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Gerechtigkeit 4.0

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Titel
Gerechtigkeit 4.0
Untertitel
Makroökonomische Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Süden
Serientitel
Anzahl der Teile
254
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Abstract
In den gegenwärtigen Debatten um die Digitalisierung werden systemische und strukturelle Auswirkungen der Digitalisierung auf Entwicklungs- und Schwellenländer und damit verbundene potentielle Risiken und Herausforderungen bislang kaum betrachtet und diskutiert. Ein schwerwiegendes Versäumnis, hatte doch bereits die Weltbank, einer der größten Förderer von IKT in den Ländern des Globalen Südens, in ihrem Weltentwicklungsbericht ‚Digital Dividende‘ (2016) selbstkritische eingeräumt, der digitale Wandel bleibe nicht nur hintern, sondern verschärfe die soziale Ungleichheit. Der Vortrag setzt sich mit der Frage auseinander, inwiefern die Digitalisierung zur Überwindung von Armut und sozialer Ungleichheit in den Ländern des Südens beitragen können. Erweitern sie die Chancen auf gesellschaftliche und ökonomische Teilhabe von benachteiligten Menschen oder verengen sie diese? Schwerpunkt der Analyse bildet die Auseinandersetzung mit dem digitalen Handel. Fast unbemerkt hat sich in der Handelspolitik eine neue Dynamik entwickelt. Führende Tech-Konzerne, allen voran die aus dem Silicon Valley, instrumentalisieren zunehmend das Handelsrecht für ihre Interessen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um die Reduzierung von Zöllen auf digitale Produkte wie Software oder einheitliche Standards für Telekommunikationsdienste. Patente auf Künstliche Intelligenz sowie die (Nicht)Regulierung von Datenflüssen sind inzwischen auch Bestandteil handelsrechtlicher Regelungen und Gegenstand kontroverser Debatten in der Welthandelsorganisation WTO. Für die Länder des Globalen Südens – aber nicht nur für sie – steht dabei viel auf dem Spiel, einschließlich der Gefahr eines neuen, digitalen Kolonialismus. Im Vortrag zeigt zudem erste Ansätze zum Aufbau einer fairen und menschenwürdigen Digitalisierung auf. Vom E-Commerce zum digitalen Handel Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia, mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting. Der elektronische Handel war geboren. Ein Jahr später ging Amazon mit seinem ersten Buch an den Start. Während in der Frühphase des E-Commerce vor allem materielle Güterverkauft wurde, kamen in der Folgezeit, aufgrund technischer Fortschritte, neue Produkte und Vermittlungswege hinzu. Eine Welt ohne digitale Dienstleistungen (wie der Fahrkartenkontrolle per App) und digital übermittelt Produkte (wie z. B. Video-Streaming) ist heutzutage nicht mehr vorstellbar. Mit der Verlagerung der gehandelten Güter von materiellen Produkten zu immateriellen wandelte sich auch die Begrifflichkeit. So verdrängte der Terminus des „digitalen Handels“ zunehmend den des „elektronischen Handels“. Asymmetrische Einbindung des globalen Südens Mit dem digitalen Handel und der Digitalwirtschaft werden häufig große Hoffnungen für den Globalen Süden verknüpft. Die Schaffung neuer, digitaler Märkte sei mit hohen Wachstumsraten verbunden, einhergehend mit einer Steigerung des Wohlstandes, behaupten nicht nur Tech-Konzerne, sondern auch Akteure aus der Entwicklungszusammenarbeit. Ein Bericht der Vereinten Nationen kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis. Demnach verteilt sich der Handel mit digitalen, immateriellen Gütern noch ungleicher, als beim traditionellen, analogen Handel. Auch beim Handel mit IT-Produkten, wie Laptops oder GPS-Geräten, geraten die Entwicklungsländer ins Hintertreffen. Die ökonomischen Folgen für die Länder des Südens sind schwerwiegend: Viele Entwicklungsländer leiden unter (1) Handelsbilanzdefiziten, (2) geringeren Staatseinnahmen und (3) erschwerten Bedingungen zum Aufbau einer eigenen, lokalen Digitalwirtschaft. Daten – Der Zankapfel in neuen Handelsabkommen Ein Anfang 2019 in Kraft getretenes Mega-regionales Handelsabkommen, dem elf Staaten angehören, darunter wichtige OECD-Länder (Japan, Kanada, Neuseeland, Australien, Chile, Mexiko), geht weit über bisherige