Entschwörungstheorie spezial: Die Republik der Netzdynamiker
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Part Number | 29 | |
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Identifiers | 10.5446/20890 (DOI) | |
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re:publica 201029 / 60
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InternetEinheitliche FeldtheoriePhysical quantityComputabilityComputabilityDecision theoryMathematicsComputer programmingState of matterPerspective (visual)Form (programming)Concurrency (computer science)Series (mathematics)MittelungsverfahrenIdeal (ethics)WikiLeaksMathematical singularityPositionSystem identificationMoment (mathematics)Eigenvalues and eigenvectorsZugriffScale (map)ForceSocial classCalculusTypHöheVideo trackingFocus (optics)RandKommunikationALI <Programm>Software developerFactorizationProcess (computing)Compass (drafting)Expert systemParameter (computer programming)GEDANKEN <Programmiersprache>Bewertung <Mathematik>CodeHacker (term)Military operationLinieZusammenhang <Mathematik>MAXISData conversionPOWER <Computerarchitektur>Mathematical optimizationPhysical lawGEOLOGDynamic rangeNumberDigital signalOpen setMathematical structureMeeting/Interview
Transcript: German(auto-generated)
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So, dann hoffe ich jetzt mal, dass alle da sind, die da sein wollen. Habe ich euch fieserweise sogar noch einen Stuhl geklaut. Ich werde vermutlich nicht über das reden, wofür ich, stelle ich mir mal so vor, eingeladen wurde. Also, es soll schon um Verschwörungsdenken gehen, aber die meisten
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Menschen scheinen relativ schlecht über ihr eigenes Verschwörungsdenken informiert zu sein. Über das Verschwörungsdenken von anderen auch, aber da ist zumindest offensichtlich so das Bewusstsein da, dass es sowas gibt. Es ist immer sehr leicht verdienter Applaus, wenn man sich dann hinsetzt und über das Verschwörungsdenken von Leuten redet, die gar nicht da sind.
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Über diese ganzen komischen Spinner, diese ganzen Idioten, die es da noch gibt, die immer noch diesen ganzen Quatsch glauben. Also, dann fühlen sich auch alle im Raum bestätigt. Und entspannt und wissen, dass sie selber gar nicht so doof sind, dass sie gar nicht zu diesen zurückgebliebenen gehören.
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Zu solchen Zwecken holt man sich dann auch ganz gerne bei Veranstaltungen einfach mal so den Quotenkommunisten, den was weiß ich, Ali wie Antideutschenrand, der dann allen halt so die Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellt, so okay, ihr seid ja gar nicht so doof.
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Beziehungsweise es gibt einfach zumindest noch Leute, die schlimmer sind. Ich rede aber eigentlich immer lieber über diejenigen, die wirklich da sind. Also über die, die ich wirklich vor mir habe, die Leute, die jetzt wirklich auf der Veranstaltung sind. Es ist nicht unbedingt immer ganz leicht, das genau zu erwischen. Deswegen gilt auch einfach wie immer die Regel, also bitte schreien Sie nur, wenn Sie getroffen wurden.
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Ansonsten kann man sich dann entspannen und sich darüber freuen, dass man nicht zu den Doofen gehört. Ich versuche jetzt generell, also auch kein so stereotypes Gruppenbild zu zeichnen, werde aber trotzdem der Anschraulichkeit halber so ein bisschen auf so was wie Typologien zurückgreifen.
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Also dann wie gesagt immer mitdenken, kann jetzt hier nicht jeden Einzelnen separat abhandeln. Das kann man ja dann privat noch tun. Erstmal ganz grundsätzlich, vielleicht auch um das größte Missverständnis über diese Überschrift-Entschwörungstheorie auszuräumen. Also es geht mir nicht darum, irgendwie jetzt die große einheitliche Feldtheorie aufzustellen,
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mit der man dann alle Verschwörungstheorien widerlegen kann. Das halte ich auch für großen Quatsch. Es ist erstmal sehr wichtig festzuhalten, dass es so was wie Verschwörungen gibt. Also erstmal so die Lehrbuchdefinition, die man durchaus gelten lassen kann. Das ist einfach eine Verbindung oder Absprache von mindestens zwei Personen
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zur Verfolgung eines für illegal oder illegitimen gehaltenen Zweckes. Und da wird es auch schon unübersichtlich, weil diese Bewertungen, was jetzt illegal oder illegitim ist, natürlich stark schwanken und auch je nach Blickwinkel oder Beobachter sich auch krass unterscheiden können.
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Und auch die Frage dieser Geheimhaltung hat auch schon vorm Internetzeitalter durchaus eher so in Shades of Grey, glaube ich, angeordnet. Also was jetzt tatsächlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit passiert oder eines wie großen Teils der Öffentlichkeit.
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Das heißt von den, sagen wir mal jetzt so klopfsicher beweisbaren Fällen, die dann wirklich dokumentiert sind, möglicherweise auch vor Gericht gelandet sind, die zum Beispiel dann im Sinne des amerikanischen Strafrechts einfach als Conspiracy gelten, gibt es dann ein bisschen zu Grenzfällen, wo halt sämtliche Fragen, ob das jetzt illegal, illegitim oder eben auch wirklich in dem Sinn geheim war, eigentlich alles.
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Wichtig ist festzuhalten, dass Verschwörung einfach eine sehr reale Option ist, um mit Dingen durchzukommen, mit denen man sonst vielleicht nicht durchkommen würde. Also wie wir alle wissen, Verbrechen lohnt sich. Aber es lohnt sich halt nur, wenn man dabei nicht erwischt wird.
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Und da ist natürlich Geheimhaltung, die nicht öffentliche Absprache, einfach ein sehr gutes Mittel, um das hinzubekommen. Mit diesen ganz realen Verschwörungen, die es also im Normalbetrieb der Welt die ganze Zeit über gibt, kann man sich erstmal grundsätzlich beschäftigen, sie untersuchen, sie beforschen, versuchen sie aufzudecken,
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ihre Verbindungen mit anderen Entwicklungen oder Ereignissen verfolgen. Das ist grundsätzlich sinnvoll. Besonders wenn man die Zwecke der jeweiligen Verschwörung für gefährlich oder für falsch hält. Weil klar, Verborgenes bleibt halt so lange verborgen, wie niemand hinschaut und es irgendwie versucht aufzudecken. Manchmal geht es dann eben nur um einen größeren Bankraub oder dergleichen.
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Manchmal geht es aber eben auch um einen faschistischen Putsch. Und da ist halt schon die Frage, wie fern man da tatsächlich einen Aufdeckungsinteresse selber sieht. Die Größe einer Verschwörung ist auf jeden Fall kein Kriterium dafür, ob es sie wirklich gibt. Also teilweise sind da schon sehr barocke Verschwörungen entstanden real und sind dann auch entsprechend untersucht und aufgedeckt worden.
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Also daran kann man jetzt nicht erkennen, ob man es mit einer Fantasie, mit einem Mythos zu tun hat oder mit einer Realität. Diese Beschäftigung kann man dann weiter treiben, auch wenn sich erstmal keine Beweise finden lassen. Das ist dann je nach Blickwinkel entweder hartnäckig oder dann schon etwas besessen.
