Die Struktur von Viren
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Number of Parts | 99 | |
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Identifiers | 10.5446/18775 (DOI) | |
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ProteinStrukturchemieGeneProteinBase (chemistry)ChemistLecture/Conference
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DNS-SyntheseMoleculeWaterfallHexagonal crystal systemMustSunscreenCrystallographyPlänerPineneAtomAnsatzCapsule (pharmacy)QuasicrystalProteinChemistLife expectancyFullereneToll-like receptorProteinMolecular geometryLecture/Conference
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WaterfallChemistPolymorphismStrukturchemieLecture/Conference
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Computer animation
Transcript: German(auto-generated)
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Haus aus Strukturchemiker und ich interessiere mich aber allgemein für
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Strukturen und deswegen möchte ich heute was erzählen über die Strukturchemie oder Strukturbiologie von Viren. Und zwar von icosaetrischen Viren hauptsächlich oder ausschließlich, weil da gibt es ja sozusagen noch verschiedene Symmetrieformen. Das hat angefangen letztendlich sozusagen
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nach der Entdeckung der Struktur der DNA durch Watson und Crick, wo man sich also sozusagen zum ersten Mal überlegen konnte, wenn man die DNA kennt von Viren und wie lang die ist und man wusste sozusagen, wie viele Basen man braucht, um
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bestimmte Gene zu konstituieren, um ein bestimmtes Protein zu codieren. Dann konnte man also relativ früh erkennen, dass die DNA von typischen Viren im Prinzip viel zu kurz ist, um jetzt sozusagen sehr viele Proteine zu codieren, sondern man hat im Prinzip gefunden, dass die DNA eben Länge hat, die eben für
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eine Handvoll von Proteinen ausreicht und eben nicht für mehr. Das heißt, im Umkehrschluss haben sich dann auch Watson und Crick überlegt, was bedeutet das jetzt für die Struktur von Viren. Und die Annahme eben ist sozusagen die, dass man eben diesen Fall hat, dass man relativ geringe Anzahl von Proteinen besitzt, die nur codiert werden auf der DNA, dann darf
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also auch die Hülle von einem Virus sozusagen nur von wenigen verschiedenen Proteinen zusammengesetzt sein. Das heißt, die Anzahl ist da limitiert. Und dann kommt man eben auf die Überlegung, was gibt es da eigentlich für Möglichkeiten. Das heißt, die Baueinheiten der
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Virushülle, die Virushülle nennt man normalerweise Capsid und diese Baueinheiten, also Capsomere, die müssen eben im Prinzip alle identisch sein. Und jetzt kann man sich fragen, okay, die müssen aber auch, wenn sie die Virushülle stabil aufbauen wollen, irgendwie miteinander wechselwirken. Das heißt, die Überlegung von Watson und Crick war, okay, was für
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geometrische Körper gibt es, bei denen diese Bedingungen erfüllt sind. Und da kommt man zunächst mal auf die platonischen Körper. Das sind sozusagen die einfachsten oder die regulärsten Polyeder, die es gibt. Es gibt eben fünf verschiedene. Tetraeder, Octaeder, Würfel, Nodicaeder und Icosaeder. Und da kann man jetzt sozusagen fragen, okay, welches davon
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kommt in Frage. Und im Prinzip landet man relativ schnell beim Icosaeder zunächst mal als Hypothese. Weil das Icosaeder der platonische Körper ist, der einfach sozusagen das beste Verhältnis zwischen Oberfläche und Ich möchte einerseits möglichst viel DNA einschließen. Das heißt, das
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eingeschlossene Volumen soll möglichst maximal werden. Gleichzeitig möchte ich möglichst wenig Baumaterial sozusagen verbrauchen. Das heißt, die Oberfläche soll möglichst minimal sein und das erfüllt im Prinzip eigentlich in Dreidimensionen die Kugelgestalt. Und wenn man eben bei
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Polyedern bleibt, ist das das Icosaeder. Stabile Polyeder in dem Das heißt, Polyeder, die Dreiecksflächen als Begrenzungsflächen haben. Dann kann man noch fragen, okay, gibt es noch irgendwelche Vorteile, die Icosaeder oder Icosaeder-artige Polyeder haben könnten. Das ist dann
