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Die pubertäre Gesellschaft und das Netz

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Die pubertäre Gesellschaft und das Netz
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Part Number
135
Number of Parts
188
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CC Attribution - ShareAlike 3.0 Germany:
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Abstract
Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft so grundlegend wie die Pubertät einen Menschen. Wachstumsschmerzen sind völlig normal. Aber was kommt danach?
HypermediaMicrosoftWeightJSONXMLComputer animation
Lecture/ConferenceMeeting/InterviewComputer animation
InformationsübertragungData storage deviceInformationMeeting/Interview
Meeting/InterviewLecture/Conference
UNIXDigitizingSound <Multimedia>Set (mathematics)Physical quantityComputer animation
LinieInformationLecture/Conference
Electronic data processingInformationLecture/ConferenceComputer animation
iPhoneiPadTransmitterLecture/ConferenceMeeting/Interview
SmartphoneUniformer RaumInformationiPhoneComputer animationLecture/Conference
Computer animation
PICA <Bibliotheksinformationssystem>Curve fittingFacebookMeeting/InterviewComputer animation
InformationMoment (mathematics)Computer animationLecture/Conference
Presentation of a groupLecture/ConferenceMeeting/InterviewComputer animation
Lecture/ConferenceComputer animation
SmartphoneHaar measureMeeting/Interview
DownloadDevice driverLecture/ConferenceComputer animation
InformationEvent-driven programmingGRADEFacebookZahl
ARC <Programmiersprache>Systems <München>CiscoEstimationInternetOnline chatEstimatorLecture/ConferenceComputer animation
InformationComputerfreakLecture/ConferenceComputer animation
InformationComputerfreakInternetLecture/Conference
Business modelComputer animationMeeting/Interview
MathematicsNormal distributionTheory of everythingNormal distributionTheory of relativityComputer animationLecture/Conference
Normal distributionRandZahlLecture/ConferenceComputer animation
Normal distributionLecture/ConferenceComputer animation
Diagram
DOSForm (programming)Normal distributionRandEckePropositional formulaDirection (geometry)Computer animationLecture/Conference
Propositional formulaDirection (geometry)WordComputer animationLecture/Conference
PositionQuantum stateBABEL <Programmiersprache>Computer animation
Grand Unified TheorySpeciesVelocityLecture/Conference
Business modelConflict (process)Computer animation
Universe (mathematics)Computer animationLecture/ConferenceMeeting/Interview
LagPlane (geometry)Computer animationLecture/Conference
Digital signalSystems <München>Context awarenessComputer animationMeeting/Interview
InternetComputer animationLecture/Conference
Steinbach, ErikaLecture/ConferenceComputer animation
Lecture/ConferenceComputer animation
Software
Computer animationLecture/Conference
MAX <Programm>Computer animationEngineering drawingDiagram
ZahlState of matterLecture/ConferenceComputer animation
DemonLecture/ConferenceMeeting/Interview
TAKT.dosComputer animationMeeting/Interview
RoundingBusiness modelPlane (geometry)AmstradInformation
SpeciesInformationPhysical lawLecture/ConferenceMeeting/InterviewComputer animation
ISASValue-added networkPhysical lawInternetLecture/ConferenceMeeting/InterviewComputer animation
Kapazität <Mathematik>Parameter (computer programming)FacebookNormal distributionComputer animation
FacebookInformationLecture/ConferenceComputer animation
Curve fittingInformationLecture/ConferenceComputer animation
Newton's law of universal gravitationKAM <Programm>FacebookYouTube
Curve fittingMaxima and minimaNormal distributionFacebook
FacebookLecture/Conference
Lecture/ConferenceComputer animation
MAX <Programm>CodeComputer animationLecture/Conference
HypermediaMicrosoftJSONXML
Transcript: German(auto-generated)
Ja, die Akne, da bietet sich doch gleich der erste Scherz über die Rechten an, aber das sparen wir uns vielleicht für später. Ja, herzlich willkommen auch von mir bei der Republik, hier auf Stage 2 ist es ja wunderbar voll geworden, trotz des guten Wetters, vielen, vielen Dank schon mal. Wir fangen an mit diesem verpixelten, blutigen Stück Fleisch.
Was könnte das sein? Jetzt bin ich gespannt, ob es irgendjemand errät. Es ist nicht das Rohmaterial für die Bratwürste im Hof und es ist auch nicht das Gehirn von Kai Diekmann. Es ist viel schlimmer. Dieses kleine Stück Gewebe hat unser aller Leben schon einmal von Grund auf verändert und jeder von uns hat es in seinem Körper. Das ist die sogenannte Hypophysie, auch hier in Anhangdrüse genannt.
Die sitzt in unserem Körper, in unserem Kopf, genau hier. Und die Form einer Träne, die ihr da seht, die gibt schon so ein bisschen Hinweis darauf, was diese Drüse mit uns macht eines Tages, wenn sie nämlich dem Körper befiehlt, massenhaft Wachstums- und Geschlechtshormone auszuschütten und uns in ein dramatisches
Wachstum zu versetzen. Was sind Hormone? Das ist ein sogenanntes Geschlechtshormone. Es sieht ein bisschen aus wie der U-Bahn-Plan von einer Stadt, die von Betrunkenen gebaut wurde. Aber ganz im Ernst, ein Hormone ist etwas ziemlich Wichtiges, nämlich ein Informationsübermittler im Endeffekt, ein Datenträger, ein Medium mit einem ganz bestimmten Befehl, das etwas auslöst.
