1684 statt 1984: Des Königs NSA
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Formal Metadata
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Title of Series | ||
Part Number | 20 | |
Number of Parts | 188 | |
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Identifiers | 10.5446/20712 (DOI) | |
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Content Metadata
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Abstract |
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HypermediaMicrosoftWeightNeWSComputer animationLecture/Conference
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Server (computing)InformationLecture/ConferenceComputer animation
01:54
Sound <Multimedia>Lecture/Conference
02:38
InformationComputer animationLecture/Conference
03:12
InformationLink (knot theory)Lecture/Conference
04:47
InformationComputer animationLecture/Conference
05:44
InformationFlux
06:18
InternetLecture/ConferenceComputer animation
06:51
Value-added networkStructural loadInformationLecture/Conference
07:16
InformationPhysical quantityLecture/Conference
07:59
Computer animationLecture/Conference
08:25
Lecture/Conference
08:54
Computer animationLecture/Conference
09:51
Physical quantityLecture/Conference
10:31
Windows RegistryPhysical quantityIP addressQuicksortComputer animationLecture/Conference
11:26
Physical quantityBitLecture/Conference
12:50
Advanced Boolean Expression LanguageStrategy gameComputer animation
13:24
InternetLecture/Conference
14:18
CodeLecture/Conference
14:45
ZifferKryptologeWiener filterLecture/Conference
15:33
Lecture/Conference
16:15
ForceZifferComputer animationLecture/Conference
18:13
ARCHIVE <Programm>FuturERSDigitizingInformationFocus (optics)Lecture/Conference
19:43
IBMChain ruleGolden ratioOutline of industrial organizationSalem, IllinoisOptimumBeobachter <Kybernetik>InformationSurface of revolutionLecture/Conference
22:35
Lecture/Conference
23:23
Lecture/Conference
24:55
Correlation and dependenceLecture/Conference
26:13
World Wide WebMISSDrag (physics)Moment (mathematics)CryptographyLecture/Conference
27:29
CryptographyMathematicianEmailLecture/Conference
28:50
HypermediaMicrosoftJSONXML
Transcript: German(auto-generated)
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Ja guten Abend, vielen Dank. Ich erzähle euch ein bisschen was über Überwachung und Überwachungsregime, aber vielleicht nicht die Dinge, die ihr so in den letzten Jahren vielleicht auch ad infinitum gehört habt, NSA, Snowden, GCHQ und so weiter, sondern ich versuche ein bisschen zurückzugehen.
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Ich bin darauf eher zufällig gestoßen bei einer Recherche zu einem Buch, das ich geschrieben habe. Der Kaffee-Dieb heißt das, das ist eigentlich ein historischer Roman im 17. Jahrhundert, aber da habe ich gemerkt, dass gerade in Europa diese Überwachungsregime und diese Überwachungskultur
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doch viel tiefer verwurzelt ist, als man vielleicht annimmt. Die Amerikaner haben das nicht erfunden. Wenn man sich das anguckt, wie lange wir schon überwacht werden und wo wir überwacht werden,
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dann gibt es manchmal seltsamerweise so Orte, die immer wieder auftauchen. In diesem Fall ist das Frankfurt. Drei Mal Frankfurt, drei Mal Überwachung. Das Bild ganz rechts ist kein Ort in dem Sinne oder ein virtueller Ort. Das ist ein Server von Dezix, dem größten Internetknoten der Welt,
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bei dem es immer wieder starke Vermutungen gibt, dass der natürlich ganz ideal ist, um ihn anzuzapfen und dort viele interessante Informationen abzuziehen als Geheimdienst. Aber das zweite Bild, das in der Mitte, wer schon mal in Frankfurt war, kennt vielleicht diesen Turm am großen Eschenheimer Tor, an der Zeil.
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Und das Gebäude, das hinter diesem Turm zu sehen ist, das ist das Fernmeldehochhaus. Das stand da in den 60er-, 70er-Jahren und alle Ferngespräche, Auslandsgespräche per Telefon, die in Deutschland rein oder rausgingen, die liefen über dieses Gebäude, wurden da gebündelt.
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Und wer saß in dem Gebäude noch? Die NSA auf mehreren Etagen. Und wenn man jetzt noch weiter zurückgeht in Frankfurt, dann kommt man zu diesem sehr schönen Gebäude. Das ist der Eingang zur alten Frankfurter Hauptpost gewesen, gehörte zum Turn- und Taxis-Palais.
