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Mächtiger als Merkel: Wie Brettspielentwickler Gesetze machen (würden)

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Mächtiger als Merkel: Wie Brettspielentwickler Gesetze machen (würden)
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Wie bringt man Menschen dazu freiwillig Regeln anzunehmen? Warum sind Spiele leicht verständlich, machen Spaß und animieren zu kooperativer Konkurrenz? Warum sind Gesetze kompliziert, erzeugen Widerwillen und wirken so oft unfair? Von Kulturbetrieb und Wirtschaft weitgehend ignoriert hat sich in Deutschland der weltweit größte Brettspielmarkt der Welt entwickelt. Brettspielautoren beschäftigen sich seit Jahren ganz praktisch mit dem menschlichen Verhalten in Regelsystemen, wann diese Eigeninitiative, Selbstbestimmung und Lust vermitteln und wann nicht. Ziel des Vortrags ist es, zu zeigen wie man diesen reichen Erfahrungsschatz urbar machen kann, was sich auf die Gesetzgebung übertragen lässt und welche erstaunlichen Erkenntnisse sich aus der Brettspielentwicklung über Geld, Gerechtigkeit und Bedingungsloses Grundeinkommen ziehen lassen.
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PICA <Bibliotheksinformationssystem>Hacker (term)Special markUbiquitous computingTwitterLecture/Conference
Physical lawLecture/Conference
Forced inductionHausdorff spacePhysical quantityPhysical lawLecture/Conference
Milan <Programmiersprache>ProduktionsregelsystemParallelenPhysical lawLecture/Conference
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RoundingLecture/Conference
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PICA <Bibliotheksinformationssystem>Direction (geometry)Abstract machineLecture/Conference
Systems <München>Lecture/Conference
Transcript: German(auto-generated)
Ja, hallo erstmal. Die HIOBS-Botschaft vorab. Ich habe gehört, alles, was ich jetzt erzähle, geht von meiner Zeit ab.
Deswegen beginne ich auch gleich. Er hat schon gesagt, ich bin auf Twitter unter dem Namen Zeitweise bekannt. Meine Eltern sind eher Hacker. Die haben mir diesen Namen gegeben, Marcel-André Casasola-Merkle. Und da sind wir eigentlich auch schon gleich beim Thema.
Der passt nämlich in die meisten Formularfelder schon gar nicht rein. Sonderzeichen sind in Deutschland auch nicht unbedingt erwünscht. Ich komme im System damit sozusagen erst gar nicht vor. Ja, habt ihr euch schon mal geärgert, würde mich interessieren. Also wenn ihr so die Politik anseht oder wenn ihr die Gesetzesvorhaben anseht, die so jedes Jahr hier reinflattern.
Wem von euch fällt denn ein Gesetzesvorhaben in diesem Jahr ein, wo er sagt, ja, das hätte jetzt mal wirklich gemacht werden müssen. Da freue ich mich drauf, wenn dieses Gesetz umgesetzt wird, wird unsere Welt besser.
Einer. Kannst du auch sagen, was? Das würde mich interessieren. Die 97, ok, § 97a des Urheberrechtsgesetzes soll überarbeitet werden. Vielleicht kannst du das dann hinterher nach dem Talk nochmal ausführen.
Und wer hat irgendwie ein Gesetzesvorhaben dieses Jahr gehabt, wo er gesagt hat, ne, das will ich eigentlich nicht haben. Ok, viele Betreuungsgeldfans sieht man hier. In Deutschland, ja. In Deutschland.
Na gut, ACTA gehört natürlich auch dazu, da ärgern wir uns auch gerne. Es gibt viele solche Dinge, die Laufzeitverlängerung. Da haben sich viele drüber geärgert, außer MS-Pro. Es gibt noch andere Sachen, die Pendlerpauschale zum Beispiel. Da ärgern sich eigentlich immer alle. Es ärgern sich die, weil die soll gekürzt und abgeschafft werden.
Da ärgern sich die Pendler. Die Leute, die den ÖPNV benutzen, ärgern sich wahrscheinlich andersrum. Oder ich muss sagen, ich komme persönlich aus Bayern. Da haben wir ganz schöne Ladenöffnungszeiten. Da sind die Läden tatsächlich noch bis 20 Uhr auf. Da kann man dann nach der Arbeit noch schnell hinhetzen.
Wir haben den großen Vorteil bei mir zu Hause. Wir wohnen direkt neben einer Tanke. Die hat dann bis 24 Uhr auf. Und da kann ich dann eben auch noch schön einkaufen. Oder was mir letztens passiert ist, ich wollte Blumen kaufen am Sonntag. Das ist ja schon mal sehr fräfelhaft am Sonntag, Blumen zu kaufen.
Aber geht in Bayern am Hauptbahnhof. Das Schöne ist, die Verkäuferin hat mir dann erzählt, Blumen kann ich kaufen. Völlig in Ordnung. Aber einen Blumenkübel leider nicht dazu, weil das ist ja kein Reisebedarf. Ja, es gibt einiges, was uns irritiert.
Es gibt einiges, was frustrierend ist. Jeder, der von euch schon mal seine Steuer selber machen musste, kennt das. Und dann fragt man sich, warum ist das so? Und könnte es nicht ganz anders sein? Was wäre denn, wenn wir mächtig wären? Wenn wir einfach das selber machen könnten.
Wenn ich hingehen könnte und sagen könnte mit einem Handstreich, ich mache die Gesetze einfach selbst. Ich sage einfach, wie es ist und wie es nicht sein soll. Und dann wird alles besser. Das werden wir sehen. Also ich meine mächtig. Ich meine jetzt nicht so Philipp Rösler oder Angela Merkel mächtig. Also wenn die eine Gesundheitsreform machen wollen, was passiert dann?
Dann diskutieren die erst mal ein halbes Jahr und dann kommt die große Lösung. Wir erhöhen die Krankenkassenbeiträge. Nee, es gibt durchaus Personen, die so mächtig sind. Und über die will ich heute sprechen. Ihr wisst alle, wen ich meine.
Brettspielerfinder. Brettspielerfinder können nämlich ihre Welt selber schaffen. Ich setze mich da an den grünen Tisch. Also ich habe keinen grünen Tisch. Bei IKEA gibt es nicht so viele grüne Tische. Ich setze mich dann an den Tisch und überlege mir eine gesamte Welt selbst.
Und was heißt Welt? Also man kann ja in so einer Fantasie Welt leben mit so einem ausgedachten Freund. Das ist sehr solipsistisch. Das ist sehr in sich gekehrt. Nein, Spielerfinder entwickeln Welten, die sie dann durchaus hinausgeben in die Welt und andere Menschen spielen lassen.
Das heißt, ich habe zwar als Brettspielentwickler wirklich die gesamte Macht. Ich kann mir alle Regeln ausdenken, die ich möchte. Aber am Ende gibt es ja dann doch immer ein Publikum, das das spielen muss. Und ein Publikum, das dabei vor allem, um es auf eine Vokabel runterzubrechen, Spaß haben muss.
Das ist bei Gesetzen jetzt nicht unbedingt so, dass die gemacht werden, damit man Spaß damit hat. Aber da will ich eben gerade auch die Parallelen ziehen und mal sehen, was man da so übertragen kann. Ganz kurz zum Brettspielmarkt. Ich bin Brettspielentwickler seit 1997. Fast jeder von euch wird die Siedler von Katarn kennen.
Die sind 1995 entstanden, war ein großer Hit weltweit. Der Brettspielmarkt hat sich sehr entwickelt. Das liegt daran, weil wir ein heeres Ziel haben. Das kennt ihr alle von Wahlplakaten. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Also der Spaß des Menschen.
Und was machen wir als Brettspielerfinder? Wir machen eigentlich nichts anderes als Feldforschung, was dynamische Regelsysteme angeht. Also wir denken uns Regeln aus. Dann testen wir die, dann lassen wir die Menschen diese Regeln ausprobieren. Und die reagieren dann irgendwie drauf. Und als Spielerfinder setze ich mich dann mit diesen Menschen an den Tisch und beobachte die Reaktionen.
Was wir also machen, ist nicht nur die theoretische Arbeit. Vielleicht stellt man sich das manchmal so vor. Ich setze mich irgendwo hin und denke mir was aus und dann kommt es zu Papier. Dann wird es rausgebracht und veröffentlicht. Nein, ich habe immer viel mit Menschen zu tun, die dann auch reagieren und die dann auch ihren Senf dazu geben.