Und an einem bestimmten Zeitpunkt im Leben jedes Menschen löst es bei uns etwas aus, was aus süßen kleinen Kindern das hier macht. Sehr, sehr, sehr, sehr schwierige Menschen, würde ich mal sagen. Schlecht gelaunte Menschen, kurz Menschen in der Pubertät. Die Pubertät ist ja sozusagen die Geisterbahn auf dem Jahrmarkt des Lebens, da wachsen
wir und Wachstum ist selten einfach und noch seltener ästhetisch. Die Bilder sind von dem Fotografen David Stewart, könnt ihr googeln und könnt Sie kaufen, der sie mir pro bono zur Verfügung gestellt hat. Vielen Dank dafür. Der Hashtag für heute könnte sozusagen sein Repubertätiker.
Aber was hat jetzt die Republika und das Netz und die Digitalisierung mit der Pubertät zu tun? Regel Nummer eins. Keinen Ton. Das ist schon mal gut. Kriegen wir das nochmal mit Ton? Das Internet, gibt es den plötzlich immer noch?
Kein Vortrag ohne Homer Simpson, der sich darüber wundert, dass es das Netz immer noch gibt. Was macht das Netz denn eigentlich außer einer ganz großen Menge Elektro-Schrott? Vor ein paar Jahren hätte man gesagt, das Netz macht in erster Linie leicht, dick und sozial isoliert. Heute wissen wir, dass das Netz in erster Linie ein Wachstum verursacht hat und
zwar ein Wachstum an Informationen, an gespeicherte, aber auch zugängliche, also verfügbare Informationen. Jedes Stück Wissen, jedes Stück Information, fast jedes, was irgendwie speicherwert war, war in letzter Zeit auch speicherbar und damit zugänglich für uns. Damit wächst auch der Informationshaushalt jedes Einzelnen von uns.
Jeder Einzelne von uns muss heute mehr Informationen verarbeiten an einem Tag als, sagen wir mal, unser Vorfahren vor 400 Jahren in einem Jahr. Aber es wächst nicht nur die Quantität der Informationen, sondern es wachsen auch ein paar Qualitäten, ein paar Dimensionen, die ziemlich wichtig sind. Schauen wir zurück. 2005, bei der Inauguration von Papst Benedikt, versammelten sich tausende
Menschen am Vatikan in Rom. So sah das damals aus, als der neue Papst präsentiert wurde. Ich weiß, es sind ziemlich viele Atheisten im Raum. Man kann so was sagen, wie der Papst, wenn man ihn nicht kennt, ist so was wie Sascha Lobo mit besserer Frisur. Und vielleicht ist die katholische Kirche, könnte man auch sagen, so was wie die Republik mit noch weniger Frauen auf der Bühne. Aber jedenfalls völlig egal.
Acht Jahre später, als Papst Franziskus Chef der katholischen Kirche wurde, 2013 also, sah das Ganze so aus. Auch am Vatikan, auch viele Menschen, auch ein Papst. Aber da hatte sich was geändert, nämlich das iPhone und das iPad. Heute ist das iPhone acht Jahre alt, neun Jahre, Entschuldigung. Und wie hat es die Welt seitdem verändert?
Ganz kurz können wir fassen, das brauche ich euch hier auch nicht zu erklären. Wir sind alle ständig am Empfangen und am Senden. Ach so, apropos Empfangen und Senden. Gestern gab es ja eine Session zum Thema Snapchat für Erwachsene. Und da ich natürlich als digitaler Entdecker auch seit neuestem Snapchat baue ich ein Selfie für meinen Snapchat-Kanal.
Ihr könnt auch mal winken, vielleicht ganz kurz. Vielen Dank, Snap. Toll, Dankeschön. Kein Wunder, dass wir 85 Mal am Tag, was ist das für eine Zahl? 85 Mal am Tag durchschnittlich unser Smartphone anfassen. Zumindest waren das die Probanden, die an der Uni Lenkester in der Studie waren.
Die waren 18 bis 33 Jahre alt. Ein paar von uns fallen da gerade noch rein, zum Beispiel ich. Und jedes Mal, wenn wir dieses Smartphone anfassen, nehmen wir Informationen auf. Und wenn es im Zweifelsfall nur die Uhrzeit ist und ziemlich oft geben wir auch Informationen ab. Aber auch vor dem iPhone ist die Information für jeden Einzelnen schon ziemlich gewachsen. Was könnte das für Budgets sein?
Die Anzahl der Stunden, die wir täglich mit Medien verbringen, die wir Medien konsumieren, egal ob passiv oder aktiv, hat sich von 1972 von 4,5 Stunden pro Tag bis 2005 mehr als verdoppelt. Heute, könnte man schätzen, ist es wahrscheinlich auch nur noch ein bisschen mehr geworden. Und mit diesem quantitativen Wachstum, wie gesagt, wachsen qualitative Dimensionen. Dafür habe ich ein wunderbares Beispiel.
Ich beitrug jedoch das Gerücht, dass die Flüchtlinge ab und zu auch mal hier Leute vergewaltigen und so. Das geht hier ganz oft um. Das hört man immer wieder von allen Leuten, dass Flüchtlinge dies und jedes machen. Und Mädchen, das hat sich hier versteckt. Die ist wohl vergewaltigt worden von so einem Flüchtling,
weil sie nicht von daher kamen und eine 5-jährige wurde gegessen. Gewendet vom Flüchtling. Ja, tatsächlich gegessen. Das Video ist, man könnte meinen, 20 Sekunden zu lang. Es ist aber eigentlich genau 3 Sekunden zurück. Denn das blonde Mädchen mit dem Knutschfleck, was da diese unglaubliche Geschichte erzählt, nennt auch noch seine Quelle dafür.
