinavischen Ländern,
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auch zum Beispiel im Open Lab in Stockholm, aber auch in England sehr stark ganz andere Formen der Mitbestimmung, wo Public Services, also quasi öffentliche Dienstleistungen und öffentliche Verwaltungsprozesse zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern gestaltet werden. Also sei es Beispiele aus der Stadtplanung, dass man sich gemeinsam überlegt, wie ist ein Mobilitätskonzept für meine Stadt?
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Ich bin Fahrradfahrerin. Wie müsste es eigentlich dann aussehen? Wie sind die verschiedenen Interessen da gelagert? Wie kann ich vielleicht selbst an diesem Designprozess teilhaben als Bürgerin oder als Bürger? Oder das Beispiel, dass Bürgerinnen und Bürger Mentoren werden für Arbeitssuchende und so mit der Verwaltung zusammenarbeiten. Also da ist überhaupt nicht diese Trennung,
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wie wir sie in Berlin ja auch ganz furchtbar kennen. So Gott, ich muss zum Abend. Das ist alles ganz schrecklich. Es gibt sowieso kein Termin und so, sondern das ist plötzlich so ein Miteinander. Und das ist auch dieser schöne Begriff des Citizenship. Also ich kann quasi auch neu erleben, was ich als Bürgerin für Pflichten und für Rechte habe und mir wieder quasi auch neu meine Stadt und mein Recht aneignen.
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Und das sind so Ansätze, die eigentlich dann wieder, wenn man sie lebt, dazu führen, dass sich Gruppierungen bilden und dass ich vielleicht bestimmte Aufgaben auch wieder delegiere oder repräsentieren lasse von einem Vertreter. Und dann wäre für mich eine offene Frage, ob das wieder quasi in Parteistrukturen mündet
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oder zu anderen Formen, der vielleicht auch eher temporären Gruppierungen führt. Und das ist, glaube ich, eine Entwicklung, die mich sehr, sehr interessiert, weil ich sehe, dass viele, also wahrscheinlich auch die meisten, die hier sitzen, den etablierten Parteien erst mal kritisch gegenüberstehen, weil ich frage mich, warum soll ich denn da jetzt irgendwie Mitglied werden? Weil bestimmte Themen finde ich OK.
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Die Formate finde ich nicht OK. Wen soll ich denn jetzt wählen? Also ich glaube, das sind sehr fundamentale Fragen, die, denen wir uns gegenüber sehen. Und ich glaube, die muss man auch so fundamental angehen und Ergebnis noch von angehen und sagen, es geht erst mal um unsere Themen, um unser Engagement, um unsere Formen des Engagements. Und dann sehen wir, zu welchen Konstellationen und vielleicht auch temporären Gruppierungen das führt
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und wie es das Politische als System neu definiert. Das setzt ja auch erst mal voraus, dass man den Bürgern vertraut. Also dass man ihnen zugesteht, ihre Meinung adäquat einbringen zu können und dass dabei dann auch was rauskommt, womit man arbeiten kann, sozusagen. Du hattest gerade schon erwähnt,
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sind nutzerzentrierte Ansätze in der öffentlichen Verwaltung für Verwaltungsprozesse, für Dienstleistungen. Ist es denn auch vorstellbar, dass man so einen Ansatz für komplexere Themen nutzen kann, wie zum Beispiel ein Gesetzesentwurf? Also da, wo es eigentlich erst mal darum geht, auch so einen Aushandlungsprozess zu führen und nicht gleich an einem konkreten Service zu arbeiten, mit dem die Nutzer quasi tagtäglich interagieren können?
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Ich glaube, dass die Formen der Beteiligung sehr unterschiedlich sind und verschiedene Bürgerinnen und Bürger ansprechen. Also ich glaube, so komplexe Verfahren wie Gesetzgebung, da können einige wahrscheinlich mit zu diskutieren, aber sicherlich nicht alle. Das trotzdem Transparenz zu machen und die Diskussion so zu öffnen,
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ist, glaube ich, eine wichtige Zielsetzung, die ja auch durch die Piraten mit Liquid Democracy nach vorne gebracht wurden. Aber auch in England zum Beispiel die Open Data Institute oder die ganze Open Data Bewegung, die ja teilweise auch mit Forderungen nach vorne gehen, zu sagen, wir wollen den kompletten Landeshaushalt, wollen wir transparent gemacht haben, damit ich sehe, wo werden eigentlich meine Steuergelder für genutzt?