Deswegen machen wir sehr pragmatische, weil es muss ja irgendwie auch klappen und man will die Spiele auch verkaufen. Und sehr praktische Arbeit. Und da kann man sich jetzt fragen, warum spricht dieser Mensch über Brettspielerfinder auf der Republika? Wir sind ja alle vernetzt, wir sind ja alle Internet. Aber es ist eben so, dass es unsere Branche schon ein bisschen länger gibt.
Da gab es noch kein Internet. Und ich sehe jetzt, dass im Internet eben diese ganzen Sachen wieder aufgegriffen werden durch die Social Networks. Wenn man sich Twitter so ansieht, das hat schon sehr, sehr viele Spielelemente. Und vielleicht können wir mit unserer 30-jährigen, würde ich mal sagen, Erfahrung da ein bisschen zu beitragen.
Denn vor 30 Jahren waren Spiele eigentlich so wie Gesetze. Hauptsächlich frustrierend. Da waren Regellücken drin, die waren unsexy, der Spannungsbogen. Also Spannungsbogen, ja. Ich arbeite das ganze Jahr und der Spannungsbogen von meiner Steuer, die ich mache, gipfelt dann darin, dass ich dem Finanzamt noch was zahlen kann.
Das ist jetzt nicht unbedingt, wo man sich dann am Ende drauf freut, wenn man das jetzt aus anderen Medien kennt, weil ein Film, der so aufhört, ist ein bisschen frustrierend. Genau, wir haben einfach recherchiert, wie sich Gesetze anfühlen, wie sich Regelsysteme anfühlen und wollen das jetzt anwenden.
Was haben wir gemacht? Der Brettspielmarkt ist ein ganz interessanter, wir haben ja diese riesige Urheberrechtsdebatte. Der Brettspielmarkt ist so klein, da funktioniert alles ein bisschen anders. Da ist es nämlich so, ich habe eine Idee, aber diese Idee fußt, sage ich mal,
zu 95 Prozent auf den Ideen anderer. Das ist gut so, denn damit habe ich den Ansporn, eben diese kleine Neuheit, diese fünf Prozent, wirklich gut zu machen. Und wenn man sich ein bisschen mit Publikum auskennt, die meisten Menschen wollen ja gar nichts Radikal Neues, sondern die freuen sich einfach, wenn sie in einem bekannten Umfeld
was Neues erfahren können, und das versuchen wir im Brettspielmarkt. Und auf der anderen Seite haben wir als Wirtschaftskraft oder als Kulturgut das Problem. Wir sind auf der einen Seite keine Hochkultur und wir machen nicht die riesen Umsätze. Und dann kommt man eigentlich nicht vor in dieser Gesellschaft,
weil das dann doch keinen wirklich interessiert, was ein bisschen schade ist, denn Deutschland ist der größte Brettspielmarkt weltweit. Also wir sind sozusagen wie Hollywood in Amerika, sprechen sie von den German-Type-Games und finden das alles ganz toll. Und da entwickelt sich auch gerade sehr viel.
Dass dieses Know-how von Spielen und Spiele und Regelsysteme nicht ganz an der Gesellschaft vorbeigegangen ist, hat man ganz gut gesehen mit dem Trend der Gamification vor zwei Jahren. Da war plötzlich das Passwort da, wir machen aus allen Spielen. Da sind dann solche Sachen wie Foursquare entstanden,
wo man dann Badges bekommt. Ich sehe da jetzt nicht unbedingt ein Spiel drin, weil man könnte auch eine Mark auszahlen oder so. Aber es hat mich sehr gefreut, dass da mal weiter gedacht wird, wie kann man das Know-how von uns ein bisschen übertragen. Und da könnte man dann solche schönen Sachen machen wie das lustige Sockenspiel.
Ihr kennt das alle, ihr macht eure Socken in die Waschmaschine hinein. Die Hälfte kommt dann auch wieder raus. Und dann sind die alle unterschiedlich. Und es ist ja unglaublich nervig, dann solche Haushaltszätigkeiten zu machen und dann die Socken rauszusuchen.
Was könnte man da tun? Zum Beispiel das lustige Sockenmemorie. Ich setze mich mit meinem Partner hin, ziehe immer Socken aus einem Sack. Und wenn zwei zusammenpassen, dann darf ich die behalten und gleich zusammenlegen. Für mich ist das ein bisschen Gamification. Ich spiele ein Spiel und mache dabei noch irgendwas Produktives.
Darum geht es hier nicht. Denn Gesetze sind keine Spiele. Also große Erkenntnis, eigentlich ist das relativ selbstverständlich. Ich werde auch gleich darauf eingehen, was die Hauptunterschiede sind, wenn ich dieses Wasser geöffnet habe.
Moment, Entschuldigung. Genau, Gesetze sind keine Spiele. Es gibt nämlich große Unterschiede. Erstens, ein Spiel spiele ich freiwillig. Ein Gesetz ist einfach da. Da muss ich mich dran halten. Tue nicht alle, aber ich muss mich auf jeden Fall damit auseinandersetzen.
Ein Spiel kann ich einfach in die Ecke kloppen. Und zweitens gibt es da noch einen wichtigeren Unterschied, den ich gleich erklären möchte. Was ich also nicht tun möchte, ist, jetzt ärgere ich mich nicht zu nehmen und zu sagen, wir machen die Jobvermittlung jetzt so. Wenn man auf so ein Mensch-Eier-Dicht-Nicht-Plan geschlagen wird,
dann verliert man seinen Job. Und dann darf man dreimal würfeln. Und wenn dann eine 6 dabei ist, dann kriegt man wieder einen anderen zugelöse. Auf dem Niveau geht es jetzt nicht. Das wäre ungefähr so, als würde ich sagen, ich will jetzt Harry Potter verfilmen. Und dann mache ich das so.
Ich filme dann das Buch ab und habe dann Harry Potter. Worum es mir eher geht, ist eine Adaption. Das heißt, ich versuche Prinzipien zu finden, also den Kern zu finden, was passiert da in diesem einen Medium, und es auf ein anderes Medium zu übertragen. Was sind denn die Unterschiede zwischen Gesetzen und Spielen?
Wenn man sich das genauer ansieht, wofür sind Gesetze da? Gesetze sind ergebnisorientiert. Ich will irgendwas erreichen. Wenn ich eine Parkuhr aufstelle in der Innenstadt, dann mache ich das meistens deswegen, weil die Kassen so klamm sind oder weil die Leute die Luft verpesten in der Innenstadt.
Ich mache das nicht, damit jemand Spaß hat oder damit es besonders gut funktioniert. Wie Helmut Kohl so schön gesagt hat, entscheidend ist, was hinten rauskommt. Und das merkt man leider auch der Politik manchmal an. Wie ist es bei Spielen? Also nicht nur Brettspielen, auch bei Computerspielen. Da geht es eigentlich eher um den Weg.
Da geht es eher darum, wie komme ich zum Ziel. Das Ziel selber hat ja meistens keine Bedeutung, außer bei Strippoker oder vielleicht russisch Roulette. Aber bei normalen Spielen geht es nicht darum, was ist nach dem Spiel, sondern was ist während des Spiels. Das heißt, dieses ganze Regelsystem ist eigentlich dafür da,
Kreativität, Spaß zu fördern, währenddessen im Prozess. Da kann ich mal ganz kurz so intrinsische, extrinsische Motivation als Stichwörter hier in den Raum werfen. Kann man auf Wikipedia nach googeln.
Extrinsische ist sozusagen Motivation von außen. Du machst was, ich gebe dir ein bisschen Geld dafür. Intrinsische ist eher Motivation aus mir heraus. Und man hat psychologisch festgestellt, dass extrinsische Motivation, also ich gebe dir ein bisschen Geld dafür, sich ganz, ganz schnell abnutzt.
Und das wollen wir ja eigentlich nicht. Jo, bin ich auf der nächsten so. Wie fängt man an? Wie fange ich an, wenn ich so ein Spiel entwickeln möchte? Also erst mal suche ich mir eine Aufgabe.
Und im Spielebereich gibt es so zwei traditionelle Ansätze. Das wird dann immer genannt die Mechaniker und die Geschichtenerzähler. Die Geschichtenerzähler, die fangen mit einem Thema an. Also zum Beispiel Terrorpanik. Wir haben Terror, wir müssen jetzt irgendwas machen, wenn ich das auf ein Gesetz übertrage.