Sie sagt, das stand so auf Facebook. Ja, wer könnte denn bitte so was auf Facebook verbreiten? Wer wäre so skrupellos? Focus Online, Russia Today oder Til Schweiger? Nein, es ist viel besser. Denn nur einige Monate vor den Dreharbeiten zu diesem Beitrag des NDR, aus dem diese Szene ist, postete ein online Nachrichtenmagazin diesen Post,
der 12.712-mal geteilt wurde und unter anderem von Oliver Kalkofe geliked wurde. Also die Wahrscheinlichkeit ist nicht gerade gering, dass die Jugendlichen quasi wörtlich den Beitrag des Postions zitieren und dann wieder im NDR weiter zitiert werden.
Die meisten Fakes online sind vielleicht ein bisschen schwerer zu erkennen als jetzt in dem Fall diese Satire und deswegen auch ein bisschen gefährlicher. Wir merken aber Missverständnisse und fehlerhafte Einschätzungen von Authentizität, von Botschaften, von Informationen sind ein ganz großes Problem in dem Moment, wo wir so viel aufnehmen und wieder weiter verteilen.
Das betrifft auch echte Bilder, die es so gegeben hat, aber falsche Kontextualisierung. Zum Beispiel dieses Bild, was ich mal gerne benutze, das ist völlig falsch. Das war nämlich gar nicht der Amtsantritt von Papst Benedikt 2005. Es war 2005, aber es war die Aufbauung von Papst Johannes Paul II., der kurz vorher gestorben war. Und natürlich bei einer, sagen wir, Beerdigung machen natürlich viel, viel weniger Leute Fotos
als beim Amtsantritt. Außer natürlich, das habe ich heute auch entdeckt, hier unten, das ist der Social Media Beauftragte des Vatikanen, der durfte. Jahrelang habe ich das Beispiel gezeigt in Präsentationen, bis sich jemand darauf hingewiesen hatte. Ich glaube, die Washington Post hat das mal nachrecherchiert und so wurde ich aufgeklärt. Wenn User also alles mögliche teilen, dann ist die Dimension Echtheit eine ganz wichtige
und die müssen wir immer selbst mitprüfen. Und das Video mit dem kannibalen Flüchtling, so geht es weiter. Wer von euch kannte dieses Video schon, weil er es irgendwo online gesehen hat? Ja, also sagen wir mal ein Drittel. Und wer von euch kannte den ganzen Beitrag?
Deutlich weniger, ich würde mal sagen vielleicht gerade mal ein Drittel von einem Drittel. Denn das Video geht weiter und das dunklere Mädchen, was daneben steht und zumindest nicht widerspricht oder auch die Geschichte von der Vergewaltigung durch einen Flüchtling da erzählt, also man könnte mal eine rechte Propaganda betreibt, das zeigt hinterher auf seinem Smartphone,
da sehen wir Bilder von sich und syrischen Flüchtlingen, mit denen es Arabisch und Deutsch gelernt hat. Eigentlich eine ziemlich rührende Geschichte von einer Freundschaft unter Teenagern. Wir sehen also nicht nur die bösen Verkürzen mutwillig durch Propaganda, sondern jeder Einzelne von uns, manchmal kann man gar nichts dafür, weil man sieht nur den Ausschnitt und sieht nicht den ganzen NDR-Beitrag und sieht deswegen nicht die ganze Wahrheit.
Das ist problematisch, weil wir ja alles Mögliche teilen, jeden Tag, wie Jürgen Goethe mal festgestellt hat, sogar Pornos haben heutzutage Like- und Share-Buttons. Ja, also wenn schon Pornos geteilt werden können, für wen von euch war das neu, ganz ehrlich? Da unten sieht man es, man könnte es theoretisch teilen. Alles ist teilbar und was nicht teilbar ist, das gibt es auch irgendwie nicht, das existiert irgendwie nicht
und diese teilbare Welt wird natürlich instrumentalisiert von den Bösewichten. Ich glaube, diese Szene muss sich niemand weiter zeigen und die Geschichten dazu kennen auch schon viele Leute. Diese Szene von Terrormorden in Paris wurde von einem unbedarften User nebenbei mitgefilmt, der aus seinem Fenster schaute und eben zufällig Zeuge dieses Ereignisses war
und erstellt das auf Facebook und nach einer halben Stunde hat er das Video wieder gelöscht, weil darin ein Polizist erschossen wird und fand er dann doch nicht so gut. Da war das Video aber schon längst runtergeladen, weiterverbreitet und so weiter durch die sozialen Netzwerke in die Welt geblasen. Wir sind also auch always on mit den Katastrophen dieser Welt, nicht nur mit den lustigen Videos, durch Live-Ticker, Push-Mitteilungen, Retweets und so weiter und so fort.
Damit wächst auch der Grad der Irritation, die Information annehmen kann. Quasi der Grad der emotionalen Involviertheit, der Grad des Horrors. Eine letzte Zahl, es geht nämlich nicht nur um Menschen, sondern auch um Gegenstände. Cisco, einer der führenden Hersteller für vernetzte Systeme. Kein Wunder, dass die sowas prognostizieren, aber vielleicht schaut man sich es trotzdem mal an.
2015, das ist 5 Milliarden Gegenstände, die per RFID-Chips etwa verbunden waren zum sogenannten Internet der Dinge. Die Schätzung geht von 50 Millionen 2020 aus. Ob das so schnell geht, ob das so viele werden, ist völlig egal. Wir wissen, es wird kommen und es geht nicht mehr nur um Menschen, die vernetzt sind, sondern auch um Gegenstände. Damit steigen die Informationen wieder auf einer neuen Dimension.
