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Deutschland sagt Sorry

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Title
Deutschland sagt Sorry
Title of Series
Part Number
58
Number of Parts
188
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CC Attribution - ShareAlike 3.0 Germany:
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Abstract
Deutschland sagt Sorry ist eine Fake-Kampagne von Die Populistinnen, eine Kooperation zwischen Peng Collective und Schauspiel Dortumd, mit der das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sich für die Folgen der Agenda 2010 entschuldigt.
HypermediaMicrosoftWeightComputer animation
HypermediaInterface (computing)Generating functionLecture/Conference
HypermediaGoogleGroup actionProduct (category theory)Lecture/Conference
HypermediaMittelungsverfahrenLecture/Conference
HypermediaMoment (mathematics)ArmLecture/Conference
HypermediaMoment (mathematics)Noten <Programm>Power (physics)Lecture/Conference
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Hypermedia9 (number)WebsiteLecture/Conference
Process capability indexValue-added networkContent (media)
Web pageUniformer RaumPIK <Programm>Group actionMeeting/Interview
Web pageComputer animation
HypermediaComputing platformGroup actionLecture/Conference
HypermediaMaxima and minimaMAX <Programm>Web pageGroup actionLecture/Conference
HypermediaComputer font9 (number)Convex setGroup actionAdobe PhotoshopLarge eddy simulationLecture/Conference
Computer animation
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PICA <Bibliotheksinformationssystem>Meeting/InterviewComputer animation
Computer animation
Dynamic Host Configuration ProtocolLecture/Conference
Sound <Multimedia>
Computer animation
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HypermediaGroup actionComputer animationLecture/ConferenceMeeting/Interview
HypermediaGroup actionLecture/Conference
Maxima and minimaKippenComputing platformContent (media)Group actionSmart cardXML
HypermediaWeb pageLecture/Conference
Lecture/Conference
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Transcript: German(auto-generated)
Hallo, vielen Dank. Erstmal Danke für diese doch sehr kurzfristige Möglichkeit,
unsere letzte Kampagne zu vorstellen. Wir sind das PEN-Kollektiv. Wir sind eine Gruppe von Leuten, die an der Schnittstelle zwischen Kunst und Aktivismus mit neuen Protestformen online und offline experimentieren. Ich zeige mal ganz schnell nur ein paar der letzten Aktionen. Wir haben letztes Jahr bei Vattenfall eine Pressekonferenz in dem Büro veranstaltet
und den Ausstieg des Konzerns von der Kohleindustrie. Dann waren wir vor zwei Jahren hier auf der Republika und haben neue Google-Produkte vorgestellt, die extrem heikel waren für das, was den Datenschutz angeht.
Und dann haben wir im Sommer einen großen Aufruf zum zivilen Ungehäuse gestartet und Menschen aufgerufen, Geflüchteten über die Innengrenzen Europas mitzunehmen. Die Aktion, die wir heute vorstellen, entsteht im Rahmen einer Kooperation mit dem Schauspiel Dortmund.
Die Kooperation heißt die Populistinnen Agentur für Zivilgesellschaft und die wird von der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Das hat uns die Möglichkeit gegeben, Kritik an staatliche Politik durch staatliche Mittel durchzuführen,
was wir sehr begrüßen. Unser erster Kunde für diese PR-Agentur war das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Und zwar dachten wir, dass es vielleicht an der Zeit ist für eine Kampagne gegen soziale Ungleichheit, weil im Moment sowohl im Lande wie auch international ein politischer und medialer Diskurs herrscht,
nachdem Deutschland das einzige tugendhafte Land ist, super Exportweltmeister, stärkste Wirtschaftskraft in Europa und was dabei aber konsequent verschwiegen wird, ist, dass eigentlich in Deutschland die Armut und die soziale Ungleichheit stetig wachsen
und dass dieses ganze System am Endeffekt auf dem Rücken der Armen ausgetragen wurde. Und die Agenda 2010 hat in diesem Wirtschaftsboom eine große Rolle gespielt. Was aber oft nicht gesagt wird, ist, dass das eigentlich keine neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschafft hat,
sondern nur schlecht bezahlte Jobs, sodass die Leute weiterhin aufstocken müssen und auf Leistungen angewiesen sind. Und das ist ein System, das durch Bestrafung und Sanktionierung vorangetrieben wird,
was Menschen in der Not einfach den Existenzminimum wegkürzt. Und dann haben wir gedacht, okay, vielleicht ist das Moment gekommen, zehn Jahre später, an dem wir das sowohl die Verantwortliche als die Profiteure nennen und diese Missstände sichtbar machen. Die Kampagne heißt Deutschland sagt sorry.