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Die Familie Turn und Taxis, die hat den Postdienst im Deutschen Reich, im Späten Mittelalter, im Barock organisiert. Und auch dort liefen Informationen von überall zusammen und wurden dann ausgewertet.
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Also das wurde im 17. Jahrhundert gemacht, das wurde im 20. gemacht, das wird im 21. gemacht, alles in Frankfurt. Jetzt ist es natürlich klar, dass immer schon mal jemand auch vor langer Zeit auf die Idee gekommen ist, Informationen abzugreifen.
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Also schon in der Antike sind natürlich strategisch wichtige Briefe geöffnet und gelesen worden. Und auch schon im Mittelalter saß sich Martin Luther sogar befleißigt, eine ganze Schrift zu verfassen, die heißt, von heimlichen und gestohlenen Briefen, wo er sagt, also ein Dieb ist ein Dieb, er sei Briefdieb oder Gelddieb,
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also auch der Briefdiebstahl sei ein schweres Verbrechen, denn so ein Brief könne sehr wertvoll sein. Was aber eben erst, und das fand ich spannend, erst im 17. Jahrhundert passiert, ist, dass es so Überwachungsinfrastrukturen gibt.
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Also dass es wirklich eine organisierte Überwachung von Informationsflüssen gibt durch den Staat, wo der Staat sehen will, was tun meine Bürger. Vorher war das alles nur punktuell. Jetzt ist natürlich die Frage, warum sind diese Überwachungsregime erst im 17. Jahrhundert entstanden?
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Was braucht man eigentlich für so ein gescheites Überwachungsregime? Man braucht im Prinzip drei Dinge. Man braucht ein effektives Staatswesen. Man braucht strukturierte Informationsflüsse und man braucht drittens Bedrohungen und Feinde.
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Wenn man sich das mal ein bisschen genauer anguckt, hier sind zwei Herren zu sehen, den Linken kennen wahrscheinlich die meisten von euch, das ist Louis XIV., der französische Sonnenkönig, und der steht ja so für den Absolutismus, und der Staat bin ich,
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und das war eigentlich einer der ersten Herrscher, die einen bürokratischen Apparat hatten, der Informationen wirklich strukturiert sammeln, aufbereiten und analysieren konnte. Und das war teuer. Und der Louis hat seinen Finanzminister, Jean-Baptiste Colbert, das ist der Mann rechts, beauftragt,
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für ihn rauszufinden, was denn die Bürger so sich so schreiben und was die so reden. Und es ist ganz bezeichnend, dass der linke Herr natürlich sehr prunkvoll dargestellt und der rechte,
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Colbert hat in seiner Hand auf diesem Portrait einen Brief. Denn die interessanteste Informationsquelle damals waren natürlich nicht E-Mails, sondern Briefe. Das war das erste Jahrhundert, in dem es wirklich massive Informationsflüsse gab.
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Man redete damals von der Republik de Lettre, also praktisch von einem weiteren virtuellen Staat, neben den realen Staaten, der sich im Prinzip aus Briefen zusammensetzte. Das war so der erste Info-Space, vielleicht das erste Proto-Offline-Internet, könnte man sagen.
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Und innerhalb dieser Republik de Lettre tummelten sich die Leute, meistens trafen sie sich in den Kaffeehäusern und diskutierten. Diese Kaffeehäuser waren im Prinzip die ersten Social Networks. Will thou be my Visage-Book-Friend? I saw her on thouTube, it was ghastly.
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Das ist ein altes Cover aus dem Economist. Und es gab natürlich, wie man es da unten sieht, es gab schon Pamphlete. Man las da Briefe, man las Pamphlete, man diskutierte. Also es gab das erste Mal wirklich diese ganzen Informationen, die verfügbar waren,
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die schriftlich verfügbar waren und die auch wirklich schon rumgingen. Also das hier ist eine Karte von Frankreich von 1716 und die ist so kleinteilig, dass man es nicht gut sehen kann. Aber das hier, wo immer die Städte dranstehen, das sind die Postläufe. Also das sind die Briefläufe, wo überall schon Postlinien waren und wo schon Informationen hin und her geschickt wurden.