Man kann also sagen, die Welt sieht heutzutage so aus. Rot ist heavy Internetnutzung. Blau ist niedrige Internetnutzung. Ja, und dann weiß ich nicht, ob man es gut sieht. Da zieht so der Mondschatten rüber. Man sieht es hier, es ist gerade Nacht in Südamerika. Jetzt kommt der Tag, jetzt ist Mittag, jetzt ist ein Piek. Abend besonders stark und dann kühlt es sich sozusagen wieder ab.
Wir sehen also, die Welt ist ein quasi pulsierendes Herz an Informationen und es steht auch nicht still. Irgendwo ist immer eine Milliarde Menschen mindestens online und teilt und sorgt für mehr Informationen, konsumiert Informationen und so weiter und so fort. Paul Mason, der Autor des Buchs Postkapitalismus, das gerade für Aufsehen sorgt, hat geschrieben,
der durchschnittliche Teenager mit einem intelligenten Gerät heute führt ein psychologisch stärker vernetzteres Leben als, er nennt es so, der schrägste Computerfreak vor 15 Jahren. Was auch immer er mit schrägster Computerfreak meint. Ich glaube, er meint damit, wir sind alle viel, viel stärker vernetzt. Das heißt, wir nehmen mehr Informationen auf und geben mehr Informationen ab, ob wir wollen oder nicht,
auch als 15-Jähriger, ohne dass wir jetzt irgendwie in dem Bereich arbeiten. Und wiederum, der schrägste Computerfreak vor 15 Jahren hat mehr Informationen aufgenommen und abgegeben als jeder Mensch vor 50 Jahren. Man könnte also sagen, wenn das Internet wie eine Hirnanhangdrüse im Kopf anfängt, Wachstumshormone auszuschütten, Informationen auszuschütten
und wir damit, naja, sage ich mal, leicht überfordert bis völlig verzweifelt sind, wie Teenager in der Pubertät manchmal, weil alles so schnell geht und alles so schnell wächst, dann hat Sascha Lobo gestern den Begriff Pubertät deutlich verkürzt benutzt, weil eigentlich ist nicht unser Umgang mit dem Internet in der Pubertät, sondern eigentlich sieht die ganze Gesellschaft so aus,
wir sind eigentlich alles Pubertierende gerade. Weil, wenn man die Metapher weiterdenkt, da gab es mal ein reines Gesicht, einen reinen Körper in der Kindheit und auf einmal sprießender Dinge, die wir vorher nicht gesehen haben. Arknet zum Beispiel, Pickle, Shitstorms, neue Geschäftsmodelle, Haarbüschel, neue Kulturen,
Minderheiten treten auf einmal aus dem Schatten hervor. Ja, und die Gesellschaft wundert sich, was passiert da mit mir? Aber das Wichtigste daran ist, dass die Antagonisten, gegen die man rebelliert in einer biologischen Pubertät, also die Eltern, von denen man Autonomie will, das ist heute nicht so einfach mit dieser gesellschaftlichen Pubertät, weil einerseits natürlich rebellieren wir gegen alte Sicherheiten,
gegen alte Institutionen, die wir vielleicht nicht mehr brauchen, gegen alte Gewissheiten, gegen alte Eliten, gegen alte Privilegien, gegen Ungerechtigkeit. Wir rebellieren aber auch alle gegeneinander, weil wir in ungekannter Weise aufeinander treffen. Ein bisschen kühle Mathematik, die hilft manchmal einiges zu verstehen. Wer kann auf Anhieb sagen, was das ist?
Gucken wir, wie mathematisch gebildet das Publikum heute ist. Es ist nicht die Relativitätstheorie-Formel, es ist auch nicht die Weltformel, die verrate ich nicht, sondern das ist die Formel zur gaussische Normalverteilung, die die sogenannte Glockenkurve ergibt. Die Glockenkurve kennen wir, glaube ich, alle. Viele, viele menschliche Eigenschaften sind so normal verteilt.
Das heißt, man kann relativ genau sagen, wie viele Menschen durchschnittlich groß sind, sehr groß oder sehr klein. Wenn man da auf der X-Achse sozusagen eine Disposition angibt, eine Eigenschaft wie zum Beispiel Intelligenz, dann verteilen sich die meisten Menschen auf dieser Normalverteilung hier in der Mitte, ich habe es mal naja genannt,
also ungefähr durchschnittlich intelligent und eben nur manche sind an den Rändern rechts und links besonders schlau oder doof. Also wäre dieser Saal sozusagen normal verteilt, gehen wir mal davon aus, dann wären die hintersten sechs, sieben Reihen sehr, sehr schlau, sehr, sehr intelligent, in der Mitte über den Mittelgang bis so die sechs Reihen hier vorne durchschnittlich intelligent.
Tja, und ihr, eher ein bisschen doof. Was das für den heißt, der hier ganz vorne steht, das könnt ihr euch ja dann denken. Nein, im Ernst, hier ist natürlich das Republikapublikum ist natürlich wahnsinnig intelligent hier vorne. Dazu kann man jetzt sozusagen eine Kontroverse eintragen, eine Irritation, die auf diese Normalverteilung trifft.
Hier oben die Kontroverse in einem öffentlichen Diskurs, meistens die Aussage A, ja, wie keine Ahnung, ich mag keine Tiere. Das kann natürlich für Kontroverse sorgen, weil manche Leute sagen, naja, mir doch egal. Andere sagen, das ist falsch. Andere sagen wieder, das ist richtig. Wie genau die Verteilung ist, ist völlig egal.
Das kann ein bisschen flacher sein, ein bisschen breiter, ein bisschen kontroverser oder eben weniger kontrovers. Manche sagen, das ist böse, was du da sagst. Manche sagen, endlich sagt es mal einer. Manche sagen, es ist krank. Manche sagen, das ist die einzige Wahrheit, die der Mann sagt. Ja, und da sagen manche, das ist doch Hitler, was du da gesagt hast. Das ist an sich nicht schlimm.