Genau, dann haben wir am Mittwoch eine Pressemitteilung im Namen des Ministeriums rumgeschickt, in der wir diese Initiative verkündet haben, weil mit dieser Kampagne wollte das Bundesministerium für Arbeit und Sozialen sich bei den Leidtragenden und den Verliererinnen und Verlierern der Agenda 2010 bedanken,
weil sie zu dem wirtschaftlichen Boom beigetragen haben und auch entschuldigen, weil leider für ihre Biografien es katastrophal war. Genau, dann haben wir eine Website online gestellt,
auch im Namen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, auch mit ihrem Impressum, auf der ganz viele Inhalte sind, Geschichten von Betroffenen, Fakten zu der Agenda 2010 und unser Kampagnenvideo.
Das zeige ich euch jetzt. Deutschland ist Exportweltmeister. Wir sind die größte Wirtschaftskraft Europas. Wir haben die schwarze Null, eine starke Industrie und einen aufstrebenden Dienstleistungssektor.
Die wirtschaftlichen Erfolge der letzten zehn Jahre haben wir insbesondere der Agenda 2010 zu verdanken und darauf sind wir stolz. Heute wollen wir an all diejenigen erinnern, die durch diese Reformen benachteiligt, vernachlässigt und ausgegrenzt wurden, an die persönlichen Tragödien, die wir für den wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands in Kauf nehmen mussten.
Ich bin alleinerziehende Mutter, ich habe zwei Kinder, ich arbeite 30 Stunden die Woche, das Geld reicht trotzdem nicht und deswegen muss ich beim Jobcenter aufstocken. Es gab mal den Vorfall, dass ich einen Termin wegen meiner Arbeit nicht wahrnehmen konnte
und wurde deswegen sanktioniert. Da mussten wir dann nämlich sechs Wochen lang zu dritt von 50 Euro leben. Also ich arbeite und ich bin trotzdem vom Jobcenter abhängig. Ich frage mich, wie das sein kann. Ich kann meinen Kindern wirklich gar keine Wünsche erfüllen. Ich kann auch nicht mal gelegentlich mit denen Eis essen gehen.
Ich bin ausgebildeter Fremdsprachenkorrespondent. Als die Firma, in der ich gearbeitet habe, schließen musste, musste ich nach dem ALG I zuerst all meine Ersparnisse aufbrauchen
und habe anschließend Hartz IV beantragt. Da ich für mich keine passende Anstellung gefunden habe, wurde ich vom Jobcenter aufgefordert, mich bei einer Reinigungsfirma in einer anderen Stadt zu bewerben, bei der ich allerdings weiter mit Hartz IV hätte aufstocken müssen. Das kam für mich nie in Frage. Und dann wurde ich sofort sanktioniert.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales möchte den Leidtragenden der Agenda 2010 seinen Dank aussprechen. Ihre Opfer und ihre Entbehrungen sollen nicht vergessen sein.
Wir starten deshalb eine bundesweite Aktion und möchten uns bei den Verliererinnen und Verlierern dieser Reform entschuldigen. Gehen Sie auf unsere Webseite und füllen Sie das Formular für Betroffene aus. Ihre Nachricht wird dann an uns übermittelt und Sie erhalten ein handsigniertes Entschuldigungsschreiben von Bundespräsident Joachim Gauck.
Ja, dann haben wir auch... Genau, und das war natürlich eine Satire-Kampagne.
Ich glaube, es wird sofort klar. Aber wir wollten irgendwie das Thema, weil das so ein sehr ernstes Thema ist, wir wollten natürlich auf das Thema durch eine witzige Aktion aufmerksam machen und durch die Satire. Aber wir wollten auch, dass es eine Plattform wird, damit Menschen, die wenig Sichtbarkeit haben, ihre Geschichte teilen können.
Weil das Thema ist, obwohl es so viele Menschen angeht, noch sehr unterrepräsentiert in den Medien. Und viele Leute, die nicht damit zu tun haben, wissen gar nicht, was da passiert. Und dann haben wir einen Aufruf gemacht, Menschen, die betroffen sind und die unter dem Hartz-IV-System zu leiden hatten
oder die Willkür erfahren haben, seitens der Jobcenters, ihre Geschichte zu teilen. Hier sind sie. Und... Doch nicht? Was ist los? Okay.
