Digitalisierung in der Kita: Das Beispiel Bildungsdokumentation
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Identifiers | 10.5446/63644 (DOI) | |
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Einen echten Digitalisierungsschub hat es in den vergangenen Jahren im Bereich der Bildungsdokumentation gegeben. Immer mehr Kindertageseinrichtungen nutzen hier digitale Werkzeuge. Doch schauen wir uns erst einmal an, worum es bei Bildungsdokumentation eigentlich geht
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und wo eventuell auch Probleme liegen. Bildungsdokumentation ist ein pädagogischer Schlüsselprozess. Denn mithilfe von Dokumentationen können Fachkräfte Bildungsprozesse bei Kindern anregen, begleiten und unterstützen. Dies geschieht vor allem, indem mithilfe der
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Dokumentation die genaue Wahrnehmung von bedeutsamen Situationen unterstützt wird, indem diese dann systematisch reflektiert werden, sowie mit Kindern, Kolleginnen und Kollegen und Eltern besprochen werden. Auf dieser Grundlage kann das Lernen der Kinder besser verstanden werden. Wie der Name nahelegt, geht es dann auch darum, diese Bildungsprozesse festzuhalten. Im Idealfall
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werden dadurch neue Bildungsprozesse angeregt. Typische und in Deutschland verbreitete Formen der Bildungsdokumentation sind Portfolios, also Ordner, in denen die verschiedensten Dokumente des Kindes über die gesamte Kita-Zeit hinweg gesammelt werden. Häufig finden sich in
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Portfolios Lerngeschichten und das ist die zweite wichtige Dokumentationsform. Lerngeschichten sind Beschreibungen und Analysen einzelner Situationen, die meist als Brief an das Kind formuliert und mit Fotos veranschaulicht werden. Außerdem gibt es noch Wanddokumentationen. Das sind Sammlungen von
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Dokumenten zu Aktivitäten mehrerer Kinder oder der gesamten Gruppe, die auf Plakaten oder Pin-Wänden aufgehängt werden. Dabei werden Fotos, Bilder der Kinder, ihre Kommentare und andere Dokumente als eine sprechende Wand aufgehängt. Projektdokumentationen sind Ordner oder Mappen, in denen Dokumente zu einem
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Projekt gesammelt und präsentiert werden. Obwohl Bildungsdokumentation in allen Bildungsplänen der Bundesländer fest verankert ist, wird sie in einem Teil der Einrichtung nur sehr oberflächlich durchgeführt oder fast gar nicht. Das liegt vor allem daran, dass im pädagogischen Alltag nur wenig
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Zeit für die Dokumentation vorhanden ist. Anders als Lehrerinnen und Lehrer verbringen pädagogische Fachkräfte nahezu ihre gesamte Arbeitszeit mit den Kindern, also im Gruppendienst. Außerdem fühlen sich viele Fachkräfte unsicher, wie sie die Dokumentation durchführen sollen. In diesem
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Dilemma zwischen der Notwendigkeit zu dokumentieren einerseits und mangelnden Ressourcen hierfür andererseits sind Dokumentations-Apps eine willkommene Lösung. In diesen Apps wird typischerweise für jedes Kind ein digitales Portfolio angelegt. Verschiedene Kategorien ermöglichen dann die Erstellung von Einträgen am Smartphone oder Tablet. Die Benutzeroberfläche ermöglicht es außerdem,
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Fotos, Videos oder Audioaufnahmen zu erstellen und ebenfalls einem Portfolio zuzuordnen. Darin sieht Marion Leopold, die sich intensiv mit digitalen Portfolios befasst hat, einen entscheidenden Vorteil. Das, was sehr schnell auf der Hand legt, ist, ich kriege plötzlich zusätzliche Ebenen. Ich
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kann multimedial werden. Das heißt, ich bleibe nicht beim unbewegten Bild stehen, sondern ich kann über Audio- und Videoaufzeichnungen Entwicklung hörbar und sehbar machen, was sowohl für die
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Teamreflexion als auch für Elterngespräche, aber natürlich auch für die Zusammenarbeit und den Austausch mit den Kindern toll ist, wenn man gemeinsam auf Dinge draufschauen oder drauf hören kann. Jedes Dokument kann einem oder mehreren Kindern gleichzeitig zugeordnet werden. Etwa,