Dissens gab es immer in der Gesellschaft. Trolle und Hate Speech und welche andere Formen da noch eine Rolle spielen, die sich irgendwo hier unten an den Rändern verstecken. Die gab es höchstwahrscheinlich schon immer, aber sie haben sich eben an den schmuddeligen Ecken dieser Normalverteilung verteilt. Und früher konnte man auch das Publikum für diese Aussage A viel, viel besser eingrenzen. Man kann sich sagen, na ja, das wird wahrscheinlich kontrovers.
Dann richte ich mich ja so in die Richtung, weil die würden mich total fertig machen. Ich nehme die in Ayala bis hin zu den Leuten, die mich dafür lieben. Indem man z.B. in eine bestimmte Zeitung geschrieben hat, die nur manche Leute gelesen haben oder seine Satiresendung auf einem Spatenkanal hatte, wo sie keiner gesehen hat. Heute aber, wenn jede meiner Aussagen herumgereicht werden
und zwar von allen, die mich gut finden und die mich in dieser Aussage nicht gut finden, dann gibt es gefühlt auch mehr Hitler. Und es gibt gefühlt mehr, das ist die einzige Wahrheit, weil mir einfach viel mehr, ich werde mit viel mehr konfrontiert, weil viel mehr Leute damit interagieren. Man sieht es z.B. an den neuen Rechten, die sehr, sehr geschickt genau dieses System nutzen,
um immer wieder ihre Aussagen, die in ihrem Klientel natürlich begrüßt werden, aber für uns alle, na ja, im wahrsten Sinne des Wortes, irgendwo in Richtung da unten gehen, die werden doch immer wieder breit diskutiert, was früher vielleicht eher in der Nische geblieben wäre. Alle können also auf diese Aussage zugreifen,
alle werden damit bespielt, alle tritten miteinander in Interaktion. Deswegen sieht die Interaktion in so einer Gesellschaft heute eben dann so aus und die Pfeile sind durchaus so aggressiv gemeint. Und am meisten Interaktionen sind sozusagen die roten Pfeile, die innerhalb der Bubbles passieren, weil die Leute sich da in den so genannten Echokammern so ein bisschen aufschauen können und sagen, ja, das ist ganz toll und ich finde es noch toller. Aber auch natürlich zwischen den Polen,
zwischen der einzigen Wahrheit und Hitler. Und die Vermitteltheit dieser Konfrontation, das wissen wir alle, glaube ich, macht es eher nur noch schlimmer, weil in der Vermitteltheit, in der Anonymität, man sich immer einfacher streitet, weil die mimische Abschwächung von manchen Positionen nicht mehr da ist. Hier prallen also Perspektiven der Weltbetrachtung, die hinter diesen Einstellungen steht.
Hinter diesen Reaktionen stehen ja immer bestimmte Gründe, warum ich so reagiere. Das mache ich ja nicht zum Spaß, das sind ja keine Reflexe. Bestimmte Perspektiven der Weltbetrachtung, Menschenbilder, politische wie auch sonstige Einstellungen, Zustände, emotionale Haltungen, wie gesagt, Bilder aller Art, Hintergründe, Biografien. Vielleicht habe ich eine besondere Biografie und deswegen die Aussage besonders schlimm. Subjektive Wahrheiten und auch verschiedene Arten von Vorwissen,
verschiedene Vorbildungen prallen da aufeinander. In einer digitalen Vernetzung mit einer radikal auch neuen Geschwindigkeit und Heftigkeit. Entscheidend ist dabei auch eine gewisse neue Sichtbarkeit. Da machen wir uns auch viele Gedanken drüber. Soziale Netzwerke holen ja etwas auf die Bühne, was vielleicht unter Umständen früher sowieso da war.
Aber jetzt heben sie es quasi hoch. Eine Bühne macht immer was mit Menschen und manchmal eben auch nichts Gutes beziehungsweise sie machen etwas miteinander. Das Ganze kann man sozusagen einen Meinungsruck nennen oder einen Meinungsführer, weil ich das Gefühl habe, egal wo ich da stehe, dadurch, dass diese Pfeile da so herumfliegen und alle sich streiten, habe ich das Gefühl, da muss ich mich auch dazu äußern, wo ich vielleicht früher ganz cool geblieben wäre in der Mitte.
Na ja, also die Na ja Mitte wird sozusagen immer kleiner. Diese Pfeile sind wahnsinnig anstrengend, aber sie sind auch nicht ganz unwichtig. Und ich bin mir sicher, dass in diesem Saal, inklusive mir, sehr, sehr viele Leute sind, die von diesen Pfeilen leben. Weil in der Ökonomie der Aufmerksamkeit es ja gut ist für ganz, ganz viele Geschäftsmodelle, wenn wir ganz viele von diesen Streits und Konflikten haben
und es gibt Leute, die verdienen damit Geld und ernähren ihre Kinder und das ist auch völlig legitim. Und das kann natürlich auch manipuliert werden, diese Konflikte. Ein bekannter deutscher Satiriker hat angeblich den einen oder anderen Shitstorm gegen sich selbst einfach selbst ausgelöst, weil Aufmerksamkeit in bestimmten Bereichen nicht unbedingt schlecht ist.
Ich meine, das Modell Donald Trump sehen wir immer wieder. Der bekommt sehr, sehr viel negative Aufmerksamkeit, aber es scheint ihm bis jetzt nicht zu schaden. Der nutzt das ganz konkret und bewusst. Dieses System und unsere Art, unsere Menschlichkeit sozusagen zwingen uns immer wieder in den Konflikt, ob wir wollen oder nicht.