Da setze ich mir ein Thema, da denke ich, die Leute haben Angst, wenn ich da jetzt irgendwas tue, dann freuen sie sich alle und ich werde gewählt. Oder ich gehe mechanistisch ran und sage, hier wurde dieser schöne Nacktscanner erfunden. Wozu kann man den denn gebrauchen? Da kann man doch irgendwas mitmachen. Ich gehe immer gerne den dritten Weg
und ich gehe gerne vom Dynamischen aus. Das ist für mich das, was so zwischen Menschen passiert. Klingt albern, dass ich mich dafür interessiere, aber das ist, glaube ich, gar nicht so dumm. Ich versuche eben bestimmte Effekte zu erzielen.
Zum Beispiel habe ich ein Spiel gemacht, da gibt es zwei Fraktionen. Das Spiel heißt Verräter. Die Adler und die Rosen und die spielen gegeneinander. Der Witz an der Sache ist, immer wenn es so einen Konflikt gibt, dann kann ein Spieler ganz geheim während des Konflikts die Fraktionen wechseln. Und da kommen sehr, sehr interessante Effekte raus.
Ein sehr schönes Beispiel jetzt aus der Computerspielwelt. Leute, die mich kennen, wissen, dass das jetzt kommt. PS3 Journey. Das ist ein Spiel, was eigentlich nur auf Kooperation hin designed wurde. Und es ist unglaublich spannend, was man sozusagen abseits von Ego-Shootern auch da machen kann.
Und dieses Spiel funktioniert so, dass ich sozusagen meinen Weg gehe und immer wieder zufällig Einzelpersonen zu mir in dieses Spiel hineingeworfen werden, mit denen ich nur ganz rudimentär kommunizieren kann über so einen Pieplaut.
Warum ist das so? Warum nur Einzelpersonen? Diese Menschen, also That Game Company, die das entwickelt haben, die haben das unglaublich lang getestet. Und sie wollten ein Spiel machen, wo wirklich Kooperation nicht erzwungen wird, sondern angeboten. Und Anreize zu setzen, dass die Kooperation aus den Leuten selber rauskommt.
Und das finde ich ganz spannend, wie man eben Regelsysteme machen kann, die nicht zwingen, sondern einen eher so anleiten. Und da gibt es einen sehr schönen Talk, auch im Internet dazu muss man mal suchen. Am Anfang haben sie gesagt, wir machen das als Spiel für vier Leute.
Und vier Leute werden immer zusammengeworfen. Dann haben sie gemerkt, mit der Kooperation funktioniert das ganz schlecht, weil die dann immer so Gruppen gebildet haben. Also zwei gegen zwei oder drei gegen eins. Meine These ist, es gibt eigentlich immer die Möglichkeit,
Systeme so zu gestalten, dass Menschen sich anders verhalten, dass Menschen kooperieren, dass Menschen eben auch freiwillig sozusagen ihre guten Eigenschaften einsetzen. Und wenn das nicht passiert, dann ist was am Spielsystem irgendwie krumm. Ja, ich habe gesagt, wie ich anfange,
dynamisch, ich habe so eine dynamische Idee, wie die Leute sich verhalten sollen. Und was passiert dann? Dann gebe ich das in eine Testgruppe hinein. Und dann sagt die Testgruppe, oh, fantastisch. Oder sie sagt, nee, mies. Das reicht aber nicht. Warum reicht das nicht, eine Testgruppe? Weil die Menschen unterschiedlich sind. Jeder ist sozusagen einzigartig.
Ich habe oft das Gefühl, wenn ich Gesetzgebungen ansehe, dass von so einem Modellbürger ausgegangen wird. Also man kann zum Beispiel einen Durchschnitt nehmen von allen Menschen. Also so ein bisschen wie im Fernsehen. Ich habe so diesen virtuellen Zuschauer. Und für den gestalte ich das Gesetz.
Was oft hinten wegfällt, ist eben, dass wir alle sehr, sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben. Und ein Gesetz, das alle betrifft, natürlich diese Bedürfnisse ganz unterschiedlich auch ansprechen wird.
Deswegen finde ich es schwierig, immer mit den Lösungen anzufangen. Also bei einem Brettspiel kann ich das machen. Ich setze mir eine Lösung. Also zum Beispiel, ich habe einen Nacktscanner. Das ist die Lösung für irgendwas. Und baue da ein Spiel drum herum. Da kommt dann sicher irgendwas raus. Und ich kann das dann ausprobieren. Und vielleicht macht das Spaß oder nicht. Aber das weiß ich nicht.
Mir ist immer wichtig zuerst, und das steht ja schon hier, Ziele zu setzen. Das heißt, welchen Effekt will ich erzielen? Und dann frage ich mich, bei bestimmten Gesetzen, nehmen wir jetzt mal das Betreuungsgeld. Was ist eigentlich das Ziel dahinter? Es wird immer darüber geredet, was der Effekt davon sein wird. Aber wenn ich sage, als Ziel möchte ich haben,
ich will eine relativ gute CSU-Clientel damit ansprechen, die dann auch einen gewissen Bildungsstand hat, also nicht die sozial Schwachen, sondern die will ich besonders fördern, die sollen ihre Wahlfreiheit behalten, weil es gut kommt, dann wäre das zum Beispiel so ein Ziel. Das kann ich sagen. Und wenn ich dieses Ziel habe,
dann kann ich sagen, okay, wird dieses Betreuungsgeld dieses Ziel erfüllen? Und dann kann man auf einer ganz anderen Ebene streiten, als wenn ich sage, ja, das machen wir halt jetzt mal. Ich glaube, das wäre in der Politik ganz wichtig, dass wir viel öfter vorher über Ziele streiten,
als direkt über Lösungen, die da so aus Deus ex machina, aus der Maschine kommen und einem vorgesetzt werden, weil wenn ich nicht über die gleiche Sache diskutiere, dann kann ich auch nicht zu einer Lösung kommen. Das hat man ganz gut auch beim Wahlrecht gesehen, dass einfach die Regierung und die Opposition
andere Ziele verfolgt haben, ein gerechtes Wahlrecht überhaupt zu machen. Und zur Gerechtigkeit werde ich auch gleich nochmal was sagen. Wir als Entwickler müssen also sozusagen mit dem Unbekannten adressaten leben. So, jetzt habe ich eine schöne Tafel vorbereitet, die ich leider komplett überquatscht habe.
Was ich mit den Zielen meinte, war folgendes, ich kann den tollsten Rennwagen haben, der super ausgestattet, hilft mir nicht viel, wenn ich nach New York will. Deswegen erstmal sagen, wo will ich eigentlich hinfahren damit, bevor ich das dann mache. Okay, ich habe ein Ziel,
ich entwickele mein Spiel, ich teste, was passiert einem Spieleentwickler dann immer? Er rennt gegen Wände, gegen unsichtbare Mauern. Und fünf von den Mauern habe ich jetzt mal rausgegriffen, weil ich denke, vielleicht kann man sich mal ansehen, wie einem Spieleentwickler darauf reagiert, wenn solche Mauern
auftreten, und welche Lösungen haben die gefunden. Und vielleicht sind hier ja auch ein paar pfiffige Leute da, die dann das übertragen können in die Politik und schönere Gesetze machen können. Ungerechtigkeit ist so eine Mauer. Ja, wenn Ungerechtigkeit kommt, ist das sehr frustrierend. Willkür,
Überforderung, Verkrustung und Ohnmacht. Ja, und dann steigen wir mal ein, gleich mit der Ungerechtigkeit. Ja, das ist ein sehr delikates Thema, denn Spiele werden immer auseinandergenommen damit. Ja, das ist nicht tariert.
Ja, das ist ungerecht. Der hat einen Vorteil. Oder der hat einen Vorteil. Wenn ich das mache, dann gibt es Probleme und es wird mir meistens um die Ohren gehauen. Und dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, dem zu begegnen. Was ist denn Gerechtigkeit? Gerechtigkeit wäre das folgende Spiel gerecht.