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Aber schließlich gibt es ja immer vor dem ersten Beweis noch keinen Beweis. Das liegt in der Natur der Sache. Oft fangen aber schon in diesem Dranbleiben ohne Beweise die ersten gedanklichen Hilfskonstruktionen an, sich etwas zu verselbständigen. Da ist vermutlich am wichtigsten immer diese Quibono-Frage, also die
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Motivfrage, die das Verschwörungsdenken einfach mal aus der Kriminalistik übernommen hat. Dort fragt man eben auch nach dem Nutznieße eines Verbrechens, um erstmal zu schauen, wer jetzt ein Interesse daran gehabt haben könnte, es zu begehen. Das ist aber nur dazu da, um erstmal den Kreis der Verdächtigen zu ermitteln.
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Erstmal zu schauen, wer es überhaupt gewesen sein könnte. Das ist noch kein Beweis. Das heißt noch nicht, dass die das dann gewesen sein müssen, dass es überhaupt irgendjemand von denen war. Das kann hier sozusagen schon in dieser Phase dann so ein bisschen verschwimmen. Und diese Verdächtigungen werden dann teilweise schon wie Beweise behandelt oder zumindest so präsentiert. In der nächsten Eskalationsstufe gibt es dann den Punkt, wo Leute dann anfangen, Verschwörungen zu sehen, wo gar keine sind.
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Auch das ist aber immer auch ein bisschen unscharf. Auch hier gilt dann halt das Problem der Konsensrealität. Wie gesagt, solange bis sie aufgedeckt ist, ist sie eben tatsächlich für die meisten Menschen nicht da. In dieser Phase fangen dann auf jeden Fall diese verselbstständigen Hilfskonstruktionen regelmäßig an, zu veritablen Kurzschlüssen zu werden.
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Das heißt, diese Verdächtigungen ersetzen dann eigentlich den Beweis, man hat das Gefühl, dass man das gar nicht mehr machen muss. Die Vorverurteilung reicht möglicherweise schon aus. Und es hängt dann immer von den Möglichkeiten, vom gesellschaftlichen Einfluss, von der Rolle derjenigen, die diese Verdächtigungen aussprechen, ab,
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ob das dann vielleicht auch zu einer realen Verfolgung kommt und schon auf der Basis von Indizien, die also eigentlich als Beweislage noch nicht hinreichen würden. In dieser Phase geht es dann auch mit dem sprunghaften Denken los, dass also gedankliche Assoziationen dann anfangen, die Analyse zu ersetzen. Also in dem Moment, wo irgendwelche Verbindungen irgendwo gesehen werden,
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bestimmter Code, bestimmte Zahlen, bestimmte Übereinstimmungen, personelle Verknüpfungen und so weiter, dann eben auch generell aufgehört wird, das noch mal weiter zu untersuchen, ob das einfach überhaupt wirklich was zu bedeuten hat, diese Verbindung. Und dann gelten natürlich die entsprechend Verdächtigten eben auch tatsächlich oft schon als Schuldige.
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Die letzte zugespitzte Form des Verschwörungsdenkens, die besteht dann schließlich darin, alles Wichtige, was passiert, also die ganzen Sachen, die man für gesellschaftlich, politisch relevant hält, mit Verschwörungen zu erklären und dann auch aktiv anfängt, andere Erklärungen zu ignorieren oder zu verwerfen.
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Da vielleicht einfach das historische Beispiel aus der Nachzeit der französischen Revolution, so im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, wo es dann eben tatsächlich diese ersten Vorstellungen von so einer Weltverschwörung gab, dann oft mit den Illuminaten oder den Freimauern assoziiert wurde.
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Und viele von den Leuten, die diese Verdächtigungen aussprachen, verwarfen dann sogar sehr aktiv alle anderen Erklärungen. Also das war denen schon bewusst, dass normalerweise die französische Revolution eben mit, meinetwegen, dem Hunger oder bestimmten politischen Problemen erklärt wurde. Das wurde alles aufgelistet und eben aber aktiv verworfen. Das sind nicht die Gründe,
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sondern es waren die Machenschaften dieser Verschwörungen, die dann zu dieser Revolution geführt haben. Das heißt, das ist auch eine Sprungform, die erst mal voraussetzt, dass es dieses politische Bewusstsein eigentlich schon gibt, dass man sich auch an eine Öffentlichkeit wendet, die möglicherweise diese anderen Erklärungen alle kennt oder vielleicht auch für trifftige oder relevante hält,
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und dass man sich dann aktiv dagegen wendet. Das sind aber nicht die Erklärungen, das wird euch nur vorgegaukelt. Möglicherweise wird auch die Existenz dieser anderen Begründung schon als Teil der Manipulation der Verschwörung hingestellt. Die wollen euch einreden, dass es da und daran lag. Und damit wollen sie davon ablenken, dass sie selber eigentlich dahinterstecken.
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Das ist eine sehr wichtige Unterscheidung, auch in der Geschichte des Verschwörungsdenkens. Also zu irgendeinem Zeitpunkt in der Geschichte gab es möglicherweise einfach keine besseren Erklärungen. Die Leute konnten sich bestimmte politische, gesellschaftliche Vorgänge nicht besser oder anders erklären und suchten dann einfach nach individuell Verantwortlichen oder Gruppen von Verantwortlichen.
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Das moderne Verschwörungsdenken zeichnet sich halt dadurch aus, dass es eigentlich über eine bessere Informationslage verfügt. Dass eigentlich die Möglichkeit da wäre, das anders zu analysieren. Dass man sich dann durchaus bewusst dafür entscheidet, halt diese Verschwörungserklärungen vorzuziehen. In dieser Welt, in der dann praktisch alles von Verschwörungen herbeigeführt oder gelenkt wird,
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ist dann nochmal die Extremform, die davon ausgeht, dass es grundsätzlich immer die gleiche Verschwörung ist, die auch idealerweise relativ klein ist. Dass also praktisch alle relevanten gesellschaftlichen und politischen Vorgänge von ein und derselben Verschwörung gelenkt werden.
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Das nennt man Zentralsteuerungsthese. Und diese Verschwörung besteht dann meistens aus ungefähr einem Dutzend Leuten und dann natürlich aber auch ihren zahllosen Agenten, Helfershelfern, die das Bewusst oder Unbewusstheit befördern, das Geschäft dieser Verschwörung besorgen, wie das dann immer heißt.
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Das können dann eben die Illuminaten und Freimaurer gewesen sein. Sind es teilweise auch immer noch in vielen dieser Verschwörungserzählungen oder die Kommunisten oder die Juden oder die Bilderberger, die Neokons. Es scheint austauschbar zu sein, hat dann aber auch noch sehr konkrete Gründe, warum dann diese Leute jeweils in den Fokus genommen werden. Man würde jetzt annehmen, und ich glaube viele denken sich das auch so,
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dass diese allererste Form, die ich genannt habe, also diese offene Untersuchung von Verschwörungen, diese offene Beschäftigung damit die häufigste Form wäre, während letzteres, also die Annahme so einer Weltverschwörung von einem Dutzend Leuten oder eben auch einfach nur die Erklärbarkeit aller wichtigen Vorgänge durch Verschwörung
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eine eher so marginale Erscheinung des gesellschaftlichen Randes oder der globalen Peripherie ist. Sachen, die noch aus der Welt des Aberglaubens übrig geblieben sind und die irgendwann mit besserer Kommunikation verschwinden werden. Es verhält sich allerdings genau andersrum. Die offene Beschäftigung mit Verschwörungen ist eigentlich eher so ein Nischenphänomen.
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Da gibt es einfach so kleine Szenen, wird auch behaupten, dass es außerhalb von Amerika eigentlich kaum irgendwo in der Form passiert. Ganz wenige tun das schon. Die meisten journalistischen Annäherungen an das Thema fallen eigentlich nicht mehr in diese Kategorie. Da werden also schon unglaublich viele Dinge vorausgesetzt. Und die häufigste Form des Verschwörungsdenkens heute in der Welt ist aber tatsächlich eigentlich der Glaube an eine Weltverschwörung.