Viele Menschen schreien dabei ja auch gegen eine sehr, sehr laute Öffentlichkeit an. Das ist ja quasi die narzisstische Kränkung, dass ich auf diesem Bild irgendwie nicht so wirklich stattfinde, dass ich keine Aussage treffe. Dagegen schreien die Leute ja an. Das bedient also unser urmenschliches Bedürfnis nach Aufmerksamkeit. Und wir sind ja gar nicht wirklich der Homo sapiens. Das werden wir oft euphemistisch genannt,
sondern eher Terry Pratchett hat es so schön genannt. Der Pan Narans, der erzählende Affe. Wir ernähren uns ja sozusagen von Geschichten. Wir schwätzen gerne, wir quatschen das Universum leer. Und jede gute Geschichte hat ja was? Einen Held, einen Anti-Held, einen Konflikt und eine Moral. Und darüber kann man sich hervorragend streiten. Und wir streiten uns eben gerne. Wir wollen recht behalten, weil wir das brauchen.
So konstruieren wir unsere Identität und unsere Welt. So verstehen wir die Welt vielleicht auch ein kleines bisschen, wo sie wahnsinnig komplex ist, über Konflikte. Wir sind aber leider auch doof. Also nicht nur wir hier vorne, sondern wir sind alle ein bisschen doof und ein bisschen faul, weil wir eigentlich für diese Art von Welt nicht gebaut sind.
Wir haben ja teilweise, es fängt bei kleinen Sachen an. Teilweise haben viele von uns mir eingeschlossen, manche haben gar nicht die Kompetenz, einen komplizierten Text zu verstehen. Und trotzdem haben wir das Gefühl, wir müssen uns eine Meinung dazu bilden. Wir müssen am Tag wahnsinnig viel lesen und aufnehmen und Nuancen und Ironie irgendwie durchschauen und sind davon natürlich irgendwann überfordert. Weil eigentlich sind wir ja für ein anderes Leben gemacht
und nicht dafür, uns ständig so zu streiten auf einer sehr intellektuellen Ebene. Unsere klügsten Wissenschaftler nennen das deswegen, ich habe hier mal ein Symbolbild eingefügt für den klügsten Wissenschaftler. In dem Fall war es natürlich Bernard Perxon, der konstatierte, wir können mit den globalen, digitalen Empörungskaskaden noch nicht umgehen.
Dieser permanente Clash der Kontexte, der Codes, die Sofortkonfrontation von unterschiedlichen Systemen der Wirklichkeitsdeutung, die wir da gesehen haben, eben von unterschiedlich verteilten Dispositionen, die an sich völlig natürlich ist. Diese Art der Daueraufrückung in einer vernetzten Welt, die würde ich die Empörung nennen.
Weil eigentlich sind ja alle von uns nur so ein bisschen ratlos und müssten mal M sagen und mal vielleicht ein bisschen nachdenken und ein bisschen reflektieren, es mal sacken lassen und mal Luft holen. Aber wir führen uns dazu genötigt, sofort zu reagieren. Peter Glaser hat den Begriff der Sofortness geprägt. Also dass das Internet uns dazu verführt,
immer sofort ad hoc eine Meinung zu haben und die auch zu äußern. Und deswegen diese vielen roten Pfeile. Deswegen sieht der Diskurs momentan so aus, wie lauter schreiende Vögel Dauer empört, halb hysterisch, halb depressiv. Naja, wie pubertierende Teenager eben, die immer so ein bisschen übers Ziel hinausschießen. Man könnte jetzt 1000 Beispiele noch hier finden,
um das Ganze zu konkretisieren von irgendwelchen Schreiereien, auch von klugen Vögeln. Ich finde, das merkt man immer sehr gut daran, was momentan mit dem Diskurs los ist, warum das Ganze vielleicht ein bisschen pubertär ist. Nicht, weil die Doofen irgendwie sich äußern, nicht, weil Erika Steinbach wieder irgendwas zittert, nicht, wegen den Rechten und Rechtsradikalen, dass die es nicht checken. Ich glaube, da sind wir uns alle einig.
Es gibt aber genug Beispiele auch von klugen Leuten, die übers Ziel hinausschießen und die nicht mehr so ganz genau wissen, wie sie damit umgehen sollen. Ich denke, jeder von euch hat da so ein paar Beispiele. Ich wollte es eigentlich nicht nennen, aber ich habe mich so wahnsinnig geärgert letzte Woche, als Jakob Augstein wieder von einer rechten Revolution geschrieben hat. Das hat er schon mal gemacht, im Januar, glaube ich. Der schrieb da in seine Spiegel-Online-Kolumne,
die AfD überrollt Deutschland, wir erleben eine rechte Revolution in Europa. Muss man sich mal überlegen, allein diese Wörter, was das für eine Hysterie auch ist. Anstatt das Problem vielleicht rational zu begreifen. Das ist für mich Pubertäer in einer gewissen Sichtweise unreif. Aber das ist auch kein Wunder, weil wir wurden ja nicht dazu gemacht, so zu diskutieren,
sondern wir wurden dazu gemacht, naja, ganz ursprünglich mal im Urwald Essen zu sammeln, den Tiger zu erkennen im Dschungel und vor allem viele Nachkommen zu zeugen. Unsere Hard- und Software ist sozusagen mit dem System, was ich da gezeigt habe, mit der Gegenwart völlig überfordert. Deswegen gibt es Wachstumsschmerzen. Unser moralisches Immunsystem,
weil wir die ganze Zeit irgendwas verarbeiten müssen, uns zu irgendwas verhalten müssen, zwischen Gut und Böse unterscheiden müssen. Das läuft auch auf Hochtouren und wir sind sozusagen, manche sagen dann eben krank. Manche Philosophen sagen, es sei eine Müdigkeitsgesellschaft. Sprechen vom digitalen Burnout oder andere gehen noch viel weiter und sagen, ja gut, der Mensch ist halt schlecht und er wird immer schlechter. Guck doch an, wie wir uns streiten.