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im Hinblick auf kristallografische Fragestellung vielleicht interessant, dass man nämlich sozusagen qualitatives Argument geben kann, dass man sagt, Icosaeder sind nicht mit Kristallografischen Gittern oder mit Translationsperiolizität im strengen Sinne vereinbar. Das heißt, wenn die Natur irgendeine Form, eine
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geometrische Form suchen wollte, die eine möglichst geringe Tendenz zur Kristallisation hat, dann sollte es im Prinzip ein Körper sein mit idealer Icosaeder-Symmetrie. Das heißt jetzt wiederum nicht, dass wir nicht kristallisiert werden könnten. Das geht also auch, aber im Prinzip
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ist der Gedanke also, dass Kristallisation eigentlich mit dem Leben, mit dem Begriff des Lebens irgendwie unvereinbar ist und deshalb lebende Systeme eigentlich vermeiden wollen, zu kristallisieren. Wenn man Viren als lebende Systeme betrachtet, das ja auch sozusagen Auslegungssache ist,
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dann wollen die eben sozusagen auch vermeiden, zu kristallisieren. Jetzt gibt es aber ein Problem, nämlich das einfache, dass Icosaeder zu klein ist. Das heißt, wenn ich gleichgroße Kugeln hab, meine Kapso-Mehre und die sozusagen Icosaetisch anordnen, sodass die
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Kapso-Mehre sich auch berühren, dann schließe ich in Volumen ein, das etwas kleiner ist als so ein Kapso-Mehr. Das reicht aber im Prinzip nicht aus für die DNA, die ich da verpacken möchte. Jetzt gibt es, in den 60er Jahren gab es dann eine Theorie oder einen Vorschlag von Caspar und Kluge, die haben das sozusagen gelöst, dieses Problem, und zwar indem sie auch ausgegangen sind von der
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Kugelgestalt und dann die Kugeloberfläche trianguliert haben, das heißt in Dreiecke zerlegt haben und dabei eben die Icosaetrische Symmetrie betrachtet haben. Wenn man so eine Kugelgestalt formen möchte, dann braucht man irgendein Element,
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was die Krümmung erzeugt. Wenn ich jetzt sozusagen ein chemisches Beispiel nehme, dann wäre das das Fullerene C60, wo ich ausgehend gehe von einer Grafittschicht von einer einzelnen, die aus Sechsecken besteht und die planar ist. Und wenn ich jetzt Krümmung erzeugen will, dann muss ich
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eben sozusagen Schnitte vornehmen in diese Sechseckschicht und muss aus bestimmten Sechsecken Fünfecke machen. Nur dadurch bekomme ich dann die Krümmung und wenn ich eben 12 Fünfecke habe und die gleichmäßig verteile, eben entsprechend den Ecken eines Icosaedas, dann komme ich eben zum C60-Molekül. Und im Prinzip gilt dasselbe also auch für Viren, das heißt
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ich habe 12 Eckpunkte, an denen die Kapsomeere von fünf anderen Kapsomeeren umgeben sind, das heißt wo sich eben Pentameere bilden und ich habe dann dazwischen eine unterschiedlich große Zahl an Eckpunkten, wenn man so will
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oder Gitterpunkten, wo ich eben Hexameere habe, also nicht mehr Pentameere, sondern eben Hexameere, ein Teilchenmeere. Und weil das eben nicht äquivalent ist, aber weil das trotzdem noch eine gute Näherung ist und zwar eben auch so gut, dass in der Natur tatsächlich eben gemacht wird oder auftritt, heißt das läuft das ganze eben auch
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unter dem Begriff der Quasi-Äquivalenz. Dieses Casper-Klug-Schema ist im Prinzip sehr mächtig, was die Erklärung angeht, das heißt eine große Anzahl von Viren lassen sich dem zuordnen. Und die Idee ist immer dieselbe, man kann sozusagen ausgehen von einem zweidimensionalen Dreiecksgitter
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und kann dann sozusagen auf diesem Dreiecksgitter immer wieder sozusagen das Netz von einem Icosaeda abbilden und also verschiedene Eckpunkte sozusagen auf diesem Dreiecksgitter mit den Ecken des zukünftigen Icosaedas identifizieren, dann daraus das Netz falten
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und kriegt dann eben eine Tri-Evangulation der Kugeloberfläche mit Icosaedasymmetrie. Und das Schema kann ich eben im Prinzip so weiterführen. Also ich habe im Prinzip bestimmte Werte, die ich dir das Ganze annehmen kann, aufgrund des Ausgangspunktes