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Also wir haben im 17. Jahrhundert diese ganzen Informationen. Es können schon sehr viele lesen und schreiben und tauschen das aus. Sie schicken Briefe hin und her. Wir haben außerdem diesen absolutistischen Staat, der auch in der Lage ist, schon relativ organisiert an dieses große Informationsfluss-Thema ranzugehen.
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Und wir haben drittens, das brauchen wir natürlich auch für ein gescheites Überwachungsregime, irgendeine wahrgenommene Bedrohung, sonst würde man ja nicht versuchen, seine Untertanen zu bespitzeln. Das ist die Bedrohung Nummer eins. Das hier ist Karl, der Erste von England, den hat man 1650 geköpft.
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Und sein Volk ist gegen ihn aufgestanden und vorgegangen. Und das war ein wahnsinniger Schock für die Herrscher der damaligen Zeit. Und die haben sich alle gesagt, oh, oh, ai, ai, ai, das hat bestimmt wehgetan.
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Und ich muss jetzt mal ein bisschen genauer wissen, was meine Untertanen eigentlich denken und was sie sagen. Das ist sozusagen die ganz konkrete Bedrohung, die ein bisschen diffuse Bedrohung ist, dass wir uns natürlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vor allem in der Periode der Aufklärung befinden, wo einfach alles hinterfragt wird. Auch die Legitimitation von Königen wird hinterfragt.
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Warum sitzen die überhaupt auf ihren Thronen? Es wird da viel darüber diskutiert. Es gibt auch schon viele Schmähschriften gegen Herrscher. Auch das ist den Königen natürlich nicht recht. Und sie wollen wissen, was da passiert. Was machen sie also? Sie führen eine Postkontrolle ein.
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Es war relativ offensichtlich, dass Briefe die beste Quelle waren, um herauszufinden, was die Leute denken und tun. Und deshalb hat man die Post zentralisiert. Im Prinzip in der gleichen Weise, wie wir das vorhin gesehen haben, in diesem Fernmeldehochhaus in Frankfurt,
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wo irgendjemand entschieden hat, dass alle deutschen Auslandsferngespräche dort zusammenlaufen müssen, hat man schon damals gesagt, alle Briefe, die in Frankreich verschickt werden, die Cré von Cardinal Richelieu, laufen über Paris. Das ist natürlich völliger Schwachsinn, wenn jemand einen Brief von Bordeaux nach Nizza schickt, dass der über Paris muss.
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Aber alle Briefe mussten über Paris. In England war es genauso. Da hat man verschiedene kleine private Postbetriebe verstaatlicht, damit das alles in London ging. Und im deutschen Reich, im Kaiserreich, da war es ein bisschen praktischer. Da gab es nämlich die schon erwähnte Familie Turn und Taxis,
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die den gesamten Postbetrieb abgewickelt hat. Und die hat der Kaiser einfach angewiesen, bitte an allen zentralen Poststellen, wie zum Beispiel in Frankfurt die interessanten Schreiben kopieren. Wie kann man sich das jetzt vorstellen?
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Man kann sich das folgendermaßen vorstellen. Es gab in jedem großen europäischen Land sogenannte schwarze Kabinette, Cabignet Noir, auch Postlogen genannt. Und dort ging morgens oder über den Tag die Postlieferungen ein. Das kamen in rammgroße Säcke.
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Dann saß da ein Beamter, der hatte eine Liste mit verdächtigen Adressen, Absender, Adressaten, im Prinzip eine Selektorenliste, würde man heute sagen. Und dann wurden die interessanten Briefe ausgewählt. Und dann wurden die, wie man das damals gesagt hat, sie wurden erbrochen, die waren ja versiegelt.
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Also entweder hat man die Siegel mit einem heißen Draht abgelöst oder man hat einfach wieder Siegel aufgebracht. Also ein gutes schwarzes Kabinett hatte natürlich nicht nur sämtliche Papiersorten und sämtliche Wachsfarben, sondern auch die Siegel aller wichtigen Herrschaftshäuser.
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War also kein Problem, das so zu machen, dass es keiner merkt. Es musste auch relativ schnell gehen, weil schon damals die Post so zuverlässig war, dass wenn ein Brief länger als drei oder vier Stunden in diesem Kabinett war, bevor er weitergeschickt wurde, dann wäre es aufgefallen. Also da saßen in den großen Kabinetten Dutzende von Leuten
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und haben diese Post bearbeitet und sogenannte Interzepte erstellt, also Kopien der abgefangenen Briefe. Erfunden haben es quasi die Franzosen, die haben es als Erste gemacht. Louis XIV. hat sich täglich die schönsten Bites und Bits aus den Briefen vorlesen lassen.