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Also dass man solche Öffnungsprozesse radikaler nach vorne bringt und dann schaut, welche Formen der Beteiligung für welche Gruppen nutzbar sind. Die Voraussetzung, glaube ich, ist dafür, weil du hast auch angesprochen, vertrauen wir denn den Bürgerinnen und Bürgern, dass man erst mal dieses Vertrauen hat, sicherlich aber auch darauf reagieren muss,
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was wir unter aktuellen Entwicklungen mit Hate Speech und mit Echo Kammern und so weiter sieht, wie wir diesen Risiken begegnen. Also wie können wir quasi Warnsysteme, Counterspeech-Systeme einbauen, damit solche Beteiligungsverfahren nicht überrollt werden oder das Negative abdriften?
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Und ich glaube, da sind wir alle gefragt, uns eben mit positiver Verstärkung mit einzubringen und da auch die Medien zu suchen und die Prozesse und Themen zu suchen, wo wir etwas zu beitragen möchten. Also quasi so ein Wiedererwecken davon, dass ich eben als Bürgerin auch etwas mitsprechen möchte und etwas mit definieren möchte.
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Dazu gehört natürlich auch eine politische Bildung. Dazu gehört digitale Bildung und so weiter. Also das kann man noch sehr ausdeklinieren, aber als Zielsetzung für eine teilhabende Gesellschaft finde ich das ganz ideal und großartig. Und Demokratie bedeutet ja auch, dass man Kompromisse eingehen muss, dass man andere Meinungen aushalten muss, dass man auch akzeptiert,
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dass nicht jeder der eigene Meinung anhängt. Also eigentlich genau das, was Populisten gar nicht wollen, weil sie davon ja ausgehen, es gibt nur diese eine Meinung und die gilt es zu vertreten. Also da auch so ein Meinungspluralismus wiederherzustellen, glaube ich, ist ganz, ganz wichtig. Das ist ein total wichtiger Punkt, den du sagst, weil diese zunehmende Komplexität, die empfundene
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und diese zunehmende Abstraktion der Themen, die im Moment politisch gesetzt werden, führen ja dazu, dass Populisten so ein freies Spiel haben und sagen können, Leute, das ist gar nicht so kompliziert. Das ist eigentlich ganz einfach. Hier habe ich die Lösung. Wir machen die Grenzen zu. Wir machen hier eine schicke Mauer. Dann ist es alles prima. Das ist natürlich totaler Quatsch. Ich glaube, dass diese Beteiligungsformate genau das zeigen, was du eben gesagt hast.
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Es ist ein Widerstreit der Meinung. Politik ist anstrengend, es ist Aushandeln und man muss darum ringen, worauf man sich einigen kann. Und man muss eben die unterschiedlichsten Facetten begreifen auch. Und das ist, glaube ich, aber auch eine Form des der Bildung als Bürgerin, die ich mitmachen muss, damit ich verstehe.
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Okay, das ist so und so zustande gekommen. Ich war mit dabei. Ich habe mich eingebracht und ich kann dieses Ergebnis auch mittragen, weil ich den Prozess auch verstanden habe. Das ist, glaube ich, das, was im Moment nicht passiert. Wenn ich nur das Ergebnis habe, nur am Schluss alle vier Jahre das Kreuzchen setzen kann, dann fühle ich mich auch abgehängt und sage, ich weiß überhaupt nicht, wie das zustande gekommen ist. Die Lösung verstehe ich auch nicht so richtig.
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Da kommt einer und sagt mir, es geht viel einfacher. Dann glaube ich noch dem. Also ich glaube auch, das bedingt sich gegenseitig. Was muss denn aus deiner Sicht passieren, damit in Deutschland solche Ansätze verstärkt genutzt werden? Also wir haben ja gesehen, in anderen Ländern wird das schon seit Jahren in Dänemark seit über zehn Jahren schon gemacht. In Deutschland ist das ein relativ neuer Ansatz. Das ist echt schräg. Also ich frage mich auch, was was so anders ist
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in den skandinavischen Ländern und in England als bei uns. Also was wir sicherlich sehen müssen, was vielleicht schon ein bisschen anfängt, ist so ein Kulturwandel in den Bürgerbegriff. Also was auch das Verhältnis von öffentliche Verwaltung und Bürger und Bürgerin ist, dass das eben ein eine Begegnung auf Augenhöhe sein sollte
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und dass es eben ein gemeinsames Gestalten von Kommune, von Stadt, von Entwicklung sein sollte. Das ist der eine Punkt. Das zweite ist wirklich, dass man sich aus diesem Methodenkanon des nutzerzentrierten Designs ganz wunderbar bedienen kann. Also das sind ja etablierte Prozesse, dass man sagen kann, welche Formen der Partizipation nehme ich?