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Also eigentlich die Extremform ist die, die am weitesten verbreitet ist, was auch damit zu tun hat, dass es einfach vor allen Dingen im 20. Jahrhundert einfach zahllose Staaten gab und auch bis heute teilweise gibt, die diese Auffassung einfach zu ihrer Staatsdoktrin erhoben haben
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und es mit allen propagandistischen Mitteln einfach auch in die Bevölkerung getragen haben. Da vermutlich bis heute unerreicht einfach der Nationalsozialismus, dessen Staatsideologie, Staatsdoktrin einfach auf der Annahme einer jüdischen Weltverschwörung beruht hat. Genau diese Vorstellung einer jüdischen Weltverschwörung ist in der Tat auch nochmal die häufigste von diesen
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Weltverschwörungsvorstellung auf der Welt, selbst wenn es dann um andere Gruppen geht, selbst wenn es dann sozusagen an bestimmten anderen Machtzykeln festgemacht wird, ist diese Konnotation jüdisch einfach fast immer mit im Spiel. Also gerade bei dem Beispiel der amerikanischen Neokonservativen, der Neokons, die halt für zahlreiche aktuelle Phänomene der globalen Politik verantwortlich gemacht werden,
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ist diese Konnotation, dass das eben auch Juden sind, die in dem Interesse handeln, fast immer noch mit im Spiel. Aber auch die Form, die ich als vorletzte Eskalationsstufe genannt hatte, also die Vorstellung, dass es zwar nicht eine einzige Weltverschwörung gibt, dass aber schon alle relevanten politischen Phänomene,
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alles, was einem irgendwie im Weg herum steht, alles, was verhindert, dass die Welt besser wird, auf Verschwörungen zurückzuführen ist, ist sehr stark verbreitet. Und ich glaube, das betrifft dann vermutlich viel eher auch diejenigen, die sich auf der Veranstaltung hier rumtreiben.
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Also diese extreme Zentralsteuerungstheorie, glaube ich, ist hier eher weniger vertreten. Könnte man vielleicht polemisch kurz so umreißen. Der aufgeklärte Nettesen lacht gerne über Verschwörungstheorien und ihre Anhänger. Die gehören zusammen mit den Ideologen einfach in die Mottenkiste und taugen allenfalls als Anschauungsmaterial
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für die alte analoge Welt von Aberglauben und bedauerlichem Extremismus. Den Zustand der Welt hält der Nettesen nicht für gut, aber das liegt seines Erachtens nur daran, dass sich Demokratie und Markt nicht richtig entfalten können, nicht richtig funktionieren, dass mit altem Denken und überholten Mitteln regiert und gewirtschaftet wird,
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kurz daran, dass er und seinesgleichen nicht regieren und in der Wirtschaft zu wenig zu melden haben. Die Probleme der Welt werden demnach zu großen Teilen von Unfähigkeit und bösem Willen der Machthaber und Wirtschaftsubjekte verursacht und gutes Management könnte dem abhelfen, würden die alten Herren nicht unbeweglich und unflexibel, wie sie nun mal sind,
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an ihren Stühlen kleben und fiese Manöver von Überwachung und Kontrolle gegen die aufstrebenden Netzdynamiker ins Werk setzen. Im typischen Verschwörungsdenken der Nettesens ist die Weltverschwörung also vor allem eine der dummen, der übrig gebliebenen, der ewig gestrigen und Betrüger. Würden alle sich an die Spielregeln von Markt und Demokratie halten,
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dann müssten ja die meinungsstarken, gut informierten und entscheidungsfreudigen Netzdynamiker das Sagen haben und diejenigen, die mit Hilfe von Machtmissbrauch und Korruption mogeln, wären aus dem Rennen. Und dann würden natürlich die Netzdynamiker irgendwann die Bestechungsgelder selbst angeboten bekommen und über genug Macht verfügen, um ihre Verführungskraft endlich aus erster Hand kennenzulernen.
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Und dann gäbe es aber diese jungen Spielverderber, die ihnen das nicht gönnen würden und sie für digitale Fossile in der 3D-Orbitalwelt halten und so weiter und so fort. Das wird sich dann gutlich immer weiter so abspulen. Diese verschiedenen Formen des Verschwörungsdenkens, also gerade dann die eskalierten Formen, so unterschiedlich sie sein mögen,
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haben dann doch eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Sie tendieren dazu, den Blick weg von Strukturen, von komplexen Zusammenhängen, von Widersprüchen und vor allen Dingen von der eigenen Nase wegzulenken.
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Also die eigene Nase, dann möglicherweise auch einfach die eigene Gruppe, die eigene Klasse, die eigene Nation, worum es dann jeweils geht. Und der Blick wird hingelenkt zu Schuldigen, zu einzelnen oder Gruppen von Schuldigen und sind natürlich üblicherweise auch einfach irgendwie fremde oder andersartige Menschen mit anderen Auffassungen aus einer anderen Generation und so weiter.
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Die Voraussetzungen für dieses Verschwörungsdenken in der entfalteten Form, da gibt es sozusagen drei grundsätzliche Bedingungen, die man eigentlich fast immer antreffen kann. Also das erste ist erstmal die Annahme eines guten eigenen Kollektivs, also einer guten eigenen Position.
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In seltenen Fällen besteht dieses Kollektiv nur aus der Person, um die es gerade geht. Meistens sind es aber mehr Leute. Man versucht sich selber auch als so eine Art von Gemeinschaft als Gruppe dann vorzustellen, selbst wenn es diese Gemeinsamkeiten gar nicht gibt. Die häufigste Form dieses guten eigenen Kollektivs ist die eigene Nation auf jeden Fall und ihre konkrete Verfassung.
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Also im Fall dieses Landes wäre es dann eben die soziale Marktwirtschaft oder was davon noch übrig ist. Wie das dann konkret funktioniert, auch in der Argumentation, kann man sich zum Beispiel anschauen, wenn man den berühmten Brief sich nochmal durchliest, den Ahmadinejad, also der iranische Präsident an Bush, schrieb vor glaube ich drei oder vier Jahren,
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wo dann eben tatsächlich ganz systematisch erklärt, dass es sozusagen im Iran überhaupt keine Probleme gibt, dass dort alles prima geregelt ist und das einfach auch sauber ableitet eben aus dem Ideal der eigenen Gesellschaft, aus den Bestrebungen, aus den Bestimmungen des Islam und so weiter, die halt einfach das gar nicht zulassen würden, dass die angeblichen Missstände existieren würden
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und der dann eben konsequent natürlich nach Problemen suchen muss, die von draußen kommen, der einfach irgendwie versuchen muss, danach zu fragen, wie das eben reingetragen wird. Also da ist eben diese Annahme, dass das eigene, das eigene Land, die eigene Nation von sich aus erstmal gut ist und weitgehend konfliktfrei funktioniert. Die Voraussetzung dafür, dass man die Ursache der Probleme einfach nach außen verlagert,
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also dieser Brief ist dann als Lektüre mal empfohlen. Also das bietet Ahmadinejad ja Bush auch ziemlich sauber die Konvertierung zum Islam an. Er geht also in dem Moment auch davon aus, wenn eben der Rest der Welt jetzt auch auf diese Linie, auf dieses Ideal einschwenken würde, dann wären die Probleme damit auch erledigt.