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Die Österreicher haben es ebenfalls gemacht. Der Kaiser in Wien, der ja auch sozusagen der Chef des Deutschen Reiches damals war, hatte das geheime Ziffernkabinett in der Hofburg. Und das war quasi die NSA-Zentrale des 17. und 18. Jahrhunderts.
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Dort wurden täglich weit über 100 Briefe interzipiert und kopiert und dann ausgewertet. Da saßen Leute, die mathematisch sehr begabt waren, dass sie also auch schiffrierte Briefe lesen konnten, die alle mehrere Sprachen konnten, Kalligrafen. Es war mehr so ein Laboratorium als wirklich ein Büro und es war extrem professionell.
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Jetzt ist natürlich die Frage, hat das jemand mitgekriegt? Ja, also eigentlich haben es alle gewusst. Montesquieu hat schon kurz nach der Einführung der Briefdienste in Frankreich gesagt, jetzt gibt es keine Privatgeheimnisse mehr, jetzt sind alle Geheimnisse öffentlich.
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Und er hatte natürlich Recht. Man hat versucht, dieser Beschnüffelung, dieser Briefspionage irgendwie zu entgehen und hat verschiedene Abwehrstrategien angewandt. Die Bestmögliche ist natürlich, dass man seinen Brief schiffriert. Was ihr da rechts im Bild seht, ist der Grand Schiffre.
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Das ist der super unknackbare Verschlüsselungscode, mit dem die Briefe des Sonnenkönigs verschlüsselt wurden. Hat auch bis 150 Jahre nach seinem Tod gedauert, bis ihn jemand geknackt hat. Aber schiffrieren konnten natürlich nur wenige Leute, weil das schon technologisch etwas war, was nicht jeder konnte.
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Und es war auch sehr aufwendig. Man hat deshalb zum Beispiel auch Deckadressen verwendet, also damit man nicht auf diese Lektoranliste kommt. Man hat Schlüsselbriefe geschrieben, das sind also Briefe, die ganz unauffällig klingen, wo aber so eine Doppel-Zweideutigkeit drin ist und wo der Adressat,
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wenn er weiß, worum es geht, das so ein bisschen verstehen kann. Man hat unsichtbare Tinte benutzt und Briefschwärzungen, was nicht heißt, dass man den Brief schwärzt, sondern das heißt, dass man den Brief auf einem anderen als dem normalen Postweg transportiert, über einen Kurier oder damals über die Kurierdienste von Banken wie Rothschild oder Betmann,
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weil die eben nicht Teil des turn- und taxischen Postsystems waren. Die schwarzen Kabinette haben natürlich gegen diese Abwehrstrategien wiederum Anti-Abwehrstrategien entwickelt. Auch das ist eigentlich genau wie heute. Ja, es geht immer hin und her und dann wird wieder encryptet
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und dann kommt wieder jemand mit einem Code-Breaker. Und man muss sagen, auch wenn man sich anguckt, was überliefert ist an kopiertem Brief von Interzepten, dass eigentlich fast alle Versuche dieser Briefüberwachung damals zu entgehen, total sinnlos waren, weil in diesem Ziffern-Kabinett in Wien und in dem Kabinett Noir von Louis XIV.,
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da saßen die besten Kryptologen der Welt, die konnten fast alles knacken. Also zumindest alles, was damals technologisch möglich war. Und die waren auch sehr schlau, also die haben schon sogenannte Honeypots verwendet. Also wenn jetzt zum Beispiel jemand auf die Idee gekommen ist, er ist ganz schlau und lässt seine geheime Post nur noch über die Rothschild-Bank transportieren,
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dann wusste er nicht, dass Rothschild schon ein Abkommen mit dem Wiener Kaiser geschlossen hatte und sämtliche Korrespondenz, die sie verschickt haben, in Kopie an den Kaiser geschickt haben. Also es gab auch noch die Methode der Briefräucherung, da hat man Briefe aus irgendwie pestverseuchten Regionen geräuchert,
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weil angeblich dann die Erega weggehen und dazu musste man sie aufmachen und neu versiegeln. Und was hat man da gemacht? Man hat sie noch kopiert. Das ging eine ganze Zeit so weiter, erst im 17. und dann im 18. Jahrhundert.
