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Die Geschichte der Zintl-Phasen

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Formal Metadata

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Die Geschichte der Zintl-Phasen
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Number of Parts
99
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CC Attribution - NonCommercial - ShareAlike 3.0 Germany:
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Prof. Dehnen erklärt die Forschungsgeschichte der Zintl-Phasen.
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Chemical compound
MetalGene clusterChemical compoundElectric currentSalt (chemistry)SolutionSodiumAmmoniaMeeting/Interview
AtomSolutionX-ray crystallographySolutionGermaniumIoneneSodiumAmes testSolventRennetPotentiometriePotenz <Homöopathie>MetalloidMaßanalyseRevenueAnionSalt (chemistry)AmmoniaMeeting/Interview
MetalChemical compoundIntermetallische VerbindungenSulfideCovalent bondChalkogenideElectronic health recordSalt (chemistry)AnionComputer animationMeeting/Interview
MetalInertgasLife expectancyPolyanionGeneral chemistryChemical compoundBlood vesselMineraliensucherSilanesNitrogenOrganic chemistryRadical (chemistry)BoranArgonBoraneIoneneAbzug <Chemisches Labor>Stock, AlfredAnionMercury (element)IonenstärkeCollisionNatural gasAnorganischer StoffLapis lazuliMeeting/Interview
Cross section (geometry)Ton <Geologie>
Mercury (element)Meeting/Interview
Transcript: German(auto-generated)
Die Verbindungen, die wir herstellen, lassen sich so ein bisschen in den großen Rahmen der sogenannten Zintelfasen einordnen.
Die Metalloidencluster ganz bestimmt, die anderen Verbindungen könnten auch eher so in Richtung der klassischen Salze gedeutet werden. Aber gerade diese Angriffung an die Zintelfasen ist der Teil, der uns auch besonders spannend vorkommt. Zintelfasen haben eine ganz interessante Geschichte. Man kennt sie seit weit über 100 Jahren eigentlich, aber noch nicht unter dem Namen.
Denn da gab es Wissenschaftler, Johannes war sein Name, der es dokumentiert hat, festgestellt, dass man Metalle in Lösungen, beispielsweise Natrium in flüssigem Ammoniak, das war damals schon zugänglich, einbringen kann. Und dann lösen sie sich unter Ausbildung einer extrem tiefen Farbe, tief grün oder so was.
Dem ist man damals natürlich nachgegangen, aber man hatte begrenzte Mittel. Es gab einen anderen Wissenschaftler, Kraus, der Anfang des 20. Jahrhunderts festgestellt hat, dass solche Lösungen elektrischen Strom leiten. Also irgendwas ist mit den Metallen passiert. Sie haben sich offensichtlich in Ionen umgewandelt. Näheres war auch noch nicht bekannt. Und dann kamen eben die Arbeiten von Zintel in den 30er Jahren.
Eduard Zintel hat unter anderem in Darmstadt geforscht und hat herausgefunden, dass in diesen Lösungen, in denen Ionen offensichtlich als Ladungsträger fungieren, sogenannte Poly-Ionen vorliegen. Er hat also festgestellt, und zwar über ein ganz interessantes Verfahren, über potentiometrische Titration. Das würde wahrscheinlich niemand mehr machen, aber man musste sich irgendwie helfen zu der Zeit.
Und es ist wirklich ein interessantes Untersuchungsverfahren. Damit konnte er auf die Zahl der Ladungsträger, auf deren Ladung und auf die Anzahl der Atome dann letztendlich rückschließen. Und hat so zum Beispiel festgestellt, dass eine Lösung von Germanium in einer vorgelegten Lösung aus Natrium in flüssigem Ammoniak,
das sind diese wunderschönen blauen Verfärbungen, die wir ja schon gesehen haben, wenn man da eben Germanium hineintut, das ist ein Halbmetall, dann bilden sich Ionen der Zusammensetzung GE9-4-, also was ganz abgedreht. Er hat dann auch einen Strukturvorschlag gemacht, sich überlegt, wie kann man denn neun Atome anordnen. Er meinte, das war wahrscheinlich ein Würfel, der in der Mitte noch ein neuntes Atom enthält.
Das stimmt nicht. Man hat dann in den 70er Jahren, also nochmal 40 Jahre später erstmals Kristallstrukturanalysen von entsprechenden Salzen anfertigen können. Das ist Zintel nicht gelungen, weil er es nicht geschafft hat, diese Lösungen so vom Lösungsmittel zu befreien, dass die Stoffe dann Kristallin vorlagen. In den 70er Jahren ist es durch einige Tricks gelungen.
Da waren dann Wissenschaftler wie John Corbett beteiligt in den Ames Labs in den USA oder hier in Deutschland zeitgleich. Es waren Konkurrenten auf dem Gebiet, Joachim Strele, Dieter Kummer und Mitarbeiter in Karlsruhe. Sie haben nachgewiesen, wie diese Teilchen wirklich aussehen. Man weiß es heute gut, es ist ein heterogenales Antiprisma, also mit zwei gegeneinander vertretenen Phyrexflächen,
wo eine dieser Flächen zusätzlich überkappt ist. Aber diese Forschungsarbeiten waren der Durchbruch in eine andere, neue Richtung. Polyanion, sowas kannte man vielleicht von Sulfiden oder vielleicht noch von anderen Chalkogeniden. Aber dass Metalle sowas machen, dass Metalle sich freiwillig negative Ladungen aufdrücken lassen, das war schon revolutionär.