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Also ist es eine einfache Befragung? Ist es ein gemeinsames Designprojekt, wo ich richtig mich aktiv mit einbringe? Ist es eine gemeinsame Erarbeitung einer Agenda? Also das kann man wirklich hoch skalieren, dass man das ausprobiert, dass man da ein bisschen experimentierfreudiger wird und da auch solche Räume schafft, um das mal auszuprobieren.
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Und da so einen Dialog auch mal zu starten. Und ich glaube, mit den positiven Ergebnissen, die ich erwarten würde, aber auch natürlich mit den Learnings, was nicht so gut klappt, kann man dann weiterarbeiten. Also ich glaube, da müsste so ein bisschen ja mal so den die Schraube im Kopf oder die Perspektive müsste gewechselt werden. Und wir müssen vielleicht ein bisschen mehr nach Skandinavien
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schauen, wie ich das alles so hinbekomme. Genau. Woanders hinschauen ist ein gutes Stichwort. Ich schaue jetzt hier auf den Monitor und schaue mal, was für Fragen von euch gekommen sind. Ihr hattet ja die Möglichkeit, auch zu voten. Deswegen würde ich vorschlagen, wir nehmen gleich mal die ganz oben. Worin unterscheidet sich der Design Ansatz in der Politik von traditionellen partizipativen Methoden?
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Spannende Frage. Also ich glaube, in dem Grundsatz sind sie ähnlich, was die Partizipationsintensität vielleicht oder die Stufen angeht, was am Design Ansatz anders ist, dass es wirklich um Mitgestaltung geht. Also ganz praktisch. Also bei uns im Lab sieht das dann so aus, man sitzt wirklich zusammen und baut Prototypen.
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Und das würde ich mir in der Politik Gestaltung genauso vorstellen, also dass man wirklich gemeinsam über einem Stadtplan sitzt und schaut, wie kann man bestimmte Strukturen verändern? Wie kann man gemeinsames Bild erarbeiten und dann wirklich Bürgerinnen und Bürger einbezieht in diesen konkreten gestalterischen und entwerferischen Ansatz? Weil das geht eben darüber hinaus, dass man ein bisschen,
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ich sage mal, befragt wird oder so, sondern dass man wirklich versucht, mit Modellen zu denken, an Modellen zu experimentieren. Und mehr auch in die Praxis hineingehen. Weil viele Bürgerinnen und Bürger sind ja total toll engagiert, machen das aber vielleicht nicht in diesem Verwaltungskontext, sondern man müsste das eigentlich zusammenbringen und das eben mit so einer entwerferischen Komponente machen.
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Das macht Spaß, ist sehr fruchtbar und hat eben auch eine sehr aktivierende Rolle. Das Mainz Lab nutzt ja auch Prototypen in seiner Arbeit, also quasi Modelle, die zum Provozieren angelegt sind, also um Feedback zu bekommen von den von den Mitbürgern. Auch das wäre sicherlich eine Möglichkeit, so einen Ansatz mal zu nutzen.
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Welche Voraussetzungen muss die Politik schaffen, um Designsinking als Methode zur Politikgestaltung zu nutzen? Eigentlich brauchen Sie, ich sage mal, nur Experimentierraum und Freiräume. Also ich glaube, eigentlich ist das nicht so wichtig. Ich glaube, das meiste, was passieren muss, ist im Kopf und also auch wegzukommen von der also von dieser Filterbubble, die die Politik ist
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und hin zu einem ergebnisoffenen Prozess zu kommen, dann wirklich die Methoden anzuwenden und zu schauen, wo kommen wir damit hin? Wie können wir das etablieren? Und es gibt ja viele Unternehmen, die das bei sich auch als Kulturwandel als Instrument zum Kulturwandel eingesetzt haben. Du hattest vorhin SAP erwähnt, die haben das auch eingesetzt.