Die ganze Zeit gibt es auf die Fresse online. Kann er nicht sein. Aber die gesetzmäßige Eskalation der Diskurse, die ich versucht habe, da zu zeigen, all diese Empörung, die verstellt uns den Blick für etwas sehr, sehr wichtiges, nämlich dass die Welt nicht schlechter wird, sondern eigentlich eher immer besser. Hier sind zum Beispiel die Opfer des Terrors in Westeuropa. Zumindest dieser eurozentristische Blick zeigt uns,
inklusive der Opfer in Paris sinkt das Ganze. Und trotzdem haben wir ein extremes mediales Problem, gerade in den sozialen Medien mit Terror, weil der sich immer geschickter verhält. Genauso der Tatort, der reine Propaganda ist. Die Mordraten sinken und sie sinken immer weiter. Genauso kann man, Obama hat es gerade wieder gesagt,
die Gewalt in bewaffneten Konflikten sinkt. Wir leben in der friedlichsten Welt überhaupt oder auch in der dritten Welt. Man muss nicht immer nur auf Europa gucken. Die Anzahl der demokratisch regierten Staaten war auf der Welt noch nie so groß. Auch die Säuglingssterblichkeit sinkt und die Bildung steigt weltweit. Natürlich ist nicht alles gut, aber es ist lange nicht so schlecht, wie wir oft denken.
Eine andere Zahl dazu noch. 12,5 Liter Mineralwasser hat der Deutsche in der BRD 1970 jährlich getrunken, heute 143,6 Liter. Ich finde, mehr muss man dann nicht wissen. So schlecht kann es uns nicht gehen. Und trotzdem fühlen wir uns wie vor dem Abgrund. So ist der Mensch, wenn es schnell geht, fürchtet er sich. Wir scheinen also ein bisschen in der Pubertät zu sein, weil unsere Weltsicht und die Wirklichkeit miteinander kollegieren.
Das war im Mittelalter schon mal so. Da durfte man nicht so viel glauben. Man hat an Feen, Dämonen und Orks und was weiß ich noch gekauft, lauter Aberglaube. Und die kindische Fantasie wurde dann von der katholischen Kirche. Ihr erinnert euch so ein bisschen eingedämmt. Und man durfte nur noch an Gott glauben. Den einzigen Hochhofs-Bogus, wobei ich vorsichtig sein muss mit Witzen über Gott.
Wenn euch immer gesagt, vielleicht gibt es sie ja doch. Und dann bereut man es. Nach dem Mittelalter kam dann die Aufklärung, genau das Dr. Sommer-Team unter den Zeitaltern. Das war ein wichtiger Schritt. Und damit war die Unschuld des kindischen Mittelalters sozusagen beseitigt. Seitdem leben wir in einer permanenten Unruhe. Der Philosophie-Professor Ralf Kronersmann
hat darüber ein Buch geschrieben namens Die Unruhe der Welt von Francis Bacon, 1620. Der beschrieb schon die Unruhe der Welt. Das heißt, seit 400 Jahren scheinen wir in einer Unruhe zu leben. Und es geht uns doch immer wieder erstaunlich gut. Karl Marx hat dann die Unruhe sozusagen als einzige Möglichkeit der Verbesserung der Welt gepriesen. Das heißt, ohne Unruhe können wir die Welt auch nicht verbessern.
Und es ist noch viel mehr Unruhe, weil wir natürlich auch ökonomisch in letzter Zeit bedroht wurden. Nicht, dass es Gott schon nicht mehr gibt und manche nur noch so eine Mumie anbieten, sondern wir haben auch eine ökonomische Unruhe, weil wir sozusagen wie diese Hunde, die im 18. und 19. Jahrhundert noch wichtige Arbeitskräfte waren. Die haben sich da oben in so einem Hamsterrad gedreht und dann wurde das Fleisch besser gar über dem Feuer.
Der Hund ist im 19. Jahrhundert sozusagen von der Arbeitskraft zum Accessoire geworden. Und wir sind irgendwie auch alles solche Hunde, weil ganz, ganz viele Branchen und Geschäftsmodelle wegfallen. Das ist ja heute schon so, dass viele Jobs nicht mehr gebraucht werden. Und wenn wir erst mal wirklich intelligente Maschinen haben, dann wird es noch schwieriger für uns. Also auf allen Ebenen steigt diese Unruhe. Es geht nicht nur um Information.
Die Welt wird immer bunter und manchen wird sie sozusagen so bunt. Wie kommen wir also aus der Nummer wieder raus? Die Pubertät als Krise hat ja einen Zweck, und zwar uns geschlechtsreif zu machen, damit wir irgendwann Kinder zeugen können. Es ist die Frage, wie kommen wir aus diese Krise gerade raus, aus der Pubertät der Gesellschaft sozusagen?
Das ist sozusagen das optimistische Szenario. Alle Menschen werden Freunde und trinken Smoothies miteinander. Das schlechte Szenario bedeutet natürlich endlose online Shitstorms. Wir brauchen dazu drei Arten von Reife. Ich hoffe, ich kriege das jetzt noch hin. Einmal die körperliche Reife. Es ist ganz wichtig, dass die Technologie uns weiterhin erlaubt, dass die Information frei ist.