Und Zintel zu ehren, wurden diese Verbindungen dann nach seinem Ableben in den 40er Jahren auch Zintelfasen genannt. Er selber hat diesen Namen nicht verteilt. Das hat der Kollege Fritz Lawes für ihn getan, nachdem es auch eine Sorte von intermetallischen Verbindungen gibt, die sogenannten Lawes-Phasen. Aber das ist wirklich eine spannende Verbindungsklasse.
Man kann sie einordnen in so einem Verbindungsdreieck, wo man zwischen ionischer, metallischer und kovalenter Bindung hin und her läuft. Und dann alle Permutationen zwischen kovalenten, homo-polaren Kovalenten und hetero-polar Kovalenten bis hin zu ionischen Verbindungen laufen kann. Von den ionischen Verbindungen dann hin zu den Metallen laufen kann.
Da irgendwo in dem Grenzbereich befinden sich die Zintelfasen, also nicht richtig Salz, nicht richtig Metall, sondern irgendwas dazwischen. Kovalente Bindung finden wir auch noch drin. Und Sie kennen inzwischen meine Vorliebe für Kombinationen. Und auch da wiederum sind diese verschiedenen Bindungsmodi alle in diesen Verbindungen vereint, was wirklich eine spannende Geschichte ist.
Zintelfasen zeichnen sich dadurch aus, dass sie unglaublich empfindlich sind in der Regel. Man kann die also nicht einfach der Luft aussetzen und damit sind es typische, synthetische Verbindungen. Also diese Formen an organischer Stoffe entstehen nicht in der Natur ohne Weiteres. Es gibt polyanionische Verbindungen in der Natur. Zum Beispiel das S3-Ion kommt im Lapis Lazuli vor.
Es hat eine tiefblaue Farbe, ist ein Radikal. Sowas ist stabil, aber diese Zintel-Ionen, diese metallischen Ionen oder Polyanionen von Metall oder halbmetallischen Stoffen, das kennt man der Natur nicht. Aber deswegen passt diese Forschung vielleicht auch ganz gut nach Karlsruhe seiner Zeit. Ich habe erzählt, dass das Kummer und Strähle diese Verbindungen dort untersucht haben.
Karlsruhe ist noch verknüpft mit einem anderen sehr empfindlichen Stoff oder mit einer Stoffklasse und zwar mit den Silanen und den Boranen. Es gab in Karlsruhe im letzten Jahrhundert auch einen Forscher namens Alfred Stock, der sich sehr verdient gemacht hat um die Erforschung solcher Silanen und Borane. Und der hat die Karlsruhe als Stockapparatur bezeichneten Apparaturen entwickelt.
In anderen Teilen der Welt werden sie Schlenklines genannt. Diese Stockapparaturen haben letztendlich den Aufbau, wie man sie heute von diesen Schlenklines kennt. Sie haben zwei unterschiedliche Röhrensysteme. Durchs eine zieht man Luft heraus, also erzeugt Vakuum.
Durch die andere Röhre bläst man dann ein Inertgas in diese Gefäße hinein, zum Beispiel Stickstoff oder Argon. Und so kann man schaffen, mit sehr, sehr empfindlichen Substanzen zu arbeiten, die an Luft oder an feuchter Luft sofort zersetzt würden. Aber bevor diese Apparaturen entwickelt wurden, hat Alfred Stock eine ganz andere Synthesemethode verwendet.
Um unter Luftausschluss zu arbeiten, hat er sich eine riesige Quecksilberwanne in seinen Abzug gestellt, dann eine Scheibe so bis auf die halbe Höhe gehängt und hat durch die Quecksilberwanne hindurch gegriffen. Perfekt Luft abgeschlossen. Aber jeder, der sich ein bisschen mit Chemie auskennt, weiß, dass sowas nicht so wahnsinnig gesund ist. Und man sagt Herrn Stock nach, dass er am Ende seines Lebens auch nicht mehr allzu viele Haare und Zähne hatte.
Also richtig gesund nicht, aber es war eine geniale Methode, um tatsächlich den sehr empfindlichen Substanzen auf die Spur zu kommen. Und das ist ein Zeichen dafür, wie Wissenschaftler früher manchmal auch alles Kopf und Kragen riskiert haben, um einer Substanzklasse auf die Schliche zu kommen.
Ja, das ist natürlich so tragisch, es ist natürlich in irgendeiner Form aber auch überholt. Inzwischen ist dieses Gebäude, in dem Stock gearbeitet hat, komplett entkernt. Das war wahnsinnig quecksilberkontaminiert. Es ist ein schönes Gebäude geworden. Inzwischen sind die Architekten in dem Institut, aber ihnen geht es allen gut.