Verträge zum digitalen Handel hinaus. Gleiches gilt für das von Trump vor drei Monaten abgeschlossene Handelsabkommen mit Japan. Beide verfolgen die Nicht-Regulierungsagenda des Silicon Valley, die seit 2000 zur offiziellen Handelspolitik der USA erklärt wurde. Demnach sollen in Handelsabkommen der USA folgenden Verbote hineinverhandelt werden: • Verbot von Zöllen • Verbot einer Digitalsteuer • Verbot lokaler Datenspeicherung • Verbot Quellcodes zu öffnen Digitalisierung von Wertschöpfungsketten Neben den hohen Wachstumsraten beim digitalen Handel, setzen viele Akteure aus der Entwicklungszusammenarbeit auch große Hoffnungen auf die Digitalisierung globaler Lieferketten. Sie versprechen sich davon gleich mehrere positive Impulse: Eine verbesserte Effizienz, mehr Produktivität und Transparenz sowie dem, aus entwicklungspolitischer Perspektive entscheidenden Faktor: Eine erhöhte Wertschöpfung für jene Menschen, die am Anfang der Lieferkette stehen, wie beispielsweise Kleinbauern in Kamerun Erste Untersuchungen, u. a. am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten, bestätigen diese Hoffnungen, allerdings nur zum Teil. Durch die Anbindung an das Internet hat sich die Kommunikation der Teepflücker mit anderen Akteuren aus der Lieferkette verbessert; auch können sie ihre Arbeit effizienter und transparenter gestalten. Trotz dieser Fortschritte hat sich jedoch die Einkommenssituation der Teepflücker*innen nicht verbessert, da die Anzahl potentieller Lieferant*innen mit gleichwertiger Qualitätsteigt an, wodurch diese verstärkt miteinander in Konkurrenz treten. Faire Gestaltung der Digitalisierung „There is no time to lose in taming the power of the digital. We can either surrender our digital future, or we can take ownership of it.” (‘Digital Justice Manifesto’, Just Net Coalition, November 2019). Zum Schluss stell ich die einige Eckpfeiler für die Gestaltung einer Digitalisierung zugunsten der Menschen im Globalen Süden vor.
Schlagwörter
Baum <Mathematik>PerspektiveDigitalisierungGebiet <Mathematik>Inhalt <Mathematik>PotenzialfunktionWort <Informatik>BitComputeranimationJSONVorlesung/Konferenz
KettenregelDigitalsignalDigitalisierungGroße VereinheitlichungKettenregelPotenzialfunktionComputeranimation
SoftwareDigitalisierungGroße VereinheitlichungInformationstechnikDigitalfilterPolarkoordinatenDiagramm
AggregatzustandPolarkoordinatenBiproduktGraphiktablett
MicrosoftFacebookWurm <Informatik>DynamikPerspektiveRegelungAggregatzustandGroße VereinheitlichungZahlenbereichDatenaustauschParametersystemNotebook-ComputerBiproduktDatenparallelitätARM <Computerarchitektur>ServerNegative ZahlInformationsspeicherungQuellcodeDienst <Informatik>FacebookVorlesung/Konferenz
ServerDatenspeicherungQuellcodeAggregatzustandVorlesung/Konferenz
ZugriffDigitalsignalZugriffAggregatzustandStellenringIkosaederDatenspeicherungComputeranimation
Electronic CommerceComputeranimation
DigitalisierungBesprechung/Interview
Folge <Mathematik>DigitalisierungInternetStandardabweichung
PerspektiveDatenparallelitätVorlesung/Konferenz
DigitalisierungKurveKettenregelComputeranimation
DigitalisierungKettenregelProzess <Physik>
InformationAggregatzustandProzess <Physik>Computeranimation
DigitalisierungDigitalisierungLastInternetAsymmetrieSoftwareentwicklerComputeranimation
DigitalisierungDigitalisierungAggregatzustandSpielraum <Wahrscheinlichkeitstheorie>
DigitalisierungInternetKonditionszahlDatenparallelitätDigitale SpaltungInternetUmkehrung <Mathematik>Diagramm
DigitalisierungInternetDigitalisierungOrganic Computing
DigitalisierungDigitalisierungEbeneAggregatzustandProzess <Physik>SystemplattformAbstrakter SyntaxbaumVorlesung/KonferenzComputeranimation
DigitalisierungAggregatzustandSystemplattformVorlesung/KonferenzComputeranimation
PerspektiveDigitalsignalDigitalisierungDatenspeicherungRichtungSystemplattformStellenringPunktVorlesung/KonferenzComputeranimation
SoftwareHöheEigenwertproblemAggregatzustandINVESTOR <Programm>Notebook-ComputerVorlesung/Konferenz
InternetDatenspeicherungVorlesung/Konferenz
Zusammenhang <Mathematik>StellenringServerDatenspeicherungWeb-Seitep-BlockVorlesung/Konferenz