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wenn mehrere Kinder in einem Video zu sehen sind oder eine gemeinsame Aktion festgehalten wird. Auch die Zuordnung von Dokumenten zu einem oder mehreren Bildungsbereichen ist möglich. Je nach Einstellungen können die Inhalte nur den pädagogischen Fachkräften zugänglich gemacht werden oder auch den Eltern. Dadurch sollen mehrere Einblicke in den Kita-Alltag ermöglicht
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werden, wie Ileana Dilger von Fröbel beschreibt. Wenn man das eben dann mit den Familien teilt, dass da einfach noch mal eine ganz andere Resonanz ist, dass die Familien was mitbekommen vom pädagogischen Alltag und von dem, was die Fachkräfte tagtäglich machen und dann einfach auch immer mal,
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also im besten Fall auch dann die Rückmeldung geben, dass sie das erfreut. Aber das ist auch was, was die Fachkräfte sehr motiviert und dann auch noch mal ein Anlass ist, noch mal anders auch mit den Familien ins Gespräch zu gehen. Also da zu sagen, ach Mensch, ihr habt doch das Experiment gemacht, da hätte ich auch was zu Hause. Also so, dass es dann noch mal schön ist,
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also die Fachkräfte sich auch gesehen fühlen. Aber das ist nicht nur für die Rezeption der digitalen Portfolios bedeutsam, sondern hat auch positive Auswirkungen auf die Partizipation, sowohl der Eltern als auch der Kinder, wie Eva Reichert-Garschhammer vom IFP beschreibt. Und was eben das Tolle ist, auch bei diesen Beobachtungs-Apps, man kann nicht nur Texte
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schreiben mit Fotos, sondern man kann im Endeffekt auch Sprachaufnahmen und machen auch Filmaufnahmen. Also das im Endeffekt ist, das bereichert das Portfolio total an. Und sie sind da wirklich zeitspanisch im Umgang mit Fotos und ausgefüllten Bögen. Also man kann, die Bögen werden dann ausgewertet, praktisch digital, das geht ja sehr schnell. Und was eben das auch noch mal so spannend
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macht, die digitale Kommunikation, sie können Eltern und Kinder ganz anders einbinden. Die können im Endeffekt, die Eltern können mal eine Seite für ihr Kind machen, sie können vielleicht das auch anschauen von zu Hause, wenn die Kita das gestartet. Und die Kinder können eben auch ihre eigenen Seiten machen, indem sie fotografieren vor allem. Und das sind neue Möglichkeiten,
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die eben auch die digitale Kommunikation bietet. Und was eben auch, sie steigern wirklich die Qualität der Portfolioarbeit, weil die Kinder werden viel aktiver einbezogen und damit wird Portfolio, wie wir es immer schon wollten, viel viel partizipativer. Und wir haben das auch gezeigt, jetzt in unserem Mukta-Fotografieren mit Kindern, da ist wirklich ein Kind, die durften in der Kita, das sind eure Lieblingsplätze, wo hält sie euch gerne auf. Und die Kinder durften
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da mit dem Tablet einfach mal durch die Einrichtung gehen und Fotos machen. Und hinterher haben sie da mit einer Collagen-App die verschiedenen Lieblingsplätze eben auf einen Plakat gebracht oder einen Sheet. Und sie durften den Hintergrund bestimmen und dieses Plakat oder was schön
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gestalten. Und der nächste Schritt ist, dass sie es dann ausdrucken, mit Unterstützung der pädagogischen Fachkraft. Und dann können sie das Ganze wieder in ihr Ordner einfügen. Also das sind schon so Sachen, wo man sagt, okay, dann macht das Kind das Taktisch Akteur seiner Seiten. Und das sind schon neue Wege, wo man denkt, da zieht ja jede Fachkraft, dass das für beide Seiten Gewinn ist. Dann ist Portfolioarbeit auch keine mittelbare Tätigkeit mehr, sondern im Endeffekt ist es auch ein Bestandteil
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der Bildungsarbeit. In vielen Apps ist es auch möglich, dass die gewünschten oder vorgeschriebenen diagnostischen Verfahren, zum Beispiel eine Sprachdiagnostik, integriert werden und an die Stelle der von Hand auszufüllenden Bögen treten. Nichtsdestotrotz sollen die Portfolios auch gerade
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für Kinder leicht zugänglich bleiben. Wie eingangs beschrieben, geht es ja gerade auch darum, mit Kindern gemeinsam über Situationen nachzudenken und neue Bildungsprozesse anzuregen. Deshalb werden heute die digitalen Portfolios meist zusätzlich ausgedruckt und in den Gruppenräumen für Kinder zugänglich aufbewahrt. So beschreibt es auch Marion Leopold.