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Also die haben auch gesagt, wir wollen Hierarchien aufbrechen. Wir wollen klassische lineare Strukturen aufbrechen und wir wollen uns um Projekte gemeinsam finden. Und das machen wir eben mit dieser Designsinking Methode. Und ich glaube, dieses Prinzip ist wirklich auf verschiedene Systeme übertragbar. Und das würde ich mir total wünschen, das einfach mal spielerisch
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auszuprobieren und zu sagen, mal gucken, wo uns das hinführt. Ja, setzt das auch eine andere Bildung der Verwaltung von Politikmitarbeiter hinaus? Weil man muss diese Methoden ja auch erst mal verstehen, um wissen zu können, wie man sie anwendet. Und das ist glaube ich ein dickes Brett. Also wenn ich sehe, wie öffentliche Verwaltung funktioniert, die tun mir auch leid. Die haben ja auch keinen Spaß am Job. Das ist furchtbar, dann kriegt man nur den ganzen Mist auf dem Schreibtisch
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und denkt immer nur, ich muss das abarbeiten und so weiter. Also da müsste, glaube ich, sich sich einiges ändern, dass diese Freiräume überhaupt da sind, dass sie nicht nur unter der Arbeitslast stöhnen, sondern eigentlich wäre ja das Ziel von diesem Prozess, dass es eben nicht mehr Arbeit für die Verwaltung bedeutet, sondern eine ganz andere Aufgabenverteilung, weil man halt mit Bürgerinnen und Bürgern zusammen etwas gestaltet.
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Und es wird eine Aufgabenverschiebung sein und auch eine Verschiebung der Verantwortung, eine Verteilung der Verantwortung auf mehrere Schultern. Und das fände ich toll. Das ist aber auch ein Mindshift. Das heißt auch, als Verwaltung habe ich nicht alles immer nur in der Kontrolle, sondern ich habe eben auch offene Prozesse,
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die eben mich zu ganz anderen vielleicht eben tollen Ergebnissen führen können. Und man könnte ja auch mehr Sinn in seiner Arbeit entdecken, weil man halt einfach einen stärkeren Kontakt wirklich zu dem Beneficiary, zu demjenigen, der am Ende diese Methode nutzt oder das, was ich da mache in meinem Büro hat, also auch ein direkteres Feedback. Ja, glaube ich auch. So, wie würden denn Petitionsausschüsse,
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Bundespressekonferenzen oder Wahlkampf nach Anwendung des Human Center Design Prozesses aussehen? Sehr spannend. Also Petitionsausschuss glaube ich verändert sich ja eh auch schon, weil man natürlich auch online inzwischen Petitionen eingeben kann. Ich würde mir den Prozess noch offener vorstellen, weil online Petitionsverfahren haben natürlich die Voraussetzung,
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dass ich erst mal digital relativ fit bin, dass ich mich traue, mich dort einzubringen. Insofern müsste so etwas noch auch vielleicht im physischen Raum noch Möglichkeiten haben, um mich einzubringen, also dass ich die Barriere nicht so hoch lege, sondern versuche, da noch mal weitere Zugänge zu finden. Ich glaube, Wahlkampf würde sich fundamental ändern
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und das fände ich ganz toll. Es gibt wenige, die besondere Fans von den Formen des Wahlkampf sind, die bei uns etabliert sind, sondern eigentlich wie würde sich eigentlich ein Wahlprogramm generieren, wenn wir es durch den Human Center Design Prozess schreiben würden, also wenn man gemeinsam sich mit Bürgerinnen und Bürgern zusammensetzt und versucht, was sind eigentlich meine
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brennenden Themen, in welchen Worten sind die auch formuliert, weil die werden bestimmt nicht heißen soziale Gerechtigkeit, sondern die heißen was ganz Konkretes vor meiner Haustür und die heißen auch nicht Steuer hoch oder runter, sondern das ist eine konkrete Übersetzung sozusagen in meine, in meine Sprache und in meinen Anliegen, das, was mich berührt.
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Und ich glaube, so ein Bottom Up Wahlkampf wäre sehr interessant, weil viele Bürgerinnen und Bürger plötzlich engagiert werden, weil es um ihre Sache geht und nicht um ihre Partei, weil Partei ist so abstrakt, sondern wirklich mein Anliegen. Und das wäre, glaube ich, das wäre echt eine Revolution, wenn man das miterleben würde. Warum macht man das nicht? Also es liegt eigentlich auf der Straße. Also ich glaube, die Angst ist Kontrollverlust.
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Ganz klar, weil man hat so seine etablierten Strukturen, man hat die etablierten Hierarchien, da hat man sich hochgearbeitet und diese Macht jetzt wieder abzugeben an einen ergebnisoffenen Prozess ist schwierig, weil es kann sehr gut sein, dass in diesen Prozessen plötzlich ganz andere Themen nach oben kommen, als die, die ich gerne auf meiner politischen Agenda hätte.