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Also in dem Moment, wo Bush jetzt zum Islam übertreten würde und möglicherweise damit eben auch seine, also die westliche Welt dann irgendwie mit sich zieht, dann wären diese Probleme alle erledigt. Also das ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Was man hier schon erkennt, ist der zweite Schritt,
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der halt zu dieser Annahme des guten eigenen Kollektivs dann hinzutritt, nämlich die Verwandlung dieses Eigenen in ein eigentliches, also Essentialisierung ist der sozio-logische Begriff dafür an der Stelle. Das heißt, man fängt an, die Eigenschaften des eigenen Kollektivs einfach so zu idealisieren,
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herauszustreichen, sich also so ein Bild davon zu erzeugen, das immer weiter dann auch von der Realität abweichen kann und eigentlich auch muss. Dieses Ideal wird dann idealerweise auch ganz gezielt von der Verschwörung von draußen angegriffen. Das heißt, die Verschwörung zielt ganz genau auf die Eigenschaften am eigenen Kollektiv,
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an der eigenen Nation, die man eben selber für so besonders hält. Und die dritte wichtige Voraussetzung ist der drohende oder schon passierte Bedeutungsverlust für dieses eigene Kollektiv. Das ist also mehr so der Auslöser.
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Die Situation, in der das Verschwörungsdenken üblicherweise dann wirklich inflationär in Gebrauch kommt, sich tatsächlich richtig ausbreitet in der Gesellschaft. Also das Gefühl hat tatsächlich jetzt verloren zu haben, rausgedrängt zu sein aus irgendeiner Art von Wettbewerb international oder auf dem eigenen Markt.
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Das kann auch heißen, dass es um eine Bedeutung geht, die einem der eigenen Auffassung nach einfach zustehen würde, die man noch nicht hat. Also gerade eben in der Verdrängung von Leuten, die jetzt sozusagen auf den Posten sitzen, die man eigentlich selber anstrebt, spielt das dann halt eine große Rolle. Das hatten wir ja gerade eben schon in dieser kurzen polemischen Skizze. Jetzt vielleicht noch mal ein bisschen mehr zu diesen Idealen, zu dieser Essentialisierung.
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Das sind in der hiesigen Gesellschaft und vermutlich auch unter den Anwesenden eigentlich üblicherweise zwei Idealisierungen, die da vorgenommen werden. Das eine ist halt die Aufrichtung eines Demokratieideals und das andere die Aufrichtung des Ideals der Marktwirtschaft.
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Ich habe mal so ein paar Beispiele aus dem Republikaprogramm jetzt einfach nur rausgenommen, als ich jetzt die Veranstaltung nicht gesehen. Also möglicherweise würden die Beispiele dann noch vertieft werden oder vielleicht auch hinfällig.
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Also ich nehme es jetzt einfach mal raus. Also wichtig ist, dass diese Idealisierung einfach in der Regel als eine Gedankenoperation daherkommt, die einfach bestimmte Missstände, bestimmte Probleme aus der Abweichung von dem Ideal einfach erklärt. Das sagt, weil es eben dann bestimmte Verfallsformen, bestimmte Fehlfunktionen in dem System gibt,
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gibt es die ganzen Probleme. Und das bedeutet aber eben im Umkehrschluss, wenn das Ideal funktionieren würde, wenn die Gesellschaft wirklich so aussehen würde, wie man sie gerne hätte, dann gibt es diese ganzen Probleme auch gar nicht. Das ist nicht zu verwechseln mit der Inkaufnahme eines kleineren Übels. Wenn man jetzt zum Beispiel einfach sagt, okay, mir ist durchaus bewusst,
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was das Problem an dieser Gesellschaftsordnung ist. Ich sehe sie aber eben zum Beispiel bedroht von schlimmeren Gesellschaftsentwürfen und dann eben sozusagen einfach nur diese Auswahltreffe. Zum Ideal der Demokratie habe ich jetzt einfach zwei Beispiele rausgepickt.
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Das eine war aus der Ankündigung zu dieser WikiLeaks-Veranstaltung. Dort wird angekündigt, also wird erst mal beschrieben, was WikiLeaks gemacht hat, was sie halt sich auf die Fahne schreiben. Sie haben exposed corruption und abuse of power.
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Und da ist halt genau schon diese Idee drin, also die Korruption als so eine Art von Verfallsform oder Missbrauchsform von Demokratie und dann eben auch tatsächlich schon abuse of power, also der Machtmissbrauch, das also im Umkehrschluss immer heißt, dass ohne diese Missbrauchsform, ohne diese korrupte Form es im Grunde eigentlich okay wäre.
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Und das geht dann auch weiter in diese Ankündigung mit dem Vorwurf, dass legal systems abused werden, also die Rechtssysteme missbraucht werden. Und dass das Ziel eigentlich darin bestünde, control those in power, also diejenigen, die die Herrschaft ausüben, in irgendeiner Form zu kontrollieren.
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Was natürlich immer noch heißt, dass sie regieren, dass sie halt tatsächlich diese Herrschaft ausüben, also die bleibt dabei einfach unangetastet. Es geht nicht darum, diese Herrschaft selber infrage zu stellen, sondern es geht eben einfach darum, sie sogar besser funktionieren zu lassen. Tatsächlich ist das also gar keine Kritik an dieser Herrschaftsform,
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sondern es ist eigentlich der Versuch, sie besser funktionieren zu lassen. Und dem wohnt dann eigentlich immer dieses Ideal inne. Das andere Beispiel ist aus dem Open Government in Deutschland Vortrag, also aus der Ankündigung dazu, wo es dann eben heißt, eine freie Gesellschaft braucht offene Daten in der Ankündigung,
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was also auch einfach eine Setzung ist, auch einfach eine Idealisierung ist, einfach ein Bild von dieser Gesellschaft aufrichtet. Im weiteren Verlauf wird dann die Frage gestellt, ob Open Data dabei hilft, die Regierungs- und Verwaltungsarbeit transparenter zu machen. So gerade in dieser Vorstellung, dass es in dem Moment, wo es irgendwie durchsichtiger wird, man das besser sehen kann,
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es irgendwie an die Öffentlichkeit gerät, dann einfach die Probleme dieser Herrschaftsausübung irgendwie verschwinden würden, die ist halt sehr verbreitet. Also da gibt es halt auch diese alten Hacker-Slogans von der maschinenlesbaren Regierung, den Slogan, der im CCC in den 80ern dann auch popularisiert wurde, dieses Watching Them, Watching Us.
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Also sie dabei überwachen, wie sie uns überwachen, was natürlich aber immer heißt, dass diejenigen, die die Macht haben, weiter noch die Macht haben, bloß dass sie halt dabei beobachtet werden, was an der grundsätzlichen Funktionsweise dieser Herrschaftsausübung ja nichts ändert, beziehungsweise man erhofft, erhofft sich sogar, dass es dann besser funktioniert, dass also die Gesellschaft
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sich durch diese Kontrolle einfach dem Ideal, das man sich davon macht, irgendwie eher annähern würde. So aber eigentlich will man ihr natürlich möglicherweise auch die Fehler nur nachweisen, um dann selber auf die Posten zu kommen, wäre jetzt die Unterstellung dazu. Da, wie gesagt, weiß ich jetzt wieder immer nicht genau, wen ich damit erwische. Zum Ideal der Marktwirtschaft,
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also auch hier wieder diese Gedankenoperation, wenn ich jetzt also unfairen Wettbewerb irgendwo anprangere, bestimmte Formen von Kapitalismus heraushebe, die Entwicklung von Monopolen zum Beispiel, dass ich da natürlich eben immer im Kopf habe,
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dass es einfach eine gute Art des Funktionierens von Kapitalismus gibt. Da wäre ein Beispiel aus der Veranstaltung John Luke und die Singularität vom falschen Fenster. Dabei werden wir darüber sprechen, wie wir diese Zukunft gemeinsam gestalten können, statt sie uns von den Marketingabteilungen großer Konzerne vorgekaut servieren zu lassen.