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Mit der aktuellen technischen Ausstattung in den Einrichtungen ist es für mich über einen rein digitalen Weg schwer vorstellbar. Es mag diese wenigen Ausnahmen geben, aber wenn ich
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jetzt mal von der Durchschnittskita ausgehe, gehe ich nicht davon aus, dass genug technische Ausstattung für solche Formen da ist und deswegen glaube ich, brauchen wir weiterhin die ausgedruckten Portfolios, die einfach für die Kinder zugänglich sind. Das wäre für mich jetzt Stand heute noch
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so ein Eckpunkt, der nicht kritisch zu sehen ist, aber den man einfach im Fokus behalten muss, wenn man über die digitale Dokumentation spricht. Die Dokumentations-Apps ermöglichen also eine ganze Menge an Vereinfachung und Systematik. Die Umstellung auf ein digitales Portfolio kann aber
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auch noch mal ein Anlass im Team sein, sich intensiver mit den Zielen und Formen der Bildungsdokumentation zu befassen. Hierzu noch einmal Iliana Dilger. Das ist auf jeden Fall eine Erfahrung, die wir gemacht haben, dass die Digitalisierung der Dokumentation zu einer
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erneuten Auseinandersetzung mit dem Thema Dokumentation grundsätzlich auch geführt hat und zu einer auch Professionalisierung in dem Bereich, würde ich sagen. Also wir bei Fröbel definieren Qualitätsstandards für Beobachtung und Dokumentation und vermitteln diese auch in unserem Curriculum Seminaren oder auch in Weiterbildung zu speziellen Beobachtungsverfahren.
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Und trotzdem haben wir gemerkt, dass im Zuge der Digitalisierung wirklich noch mal viel intensiver auch sich damit auseinandergesetzt wurde und wir auch noch mal sowohl als Träger uns mit dem Thema beschäftigt haben, aber auch bei den einzelnen Kitas und die Fachkräfte. Und ganz besonders
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wichtig fand ich eigentlich diese Impulse für die Teambesprechung. Also nochmal diese Frage, warum dokumentieren wir eigentlich, wie häufig, mit welchem Verfahren, mit welcher Haltung auch und wie beziehen wir die Kinder ein, wie viele Fotos wollen wir machen, was ist da eigentlich pädagogisch sinnvoll und was teilen wir vielleicht auch mit den Eltern. Weil Technik allein macht keine
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Inhalte. Und das war wirklich so, ja, also dass wir auch immer, wenn wir uns über die Technik ausgetauscht haben, in den Träger übergreifenden Treffen, dass wir und die Softwarefunktionen vorgestellt haben, dass es dann immer um Inhalte eigentlich ganz schnell ging. Also immer ach,
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wie nutzt ihr das? Ach, die Wochendokumentation macht ihr aus Kindersicht. Ja, dann dürfen die Kinder die Fotos auswählen und das war einfach, das war wirklich sehr positiv. Dokumentations-Apps sind jedoch auch verführerisch. Durch die klare Vorstrukturierung kann man als
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Pädagogin oder Pädagoge einfach den vorgegebenen Formularen folgen. Eigene Gestaltungsnotwendigkeit besteht nicht und pädagogische Kompetenzen sind weniger notwendig und die App kann zu einer Art intellektuellen Hängematte werden. Ein Problem liegt darin, dass durch die leichte Verfügbarkeit
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der mobilen Geräte dauernd dokumentiert wird und jede Aktivität festgehalten wird. Dieses Problem sieht auch Marion Leopold. Wir müssen aufpassen, dass wir, ich nehme das böse Wort jetzt in den Mund, das gläserne Kind produzieren. Also wenn wir anfangen, jeden Schritt und jeden Pups zu dokumentieren, schießen wir halt auch am Ziel vorbei. Also ich kann durchaus sehen,
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dass es in Einrichtungen, die sich nicht vorher auch im Team darüber verständigen, eine, ich sag mal fast Fotoschwemme gibt. Es wird sehr, sehr viel plötzlich fotografiert. Das heißt, hier muss ich schon sensibel vorgehen, auch im Team und besprechen, was ist es eigentlich wert für
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uns auch fotografiert zu werden, warum fotografieren oder nehmen wir auf. Und genau dasselbe muss ich auch mit den Kindern machen, auch hier Regeln und Leitlinien zu erarbeiten, damit man eben nicht alles und überall dokumentiert. Damit zusammenhängt auch die mögliche Arbeitsverdichtung,
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die sich für pädagogische Fachkräfte ergibt. Die Anforderung, mit den Kindern zu interagieren, zugleich aber auch quasi nebenbei zu dokumentieren, ist sicher nicht ganz einfach. Inhaltlich sollte zudem geprüft werden, wie die reine Dokumentation von anderen pädagogischen Aktivitäten abgegrenzt
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ist oder ob sie mit diesen verschmilzt, etwa wenn die Online-Diagnostik nur einen Klick entfernt ist oder durch die App automatisch Bücher zum Kauf oder Weiterbildung zur Buchung angeboten werden. Schließlich ist auch darauf zu achten, dass die in der App gespeicherten Daten sicher aufbewahrt
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werden. Hierzu hat das Staatsinstitut für Frühpädagogik IFP eine Expertise erarbeitet, die entsprechende Empfehlungen gibt. Der Einsatz digitaler Dokumentationsverfahren bietet also zahlreiche reizvolle Perspektiven. Er sollte aber gut durchdacht sein und sinnvoll in ein Gesamtsystem der Dokumentation integriert werden.
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Vielen Dank für's Zuschauen!