Baum <Mathematik>PerspektiveDigitalisierungAggregatzustandBitInstanz <Informatik>Web-SeiteSoftwareentwicklerALT <Programm>ARM <Computerarchitektur>Vorlesung/Konferenz
Baum <Mathematik>BitMagnetbandlaufwerkOrbit <Mathematik>Minkowski-MetrikHackerFaktorisierungVorlesung/Konferenz
openSUSEVorlesung/KonferenzBesprechung/InterviewComputeranimation
Transkript: Deutsch(automatisch erzeugt)
Sven Hilvig. Er ist Referent im Verein Brot für die Welt und dort vor allen Dingen für Welthandel und Umweltpolitik zuständig. Einige von euch kennen ihn wahrscheinlich auch als Vertreter von Brot für die Welt im Trägerkreis von Bitz und Bäume. Und ich freue mich sehr, dass er heute hier ist beim Kongress, um über Gerechtigkeit 4.0 zu sprechen und
Gerechtigkeit vor allen Dingen in der Digitalisierung im globalen Süden. Dankeschön Sven, dass du da bist. Ja, ganz herzlichen Dank erstmal für die Einladung vom Chaos Computer Club zu dem
Vortrag heute. Wie du gerade schon sagtest, ich arbeite Brot für die Welt zur handelnden Umweltpolitik und bevor ich zum Vortrag komme, möchte ich vielleicht noch ein paar einleitenden Worte sagen, warum wir uns von Brot für die Welt und überhaupt mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen. Brot für die Welt wurde vor 60 Jahren gegründet,
ist inzwischen ungefähr 100 Ländern aktiv. Wir kooperieren mit ungefähr 1300 Partnerorganisationen. Und unser Kernanliegen ist es, die Lebensbedingungen der Menschen, Entwicklungs- und Schwellenländer zu verbessern. Und dabei konzentrieren wir uns vor allen Dingen auf Überwindung von Armut und Ungleichheit. Wir fördern auch viele Projekte
in den Bereichen Gesundheit, Bildung, ländliche Entwicklung, aber beschäftigen uns auch mit anderen Themen wie umweltpolitischen Themen und ökonomischen Herausforderungen wie Klimawandel, der Rohstoffpolitik und Handelsabkommen. Denn Handelsabkommen und auch der Abbau von Rohstoffe beeinträchtigen auch ganz stark die Menschen in Entwicklungsländern
wie zum Beispiel kleinen Bauern in Afrika oder indigene Menschen, Indigene im Amazonas. Und mit der Digitalisierung ist es nicht anders. Auch das greift weit in die lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen im globalen Süden ein. Wir sehen, dass zum
Arbeit im Kongo zum Beispiel setzen sie Cargo-Drohnen ein, um Medikamente zu transportieren in entlegene Gebiete. Und andere Partnerorganisationen berichten davon, dass sie immer mehr kontrolliert überwacht werden von technologischen Instrumenten. Und von daher haben wir gesagt, verschiedene Kollegen in der Politikabteilung, dass wir
uns damit befassen wollen, was sind denn eigentlich nur die Risiken und was sind auch die Chancen in Digitalisierung? Und ich tue dies vor allen Dingen aus der handelspolitischen Perspektive. Ich habe mich zwei Jahre relativ intensiv mit der Frage beschäftigt. Das Ergebnis ist unsere Publikation Gerechtigkeit 4.0, die vor drei
Monaten herausgekommen ist. Und ich möchte Ihnen ein paar Inhalte heute vorstellen. Was sind nun die Risiken? Was sind nun die Chancen in Digitalisierung für die Menschen in Entwicklungsländern? Viele Akteure in Entwicklungszusammenarbeit sind relativ optimistisch. Sie glauben, dass die Digitalisierung dazu beitragen kann,
viele Potenziale hat, um Armut und Ungleichheit zu überwinden. Ich möchte hier nur stellvertretend unseren Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit zitieren. Gerd Müller, der sagt, neue Technologien beschleunigen unser Leben, machen es transparenter und effizienter. Mehr Menschen können mehr Wissen teilen,
Wertschöpfungsketten werden neu gestaltet, Unternehmergeist in Garagen geweckt. Das ist eine sehr optimistische Einschätzung. Und diese optimistische Einschätzung beruht vor allen Dingen auf zwei Thesen. Da haben wir zum einen die These, die sagt, dass die Digitalisierung ganz neue Märkte schaffe, auch in den Entwicklungsländern,
mit einem sehr hohen Wachstumspotenzial und dass dies schlussendlich dazu führe, dass der Wohlstand gesteigert wird. Und das andere, da steckt ja auch schon ein Zitat drin, man glaubt, dass die Digitalisierung der globalen Lieferketten dazu führt, dass diese Lieferketten transparenter sind, effizienter, produktiver und