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Die großen Konzerne sind jetzt sozusagen einfach diese Abweichungen, das was man halt nicht gern hat. Also man würde sich dann vielleicht lieber das von, weiß ich nicht, von unbezahlten Praktikanten in einer kleinen Klitsche vorkauen lassen, keine Ahnung. Also der kleine Markt, das kleine Unternehmen,
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das ist im Grunde in Ordnung. Das Problem ist dann eben erst, wenn die zu groß werden, und so weiter. Ein anderes Beispiel war das Object Cannot Be Liked Veranstaltung, wo es halt um das eigene Ermessen geht, die Berechenbarkeit des Denkens und wo dann die Frage gestellt wird,
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wird der Mensch zur berechenbaren Funktion zwischen Problem und Problemlösung der digitalen Welt? Das ist natürlich auch einfach unterstellt, dass er das so vorher noch nicht ist oder noch nicht war. Also das heißt, genau diese Berechenbarkeit, dieser äußere Maßstab, der an Menschen herangetragen wird,
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einfach dadurch, dass sie Gegenstand von Verwertung und Herrschaft sind die ganze Zeit, den gibt es hier eigentlich noch gar nicht. Man wird das sozusagen erst im Kontext dieser digitalen Welt. Das heißt, diese berechenbare Funktion, als die Menschen im Kapitalismus eigentlich immer behandelt und betrachtet werden müssen, damit der Laden funktioniert, die fällt hier einfach schon so hinten runter.
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Also da ist das idealgenau, das wäre uns noch gar nicht so. Es könnte einfach eine Marktwirtschaft oder eben auch so eine staatliche Organisation darum herum geben, wo Menschen eben nicht als berechenbare Funktion behandelt werden.
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Das läuft natürlich dann auch in der Praxis so, dass man sich halt selber den Kopf von Staat und Kapital zerbricht, dass man sich sozusagen an deren Stelle setzt und dann einfach sozusagen für sie die Probleme zu lösen versucht, was natürlich auch immer als Bewerbungsschreiben gelesen werden kann, so im Sinne von wir würden es eben auch gerne selber machen,
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wir wären gerne lieber diejenigen, die da sitzen. Dazu vielleicht dieses Beispiel zu dieser Veranstaltung Community Banking, Banking mit Freunden. Ich dann auch denke, das müssen Menschen sein, die keine Freunde haben, die Hartz IV beziehen. Da wird über das sinkende Vertrauen in die Bankbranche irgendwie lamentiert und daraus wird dann irgendwie abgeleitet.
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Also ein dringend erforderliches neues Selbstverständnis von Banken, die dann eben auch endlich wieder erfolgreich wirtschaften können. Also es ist auch einfach wieder komplett dieses ganze Ideal drin, dass es eigentlich richtig funktionieren könnte, wenn es alle nur richtig machen, wenn man nur die richtigen Parameter anlegt. Und wie gesagt,
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am besten diejenigen, die es sagen, selber. Also das steckt da schon relativ deutlich drin. Aus dieser Essentialisierung folgt dann eben tatsächlich die Überlegung, warum klappt es denn nicht, warum sind denn die Gesellschaften trotzdem immer noch korrupt und warum gibt es diesen ganzen Machtmissbrauch usw.
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Es wird also nicht als systematisches Problem gesehen, sondern eben verursacht dadurch, dass einige sich nicht an die Regeln halten, sie sich also auch klar identifizieren lassen und die man eben sehr gerne möglicherweise beerben mag. Zu der Ausbreitung dieses Verschwörungsdenkens, das fällt jetzt sozusagen eher nochmal auf andere Formen von Verschwörungsdenken.
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Das ist jetzt nicht unbedingt spezifisch für diese konkrete Geschichte, von der ich jetzt gerade hatte. Es gibt einfach einen hauptsächlichen Ausbreitungsmechanismus, den ich mit dem Begriff der Travestie versucht habe
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zu beschreiben. Das heißt, Verschwörungsdenken kommt einfach relativ oft im Gewand von irgendwas anderem daher, im Gestalt irgendeiner gesellschaftlichen Autorität, die bereits etabliert ist und versucht sich sozusagen einfach mit diesen Insignien auszustatten. Da kann man grundsätzlich drei Formen unterscheiden, also eine, die sehr häufig vorkommt,
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also gerade dann eher auch so in dieser Hardcore-Verschwörungs-Szene ist halt diese Form, die man als Wissenschafts-Travestie bezeichnen kann. Also der Versuch, sich selber einfach wissenschaftlich hinzustellen, Wissenschaftler haben herausgefunden und so weiter. Da man dann natürlich auch bestimmte Ansätze oder bestimmte Gedanken aufgreift,
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die vielleicht im hegemonialen Wissenschaftsbetrieb nicht behandelt werden oder nicht zur Kenntnis genommen werden aus verschiedenen Gründen, gilt das für das Publikum oft einfach als offener, als sagen wir mal unvoreingenommener. Und für viele Leute ist das eigentlich die bessere Wissenschaft. Das sind ja die Leute, die sich tatsächlich alles angucken, die nicht von vornherein schon Sachen verwerfen,
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die vielleicht ein bisschen brenzlig sind oder aus irgendeinem Tümpel kommen. Das ist ganz wichtig, deswegen finde ich auch den Begriff Travestie vielleicht gar nicht schlecht gewählt, weil beim Publikum sozusagen eigentlich das sogar als das bessere ankommt. Also das Original wird eigentlich an Glaubwürdigkeit übertroffen.
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Es wird dann halt einfach so eine Staffage aufgefahren. Man hat dann einfach solche Fußnotenapparate und türmt dann einfach bergeweise Indizien aufeinander, in der Hoffnung, dass die Leute irgendwann vergessen, dass da immer noch kein Beweis dazwischen war. Das sind sehr häufige Formen und die können natürlich auch sonst überall auftreten.
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Und das Problem an der Stelle ist natürlich, dass sie das bloß machen können, weil Wissenschaft in der Tat auch eben als so ein Betrieb etabliert ist, der halt Experten hervorbringt, die man dann nicht mehr unbedingt so ohne weiseres in Zweifel zieht. Wenn die irgendwas sagen, wird das vermutlich schon irgendwie hinhauen. Genau diese Autorität, die ja für sich schon total problematisch ist,
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kann man dann eben im Verschwörungsdiskurs prima ausnutzen. Also hier wird eigentlich auch an was angedockt, was in der Gesellschaft schon problematisch ist. Das gilt auch für die anderen beiden häufigen Formen von Travestie. Das eine ist, wenn man das analog so bezeichnen will, die Geschichtstravestie, die also dann versucht, diese ganzen Annahmen noch so historisch zu verlängern.