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Und die USA des 17. und 18. Jahrhunderts, vor allem des 18. Jahrhunderts, der größte Datenkrake, der wirklich alles abgesaugt hat, das waren die Österreicher. Also die Österreicher haben es geschafft, die besten Überwachungsregime zu haben, zu der Zeit weltweit.
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Vor allem Fürsten Metternich, den man hier im Bild sieht, vielleicht erinnert sich jemand, Außenpolitik, Gleichgewicht der Kräfte und so weiter, der war der Meinung, dass er eigentlich jeden bespitzeln muss. In der Zeit unter Metternich hat diese Ziffernkanzlei 15.000 Interzepte im Jahr erstellt.
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Es gibt überlieferte Interzepte von Päpsten, Königen, Zaren und von Metternichs Frau. Es wurde einfach jeder abgehört. Was sie dummerweise nicht mitgekriegt haben, ist die Märzrevolution 1848, die die absolutistische österreichische Monarchie hinweggefegt hat.
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Darin fand sich wohl in den Briefen nichts zu. Und das war dann auch das Ende erst mal, zumindest des österreichischen schwarzen Kabinetts. Ja, das war so ein kleiner Einblick in die Überwachung vor 300 Jahren.
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Und falls ihr Fragen habt, könnt ihr die jetzt gerne stellen. Falls ihr euch für das Thema interessiert, guckt mal in mein Buch rein. Vielen Dank.
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Hi, danke für den Vortrag, war sehr interessant. Mich würde interessieren, auf was du deine Schriften aufbaust. Also mich erinnert das stark auch von Vokabular, so ein bisschen an Foucault irgendwie.
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Also auch gerade das Regime irgendwie und so die Methode, so zurückzugehen und das alles irgendwie. Und hast du Foucault gelesen und bist darauf gekommen, oder? Ja, ich habe auch Foucault gelesen. Aber ich bin drauf gekommen, weil ich einfach, leider etwas weniger intellektuell. Also ich habe das mit dem Foucault, das ist lange her, aber mir sind diese Überwachungsideen von Foucault ein Begriff.
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Aber in dem Fall wollte ich einfach, ich war einfach dabei, so einen historischen Thriller zu schreiben. Und ich wollte eigentlich, ich habe ja mal so einen Science Fiction Krimi namens Dronenland geschrieben, wo es auch um Überwachung ging. Und ich wollte eigentlich nicht schon wieder über Überwachung schreiben. Aber je mehr ich mich damit beschäftigt habe, umso mehr habe ich gesehen, dass man eigentlich gar keinen Thriller im 17. Jahrhundert schreiben kann,
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der sich nicht mit Spionage und Überwachung beschäftigt, weil das da wirklich ein tief in der Gesellschaft verwurzeltes Thema war. Und es ist auch sehr gut dokumentiert. Es gibt also einfach in österreichischen Archiven zum Beispiel diese ganzen alten Briefe.
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Kann man relativ gut nachvollziehen. Okay, ich würde sonst noch eine Anschlussfrage stellen vielleicht, wenn jemand anderes das lieber machen möchte. Ja, was machen wir jetzt aus dieser Erkenntnis? Also du hast es jetzt auch mit der Sprache, du hast versucht, das so ein bisschen immer zu mixen und so und so darzustellen,
19:22
als wenn das sich ja eigentlich gar nicht strukturell geändert hat. Also reden wir jetzt von einer anderen, von einer neuen Qualität, oder wie unterscheidet sich Überwachung heutzutage von der irgendwie aus dem 17. Jahrhundert? Und wenn ja, irgendwie... Also ich glaube, die qualitative Änderung ist einfach die Digitalisierung und dass du jetzt viel mehr Informationen sammeln und auswerten kannst.
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Aber die staatliche Intention und auch die staatliche Allmachtsfantasie, die ist glaube ich fast damals schon die gleiche gewesen. Also auch die etwas irre Vorstellung, dass wenn ich jetzt immer mehr von diesen Briefen interzipiere, dass ich dann irgendwie eine Erkenntnis kriege, die es mir erlaubt, im Sattel zu bleiben oder was auch immer zu machen.