schlussendlich dazu führen, dass die Menschen, die am Anfang der Kette stehen, der Teeflücker, der Kleinbauer, mehr verdient als vorab. Und ich möchte nun in meinem Vortrag auf diese beiden Thesen eingehen, schauen, was hat sich bisher verwirklicht bzw. wie hoch sind die Wahrscheinlichkeiten, dass sie sich
in der Zukunft verwirklichen und danach ein paar Bausteine benennen, die dazu beitragen können, dass die Potenziale stärker betont werden und die Risiken gemindert werden. Ich möchte beginnen mit dem Welthandel. Die Beschäftigung im Welthandel ist von daher meiner Ansicht nach auch
interessant, weil uns hier empirische Daten vorliegen. Die Diskussion über die Digitalisierung ist ja oft bestimmt von Spekulationen, wie sich zukünftig entwickeln wird und schwankt auf Hin und Her zwischen Dystopie und Utopie. Beim Welthandel ist es ein bisschen anders. Ich fange an mit dem Handel mit digitalen Gütern. Digitale Güter sind alle Güter, die
digital hergestellt werden, digital gehandelt werden und digital konsumiert werden. Das heißt, das E-Book, Musik oder Video Streaming, Software. Und da ist die Frage, wie hat sich das in den letzten 20 Jahren entwickelt? Welche Region, welche Weltregionen profitieren davon und welche nicht? Und ein Bericht der Vereinten Nationen gibt das zur
Antwort. Hier sehen wir, dass 51 Prozent des Handels mit digitalen Gütern auf den asiatisch-pazifischen Raum entfallen. Dahinter steckt vor allen Dingen ein Land, das ist China, auf Europa und Nordamerika ungefähr ein Viertel. Auf dem afrikanischen Kontinent, zusammen
mit dem mittleren Osten, nur ein einziger Prozent. Und selbst auf Lateinamerika, wo immerhin vier Schwellenländer liegen, Brasilien, Mexiko, Argentinien, Chile, auch nur ein Prozent. Damit zeigt sich, dass die Ungleichheit beim Handeln mit digitalen Gütern noch größer ist, als beim Handel mit analogen Gütern. Denn beim analogen
Gütern repräsentieren Lateinamerika und der Afrika zusammen zumindest acht Prozent und nicht nur zwei Prozent. Die Welthandelsorganisation, die WTO hat sehr früh in Teilbereichen zumindest den digitalen Handel liberalisiert. Sie hat bereits 1998 ein Abkommen verabschiedet,
Informations- und Technologieabkommen, was den Handel mit IT-Produkten, also Tablets, PCs und so weiter, liberalisiert, in dem es ein Zollmoratorium verhängt hat. Das heißt, auf diese Produkte dürfen von Anfang an keine Zölle erhoben werden. Nun stellt sich die Frage, wie sich das auswirkt an so einem Zollmoratorium. Bei der Beantwortung
müssen wir unterscheiden zwischen den IT-Konzernen, die Marktführer sind bei der Herstellung dieser Produkte, den Tablets, den GPS-Geräten und den Konsumenten auf der einen Seite und den Staaten auf der anderen Seite. Für die IT-Konzernen ist es natürlich vorteilhaft, wenn keine Zölle erhoben werden. Die Produkte sind günstiger, sie werden stärker
nachgefragt, der Umsatz steigt und damit ihre Profite. Und wir freuen uns natürlich auch, wir Konsumenten, wir hätten natürlich besser, wenn wir einen Laptop kaufen, der nur 900 und nicht 1000 Euro kostet. Was heißt es aber für die Staaten? Für die Staaten hat es vor allem monetäre Konsequenzen. Wir sehen das hier. Die Mehrzahl der Staaten im südlichen
Afrika hat ein Leiter- und Handelsbilanz-Defizit. Das heißt, sie importieren sehr viel mehr IT-Produkte, als sie exportieren. Ein kleiner Staat wie Malawi hat ein Handelsbilanz-Defizit von 80 oder fast 80 Millionen US-Dollar. Das ist viel für diesen Staat. Und die
Schwellenländer profitieren zumindest davon. Selbst Schwellenländer, die über einen ziemlich hohen Industrialisierungsgrad verfügen, wie Mexiko, Thailand, Südafrika und auch Brasilien, haben auch Handelsbilanz-Defizite, teilweise von fast 600 Millionen im Falle
Mexiko. Und die anderen drei benannten liegen bei ungefähr 200 Millionen US-Dollar. Alle haben ein Handelsbilanz-Defizit. Bei diesem Abkommen von 1998 wurde vereinbart, dass das Moratorium nur ein zeitlich befristetes Moratorium ist. Das heißt, es wird alle zwei Jahre auf den WTO-Ministerkonferenzen verlängert, um weitere zwei Jahre. Die Industriestaaten drängen
verständlicherweise darauf, dass in ein permanentes Moratorium verwandelt wird. Und viele Entwicklungsländer sind dagegen. Und das nicht nur aufgrund der negativen Zahlungsbilanz, sondern gerade die ärmsten Entwicklungsländer führen noch zwei andere Argumente ins Felde. Das eine