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So sehr viele Verschwörungserzählungen haben einfach nochmal so eine Alternativgeschichte oder zumindest ist eine alternative Zeitgeschichte einfach in petto, mit der sie alles so erklären, dass es sich auf ihre gegenwärtige Lagebeschreibung einfach so zuspitzt. Oft sind das dann sehr mechanische Erklärungsversuche,
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einfach dann wirklich alles auf wenige Faktoren in der Geschichte zurückführt und eben natürlich auch immer auf sehr wenige Akteure auch, wobei natürlich alles andere runterfallen muss. Man muss natürlich völlig ausblenden, was alle anderen Menschen die ganze Zeit gemacht haben. Auch das dockt aber eben an die normale populäre Geschichtsvermittlung einfach an,
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gerade wenn man sich dann einfach Geschichtsaufbereitungen in den Medien anschaut, in der populären Verbreitung, sind da eben auch immer einzelne Leute, die halt rausgestrichen werden, einzelne Gruppen, die halt rausgestrichen werden. Auf den Titelseiten dieser Geschichts-Specials sind dann immer die gleichen Gesichter drauf,
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Bismarck, Hitler, Stalin und so weiter. Also auch hier ist das Publikum im Grunde ja schon daran gewöhnt, geschichtliche Prozesse oder Vorgänge eben eher als ausgelöst von einzelnen Leuten oder von einzelnen Gruppen anzusehen und eigentlich im Grunde immer schon ein bisschen zu vergessen, was eben noch passiert ist, was eigentlich alle anderen die ganze Zeit gemacht haben.
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Also auch diese Travestie würde nicht funktionieren, wenn es diese Autorität des Historikers nicht schon gäbe, der in der populären Vermittlung, also im Wissenschaftsbetrieb sieht das anders aus, aber in der populären Vermittlung das Ganze eben auch schon so aufbereitet. Die dritte Form ist dann vielleicht die, die auch für sozusagen das angerissene Verschwörungsdenken jetzt relevanter ist.
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Das ist das, was ich als Politik-Travestie bezeichnen würde, also die Art, wie mit politischen Prozessen im Verschwörungsdenken umgegangen wird. Hier wird ganz ähnlich wie in der historischen Betrachtung politisches Geschehen einfach auf einzelne Leute zugespitzt auf einzelne kleine Gruppen, die die Entscheidungen fällen.
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In der populären Vermittlung sind das dann eben, keine Ahnung, die Weltbanktreffen, bestimmte einflussreiche Zirkel irgendwo eben auch immer wieder diese Entscheiderfiguren, diese Präsidenten und Kanzler und so weiter. Und in dieser Travestieform wird es dann eben noch mal zugespitzt, dass es eben gar nicht die Leute sind, die da auf dem Titelbildern sind,
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sondern eben Leute irgendwie im Hintergrund davon. Das baut aber eben auch schon darauf auf und funktioniert hauptsächlich deshalb, weil es natürlich dem Publikum so ein bisschen die Denkleistung abnimmt. Man muss ja nur noch der richtigen Seite applaudieren. Es gibt halt auf der einen Seite so ein paar Verschwörer. Und auf der anderen Seite gibt es halt die Leute, die das aufdecken, die das anprangern, die es besser machen wollen.
34:21
Und man muss sich einfach nur noch für die richtige Seite entscheiden. Das heißt, es fällt nicht nur raus, was die meisten Leute tun in der Beschreibung der Lage, sondern eben auch in der Konsequenz daraus, in der politischen Entscheidung, die dann suggeriert wird oder anstehen soll, sind die meisten Leute eigentlich nicht mehr betroffen. Um sie geht es eigentlich gar nicht. Es spielt eigentlich keine Rolle.
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Es ist jetzt nur die Frage, für welche Seite man sich dann entscheidet. Das wäre jetzt halt gerade so in den typischen netpolitischen Kampagnen solche unterkomplexen Analysen, die dann eben so die persönliche Rolle von solchen Leuten wie Wolfgang Schäuble oder so einfach mal herausstreichen,
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denen einfach überall auf die Poster kleben und einfach so ein bisschen suggerieren, dass es einfach an solchen Leuten hängt, an deren politischen Willen, an deren wie auch immer ewig gestriger Auffassung von der Welt, dass bestimmte Dinge passieren und die einfach dann auch die Frage so ein bisschen vernachlässigen, woher das Mandat für diese Leute kommt, wie das eigentlich zustande kommt,
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wie viele Leute das einfach auch unterstützen, was da an Politik gemacht wird. Ja und diese Zuspitzung muss man sich dann eben tatsächlich nicht mehr dafür entscheiden, wie man sich jetzt zum Beispiel zu der Bevölkerung verhält, die dieses Mandat verleiht oder wie man das kritisiert systematisch eben auch in den Auffassungen, die davor herrschen. Sondern man kann eben einfach sagen, wenn dieser Typ weg ist
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oder wer auch immer dann sozusagen der Ersatzschäuble jetzt ist, dann könnten wir es besser machen. Dann könnten wir sozusagen da hinsetzen und eine ganz andere Politik fahren. Kapitalismus bedeutet erstmal grundsätzlich Konkurrenz. So was heißt also diese Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, in der wir leben,
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ist erstmal eine, die auf Wettbewerb basiert. Und für jeden, der in diesem Wettbewerb verliert oder der sich irgendwie verlieren sieht, wie auch für den, der noch gewinnen will, ist die Verfolgung seiner realen oder eingebildeten Konkurrenten als Verschwörer
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eine verführerische und taugliche Option. Das gilt natürlich auch für ganze Nationen, sich also auch darüber prima in der Staatenkonkurrenz dann durchzusetzen, Vermögen, wenn der Rivale mogelt und entgegen dem idealisierten Volkswillen handelt, von dem das Volk selber auch gar nichts unbedingt wissen muss. Also das muss man dem ja vielleicht auch überhaupt erst mal klar machen, was eigentlich sein Interesse ist.
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Wenn der also mogelt, dann lässt er sich viel leichter über den Umweg der Öffentlichkeit ausmanövrieren. Also man kann sich dann eben viel besser als die bessere Alternative hinstellen, die eben sauber ist, die nicht korrupt ist, die keinen Machtmissbrauch betreibt und die eben auf der Höhe der Zeit mit den modernen Mitteln operieren wollen würde.
37:03
Das heißt prinzipiell lässt sich aus der Beschäftigung mit Verschwörungen lernen, erst mal generell, woran Menschen aus welchen Gründen, in welchen Situationen eigentlich glauben, dass es gar nicht so zufällig ist. Also gerade bei den verbreiteten Vorstellungen, dass sie also gar nicht unbedingt nur irgendwelche Phantasmagorien sind,
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die irgendwann mal aus irgendeinem Aberglauben geboren wurden, sondern es da einfach relativ oft durchaus ein bestimmtes Interesse dahinter steckt, dass also tatsächlich eben mit einem eigenen Bedeutungsverlust gerungen wird. Also gerade diese Entstehung des modernen Verschwörungsdenkens, die ich ja vorhin schon mal kurz angerissen habe am Ende des 18. Jahrhunderts, fällt genau in so eine Zeit, wo eben eine gesellschaftliche Gruppe,
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eine gesellschaftliche Klasse vom Bedeutungsverlust betroffen war. Das war in dem Moment eben einfach die Aristokratie der Adel, der eben gerade mit der französischen Revolution einen unglaublichen Schlag erlitten hatte und jetzt erstmal versuchte sozusagen, sich selber wieder ins Spiel zu bringen. Das heißt, erstmal waren also diese Verschwörer erstmal diejenigen, die man dafür beschuldigt hat, dass das passiert ist,
38:02
weil im Grunde die Menschen ja sozusagen gar nichts gegen die aristokratische Herrschaft hatten. Das war ja so die Vorstellung. Das wurde ja nur von diesen Philosophen, von diesen Republikanern, von den Freimauern, den Leuten in die Köpfe gesetzt. Und dann konnte man sich selber eben auch als Gegenverschwörung ins Spiel bringen, sich selber eben aufrichten und sagen, wir können das ganze Ding nochmal rumreißen,
38:22
wir können diesen satanischen Abgrund, der sich da gerade auftut, auch wieder schließen. Man empfiehlt sich also sofort auch als der Retter der Situation. Das hat eben gerade im Fall der deutschen Aristokratie hervorragend geklappt. Die hat sich vermutlich nochmal 120, 130 Jahre länger dadurch an der Macht halten können, weil sie dieses Manöver eigentlich eingeschlagen hat.