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Das ist wirklich eine Machtverschiebung. Und es ist unbequem, weil solche breit angelegten Beteiligungsprozesse sind anstrengend. Das kann man auch nicht anders sagen, weil sobald man eben auch in die Praxis geht und in diesen Widerstreit der Meinungen, über den wir gesprochen haben,
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ist natürlich ein Konfliktpotenzial da, sind es vielleicht auch langwierige Prozesse und so weiter. Also es ist nicht, wir haben ein paar bunte Posts jetzt und dann ist das alles prima. Aber ich glaube, dass wir diese Prozesse, auch dieses anstrengende brauchen, um wieder ein Verständnis für unsere Demokratie zu entwickeln. Also klingt das ein bisschen pathetisch, aber ich glaube da wirklich dran,
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weil Demokratie ist für mich weiterhin das allerbeste System, auch die repräsentative Demokratie, aber in einer neuen, wieder definierten Form und wiedereroberten Form, in der wirklich das Volk der Souverän ist. Und ich glaube, das sind gerade so die großen Themen, an denen wir dran sind. Und das ist halt anstrengend.
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Wenn man das Radikal zu Ende denkt, könnte man ja auch zu dem Schluss kommen. Eigentlich brauchst du dann gar keine Parteien mehr. Für mich ist auch eine offene Frage, muss ich auch sagen. Also ich weiß auch noch eben die Antwort nicht, was denn stattdessen wäre, weil ich sehe durchaus auch eine Gefahr, wenn man jetzt sagen würde, die eine Institution, sei es jetzt Parteien oder andere Institutionen, wir schaffen noch mal ab und wir gucken mal, was dann passiert.
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Das könnte zu einer sehr dynamischen und instabilen Situation führen. Das kann Positives haben, aber es kann auch sein, wir kennen alle diese Erregungszyklen, die auch durch die sozialen Netzwerke brausen. Und wir kennen eben auch diese Verstärkereffekte, die im Netz stattfinden. Und da eine Durchsetzung von politischen Leitlinien
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und von einer Stabilität hinzubekommen, kann sehr riskant sein. Insofern würde ich das als Experiment in bestimmten Bereichen natürlich begrüßen, wie wir es auch schon alle leben. Aber ich glaube nicht, dass es ein einfacher und nahtloser Ersatz wäre für eine bestimmte Form von Gruppierung, ob es jetzt
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Parteien sind oder nicht. Das wäre für mich eine zweitrangige Frage, aber irgendwie eine Art von Verabredung, sagen wir mal, eine Art von Nachhaltigkeit, glaube ich, müssten wir schaffen. Und das wäre nicht allein durch dezentrale soziale Netzwerke zu bewerkstelligen. Okay, wir sind leider fast am Ende. Deswegen kommt jetzt auch schon meine letzte Frage,
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die ich mir noch aufgehoben habe. Wir haben ja auch über Populismus gesprochen. Was ich jetzt verstanden habe, ist, dass solche Ansätze können schon zum Teil dazu führen, dass man Leute wieder anders einbindet, auch Leute, die sich abgehängt fühlen. Aber es kann ja auch nur ein kleines Puzzletal sein, um dieses Thema zu adressieren. Was braucht man denn darüber hinaus noch aus deiner Sicht?
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Ich glaube, es ist ein großes Puzzleteil, weil es einen ganzen Prozess beinhaltet. Ich glaube aber auch, das Thema der Republik hat diese Gegenrede, Counterspeech, der Solidarität untereinander ist ein sehr großes Thema. Mir geht es so, ich bin so in den 90er-Jahren
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mit dem Internet sozialisiert worden in einer totalen Euphorie, weil ich gedacht habe, wie viele, das ist so ein neuer Raum für die Menschen, die in der Demokratie leben, wo jeder die Meinung sagen kann, wo man sich neu erfinden kann, wo man auch jenseits von Geschlecht und Aussehen neu definieren kann, wer möchte ich denn sein?
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Das war so ein Aufbruch. Wir sehen jetzt so eine Art Fallback, so eine Schwierigkeit und die negativen Aspekte dahinter. Ich glaube, das wieder solidarisch aufzufangen und sich einzubringen und zu sagen, wir schaffen wieder diese positiven Aspekte nach vorne zu bringen.
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Das ist so eine Gesamtaufgabe, die damit einhergeht, aber die wir brauchen, damit diese digitale Gesellschaft als Projekt nicht in den Bach runtergeht. Alles klar, vielen Dank. Danke schön.