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des zweidimensional-hexagonalen Gitters. Da gibt es eben bestimmte Möglichkeiten, aber im Prinzip ist das nicht begrenzt nach oben. Das heißt, ich kann sozusagen beliebig große Virus-Hüllen damit erklären. Und die Natur macht natürlich bevorzugt jetzt nicht sehr große Virus-Hüllen, es gibt auch welche,
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die sehr groß sind, aber bevorzugt sind natürlich die kleinen Werte. Und damit kann ich aber sehr viel erklären. Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass diese Polyeder zum Teil in chiralen Formen vorkommen. Das heißt, es gibt Virus-Hüllen, die sind sozusagen linkshänig und Virus-Hüllen, die sind rechtshänig.
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Und zum Beispiel bei den Papillomviren, also bei den Warzenviren, da gibt es zum Beispiel die eine Form und bei den sogenannten Polyomaviren, die auch in diese Richtung gehen, gibt es eben die andere Form. Das heißt, da werden beide Händigkeiten
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tatsächlich in der Natur realisiert. Das ist jetzt im Prinzip ein sehr gutes Modell, was eben die meisten Fälle schon erklärt, aber es gab trotzdem so bestimmte Fälle, nämlich zum Beispiel bei diesem Polyomavirus, wo das Modell nicht alles erklären konnte. Und zwar gibt es bei diesen Viren ist die
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Voraussage auch so, dass man im Prinzip also an den Eckpunkten Pentameere haben sollte und an den Zwischenpunkten Hexameere. Und was man aber experimentell findet, sind nur Pentameere, was in gewisser Weise sogar effektiver ist, weil ich sozusagen nur eine Art von Capsomea und eine Art von Capsomea-Umgebung habe, was aber eigentlich nicht zu dem Modell
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von Caspar und Klupp passt. Dieses Rätsel sozusagen wurde jetzt kürzlich erst gelöst von einer Mathematikerin, die Konzepte auf diese Viren angewendet hat, die man eigentlich auch aus der Kristallografie kennt, nämlich die Penrose-Paketierung.
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Das fällt also unter den Begriff quasi-Kristalle oder quasi-periodische Muster. Und diese Mathematikerin hat also sozusagen diese Muster übernommen, eben auf die Kugelform übertragen und konnte damit erklären, ziemlich schlüssig erklären, zumindest qualitativ, wie es dazu kommt, dass man also dort
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nur Pentameere findet. Dann gibt es in der letzten Zeit weitere Arbeiten von einem theoretischen Physiker, der eben auch aus der Kristallografie stammt, festgestellt hat, dass diese Viren bestimmte Skalierungsgesetzen gehorchen. Also wenn man die Virenhülle nimmt, sozusagen die äußere Form,
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dann gibt es ja auch meistens oder gibt ja auch eine innere Hülle. Und bei manchen Viren gibt es sogar mehrfach mehrfache Hüllen oder es gibt bestimmte Andockstellen für Proteine. Und dann, was man dort dann gefunden hat, ist, dass man sozusagen, wenn man von einem Basisabstand ausgeht, also einen bestimmten Minimalabstand zwischen Protein oder zwischen bestimmten Atomen
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oder zwischen bestimmten Kapsomeren, dass man dann allein über kristallografische Skalierungsfaktoren im Prinzip die ganze Struktur beschreiben kann. Also da taucht dann meinetwegen wieder der goldene Schnitt auf als Skalierungsfaktor. Und was man dann im Prinzip hat, ist also keine Periodizität natürlich
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in drei Raumrichtungen, sondern man hat in gewisser Weise eine Periodizität, die sich radial fortsetzt. Und diese Skalierungsfaktoren, die beschreiben eben das Verhältnis dieser Hüllen zum Beispiel. Und das Tolle ist, dass ich sozusagen mit einem einzigen Parameter,
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den ich ans Experiment anpassen muss, nämlich diesen Minimalabstand, die gesamte Organisation dieses Virus beschreiben kann. In dieselbe Richtung geht eine weitere Arbeit von einem Kristallographen und von einem anorganischen Strukturchemiker Andersen. Der hat den Ansatz gewählt,
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dass er also mathematische Funktionen im Prinzip erfunden hat oder kombiniert hat so, dass diese also als Konturfläche die Oberfläche eines Virus wiedergeben. Und das basiert sozusagen im Prinzip auf E-Funktionen, die man aufeinandersummiert.