38:41
Das heißt, dieses Verschwörungsdenken ist erfolgreich. Es ist tatsächlich eine Option, die durchaus erfolgversprechend ist. Auch wenn sie möglicherweise gar nicht von jedem Beteiligten dann mit diesem Kalkül verfolgt wird. Man kann aus der Beschäftigung mit Verschwörungen weiterhin lernen, wie eben Machtausübung ohne ihre Verkleidung und Selbstdarstellung aussieht.
39:02
Man sich also tatsächlich mal anschaut, was da hinter den Kulissen läuft. Das muss man gar nicht als Skandalisierung verwenden. Man kann einfach einsehen, dass das zum Normalbetrieb dazu gehört, dass wie gesagt Verschwörungen einfach eine reale Macht- und Handlungsoption ist für Leute, die in einer bestimmten Position sind.
39:22
Und man muss eben dann auch einfach versuchen einzusehen, dass das eben dazu gehört, dass sich das nicht einfach abspalten lässt, dass es so lange ist, die Option gibt, bestimmte Dinge zu verstecken, bestimmte Dinge der Ausschluss der Öffentlichkeit zu machen. Leute eben diese Möglichkeit auch ergreifen werden. Und außerdem natürlich dann auch, wenn man es mal umgedreht sieht,
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dass Verschwörung einfach durchaus eine reale Organisationsoption auch für die eigenen Anliegen ist. Das ist gar kein Witz, das ist durchaus ernst gemeint. Das hat vermutlich jede Antifa-Gruppe schon verstanden, dass man eben tatsächlich sich einfach zu einem Zweck, von dem man weiß, dass die Gesellschaft ihn vermutlich für illegitim hält,
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einfach auch als Verschwörung organisieren kann, dass man versuchen kann, sich dem staatlichen oder öffentlichen Zugriff zu entziehen, um das eben zu machen, weil man weiß, dass man es nicht machen könnte, wenn man es in aller Öffentlichkeit täte. Ich glaube, diese Möglichkeit, das eben auch tatsächlich als Organisationsoption anzusehen, die ist so ein bisschen unter dieser ganzen Transparenzpropaganda so verloren gegangen,
40:25
die jetzt so ein bisschen läuft wie, wir sind ja die Guten und haben daher nichts zu verbergen, also zumindest so im politischen Raum, wir können jetzt ganz offen agieren, wir werfen ja den anderen gerade vor, dass sie nicht transparent sind. Ja, man begibt sich aber damit eben einfach sämtlicher Möglichkeiten, Sachen zu machen, die halt von der Gesellschaft so jetzt für illegal oder illegitim angesehen werden.
40:46
Also da könnte man jetzt einfach mal, wenn man über Netzpolitik redet, einfach noch mal die Frage aufwerfen, was ist eigentlich mit den ganzen Daten jetzt los, warum ist das eigentlich alles immer noch so eine Spezialwissenschaft, warum ist das was, was so wenige Leute machen oder warum haben so wenige Leute da Zugang zu,
41:03
das könnte ja sozusagen das Äquivalent zu Hausbesetzungen im digitalen Raum sein. Man könnte sich einfach einen Raum schaffen, in dem das alles noch funktioniert, was jetzt eben durch die zunehmende Verrechtlichung und Verwertung im Internet einfach irgendwie nicht mehr geht oder schwieriger wird. Das wäre ja eben genau der Punkt, Freiräume organisieren, in denen das geht.
41:22
Und das ist natürlich nicht legal, das ist natürlich vermutlich auch nicht legitim vom gesellschaftlichen Maßstab. Man bricht damit Gesetze, man versucht, das Urheberrecht außer Kraft zu setzen oder bestimmte andere Rechtsauffassungen, das Betäubungsmittelgesetz und so weiter und so fort. Und genau das wäre aber eben der Punkt, wenn man diese Zwecke verfolgen will,
41:41
ist das eine reale Option, die man ergreifen kann. Also das ist ganz wichtig, erfolgreiche Verschwörungen durchaus auch mal als Beispiele ansehen, wie man das machen kann. Wer Demokratie für eine gute Sache hält, wird sich jetzt von diesen Einwänden vermutlich gar nicht unbedingt davon abbringen lassen, auch nicht von der schönen Definition von Jörg Bergstedt, der noch mal darauf verweist,
42:05
aus welchen beiden Wortbestandteilen sich das Wort Demokratie zusammensetzt. Da haben wir zum einen Volk, das ist jetzt, glaube ich, im Laufe des 20. Jahrhunderts eigentlich als Konzept durchaus als problematisch irgendwie mal bekannt geworden sein dürfte. Und zum zweiten haben wir Herrschaft, also die organisierte Bevormundung sozusagen jedes Einzelnen.
42:26
Und wenn man das dann zusammennimmt, soll das eine gute Sache werden. Also wenn man diese beiden Sachen noch miteinander zusammenbringt, wird das plötzlich, anstatt sich zu potenzieren, plötzlich irgendwas, was eigentlich gar keine richtige Herrschaft mehr ist. Im Grunde können wir ja alle so ein bisschen mitbestimmen, wie wir bevormundet werden sozusagen.
42:44
Aber der Punkt ist eben, es gibt nur das ganze Paket. Also eine Politik, die ihren Standort fürs Kapital attraktiv machen muss und will, die ist de facto immer käuflich. Also diese Kategorie Korruption ist einfach schon im Grunde relativ albern. Das ist ja nur die Frage, inwiefern es dann tatsächlich rechtlich greifbar ist oder dergleichen.
43:05
Tatsächlich geht es aber eben die ganze Zeit darum, dass eben die Verwertungsbedingungen verbessert werden sollen. Also aus dieser etwas weiteren Perspektive ist diese Käuflichkeit einfach die ganze Zeit gegeben. Und alles, was sich für den Erfolg in der starken Konkurrenz erforderlich macht,
43:21
wird dann über kurz oder lang auch legalisiert oder zumindest für legitim erklärt werden. Wenn es eben irgendwann nötig ist, diese, was weiß ich, irgendwelche strategischen Ressourcen zu sichern, eben für die eigenen Verwertungsbedingungen, dann erklärt man das eben kurzerhand dann doch noch für legal. Auch wenn es vorher irgendwann mal für eigentlich völlig unantastbar gehalten wurde.
43:41
Und diese strategischen Ressourcen, die man für sich sichert, die wird man immer anderen wegnehmen müssen. Das funktioniert nicht anders. Die sind in irgendeinem anderen Land. Und wir würden sozusagen erst mal ohne diesen Zugriff, ohne diese Aneignung eigentlich im Grunde nicht gehören. Also das gehört zusammen. Also wer sich für Demokratie ausspricht, der spricht sich für diese ganzen Dinge mit aus.