Was sehen wir hier? Helmut Schmidt hat 8 Milliarden Figuren und Fer Steinbrück hat nur 2. Ist das gerecht? Ich meine, die spielen nach den gleichen Regeln. Ja, ist doch okay. Also wenn die Regeln für jeden einzelnen gleich gelten, dann gibt es ja auch eigentlich kein Problem. Das klingt jetzt, aber das sieht
jetzt ein bisschen absurd aus, wenn man das hier sieht. Aber unsere Gesellschaft funktioniert durchaus teilweise so. Also allein Erbrecht. Also wenn ich geerbt habe, dann heißt es, ja, deine Eltern haben ja was getan. Hier, du kannst nach den gleichen Regeln spielen wie wir. Ist ja gerecht. Okay, dann sagen wir, ja,
es gibt ja immer so eine Ausgangssituation. Wenn wir die jetzt levelieren, wenn wir sagen, okay, alle können mit den gleichen Startvoraussetzungen starten, haben wir dann Gerechtigkeit. Ich weiß nicht, ob ihr das ja kennt. Das ist ein Malspiel. Man hat immer einen Charakter, den man malen soll. Hat jemand eine Ahnung,
wer das sein könnte? Fast. Es ist Spiderman. Deswegen ist der Batman da durchgestrichen. An der rechten Ecke. Da kann man dann fragen, also hier,
alle haben die gleichen Voraussetzungen, alle haben Stift, alle haben Papier, alle spielen nach den gleichen Regeln. Ist das gerecht? Ist deswegen nicht gerecht, weil wir alle unterschiedliche Fähigkeiten haben. Also da kommt dann zum Beispiel die Barrierefreiheit wieder rein. Zum Beispiel jemand, der jetzt nichts hören kann, kann meinen Talk auch nicht hören. Ist das gerecht? Nicht unbedingt.
Und dann hat man sich ja überlegt, okay, wir schaffen Gerechtigkeit anders, nämlich über die Gruppe, über die Masse. Crowdsourcing der Schwarm hilft uns. Wir stimmen einfach ab. Mehrheiten. Super. Dann wird alles gut. Ich stelle mir dann immer diese Situation vor. Am Küchentisch Vater, Mutter, Kind.
Mutter und Kind wollen unbedingt Schnitzel essen. Vater ist Vegetarier. Ist das gerecht? Also klar, gibt es jede Woche Schnitzel, also jeden Tag Schnitzel. Und der Vater kann sich dann überlegen, was er so machen möchte. Ist auch nicht unbedingt gerecht. Ich glaube fast, es gibt keine
objektive Gerechtigkeit. Es gibt eine gefühlte Gerechtigkeit. Und wir Spieler Erfinder versuchen uns der ein bisschen zu nähern. Wie arg das Problem ist, oder thematisiert wird in Spielen, ist oft der Startspielervorteil. Das muss ich vielleicht mal kurz
ausführen. Also ich darf das Spiel beginnen, bin also früher dran. Also der frühe Vogel fängt den Wurm. Wenn ich jetzt gleich hier mir die Badstraße schnappe, dann bin ich schon mal der große King. Er kennt keiner Monopoly Badstraße schlecht. Also wenn ich mir die Schlossallee schnappe, dann bin ich der große King. Und das kann ich nur, weil ich früher dran war. Und da wird diskutiert
über den Startspieler. Ah, das ist ungerecht. Und was haben Autoren gemacht? Sie versuchen das dann auszugleichen. Und dann fragt man sich, kann sich Gerechtigkeit an so einem Pizzelding wie dem Startspieler jetzt, also wer jetzt die Schachpartie anfängt, klar. Oder wer, Mensch, ärgere dich nicht anfangen, kann sich das daran wirklich aufhängen.
Und dann habe ich weiter überlegt und habe gedacht, ja, das ist nämlich strukturelle Ungerechtigkeit. Also ein Spieler wird strukturell über dieses ganze Spiel begünstigt. Und sowas haben wir eben in der Gesellschaft auch. Und sowas muss man bekämpfen. Und es gibt natürlich auch noch andere Möglichkeiten, gefühlte
Gerechtigkeit herzustellen. Das ist eine Frage der Zielgruppe. Also nochmal zurück hier zu diesem schönen Bild. Wenn ich jetzt ein Spiel für Kunststudenten mache, dann kommt das Problem gar nicht mehr. Na gut, die können vielleicht auch nicht alle malen, aber sie haben es zumindest ein bisschen
gelernt. Das heißt, ich kann meine Zielgruppe einschränken, um das Problem zu lösen und sagen, ja, gut, die Vielspieler werden das schon hinkriegen. Das ist immer ganz interessant, wenn man dann gemeinsam entwickelt, wenn der einen ein Vielspieler-Spiel machen will, also richtig strategisch ein Hammer, der andere will ein Glücksspiel draus machen, dann
trennen sich da auch die Geister. Das Problem bei Gesetzen ist, die sind halt selten nur für eine Zielgruppe, sondern sie betreffen oft die gesamte Gesellschaft. Also was tut man? Man könnte darauf eingehen. Und das wird bei Spielen gemacht. Wir haben zum Beispiel eine Gesellschaft, in der ist es total
in Ordnung, wenn du Spätaufsteher bist. Die gesamte Gesellschaft ist daraufhin ausgerichtet, die Schule, die Kindergarten, alles darauf, auf die Frühaufsteher. Jetzt gibt es nun leider halt die Hälfte der Bevölkerung sind Spätaufsteher. Was macht man da? Da kann man doch sich nicht einfach entscheiden und sagen, na ja,
halt Pech, ihr seid halt falsche Menschen, weil Spätaufsteher sind halt scheiße. Das geht nicht. Und was machen wir jetzt als Spieleautoren? Wir versuchen, verschiedene Wege zu bieten. Nicht nur einen Weg. Ein Beispiel aus der Politik, da haben Sie es langsam jetzt angefangen.
Alle Prokrastinierer kennen das oder alle Menschenscheuen kennen das. In der Verwaltung, in der Kommunalpolitik kann ich mittlerweile viel online machen. Das ist nicht deswegen, weil online besser ist. Das ist deswegen gut, weil es einfach unterschiedliche Menschen gibt und unterschiedliche Geschmäcker und Leute tatsächlich denen es schwerfällt,
da sich persönlich anzustellen und diese Konfrontation mit einer Person zu haben. Deswegen versuchen wir eben verschiedene Geschmäcker auch zu bedienen. Das ist ganz einfach. Man kann Glück einbauen. Man kann Bluff einbauen. Es gibt aggressive Spieler. Man kann aggressive Strategien einbauen. Man kann eher passive Strategien
einbauen. Man kann also die Vielfalt den Menschen geben und darüber sie auch abholen. Und darüber eben auch eine gewisse Gerechtigkeit schaffen, ohne dass alle den gleichen Weg gehen müssen. Und das ist glaube ich ein ganz wichtiger Punkt dabei.
Ich hatte gerade den Zufall erwähnt, als Spielelement. Ihr kennt das alle von Mensch ärgere dich nicht. Bei Mensch ärgere dich nicht hat man immer das Gefühl, dieses Spiel existiert nur, damit Kinder lernen, dass die Welt scheiße ist und damit umzugehen. Sie lernen, sie können sich bemühen,
wie sie wollen, aber es hilft trotzdem nicht, wenn man die falschen Würfel wirft. Ganz interessant, dass es auch in Deutschland so verankert ist, dass Mensch ärgere dich nicht und nicht unbedingt aus den USA kommt, weil da so eine andere Ethik da ist.
Ich habe es jetzt ganz gemein, um es noch klarer zu machen, Willkür genannt, ist meistens negativ konnotiert. So negativ, dass gewisse Strömungen in unserer Gesellschaft ihn komplett negieren. Also wenn wir uns die Leistungsetik ansehen, die so in den letzten 10, 20
Jahren hegemonial war, also diese Leistung muss sich wieder lohnen, spätrömische Dekadenz und so weiter, das ging dafür, das geht von einem Weltbild auf, in dem Zufall nicht existiert. Weil alles, was ich getan habe, alles, was ich besitze, habe ich nur deswegen, weil ich was geleistet habe. Ja, Pustekuchen. Die größten Talente helfen
mir nichts, wenn ich nicht am richtigen Ort zur richtigen Zeit bin. Schauen wir uns einfach mal die Prominenten an, wie die da hingekommen sind. Also sicherlich, die meisten haben ein Talent. Das ist schon mal eine Grundvoraussetzung. Aber dass sie so erfolgreich geworden sind, hat immer viel mit Zufall zu tun. Wenn ich jetzt Facebook gründen würde, wie erfolgreich würde das wohl werden?
Ich hoffe sehr, wenn ihr mich unterstützt. Aber das ist der nächste Talk, den ich dann halten werde. Also, gut. Wir müssen den Zufall akzeptieren als Teil unserer Gesellschaft und irgendwie damit umgehen. Lustigerweise wird auch damit umgegangen, teilweise.