Argument ist, dass für gerade arme Entwicklungsländer Zolleinnahmen enorm wichtig sind für die Staatseinnahmen. Staaten wie Mali oder Sierra Leone. In diesen Staaten machen die Zolleinnahmen 40 Prozent der gesamten Staatseinnahmen aus. Nun können wir uns vorstellen, wenn diese Zölle nicht mehr vorhanden sind, was es bedeutet, für die Möglichkeit noch in
Gesundheit oder Bildung zu investieren. Und das zweite Argument ist, dass Zölle auch wirtschaftslenkende politische Maßnahmen einleiten können. Gerade die Staaten Südostasiens haben es vorgemacht, wie eine nachholende Industrialisierung möglich ist. Südkorea, Taiwan, Singapur. Sie haben schon vor
30, 40 Jahren entschieden, dass sie ihre neuen Industrien, die sie aufbauen, für ausländischer Konkurrenz schützen, indem sie einfach hohe Schutzzölle erhoben haben. Und erst als ihre Unternehmen international wettbewerbsfähig waren, haben sie Schutzzölle zurückgenommen und haben ihre Produkte exportiert. Das ist dann nicht mehr möglich. Nun
hat sich der digitale Handel in den letzten 20, 25 Jahren stark verändert. Er verändert sich permanent. Es kommen immer neue Produkte hinzu. Es kommen neue Vermittlungswege hinzu. Wir könnten uns ja wahrscheinlich auch kein Leben mehr ohne digitale Dienstleistung vorstellen. Hotelreservierung, Online-Kurse etc. Das Portfolio
wird immer größer. Es ist glaube ich ziemlich klar, dass es beim digitalen Handel um materielle, immaterielle Güter geht und um digitale Dienstleistung, was vielleicht weniger bewusst ist, dass es mittlerweile auch um Daten geht. Nach Ansicht der OECD sind Daten ein handelbares Gut. Und
in Anbetracht dieser Dynamik kann es nicht verwundern, dass es immer mehr Handelsabkommen gibt, bilaterale, multilateraler Handelsabkommen, in dem es ein sogenanntes E-Commerce-Chapter gibt, in dem genau weitreichende Regelungen getroffen werden und auch was den Datenaustausch angeht. Das ist keine zuquälige
Entwicklung, wie uns teilweise IT-Konzerne oder auch das Bundeswirtschaftsministerium halt weißmachen, wir die sagen, naja, die Technik entwickelt sich weiter, wir müssen uns anpassen, sondern vielmehr, wenn wir verstehen wollen, was hier eigentlich gerade abgeht und was zum ziemlichen Zankapfel wird zwischen Industriestaaten einerseits,
Entwicklungsländern andererseits, müssen wir einen Schritt zurück machen und zwar einen weiten Schritt zurück. Wir müssen 20 Jahre zurückgehen und müssen uns zurückbewegen in das Silicon Valley der 90er Jahre. Tech-Konzerne planen, wie auch Erdölkonzerne langfristig und strategisch. Und mit langfristig meine ich jetzt nicht fünf oder zehn
Jahre, sondern mehrere Jahrzehnte im Voraus. Amazon, Facebook, die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre ja eher noch in den Kinderschuhen steckten, war natürlich, war eigentlich bewusst, dass sie im 21. Jahrhundert abräumen werden. Ihr technisch logischer Vorsprung war zu groß und auch das finanzielle Kapital, was hinter ihnen steckte, war auch zu groß, dass irgendjemand die
daran hindern könnte, sozusagen die neuen Weltherrscher zu werden. Die Zahlen sind, glaube ich, den vielen bekannt. Heutzutage ist es so, dass die Big Five des Silicon Valley das Dreieinhalbfache des Börsenwertes repräsentieren, wie die vier größten Erdkühlkonzerne. Das wussten die damals schon,
aber sie waren auch so klug, sie wussten auch, wenn sie erst mal diese dominante Rolle eingenommen haben, wird diese dominante Rolle auch zu Widerspruch und auch zu Widerstand führen. Das heißt, es werden Forderungen laut nach Regulierung und Kontrolle ihrer Unternehmen. Das wollten sie verhindern. Also haben sie sich bereits in 90er Jahren überlegt, was können wir
tun, damit es auch in 20, 30, 40 Jahren keine Regulierung gibt. Und da sind sie auf eine ziemlich gute Idee gekommen aus ihrer Perspektive. Sie haben sich überlegt, dass sie das internationale Handelsrecht benutzen, um es für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Warum? Weil die WTO als auch bilaterale Handelsabkommen nur ein einziges Ziel haben und