44:01
So, das kann man natürlich dann gerne machen. Man kann trotzdem sagen, okay, ich nehme das in Kauf. Ist aus meiner Sicht eine sehr zynische Position, aber würde ich gelten lassen. Das wichtig ist, das gehört alles zusammen. Das gibt es nur als Komplettpaket zu kaufen. Solange man glaubt, diese Gesellschaftsordnung nur einem Ideal von ihr annähern zu müssen und das hauptsächlich vom Wollen und Können der Menschen abhängig macht,
44:23
werden aber immer wieder dann die angegriffen, verfolgt oder ausgeschlossen werden, denen man vorwirft, nicht zu wollen oder denen man irgendwie nachweisen kann, dass sie es gar nicht können. Und man wird sich dann auch immer an ihnen auslassen. Also jetzt jemand wie Schäuble wird ja nicht verfolgt, aber man wird sich halt einfach öffentlich über ihn auslassen, anstatt zu überlegen, warum die Gesellschaften auf der Welt immer noch so aussehen, wie sie aussehen.
44:45
Die Heuschrecken, die Ausländer, die Schmarotzer und Parasiten, die Blockierer, die ewiggestrigen, die Drahtzieher und Verderber sind dann schuld. Und nicht etwa das, was fast alle Menschen fast die ganze Zeit über machen. Also erstmal die Entscheidung über ihre eigenen Bedürfnisse an andere delegieren.
45:02
Das ist Demokratie, an andere, die auch ein grundverschiedenes Interesse haben, in der Regel, als man selbst. Dann zum zweiten Lohn arbeiten und dabei ein Mehrprodukt erwirtschaften, das sich andere aneignen, die dadurch natürlich mehr Mittel kontrollieren und auch schon ein größeres Mandat haben. Oder eben, man kann natürlich auch derjenige sein, der andere für sich arbeiten lässt.
45:22
Klar, diese Rolle gibt es natürlich auch noch, das sind aber eben doch irgendwie erheblich weniger Menschen. Und schließlich eben die, jetzt bin ich gerade ein bisschen verrutscht, und natürlich einfach der Punkt, dass grundsätzlich schon alle für einen Markt produzieren, dass sie also gar nicht von vornherein für die Bedürfnisse von Menschen produzieren.
45:44
Das ist das, was die ganze Zeit passiert. Das ist erstmal auch, glaube ich, der Hauptgrund für die allermeisten der üblicherweise angeprangerten Missstände. Über diese Mechanismen, die halt tatsächlich von den allermeisten Bewohnern dieser Welt den lieben langen Tag prolongiert werden, weitergetrieben werden,
46:01
wird im Verschwörungsdiskurs nicht geredet, wird aber eben auch sonst im politischen Raum relativ wenig geredet. Die Konsequenz aus dieser Travestieproblematik, die ich vorhin angerissen habe, ist ja grundsätzlich, dass man sich eben auf dieses Spiel nicht einlässt, dass man sich eben von dieser Inszenierung des Verschwörungsdenkens das Thema nicht vorgeben lässt.
46:24
Das gilt aber auch sowieso für den populären Diskurs, dass man sich eben nicht auf die Präsentation von einzelnen Entscheidern oder einzelnen Gruppen von Entscheidern das politische Bild zurechtstürzen lässt, dass man eben konsequent danach fragt, was da alles ausgeblendet werden muss, was eben in dem Fall in dieser politischen und wirtschaftlichen Realität der meisten Menschen besteht,
46:45
dass man nicht nur über das redet, was da nicht vorkommt, sondern dass man eben auch tatsächlich seine eigenen Vorannahmen in dieser Beziehung einfach immer nochmal in Zweifel zieht. Es ist ja systematisch, dass man über diese Sachen nicht nachdenkt. Es ist ja einfach durchaus, wie das bei Marx hieß, ein notwendig falsches Bewusstsein.
47:03
Würde man das tatsächlich die ganze Zeit in Zweifel ziehen, hätte man nicht mehr unbedingt ein Interesse daran, dass dieser ganze Laden noch läuft. Man würde möglicherweise auch die Frage nach einer anderen Gesellschaftsordnung aufwerfen. Denn um die Bedürfnisse und Wünsche jedes einzelnen Menschen kann es ja nur gehen, wenn diese Bedürfnisse und Wünsche ausschlaggebend dafür sein würden,
47:22
was produziert wird und was entschieden wird und wie die Welt eingerichtet wird. Das ist aber dann schon eher eine andere Geschichte, die ich bei einer anderen Gelegenheit mal erzählen will. Ich bin jetzt eigentlich erstmal mit dem Vortrag soweit durch.
47:41
Ich wäre sehr interessiert daran, wer sich jetzt getroffen gefühlt hat, wer Anmerkungen vorzubringen hat oder vielleicht auch noch ein paar Verschwörungstheorien. Die vielleicht in den Rahmen fallen, die ich jetzt gar nicht als Beispiel erwähnt habe. Ich guck mal kurz, wie viel Zeit wir noch haben.
48:01
Okay, dann vielleicht nur eine oder zwei. Da hinten hat sich jemand als erstes gemeldet. Hast du dich bei deinen Travestienen vergessen, die du selber sehr gerne bei deiner Verschwörungstheorie und Verschwörungstheorie angebracht hast? Nämlich der Absolutismus. Also, dass es dann funktionieren würde, wenn, anstatt zu sagen, dass es vielleicht ein bisschen besser funktionieren würde.
48:28
Also eben solche Einschränkungen, die man nicht weglässt, die man einfach nur in schwarz und weiß. Dann lässt es ja auch wieder sehr einfach eine neue Verschwörungstheorie zu bilden, welche für die ganze Zeit, wie ich es jetzt verstanden habe, praktisch kreiert hat.
48:44
Dass man nicht alle Verschwörungen bilden und zum Schluss ja auch gesagt hat, dass du selber anscheinend an ein Ideal glaubst, das existiert, auch wenn es nicht benannt warst. Du hast ja mehr gesagt, was schien soll.
49:05
Würdest du da nicht sagen, dass du gerade selber eine Verschwörungstheorie in den Rektor geraten hast? Also die unzulässige Verallgemeinerung ist in der Tat ein Problem, was vielleicht auch ein bisschen an der Darstellungsform liegt. Also tatsächlich könnte man sagen, jede Form von Optimierung des jetzigen
49:22
Betriebs würde natürlich immer der Versuch sein, sich diesem Ideal anzunähern. Deswegen muss es jetzt nicht von vornherein sofort so funktionieren. Aber das Ideal wäre es ja. Das Ideal liegt immer trotzdem zugrunde. Wenn wir es schaffen würden, das alles auszuschließen, dann gäbe es diese ganzen Probleme ja nicht mehr. Das heißt jetzt nicht, dass jeder einzelne Schritt sofort dazu führen muss.
49:52
Der ist ja auch immer nur impliziert. Er wird ja eben in dieser Verfolgung von Missbrauch oder Abweichung auch einfach nur impliziert.
50:01
Also es ist einfach eine Vorstellung, die dem zugrunde liegt. Das muss nicht heißen, dass die Leute wirklich glauben, dass das überhaupt möglich ist. Da kommen wir dann auch immer diese üblichen Erwiderungen oder Ausreden, dass das halt gar nicht geht. Die Menschen sind ja gar nicht so usw. Das würde ich jetzt gar nicht behaupten wollen.
50:27
Das ist jetzt so deine These. Bist du nachher irgendwo, wo du drei hast und wo man noch Fragen stellen kann? Ja, ja. Also ich treibe mich noch eine Stunde hier oben ungefähr. Ja, aber das ist nicht möglich.
50:43
Nee. Ja, ihr drängelt jetzt oder? Okay, gut. Also wer noch Fragen hat, dann einfach im Nachhinein. Es ist ja auch aufgezeichnet worden. Kann man sich ja auch noch mal in Ruhe angucken vielleicht. Okay, vielen Dank.