20:03
Also ich glaube von Regierungs- oder Staatsseite hat sich der Ansatz nicht stark geändert. Aber und auch das technologische Ungleichgewicht, habe ich den Eindruck, hat sich nicht stark geändert. Also das Gros der Leute ist nicht in der Lage, was gegen diese Ausspähungen zu tun,
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weil sie es nicht versteht oder weil sie nicht weiß, wie sie ihre Sachen encrypten können und so weiter. Und das ist auch damals wie heute so. Aber also auch diese Menschen haben natürlich alle einfach schon unter den Bedingungen einer ständigen Beobachtung gelebt. Das ist, ich dachte früher immer, das wäre relativ neu, aber ist es offensichtlich nicht.
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Und eine letzte, also gehört für dich Überwachung einfach zum Staat dazu, weil du sagst einfach, die erste Grundverwaltung, dass es sowas wie Überwachung gibt, ist ja, dass es sowas wie staatliche Gebilde gibt oder so. Und ist man da vielleicht auch als Kämpfer gegen die Überwachung auf verlorenen Posten, muss man da nicht irgendwie tiefer greifen und den Staat oder das Konstrukt Staat an sich irgendwie kritisieren?
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Abschaffen, genau. Ja, das kann man ja... Ja, also jeder, der Macht und Kontrolle ausübt, will wahrscheinlich wissen, wie er die absichern kann und dazu braucht er Informationen. Also das ist, glaube ich, das ist fast, ich glaube, das ist fast zwangsläufig.
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Also ich kann mir, das scheint ja, also da war es das erste Mal so, dass technologisch administrativ die Möglichkeiten vorhanden waren, es etwas größer zu machen. Im Mittelalter hätte das niemand auf die Kette gekriegt. Aber wahrscheinlich, wenn man genauer recherchieren würde, würde man auch irgendeine chinesische Dynastie schon 1000 Jahre vorfinden,
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die das vielleicht sogar noch viel genauer gemacht haben. Also es scheint irgendwie im Menschlichen natürlich zu liegen. Es scheint kein technologisches Phänomen zu sein. Pessimistisch, ne?
22:04
Ja. Maximal drei Fragen, bitte. Fange ich mit der dritten an. Also die NSA-Identität habe ich gerade vergessen, aber die Frage, gibt es einen goldenen Schnitt für Überwachung? Also wenn man es übertreibt, also in Ostblock oder in Libyen oder sonst wie, dann ist das vielleicht ein bisschen kontraproduktiv.
22:26
Und viele Revolutionen waren ja auch gar nicht vorher gesehen. Aber gibt es da so ein Optimum, was man so Regierungen empfehlen könnte, weil es sich treiben dürfte? Naja, also man hat schon damals gesehen, wo ich gesagt habe, es war ein offenes Geheimnis, das man überwacht wurde.
22:43
Also bei den Österreichern, die waren zum Schluss so frech, dass zum Beispiel die Engländer haben gesagt, unser Postverkehr, der in unser Imperium geht, der ist bitte weiträumig, um Österreich und Deutschland herumzuleiten. Das haben die wirklich gemacht. Die haben die Post nach Übersee, haben die in so Zinnkisten verschlossen und haben die zugelötet.
23:04
Also das hat schon auch Kosten. Und ich glaube, vor allem, wenn man ganz leidenschaftslos ist, die Kosten-Nutzen-Analyse. Also wenn einen dafür wirklich alle hassen und keiner mehr mit einem spielen will, dann sind die Kosten wahrscheinlich zu hoch.
23:20
Aber wie man das genau quantifizieren kann? Also, ich meine, es ist sicherlich so, dass es auch Fälle gibt, wo diese Überwachung funktioniert hat. Also, weiß ich, ob sich jemand erinnert an die Türken vor Wien und wer hat Wien gerettet? Der polnische König, der da aufmarschiert ist mit 100.000 Mann.
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Und der ist da nur deshalb aufmarschiert, weil er Schmähbriefe des französischen Botschafters von den Österreichern zugesteckt gekriegt hat, wo er als notgeiler, feiger Hund bezeichnet wurde, mal so auf Deutsch gesagt. Und dann hat er gesagt, dann bin ich jetzt kein Freund mehr der Franzosen, sondern jetzt bin ich ein Freund der Österreicher und jetzt rette ich mal Wien.
24:02
Also in dem Fall hat die Überwachung einen großen Nutzen gebracht. Aber die Kosten-Nutzen-Analyse ist wahrscheinlich, also ich finde es schwierig, kann ich keine letztendlich befriedigende Antwort, glaube ich, drauf geben.