Ja, und das war überwältigend, weil allein an dem ersten Tag haben wir richtig viele Anrufe bekommen auf dem Presse-Telefon, auf der Nummer, auf der Webseite von Menschen, die sich einfach total herzlich bedankt haben für die Möglichkeit, diese Sichtbarkeit zu bekommen und ihre Geschichte zu erzählen. Und über den letzten Tagen sind mehr als 100 Geschichten eingegangen,
die wir nach und nach redigieren, anonymisieren und auf die Webseite hochladen, damit sie dann auch gelesen werden können. Genau, das Bundesministerium war nicht sehr amüsiert von der Aktion.
Wir hatten auch Plakaten in Shopping-Malls, Photoshop. Genau, und das Bundesministerium war eigentlich der erste Anruf, den wir an Mittwoch bekommen haben. Und die fanden es natürlich nicht so witzig. Vor allem, weil wir auch den Impressum benutzt haben. Aber sonst wäre ja der Fake gar nicht möglich gewesen.
Und dann haben sie sich mit einer Erklärung dazu geäußert. Wir fanden es sehr schade, dass sie sich nicht inhaltlich mit uns auseinandersetzen wollen, sondern nur rechtlich. Und am Ende des Tages haben wir dann das Impressum gewechselt und gesagt, okay, wir waren das, das war eine Satirekampagne,
alles ist wieder gut. Und dann am nächsten Tag, das hatte eine ganz große Presseresonanz, und am nächsten Tag haben wir uns entschieden, in Namen des Ministeriums ein Jobcenter in Dortmund zu besuchen und haben dort ein Flashmob veranstaltet, in dem wir uns persönlich entschuldigt haben
in Namen des Ministeriums. Und daraus haben wir ein Musikvideo produziert. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales möchte sich bei vielen entschuldigen. Alle die Menschen, die doch sehr viel zurückstecken mussten durch die Agenda 2010. Aber sie haben uns geholfen, Deutschland ist Exportweltmeister,
wir danken ihnen. Deutschland sagt sorry. Ja, was soll man dazu sagen? Nein.
Deutschland sagt sorry, denk 2010, tut uns witzbar allein.
Deutschland sagt sorry, sorry, Deutschland sagt sorry,
weil ich dich was. Deutschland sagt sorry, denk 2010, dass ihr dankbar seid.
Der Ton ist ja besser als nichts.
Hier haben wir auch noch Stellungsname von dem Pressesprecher
von dem Jobcenter, in dem wir waren, weil irgendwann würden wir natürlich rausgeschmissen. Mit Humor darauf reagiert und würdigen die Aktionskünstler und diese Satire natürlich als Teil der Meinungsfreiheit. Und hätten uns besser gesagt gewünscht, dass die Künstler die Aktion vielleicht auch als solche gekennzeichnet hätten.
Und nicht, dass der Eindruck entsteht, es hätte sich hier um eine offizielle Aktion des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Also den Menschen wird echt nichts zugeschaut, dass sie verstehen, was um die passiert. Ja, also was wir eigentlich damit wollten, war eben mit einer witzigen Aktion
auf ein erstes Thema aufmerksam machen und das in die Öffentlichkeit bringen. Und mit der Offline-Aktion wollten wir Jobcenter, die oft Orte des Wartens, der Langeweile und der Tristesse einfach mal besuchen und diese Atmosphäre brechen. Und gleichzeitig aber kritische Inhalte transportieren.
Weil aber sozusagen Aufmerksamkeit zu schaffen nie reicht, um Veränderung in Gang zu bringen. Ja, freuen wir uns sehr, dass unsere Freunde von Sanktionsfrei es gibt, die auch vorhin Talk hatten, weil die sind diejenigen, die gerade wirklich daran arbeiten,
das Sanktionssystem zum Kippen zu bringen. Sie bauen gerade eine Plattform, wo Menschen Hilfe bekommen für Anträge, für Klagen, für Widersprüche, vollkommen kostenlos, und sich endlich zu Wehr setzen können gegen die Willkür der Jobcenter.
Deswegen, das Crowdfunding geht noch eine Woche. Bitte spenden. Und ja, ich bedanke mich bei der Republik, bei dem Schauspiel Dortmund, bei Tools for Action für das Herz, falls ihr auch da seid. Ja, und hier ist unsere Webseite und könnt uns auch unterstützen.
Gibt es Fragen aus dem Publikum zu dieser Präsentation? Haben wir Fragen? Nein? Zumindest nicht hier auf der Bühne? Dann gerne bilateral im Anschluss.
Du bist noch ein bisschen da? Ja. Also trefft euch nochmal hinter den Kulissen. Vielen Dank.