das ist Liberalisierung und Deregulierung. Es geht in Handelsabkommen um nichts anderes als Handelshemmnisse abzubauen und andere Handelshemmnisse, die man vielleicht sozusagen sich neu ausdenken könnte, gar nicht erst zu erlauben. Nun, sie war noch extrem erfolgreich. Im Jahre 2000 hat die USA bereits
eine digitale Agenda erlassen, in dem die ganze Wunschliste des Silicon Valley enthalten ist. Das ist eine Anti-Verbot-Agenda. Da steht drin Verbot von Zöllen, Verbot von Digitalsteller, Verbot, Quellcodes zu öffnen, Verbot von lokaler Datenspeicherung. Die Daten sollen schön
auf den Servern im Silicon Valley oder in Seattle landen. Das sollte zukünftig in die Handelsabkommen hinein verhandelt werden. Zwei Jahre später, 2002, hat die USA das erste Handelsabkommen zum digitalen Handeln abgeschlossen. Da ging es um Kooperation, man ist vorsichtig vorgegangen und mit jedem neuen Abkommen ist immer mehr von dem, was ich eben genannt habe,
hinein verhandelt worden. Wir haben, ich weiß nicht, ob das vielen von euch bekannt ist, seit Januar 2019, also ziemlich genau in einem Jahr, gibt es eine transpazifische Partnerschaft, an der elf Staaten beteiligt sind, darunter wichtige Staaten wie Australien, Chile, Japan, Kanada. Und diese Staaten haben
sich darauf verständigt, unter anderem Verbot, wie gesagt lokaler Datenspeicherung, Verbot von Zugriff auf Quellcodes, Verbot auf Zölle zu erheben. Das ist das ist Völkerrecht. Da kommt man nicht mehr ran. Internationales Völkerrecht, Handelsrecht, Handelsabkommen werden nicht aufgehoben. Die haben kein Enddatum. Diese elf Staaten ist das alles nicht
mehr möglich. Nun könnte der eine oder andere oder die andere halt sagen, die USA ist ja gar nicht dabei. Die USA das Ganze auch initiiert. Ja, Obama hat, die USA waren diesem Abkommen beteiligt. Obama hat dieses Abkommen erfolgreich zu Ende verhandelt.
Das war seine, das war sein großes Projekt im Handelsbereich. Das wollte er verhandeln. Das war ihm viel wichtiger als die TTIP Verhandlung. Die Verhandlung kam zu Ende. Trump kam in die Regierung und Trump war einfach nicht bereit, einen von Obama erfolgreich zu Ende verhandeltes Handelsabkommen zu ratifizieren. Trump hat es nicht ratifiziert. Darum sind nur diese
elf Staaten beteiligt. Das Ganze hat Trump aber nicht daran gehindert, jetzt im Oktober vor zwei Monaten mit Japan ein eigenes Abkommen zu verhandeln, zum digitalen Handel, indem die ganzen Sachen drinstehen. Und dieses Abkommen USA-Japan kann jetzt möglicherweise im Januar schon ratifiziert werden.
Das kommende Jahr wird, was den Bereich digitalen Handel angeht, auch deswegen spannend, weil die große Frage ist, ob die WTO anfängt, jetzt ein multilaterales Abkommen zu verhandeln, wo es auch um den digitalen Handel geht. Es gibt die sogenannten Freunde des E-Commerce. Das sind ungefähr 80 Staaten, darunter EU, Japan, USA,
aber auch China und auch verschiedene Schwellenländer. Die haben auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2019 angekündigt, dass sie bei der nächsten WTO Ministerkonferenz, die im Juni 2020 in Kasachstan stattfindet, ein Mandat bekommen, um genau so ein Abkommen zu verhandeln, in dem genau solche Sachen enthalten sind.
Wir wissen nicht, was rauskommt. Wir sind im Wort für die Welt. Wir werden hinfahren nach Kasachstan jetzt im Juni 2020. Klar ist, dass grundsätzlich die Bundesregierung Angela Merkel hinter einem solchen Abkommen steht. Das hat sie bereits in Davos angekündigt, auch wenn sie gleichzeitig gesagt hat, dass natürlich die
EU nicht dem Modell der USA und nicht dem Modell Chinas folgen soll, sondern eigenen Weg geht, vor allen Dingen was Privatsphäre angeht und die Datenschutzgrundverordnung. Letzteres ist sicherlich ein Zankabfüll zwischen der USA und der EU. Ich komme zum zweiten Versprechen. Wenn ihr euch
erinnert, das zweite Versprechen lautet ja, dass die Digitalisierung von Lieferketten dazu beiträgt, dass sie transparenter und produktiver und effizienter und tatsächlich für die Leute vor Ort, für Kleinbauern, Teeflücker dann auch zur Wertsteigerung führen. Mark Graham, ein Britte, hat sich seit über
zehn Jahren mit der Digitalisierung in Wirkungsländern beschäftigt und er hat die Digitalisierung von Lieferketten untersucht am Beispiel von Teeflückern in Ostafrika. Und dabei hat sich Folgendes gezeigt. Die Teeflücker haben am Anfang auch gedacht, es ist gut, das Internet zu benutzen. Sie würden sich stärker an den Markt integrieren. Und diese Untersuchung kam zu