Das nennt sich dann Lotto. Das ist sozusagen organisierter Zufall. Also ich spiele Lotto und kann damit reich werden. Das Interessante ist, warum ist Lotto demokratisch? Weil ich keine Zugangshürden habe nach Alter, Geschlecht, Herkunft.
Also daran sieht man, wir leben in einem demokratischen Staat. Es ist ein befriedendes Element, weil sozusagen jeder kann es schaffen. Aber es ist natürlich sozusagen die Sparvariante des amerikanischen Traums. Und da ist mir aufgefallen, je ungerechter ein Spiel ist oder je ungerechter ein System ist, umso gerechter sind
Zufallselemente. Und andersrum. Wenn ich in einer supergerechten Gesellschaft lebe und da Zufall reinbringe, dann wird sie ungerechter. Aber wenn ich in einer ziemlich hierarchischen, ziemlich verkrutzten Gesellschaft lebe, dann sind Zufallselemente wichtig. Und grundlegend sind sie natürlich auch wichtig. Und das wissen wir alle wegen der Varianz.
Weil dann Neues entstehen kann. Wenn alles sozusagen Ursache Wirkung hat, dann werden wir insgesamt nicht weit kommen. Das war der Zufall. Die Willkür. Die Überforderung. Ja, das kennen wir auch alle. Also, in Deutschland gibt es ja sogar das Gerücht, dass die Literatur
zu Gesetzen, also in Urban Legend, ich habe mir sagen lassen, das ist gar nicht so, bis zum Mond reichen würde. Man kann es immer noch ein bisschen komplizierter machen. Das Schöne ist, was passiert, wenn ich bei einem Spiel jemanden eine achtseitige Regel vorlege. Das passiert. Also, deswegen
ist die Perspektive von Spielen eben auch so interessant. Von Brettspielen, deswegen komme ich jetzt auch nochmal vom Brettspiel her und nicht vom Computerspiel, weil da wird einem nichts abgenommen. Das muss man alles selber verstehen können. Ja, was passiert denn, wenn wir Regeln nicht mehr verstehen, wenn wir Gesetze nicht mehr verstehen?
Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Im Spiel kann ich sagen, ich klinge mich aus. Das ist sehr schwer im echten Leben. Ich kann auf eine einsame Insel fahren und Polarbären jagen vielleicht, aber dann muss ich schon richtig Aussteiger sein. Im echten Leben gibt es zwei Möglichkeiten, damit umzugehen. Man kann es ignorieren
oder es nicht ignorieren. Es entstehen dadurch so Graubereiche. Das heißt, es gibt ein relativ gutes Feld, wo wir ungefähr wissen, auf welchem Boden wir uns bewegen, was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist. Es gibt manche Sachen, da wissen wir es nicht. Zum Beispiel ist es erlaubt in Deutschland, also wahrscheinlich wisst ihr es schon,
ich weiß es nicht, ist es erlaubt in Deutschland, eine Kippe zu rauchen und die dann auf den Boden zu werfen? Wird gemacht, tausendfach. Scheint sich irgendwie so eingebürgert zu haben. Ich weiß nicht, ob es da irgendwelche Gesetze gibt oder nicht. Also viele Regeln verinnerlichen wir einfach. Das ist wie
wenn wir einen guten Tag sagen oder Hände schütteln oder was weiß ich. Den Gesetzestext dazu kennen wir nicht. Das ist auch nicht unbedingt nötig. Und dann wissen wir von Sachen, die wir nicht tun dürfen, jemanden töten zum Beispiel, ist auch glasklar. Aber es gibt Graubereiche und die sind gar nicht so klein. Und das ist spannend, wenn man sich ansieht, wie man mit
Graubereichen umgeht, nämlich da gibt es zwei verschiedene Menschentypen. Die einen, die sagen, ist mir doch egal, die machen es halt trotzdem. Wenn sie nicht wissen, ist es erlaubt oder nicht, dann machen sie es halt einfach. Die anderen aber, und das ist ein riesen Problem, was ganz selten angesprochen wird, die anderen sagen dann, nee, mache ich gar nicht.
Ich wüsste nicht, wie es geht. Also gerade so, wenn wir hier so über Internet und so was reden, ein Startup gründen, was ich da alles beachten muss und so, dann mache ich lieber gar nicht, weil ich weiß nicht, wie das geht. Und das ist ein großer Verlust. Ich glaube, das ist ein großer Verlust, weil wir sehr viel Potenzial verschenken. Ich kenne das auch aus Spielen.
Ich höre mir immer die Regeln an und dann gibt es meistens noch so einen Aktionskartenstapel mit 800 zusätzlichen Aktionen. Den fasse ich meistens gar nicht erst an, weil ich sage, okay, das überfordert mich. Und es wäre sehr, sehr schade, wenn wir unsere Gesellschaft so stricken, dass uns das wurscht ist. Weil ich kenne auch gerade sehr, sehr
viele kreative Leute, die eher so procrastinieren und sich mit so Autoritäten nicht auseinandersetzen wollen. Die erreichen wir überhaupt nicht mit unserer Gesetzeslage. Und was man auch dazu sagen muss, Gesetze werden immer übertreten. Also jedes Gesetz, was ich mache, wird übertreten.
Manche mehr, manche weniger. Je uneinsichtiger das für Menschen ist, umso mehr. Man merkt es beim Filesharing, was es da für Probleme oder was es da für eine Lücke zwischen Gesetz und Realität gibt. Darauf haben wir auch reagiert als Spiele-Erfinder. Und zwar, indem wir robustere Spiele entwickeln.
Also ich nehme jetzt mal Monopoly zum Beispiel, hat wahrscheinlich keiner von euch nach den richtigen Regeln gespielt. Da kursieren unglaublich viele Hausregeln. Wenn ich ein Spiel habe, was ich falsch spiele, weil ich ein, zwei Regeln missachte, und es behält seinen Charakter, dann ist es ein Riesenvorteil. Und so müssen Gesetze eigentlich auch gestrickt sein. Wenn ein Gesetz zusammenbricht,
weil sich zwei, drei Leute nicht reinhalten, dann haben wir ein Problem, weil es immer zwei, drei Leute geben, die es nicht tun. Und daran erkennt man übrigens ein anerkanntes Kriterium für gute Spiele, die nicht gleich auseinander fliegen, wenn man irgendein Regeldetail nicht verstanden hat.
Und dann gibt es noch einen letzten Punkt für wie man damit umgehen kann, wenn einen alles überfordert, also wenn man zu kompliziert wird. Das ist das Basis der 90er Jahre, Outsourcing. Ich kann ruhig ein kompliziertes Gesetz machen, wenn ich es nicht selber anwenden muss. Das heißt, wenn die Steuergesetzgebung
kompliziert ist, und ich brauche den einfach bloß meine Daten hinkippen, und die kümmern sich darum, weil es da Leute gibt, die dafür angestellt sind, das zu tun, dann gibt es das Problem nicht, weil es gibt Spezialisten dafür. Wir haben momentan aber die Situation, diese Spezialisten gibt es, aber die sind privatwirtschaftlich organisiert, das heißt, die Leute, die es sich leisten können,
können eben dadurch das Gesetz einhalten, oder ausnutzen. Das ist keine schöne Sache. Und dann, ich hatte gerade gesagt, letzter Punkt, hat aber nicht gestimmt, es gibt noch eine Möglichkeit, das ist Analogie. Wenn man sich nicht viel merken möchte, dann kann man analog handeln, oder Gesetze,
Regeln analog gestalten. Das heißt, wenn ich gelernt habe, als Kind, bei Grün darfst du über die Ampel gehen, bei Rot musst du stehen bleiben, und dann irgendwann meinen Führerschein mache, und da ein grünes und ein rotes Licht sehe, auch wenn da kein Männchen drauf ist, ich weiß, was das bedeutet. Insofern gilt beim Regelmachen nicht,
das Runde muss ins Eckige, sondern das Runde muss ins Runde, und das Eckige muss ins Eckige. Ich kann da viel Brainpower sparen, wenn ich einfach ähnliche Dinge oder äquivalente Dinge oder auch äquivalent regeln. So, und jetzt kommen wir zum Höhepunkt. Verkrustung und Ohnmacht.