Wir brauchen dazu gute Regeln und Gesetze, gegenwärtige Regeln und Gesetze, um das Internet so zu gestalten, wie wir es möchten, demokratisch. Das schließt eine Netzneutralität, Freiheit von Überwachung, kurz, möchte ich es nennen, digitaler Frieden. Dafür müssen wir genauso kämpfen wie Teenager darum, dass sie abends länger wegbleiben dürfen. Wir müssen für unsere Autonomie kämpfen.
Zweitens gibt es eine Art von emotionaler Reife. Wir müssen uns fragen, müssen wir uns immer wieder von irgendwas emotional berühren lassen, wenn irgendein Star stirbt? Zum Beispiel. Es hat viel mit Filtermechanismen zu tun und mit geistiger Reife. Was kommt auf welchen Haufen? Was ist relevant? Wofür habe ich Kapazitäten? Was ist überhaupt ernst gemeint? Was ist echt?
Zu was muss ich mich verhalten? Manchmal hilft es dabei, Bilder einfach auf den Kopf zu stellen, wie das Bild von den Fledermäusen, die von der Decke hängen. Wenn man es umdreht, sieht es aus, als würden sie wunderbar tanzen. Das gibt so ein Beispiel dafür, dass man sich immer wieder fragen sollte, was wäre eigentlich, wenn das Gegenteil wahre wäre? Welche Argumente meines Gegners sind gut? Ist es immer so, dass Propaganda nur die anderen sind?
Muss ich den anderen immer böse Absichten unterstellen, nur weil sie auf der Gauss-Normalverteilung woanders liegen? Wie gehe ich mit anderen Meinungen um? Genauso liegt es wirklich an der Technologie oder sind es meine Freunde? It's Facebook. It's your friends. Wenn dich irgendwas auf Facebook aufregt, versucht zu differenzieren. Geht es wirklich um Technologie oder geht es eigentlich um meine schlechte Auswahl,
meinen schlechten Filter an Bekanntschaften? Dabei hilft interessanterweise, sich Informationen noch mal genauer anzugucken. Weil was ist eigentlich Information? Informationen sind Daten plus Kontext. Könnte man weiterführen mit was ist eigentlich Wissen? Wissen braucht auch noch mal mehr Kontext, braucht Empirie. Da sehen wir schon, Information, die wir immer so neutral betrachten,
ist hochgradig kontextrelevant. Es gibt keine neutrale Information. Wir stellen immer den Kontext her. Dann habe ich ein letztes Beispiel. Das dauert noch eine Minute 30, ich hoffe ich darf es noch zeigen. Dafür, wie wir mit diesen Empirungskaskaten vielleicht umgehen können und wie nicht. Das ist Fritz. Wer kennt Fritz?
Ist gut, dass ihn in Deutschland noch niemand kennt. Fritz ist ein Golden Retriever. Er lebt in den USA und er hat ein Problem. Also er kriegt genug zu essen. Er kriegt ein hübsches Halsband um. Er hat ein nettes Härchen, das ihn sogar filmt. Er kann nur leider nicht fangen. Keine Sorge, er bekommt auch ordentliches Futter manchmal.
Da kriegt er jetzt eher so Donuts hingeworfen. Weil Fritz nicht fangen kann und weil alle so lachen, wie ihr gerade, wenn sie das sehen, ging das Video total viral. Es hat Millionen von Klicks, aber tausendmal geteilt, auf YouTube und auf Facebook. Was lernen wir daraus? Hunde sind mal ein bisschen doof, aber
Menschen sind sehr, sehr schadenfroh. Sie können über sowas lachen. Es gibt aber auch Menschen, die haben großes, großes Mitleid mit Fritz empfunden. Wir sind alle eher auf der lustigen Seite der gausschen Normalverteilung. Wir finden sowas witzig. Wir würden das vielleicht auch mit unseren Freunden teilen. Es gibt aber auch Tierschützer, die gesagt haben,
das ist völlig unethisch. Das kann man doch nicht zeigen. Die haben sich bei Facebook gemeldet. Natürlich massenhaft. Es gab eine Empörungskaskade. Die haben aktiviert. Es gab eine ganze Kampagne. Das ist auch gemein. Und am Schluss musste Facebook
oder hat Facebook auf die Initiative der Tierschützer hin. Achtung. Wie immer im Leben gibt es ein Happy End. Facebook hat dieses Video dann runtergenommen. Und jetzt können wir uns alle fragen,
war es richtig oder falsch, das Video runterzunehmen? Warum haben wir gerade gelacht, sind wir jetzt schlechte Menschen, und dass wir gelacht haben? Ist es überhaupt eine Frage von Gut und Böse? Das kann man die Frage immer beantworten. Ich würde sagen, wachsen und erwachsen werden ist ein sehr großes Abenteuer. Wir dürfen nicht vergessen, wie privilegiert wir sind, dass wir uns über solche Dinge streiten
wie über Fritz und die Moral dahinter. Jetzt habe ich einen Vortrag gehalten, eine halbe Stunde über digitale Pubertät und habe keinmal Jan Böhmermann gesagt. Das ist die größte Leistung. Diese Debatten, die wir führen, die uns wahnsinnig aufregen, die zeigen nur, wie privilegiert wir sind und dass wir vielleicht diese digitale Pubertät als Abenteuer begreifen. Denn was gibt es besseres für Kinder
als Erwachsene als Abenteuer? Auf der Kappe steht es, your only live ones. Vielen Dank, viel Spaß bei der Repubertät. Vielen Dank, Friedemann, für den Vortrag. Ich glaube, Felix Schwänzel, der vielleicht auch hier im Publikum sitzt,
hat nicht viel versprochen, hat gesagt, Friedemann ist einer derjenigen Republikerspeaker, die die schönsten Folien bauen können. Wir haben leider keine Zeit für Fragen. Es geht gleich weiter mit dem Programm. Vielen Dank.