folgendem Ergebnis. Erstens tatsächlich führt die Digitalisierung dazu, dass die Akteure mehr mit einer kommunizieren unter anderem mit anderen Akteuren der Lieferkette. Es führt auch dazu, dass sie ihre Arbeit effizienter gestalten und natürlich, das ist klar, bei Digitalisierung die ganze Arbeit wird transparenter. Das wiederum führt dazu, dass
sie ihr Management besser organisieren und dass auch die ganze Lieferkette besser kontrolliert werden kann, auch für die Frage, ob Standards eingehalten werden, was ja kein unwichtiger Aspekt ist. Bleibt die Frage, ob deswegen tatsächlich die Teeflücker mehr verdienen als vorher. Und da kam die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass neben den genannten Folgen es noch
weitere Auswirkungen hat, wenn man eine Lieferkette digitalisiert. Und da zeigt sich vor allen Dingen der Punkt, dass die Konsumenten heutzutage aufgrund mehr Transparenz sehr gut sehen können, wo der Tee herkommt und ob der Tee unter welchen Bedingungen der Tee hergestellt wird, welchen Arbeitsbedingungen und welchen Umweltbedingungen zu einem ganz wichtigen Element
der Wertschöpfung wird. Deswegen die Konzerne noch mehr Geld investieren, die Erhebung von Daten. Das führt dazu, dass die Einkäufer des Tees heutzutage viel mehr Lieferanten haben. Sie wissen nicht nur, dass dieser Tee unter genau den gleichen Bedingungen von vier, fünf Produzenten
hergestellt wird, sondern von 20, 30, 40 Produzenten. Und das können sie aufspielen, auch kurzfristig. Aus der Perspektive der Tee-Produzenten vor Ort heißt das, sie sind einer größeren Konkurrenz ausgesetzt und sie verdienen heutzutage weniger als vorher, was dieses Schaubild verdeutlicht. Das ist, wie gesagt, der erste Teil des Versprechens ist
eingetreten, der zweite Teil nicht. Auch andere Untersuchungen zeigen, dass es kein Einzelfall ist. Es zeigt sich immer mehr bei der Digitalisierung von Wertschöpfungsketten, dass die Wertschöpfung, die der eigentlichen Produktion vorgelagert ist, zum Beispiel Produktdesign oder nachgelagert ist, dass da die Wertschöpfung abnimmt und gleichzeitig, meine ich, das ist auch die Smile-Kurve, die
Wertschöpfung bei denen, die die Produktion betreiben, nach und nach runtergeht. Die Wertschöpfung, die Tee-Kette ist auch von daher interessant, wenn wir uns mit der Frage beschäftigen, wer die Digitalisierung dazu beiträgt, dass die Entwicklungsländer möglicherweise eine nachholende Industrialisierung
oder nachholende Entwicklung halt gelingt. Weil wir sehen ja, dass Daten immer wichtiger werden. Und die Frage ist natürlich, wer über diese Daten verfügt? Wer ist Eigentümer dieser Daten? Das wird immer wichtiger, insofern wir uns hinentwickeln auf eine Datenökonomie. Die in einer Kette heute
erhobenen Daten sind in zwischen auch interessant für andere Prozesse. Und meiner Ansicht nach hat es der Economist relativ gut auf den Punkt gebracht, vor zweieinhalb Jahren, mit dieser Metapher, dass die Daten das neue Rohöl sind. Wir hier im Raum werden natürlich sagen, wir können jetzt nicht Dateninformationen
als Rohstoffe klassifizieren. Das ist völlig richtig. Zugleich glaube ich, stimmt die Metapher aber insofern, dass zwischen beiden Prozessen, zwischen sozusagen der Extraktion von Rohstoffen, von Erdöl auf der einen Seite und Extraktion von Daten strukturelle
Abhängigkeiten sehr ähnlich sind und sehr deutlich werden. Denn wir vom Brot für die Welt, auch andere Immigranten, wissen natürlich sehr genau, dass nicht die Staaten, wo die Rohstoffe, wie das Erdöl vorhanden waren, von den Rohstoffen profitiert haben, sondern die Konzerne, diese Rohstoffe, in der Lage waren, Rohstoffe abzubauen, die die Infrastruktur aufstellen konnten. Das heißt, die Bohrtürme,
die Pipelines, die Tanker und schlussendlich auch die Tankstellen. Und das gilt natürlich auch genauso für die Digitalisierung. Warum beherrscht das Silicon Valley das Internet so stark? Weil sie sozusagen die globale Infrastruktur entweder zur Verfügung stellen oder sie kontrollieren. Ich komme wie viele Minuten?