Jedes Regelsystem, oder die meisten haben einfach das Problem, dass sie irgendwann verkrusten. Wer hat schon mal Monopoly gespielt über drei, vier Stunden? Ja. Hattet ihr da noch eine Chance zu gewinnen? Ja, das sind die, die die anderen dann noch leiden sehen wollen.
Das ist einfach so, dass Macht sich über die Zeit anhäuft. Und das ist ein großes Problem und das ist eigentlich auch das spannendste jetzt, wie Spieleentwickler damit umgegangen sind, weil es verschiedene Stufen gab. Damals, als Monopoly erschienen ist, war das einfach egal.
Hat halt einer gewonnen, müssen die anderen zugucken und leiden. Vielleicht freut er sich noch drüber. Und nächstes Mal habe ich vielleicht die Chance, der Nominante zu sein. Aber es gibt nur wenige Menschen, die sowas spielen wollen. Und deswegen gab es dann sehr schnell den ersten Kniff und der erste Kniff war, okay,
wenn es so ist, dass Systeme verkrusten, was machen wir? Wir schneiden sozusagen kurz davor ab, wie bei einem Film. Also der Film geht ja nicht weiter, wenn sich das Pärchen gekriegt hat, weil das wird dann ziemlich ekelhaft, sondern der wird da abgeschnitten, da am Höhepunkt. Und genauso wird es bei Spielen zum Beispiel Silak von Katar gemacht. Da ist es nämlich so, ich habe
Ressourcen, mit den Ressourcen baue ich Siedlungen und Städte und über die Siedlungen und Städte kriege ich wieder Ressourcen. Bedeutet, wer früher dran ist, also früher baut, kriegt mehr Ressourcen, kann mehr bauen, kriegt mehr Ressourcen, kann mehr bauen, wird mächtig. Und dann hat Klaus Teuber, der Siedler von Katar erfunden hat, einfach gesagt, okay,
wann geht diese Schere so weit auseinander, dass die, die nicht so gut gespielt haben, nicht aus dem Spiel rausfliegen? Und hat da einfach gesagt, hier ist das Spiel zu Ende. So, wenn man das jetzt auf die Gesellschaft überträgt, ich meine, der Vorschlag kommt immer sehr scherzhaft. Ja, wir brauchen halt mal wieder einen Krieg, dann ist alles wieder gut.
Würde wahrscheinlich funktionieren, aber das will, glaube ich, keiner von uns. Also hat man weiter überlegt, was kann man denn sonst noch machen? Und eigentlich ein schöner Ansatzpunkt sind Geldsysteme. Ich habe im Spiel eigentlich immer irgendeine Art von Währung. Das kann, wie bei Monopoly, echtes Geld sein oder es sind
Aktionspunkte und so weiter. Und da mache ich jetzt einen kleinen Exkurs. Wofür ist denn Geld eigentlich da? Ich vermute, das Geld wurde irgendwann eingeführt, nachdem unsere Stammesgesellschaft auseinandergebrochen ist, dafür, dass Menschen, die eigentlich nie was miteinander machen würden, weil sie sich hassen,
kooperieren. Denn es gibt ja den Spruch, Geld stinkt nicht und da ist eine tiefe Bedeutung drin. Gerade weil Geld moralisch keinen Anspruch hat, kann ich eben auch mit Leuten kooperieren, die ich richtig beschissen finde. Und das hat jetzt global eigentlich auch ganz gut funktioniert. Also diese
moralische Entwertung von Geld hat eigentlich eine positive und eine negative Seite. So, also dann hat man überlegt, was kann man denn machen? Geld. Okay, ich spiele mein Spiel und habe eigentlich am Anfang so Grundressourcen, also beim Schach waren das die Figuren, die ich habe. Und damit kann ich was machen. Beim Schach ist es so, wenn eine Figur
rausfliegt, dann ist er halt weg. Also hat man gesagt, okay, das ist blöd, weil irgendwann gibt's so ein Übergewicht, dass der eine eigentlich gar nicht mehr spielen kann, sondern nur noch der dominante Spieler spielen kann. Also hat man gesagt, ja, du kriegst halt jede Runde ein bisschen Geld. Und zwar so viel Geld, dass du agieren kannst, dass du handlungsfähig wirst. Kommt jemanden
euch das bekannt vor? Bedingungsloses Grundeinkommen, habe ich mal gehört, fand ich sehr, sehr lustig, als ich das dann mitgekriegt habe, dass die Spieleentwickler das in Spiele schon vor fünf, sechs Jahren mal eingeführt haben, weil es besser funktioniert. Aber da sind wir gar nicht stehen geblieben beim bedingungslosen Grundeinkommen, denn
das führt natürlich trotzdem noch dazu, dass ich mehr Geld habe und dann habe ich einfach irgendwann so viel, dass ich Griechenland kaufen kann und dann ist auch wurscht, ob die anderen da noch 1000 Euro Grundeinkommen bekommen. Und deswegen sind Spiele-Erfinder, das ist hier sozusagen der aktuelle Stand der Technik, dazu
übergegangen, zu sagen, okay, das geht so nicht. Wir können nicht die gleiche Ressource, also Geld oder eine Währung nehmen, für das, für den Handlungsspielraum, den wir am Anfang haben, und für das, was man dadurch gewinnt. Das heißt, ich kann nicht Geld irgendwo investieren und kriege dann wieder Geld
als Gewinn, weil dieses Geld, was ich als Gewinn bekomme, würde ich ja wieder investieren und kriege dadurch Macht. Und deswegen haben wir diese Währungen ganz strikt getrennt, meistens heißen die Aktionspunkte und Prestige. Das heißt, mein Handlungsspielraum bleibt immer gleich, von Runde zu Runde, von Spiel zu Spiel und das, was ich bekomme,
ist eigentlich dafür wichtig, dann das Spiel zu gewinnen. Ich habe länger gesucht, also dieses System wirklich zu trennen zwischen dem, was mir Handlungsspielraum schafft und dem, was mir den Gewinn, also die Früchte meiner Arbeit schafft, das ist ja auf jeden Fall etwas, was jetzt tatsächlich
in Brettspielen sehr, sehr gut funktioniert. Und dann habe ich überlegt, kann man das irgendwie auf die reale Welt übertragen? Und mir ist nicht viel eingefallen. Als Ansatz vielleicht am besten die Trennung zwischen Zeit und Anerkennung, Zeit und Prestige. Also jeder von uns hat die gleiche Zeit zur
Verfügung und kann in dieser einfach was tun. Als Gewinn, also wenn ich Zeit einsetze, bekomme ich aber nicht Zeit zurück, sondern ich bekomme etwas anderes zurück und das ist eben Anerkennung, Prestige, Wertschätzung. Und die kann ich nicht direkt wieder in Zeit investieren. Und dadurch, dass man diese
beiden Systeme trennt, muss ich sozusagen immer wie so ein kleiner Hamster rödeln, dass ich noch am Ball bleibe. Ich habe meine 24 Stunden, die nimmt mir niemand weg, egal wie gut ich bin, egal wie schlecht ich bin, und kann aber unglaublich viel Prestige anhäufen. Also das ist nach oben sozusagen offen, was ich dafür gewinne,
was ich einsetze. Nun, wir können jetzt auch das Geld abschaffen und nur Zeit und Prestige nehmen und das wird wahrscheinlich nicht funktionieren, obwohl im Internet funktioniert es teilweise schon. Und man merkt dann auch, wenn man genug Prestige hat, dann kann man das doch wieder in Zeit umwandeln, weil ich irgendwelchen Leuten sage, hey, Follower Power,
ich habe mein Fahrrad in Prenzlberg stehen lassen, kann das jemand holen und wenn ich genug Follower habe, dann macht das jemand. Also da bin ich noch nicht viel weiter, wird es irgendwie, macht keiner, dann ist es schon weg, ja genau. Ich weiß noch nicht genau, wie man das umsetzen kann.
Ich bin auch sehr gespannt, ob wir uns bei den Brettspielen auch nochmal vielleicht so noch eine nächste Stufe ausdenken. Wichtig ist jedenfalls, dass wir keine verkrustete Gesellschaft bekommen, weil es zu Ohnmacht führt. Das Problem ist nämlich, im Grunde wird momentan immer das belohnt, was in der Vergangenheit war. Also wenn ich in der Vergangenheit
was geleistet hat oder Glück hatte, dann stehe ich jetzt gut da. Sogar so weit in die Vergangenheit, wenn meine Eltern was geleistet haben, stehe ich jetzt gut da. Dann gibt es noch Aktiengesellschaften oder so, die gehen eher in die Zukunft. Was ist denn in der Zukunft? Die Erwartungshaltung, da pumpe ich jetzt Geld rein. Vielleicht sollten wir mehr an die Gegenwart denken und
vielleicht auch mal auf die Spiele gucken, um zu sehen, ob wir da irgendwas finden können. Ich komme jetzt zum Ende, das war sicherlich alles sehr abstrakt und drüber gehudelt. Ich denke über diese Themen seit 15 Jahren nach und es ist auch schwer, das alles in einen Talk zu packen. Man kann auch in beliebige Tiefe einsteigen und Mechanismen analysieren.