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Und in den E-Funktionen ist im Prinzip auch schon die Symmetrie in einer speziellen Weise kodiert, nämlich über die Art und Weise, wie ich die Koordinaten beschreibe. Und diese Funktion hat dann eben, bildet eine Konturfläche ab. Und es gibt eben eine einzige Konstante, nämlich diese Iso- oder Iso-Konturkonstante,
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die man variieren kann. Und es geht praktisch in dieselbe Richtung. Ich habe also eine mathematische Gleichung, die ich sozusagen analytisch hinschreiben kann aus lauter E-Funktionen mit Koordinaten und einer Konstante. Und je nachdem, wie ich diese Konstante jetzt zugegeben von Hand variiere,
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habe ich, beschreibe ich meine Virusstruktur. Und zwar eben auch nur wieder mit einem Parameter. Beziehungsweise je nachdem, wie ich das anpasse und im Einzelfall genau mache, kann ich eben auch wieder unterschiedliche Virusstrukturen beschreiben. Und das ist sozusagen der gemeinsame Hintergrund unter diesen Phänomenen,
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dass ich sozusagen hoch korrelierte Systeme vor mir liegen habe, diese Virusstrukturen. Und dass ich so etwas habe, wie dreidimensionale Resonanzphänomene. Das heißt, man kennt ja das Bild vom nie so einfacher Atommodell mit stehenden Wellen. Und dann habe ich im Prinzip in Dreidimensionen auf der Kugelloberfläche sozusagen auch stehende Wellen.
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Und je nachdem, wie die dann im Einzelfall ausfallen oder je nachdem, wie die stabil sind, bekomme ich eben unterschiedliche Konturflächen und damit sozusagen unterschiedliche Virenformen. Und diese ganzen Forschungen sind sozusagen alle von Nebenfächlern gemacht worden.
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Kristallografen, Mathematikern und Strukturchemikern und sind alle jetzt in den letzten zehn Jahren ungefähr, haben alle in den letzten zehn Jahren stattgefunden. Und das Interessante ist eigentlich, dass man im Prinzip immer noch nicht versteht, warum es so ist oder was der Hintergrund dafür ist oder letztendlich die Frage,
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wie sich so ein Virus aus den einzelnen Kapsomeren zusammenbaut. Denn es muss sozusagen irgendwelche lokalen Kräfte geben, die bestimmen, dass am Schluss diese Kugelform rauskommt. Ich meine, es gibt noch Phänomene wie Polymorphie, aber im Prinzip in sehr vielen Fällen kommt eben diese Kugelform raus.
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Und selbst wenn man in Betracht sieht, dass es verschiedene Mechanismen gibt und irgendwelche Template oder Präorganisationen, ist eben die Frage, denke ich, noch ungeklärt, wie es letztendlich direkt vonstatten geht. Und das ist dann interessant, dass sozusagen Strukturchemiker da einen Beitrag liefern können.