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Ich finde ja eigentlich am interessantesten, dass über alle Jahrhunderte in Wegüberwachung durch die jeweiligen Machthaber damit argumentiert wird, bestimmte Dinge vorauszusehen und das Absäbeln der Macht zu verhindern. Wahlweise Terroranschläge und das offenbar weder heute noch damals funktioniert hat.
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Und trotzdem tut man es immer wieder, obwohl es einen großen Preis kostet. Warum sind die eigentlich so doof? Ich weiß gar nicht, ob die, die haben einfach Angst. Also die haben Angst und versuchen damit irgendwie im Rahmen ihrer Möglichkeiten umzugehen.
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Aber na klar, also der Schlag kommt immer von da, wo man es nicht erwartet. Das ist halt so. Ich glaube nicht, dass die doof sind. Ich glaube, das ist durchaus immer aus deren Sicht ein total rationales Verhalten gewesen. Irgendwann verselbstständigen sich diese Dinge natürlich.
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Aber anfangs gibt es wahrscheinlich auch tolle Anfangserfolge. Oder man meint, dass es welche gibt und dann baut man es halt aus, weil man auch nichts anderes hat und keine andere Idee. Das ist... So sind die Leute. One more question.
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Aber historisch betrachtet scheint es dann ja egal zu sein. Also Regime scheinen ja trotzdem unterzugehen und neue zu entstehen. Also können wir daraus ableiten, dass die Überwachung, mit der wir jetzt zu kämpfen haben,
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eigentlich vielleicht gar nicht so schlimm ist, weil es trotzdem irgendwann das neue, bessere System geben wird? Ich weiß nicht, ob es da eine Korrelation zwischen der Überwachung und dem Imperium gibt. Also es gibt immer halt... Es darf ja jeder mal das Imperium sein. Also in Europa sowieso, die Portugiesen durften es mal sein, die Spanier.
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Deutsche hat nicht so gut geklappt. Franzosen. Aber jeder durfte mal und dann geht das irgendwann unter. Also das hat aber glaube ich nichts mit Überwachung zu tun, es ist einfach so. Und also wahrscheinlich gehen die Amerikaner einfach auch in 50 Jahren unter und dann wird auch niemand mehr über ihren Überwachungsapparat reden, sondern über den von irgendjemand anders.
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Aber das ist glaube ich ja... In dem Moment, wo du das Imperium bist, hast du wahnsinnig viel Angst davor sehr tief zu stürzen und du kannst von da oben auch gar nicht mehr sehen, was die da unten alle machen. Und deshalb versuchst du eben das mit nachrichtendienstlichen Mitteln irgendwie gerade zu biegen und am Ende funktioniert es aber nie. Wir haben noch Zeit für eine Frage und ich schaue mal da hinten hin, wo ich nichts sehe wegen der Blendungen.
27:12
Danke für den Vortrag, Tom. Geschichten des Widerstands, besonders kreative Methoden gegenüber Wachen hervorzugehen aus dem 17. Jahrhundert, bitte.
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Hoffnung, Hoffnung. Also ich glaube, die besten Möglichkeiten dagegen vorzugehen, war schon damals zum einen Kryptologie
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und die andere war, dass es ja häufig den Überwachern gar nichts nützt, was zu wissen. Also im 17. Jahrhundert war es eigentlich auch schon so, wie es heute ist, wenn, Beispiel Herr Leibniz, der berühmte Mathematiker, eine Schmärschrift über Louis XIV. geschrieben hat, wo er ihn als Kriegstreiber bezeichnet hat,
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dann haben die Franzosen das sofort mitgekriegt über ihre Überwachung, sie haben das Ding sofort verboten und dann ist es halt in der Schweiz gedruckt worden und in Holland und von da wieder reingespült worden. Also ich glaube, die Masse macht es, ja. Also man kann zwar alles überwachen, aber das heißt ja überhaupt nicht, dass man irgendwas verhindern kann.
28:21
Also wenn es Millionen von Menschen gibt, die meinen, wir machen jetzt einen Volksaufstand, dann wird es dem Geheimnis auch nichts nützen, wenn er jede dieser E-Mails kennt. Es gibt einfach, wenn es eine gewisse Größe erreicht hat, dann ist over. Überwachung oder nicht.
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Glaube ich, hoffe ich. Tom, vielen Dank.