Ich glaube, wir haben einen großen Erfahrungsschatz, der kaum genutzt ist. Ein Erfahrungsschatz aus 30 Jahren, wirklich Dinge ausprobieren am lebenden Objekt. Das Schöne ist, wir können das jetzt auch aufs Internet übertragen. So eine Sache wie Twitter ist nichts anderes als ein Regelsystem, was toll funktioniert und was einem viele Lehren geben kann darüber,
was muss ich regeln, was muss ich nicht regeln. Gerade bei Twitter, ganz schönes Beispiel, da war am Anfang so viel frei, die Leute haben sich ihre Regeln selber geschaffen. Ich glaube, dafür lassen wir uns dafür das Internet nutzen und lassen uns diese ganzen Mauern, gegen die man rennt, vielleicht umdeuten oder lösen
und dann eine gefühlte Gerechtigkeit schaffen, Teilhabe zu schaffen, Freie Entfaltung, die Willkür zu ersetzen, durch Selbstwirksamkeit, also das Gefühl, dass das, was ich tue, überhaupt Auswirkungen hat. Überforderung, die Leute mir verstehen lassen, mir erklären,
ihnen alternative Wege geben und auch die Verkrustung aufzulösen durch Durchlässigkeit und Teilhabe. Das wäre mein großer Wunsch. Ich habe vor einem Jahr mal einen Satz getwittert, den ich mir ausgedacht habe und dann kam natürlich wieder das Internet und hat gesagt, das ist aber von dem Philosophen XY.
Ich hoffe, das Internet hilft mir jetzt auch wieder, weil ich habe den Philosophen schon wieder vergessen. Gestalte deine Gesetze so, dass du sie auch akzeptieren würdest und dass du sie gerne akzeptieren würdest, ohne zu wissen, als du wiedergeboren wirst sozusagen.
John Ross muss mir gleich nochmal sagen. Ich bin ja ein großer Freund der Namensnennung, damit man die Leute auch kennenlernt und es dann auch nachlesen kann. Das hoffe ich für uns. Ich hoffe, das war jetzt einfach mal so ein kleiner
Input und man kann da weiterdenken. Vielen Dank.
Zugabe kommt jetzt. Wir haben, glaube ich, noch 10 Minuten.
Da könnt ihr gerne Fragen stellen oder meine Zitate aufklären, die ich gemacht habe. Würde mich freuen. Ein Moment. Hat Angela schon bei dir angerufen?
Ich erwarte jeden Augenblick den Anruf, aber mein Handy ist auflautlos. Ich hoffe, sie spricht auf die Voicebox. Wenn du deine Republik gründest, ich würde hiermit schon mal die zweite Staatsbürgerschaft beanstalten.
Ich glaube, ich habe euch erschlagen. Wie siehst du das, wenn man Spiele spielt und man mag die Regeln nicht? Dann erfindet man ja manchmal einfach eigene Regeln. Manchmal ist es im Staat auch so, das Urheberrecht ist jetzt die Hälfte der Leute akzeptiert, die andere
nicht so. Die schaffen irgendwie ihr eigenes Recht und dann kommen jetzt Piraten an, die sagen zum Beispiel, wir müssen das jetzt dem anpassen, wie die Leute das Spiel vielleicht wirklich spielen und nicht so wie es vom Spieleentwickler, dem Gesetzgeber, mal gedacht war. Was hältst du?
Auf welcher Seite bist du da? Das ist ja genau der Punkt. Ich denke mir die Regeln aus, als Spieler-Finder dann teste ich die. Wenn jetzt die Runde, die anders spielt und ich sage, ihr müsst das so spielen. Die kriegen es nicht hin oder sie wollen es nicht. Was nützt es mir? Das Spiel wird keiner kaufen. Also, ich muss drauf eingehen. Und es ist ja immer so,
du musst es ja nicht eins zu eins so umsetzen, wie die Leute es machen. Bei der File-Sharing-Problematik ist es ja nicht so, wir müssen genau das File-Sharing-System jetzt in ein Gesetz gießen. Das ist überhaupt sehr wichtig. Da, wo man nicht unbedingt ein Gesetz machen muss, da lässt man es auf jeden Fall weg.
Also, da kann man dann auch sagen, okay, dieses Gesetz wurde nicht angenommen. Ich überlege mir vielleicht einen Seitenweg oder es ganz anders zu lösen. Du hast erzählt, dass du dir überlegst, wie die Spiele so sein können, dass sie funktionieren
und die Spieler Spaß haben. Und dass die Gesellschaft funktioniert. Wir haben ja so viel Politikverdrossenheit, weil wir dem Prozess des Regelmachens zugucken müssen und das irgendwie ermüdend und langweilig finden. Dir scheint auch das viel Spaß zu machen. Hast du noch einen Tipp, wie man den Prozess auch noch verbessern kann? Na ja, da kann ich
auch aus dem Testen schöpfen. Das ist halt die Frage. Momentan habe ich oft das Gefühl, es wird getestet, das Spiel. Und dann sagen die Leute ihre Kritik, aber ich höre nicht zu als Spielentwickler. Also wenn du die Leute ernst nimmst in ihrer Kritik, während du die Gesetze machst, dann sind die relativ begeistert. Und vor allem, es gibt ja dann auch immer so eine
Selbstidentifikation mit dem endgültigen Produkt. Aber da durfte ich jetzt mitmachen. Das ist auch irgendwie mein Spiel, weil ich hatte eine tolle Anregung. Ich glaube, diesen Effekt, diesen Motivationseffekt kann man durchaus auch in der Politik nutzen. Du hattest jetzt gesagt, dass bei Sitler von Catan zum Beispiel das Spiel dann
zu Ende ist, wenn die Schere zu weit auseinander geht. Wie sollte man das denn jetzt in der Realität umsetzen? Du kannst ja nicht dieses Silent Green Nummer bringen, du hast jetzt das Spiel durchgespielt, jetzt ist Ende. Ja, ich habe das als einen der Ansätze, die im Spielebereich ausprobiert wurden, genannt. Das funktioniert eben nicht. Also wie gesagt, wir haben dann so die Zwischenstufe BGE mal ausprobiert,
die geht ganz gut. Und jetzt eben diese Trennung von Einsatz und Gewinn. Ich weiß nicht, da gibt es sicherlich noch, wenn man in der Realität umsetzen kann, wie das passiert wurde, passiert ist. Es gibt da auch einen ganz schönen Artikel über Schneeballeffekte in einer unserer Tagungsbrischüren. Wir machen jedes Jahr so eine Tagung zu
Spielthemen, die heißt dann Spiele entwickeln, gibt es als Buch. Da ist ein Artikel auch über die Schneeballsysteme drin und wie man damit umgeht. Ja, hallo. Unsere Gesellschaft funktioniert ja sehr stark über negative Sanktionen, über Strafe. Wir haben zum Beispiel auch ein Strafgesetzbuch. Ich frage mich, wieso haben wir denn eigentlich keine
Achievements und wieso gibt es eigentlich kein Belohnungsgesetzbuch? Das ist ja auch ganz interessant. Wenn du Angestellter bist, dann ist Steuermachen ja eigentlich eine Belohnung, weil du kriegst nochmal was. Wenn du selbstständiger bist, dann ist Steuermachen eine Strafe. Also man kann durchaus auch die Systeme
so gestalten, dass du sie eher vom Positiven her gestaltest, als vom Negativen. Eine Frage zu der hier. Geradeaus vor dir. Diskupanz, also bei Spielen hat man ja oft 2, 4, vielleicht mal bis zu 10 Spielern. Da kann man Regeln besprechen,
diskutieren, auch beschließen. Ist das nicht die Größe Diskupanz, das in einer Gesellschaft, ja wir reden über 80 Millionen mit verschiedenen Schichten. Also es kann ein Schluss nur sein, dass es alles nur im Kleinen zu regeln ist? Also bevor es das Internet gab, hätte ich vielleicht ja gesagt. Aber jetzt sage ich nein. Also wenn man sich
eben die sozialen, also das muss man sich ja klar machen, die sozialen Netzwerke sind nichts anders als das, worüber ich geredet habe. Da werden einfach Regeln reingekippt. Und die Regeln, die schlecht sind, werden wieder geändert. Also ich glaube, sowas funktioniert durch die Hilfe der Technik jetzt auch in größerem Rahmen. Wir müssen sie halt bloß nutzen.
Würdest du denn sagen, dass es Gesetze gibt, die es bei Spielregeln niemals geben könnte?
Weil sie dann so, was weiß ich, unmoralisch, willkürlich oder sonst etwas, also gibt es so Präzedenzfälle, wo du sagen würdest, so etwas kann man in einem Spiel nicht benutzen, egal was man drumrum strickt, weil es einfach so konträr wäre zu dem Spielgedan. Also gibt es bestimmt, mir fällt jetzt leider kein gutes Beispiel ein.
Aber die Laufzeitverlängerung wäre zum Beispiel gar nicht diskutiert worden. Also ich finde es schon erschreckend, dass eine Sache, wo es so eine große Einigkeit gibt, dann aus ganz anderen Gründen gemacht wird. Und als Spieler Erfinder habe ich dann tollerweise den Marktdruck, dass ich das gar nicht machen kann. Ich kann es einfach nicht machen, weil das kauft dann keiner.
Und dann habe ich meine Zeit einfach für lau investiert. Ein Begriff, der nicht gefallen ist, sind Interessen hier. Und ich denke, dass das einer der größten Unterschiede ist zwischen Gesetzen, die in einem Staat das Zusammenleben regeln, dass es um einen Interessensausgleich geht,
während es bei Spielen vielleicht auch um Interessen geht. Ich weiß nicht. Hast du dazu einen Standpunkt? Also ich hatte es ein bisschen angeschnitten und da ging es eben darum, als Spieler Erfinder entwickle ich eigentlich für den unbekannten Zuschauer. Und ich glaube, das ist eine sehr gute Position, um Interessensausgleich zu machen.
Ich weiß nämlich nicht, welche Rolle ich, wenn ich das Spiel beginne, haben werde. Es gibt durchaus auch Spiele mit unterschiedlichen Rollen, wo nicht alles insofern gerecht ist, dass alle die gleichen Ressourcen am Anfang haben. Die muss ich aber dann trotzdem so austarieren, also mich in die Rollen hinein versetzen und da den Interessensausgleich schaffen. Ich glaube durchaus, dass es da
auch anwendbar ist. Vielen Dank erst nochmal für deinen Talk. Das war wirklich Gänsehaut vom Anfang bis zum Ende. Und ich würde gerne noch mal auf die Verkrustung eingehen. Du hast jetzt gesagt, State of the Art ist die Trennung von Einsatz und Gewinn. Man kann ja sogar noch weitergehen und sagen, negative Rückkopplung. Der Gewinn schmälert den Einsatz, so wie es bei Dominion
zum Beispiel ist, wo die Siegkarten, die Geldkarten verwässern. Und da würde ich fragen, ob du dir da was in der wirklichen Welt vorstellen kannst, wie man so eine negative Rückkopplung einbauen kann. Also ich glaube, es gibt eine untere Schwelle und die ist ganz wichtig. Das ist die Schwelle der Teilhabe. Sobald ich das Gefühl habe, dass ich am Spiel nicht mehr teilhaben kann, sobald ich das Gefühl habe, ich kann hier nichts mehr tun,
und das haben wir leider in der Gesellschaft sehr oft, und ich glaube, die Hartz-IV-Gesetzgebung ist da auch ein ganz gutes Beispiel, ist das schwierig. Weil sobald ich unter diese Grenze falle, falle ich aus dem Spiel raus. Ich bin nur noch Zuschauer. Da kann dann vielleicht einer zu mir sagen, hey, ich gebe dir, also Monopoly, ich gebe dir eine Hypothek, dann kannst du wieder ein bisschen mitspielen. Das ist aber ganz schön
unbefriedigend, weil er kann Bedingungen an mich knüpfen, ohne, dass ich mich wehren kann. Also ich glaube, das ist gefährlich, dass ich dieses Element der grundlegenden Teilhabe zu weit nach unten zu drücken. Ich möchte den Punkt auch nochmal aufnehmen und mit dem Punkt der Interessen verbinden, der gerade genannt worden ist. Also man hört ja immer, in der Gesellschaft gibt es diese
unterschiedlichen Interessen und die Lobbys und die Interessengruppen und das alles immer konträr. Und im Grunde genommen finde ich das auch gut so, weil stellen wir uns vor, wir würden alle in die selbe Richtung gucken und hätten alle nur das selbe im Sinn. Ich glaube, das wäre eine sehr roboterhafte und nicht besonders menschliche Gesellschaft.
Ich glaube aber schon, dass man so ein gemeinsames Grundinteresse auch in der Gesellschaft sozusagen feststellen kann. Wie man vielleicht in einem Spiel das gemeinsame Grundinteresse ist, ein schönes Spiel zu spielen und Spaß zu haben, haben wir in der Gesellschaft eigentlich auch so ein gemeinsames Grundinteresse und das ist einfach gut miteinander zu leben. Also das
ist sicherlich glaube ich da und ich glaube, da kann man auch ansetzen. Ja und das Schöne ist eben auch, dass Spiele verbinden können. Wir haben oft das Problem, Kinder spielen mit Erwachsenen, die haben ganz unterschiedliche Fähigkeiten. Deswegen werden da oft Memory-Elemente genommen, weil Kinder in Memory einfach jeden Erwachsenen schlagen.
Und wenn du dich nicht darauf versteifst, eben nur ein Element zu nehmen, sondern auch Dinge, die verbinden können, dann kannst du auch Leute an den Tisch bringen oder zusammenbringen, die so vielleicht nichts miteinander anfangen könnten. Es gibt einen ganz wesentlichen Unterschied, den ich gerne noch herausstreichen würde, zwischen Spiel und sozusagen
unserer Gesetzgebung oder unserem Staatssystem. Das ist aber keine Kritik an dir, eher an unseren Politikern. Dein System, was du fährst, ist ein autokratisches. Das heißt, du hast eine Idee, diese Idee setzt du in die Welt und die probierst du an deiner potenziellen Zielgruppe aus. Das, was wir hier machen, ist, dass wir uns selber eine Selbstverwaltung
schaffen, die aus unserer Mitte kommt und die eben nicht von außen kommt und meint, uns gestalten zu müssen, sondern wir gestalten uns über sie selbst. Ist wichtig und ist im Kommen. Die Selbstverwaltung. Ich wollte noch eins
fragen. Du hattest es genannt zwischendrin in deinem Vortrag, was ich als das Grundprinzip menschlicher Zivilisation ansehe, nämlich, dass die Vergangenheit immer versucht, die Verwaltung zu kontrollieren. Das Urheberrecht ist nur eine sehr augenfällige Variante, wie das geschieht. Gibt es da irgendeinen spieltheoretischen Ansatz, das zu durchbrechen?
epische menschliche Prinzip? Es ist unglaublich schwer, weil selbst bei einem Spiel ist es ja so, der, der es schon mal gespielt hat, hat eine Erfahrung gebracht. Die kann ich ihm nicht nehmen. Ich kann ihm wieder Hürden sozusagen hinstellen. Also bei Go ist es so, dass du eben
auf einem Liebling-Level einsteigen kannst, weil du so Strafsteine am Anfang bekommst. Aber es ist einfach so ein grundlegendes Prinzip unserer Gesellschaft, dass man da eigentlich die ganze Zeit gegen ankämpfen muss. Sonst passiert das automatisch. Eine Frage kann man noch machen. Ich meine, in Spielen gibt es ja jetzt das System, wenn man zum Beispiel über
sieben Rohstoffkarten oder so was vorhand hat, dann muss man die Hälfte ablegen oder so was. Das kommt ja vor und das haben wir auch irgendwie in unserem Staat, dass wir sagen, okay, wenn man zu viel Einkommen hat, dann steigt der Steuersatz oder Gut, Vermögensteuer haben wir jetzt gerade nicht, aber solche Sachen gibt es ja sowohl in Spielen als auch im wirklichen Leben.
Gut, ja. Vielen Dank.