Gut, dann mache ich das Fazit so ein bisschen aus dem, was ich bisher gesagt habe. Erstens, der digitale Handel hat die Kluft zwischen den führenden Industrienationen und der Mehrzeit der Entwicklungs- und Schwellenländer weiter vertieft. Zweitens, die Liberalisierung des digitalen Handels im Rahmen von Handelsabkommen geht zu Ungunsten
der weniger wettbewerbsfähigen Industrien in den ärmsten Ländern des globalen Südens. Digitalisierung der globalen Lieferketten erhöht zwar die Effizienz des Wirtschaftens und die Transparenz der Lieferkette, aber die Wertschöpfung nimmt im Norden zu und nicht im Süden, wie uns weis gemacht wird. Und sollte es Entwicklungsländer nicht gelingen, die Souveränität über ihre Daten zu erhalten, dann werden die globalen
Machtasymmetrien durch die Datenökonomie weiter zu Lasten des Südens verschoben. So, was können wir tun, damit das nicht geschieht? Wir haben in unserer Studiegerechtigkeit 4.0 neun Bausteine formuliert, von denen ich ein paar benennen möchte. Das Erste ist, die Vereinte Nation
hat ganz klar gesagt, das Wichtigste ist, dass die Entwicklungsländer in die Lage versetzt werden, dass sie eine eigene auf ihre nationalen Bedürfnisse zugeschnittene Digitalisierung aufbauen können. Und Grundvoraussetzung nach Ansicht der UNKTAT ist dafür, dass die bisher bestehenden Spielräume im Handelsabkommen
erstens nicht weiter eingeengt werden dürfen und obendrein auch noch erweitert werden müssen. Und daraus zieht die UNKTAT zwei Konsequenzen. Erstens, es darf keine weitere Liberalisierung im Rahmen von digitalen Handelsabkommen geben, sei es bilaterale oder multilaterale. Denn wenn man zwei Akteure gleich behandelt
und darum geht es um Liberalisierung, geht es immer zu Ungunsten der Staaten, die auf einem niedrigen Entwicklungsniveau sind. Und der zweite Punkt ist, es muss Entwicklungsländern zukünftig mehr möglich sein, dass sie ihre eigene digitale Industrie stärker schützen und auch fördern, also schützen für ausländische Konkurrenz. Das ist bisher nur unter sehr
restriktiven Konditionen möglich. Da besteht Reformbedarf unter anderem bei der WTO. Der zweite Punkt ist, wir müssen natürlich die digitale Kluft schließen. Also digitale Kluft heißt, dass ganz viele Menschen in Entwicklungsländern nach wie vor kein Anschlussinternet haben. Im südlichen Afrika sind es drei von vier Menschen,
die keinen Internetanschluss haben. Das ist völlig klar. Das sagen alle. Das sagt auch das BMZ. Das sagt aber auch Alibaba. Das sagt auch Amazon. Und die letzteren beiden sind natürlich dabei, Funkmasten auch zu stellen, Seekabel zu verlegen. Nur geht es natürlich den IT-Konzern aus China und USA. Handeln die nicht aus altruistischen Gründen, sondern geht es darum, halt Zugang zum Markt zu bekommen
und Zugang zu Daten zu bekommen. So und wenn wir das umkehren wollen, dann müssen wir uns dafür einsetzen, dass es eine öffentliche Infrastruktur in die Entwicklungsländer gibt. Und dazu werden sie allein nicht in der Lage sein. Dazu brauchen sie Unterstützung, sei es finanzielle Unterstützung bzw. Wissens- und Technologietransfer aus dem globalen Norden.
Der dritte Punkt ist, die Monopole sind so dermaßen dominant, auch gerade auf dem afrikanischen Kontinent, der oft als ein Kontinent der Hoffnung auch gerade im digitalen Bereich genannt wird. Das zum einen ist extrem schwer. Es für neue Unternehmen sich auf dem Markt zu etablieren und selbst etablierte Unternehmen. Das geht sowohl
für den afrikanischen Kontinent als auch für Indien geraten immer mehr in Bedrängnis. Wir haben hier in Europa vor längerer Zeit schon Diskussionen angestoßen, dass diese Monopole kontrolliert, reguliert werden müssen. Die EU jetzt mittlerweile auch. Bei aller Kritik zumindest sind Diskussionen halt da. Es kann aber nicht angehen, dass Diskussionen, die EU gerade führt,
im Endeffekt am Mittelmeer enden. Also wenn man eine sozusagen global gerechte Digitalisierung möchte, dann muss man auch Konzepte entwerfen halt, dass die digitalen großen Konzerne aus China, Japan, USA auf globaler Ebene reguliert werden und kontrolliert werden. Und schließlich
kommen wahrscheinlich auch viele Entwicklungsländer nicht drum herum, auch selbst nationale und regional digitale Plattformen aufzubauen, vor allen Dingen regionale kleine Staaten sowohl in Asien, Lateinamerika, Afrika werden nicht in der Lage sein, digitale Plattformen aufzubauen, die wettbewerbsfähig sind mit den großen bestehenden
digitalen Konzernen. Das heißt eher ein regionaler Anlass ist wichtig. Und dafür braucht man halt auch dann dementsprechend regionale Freihandelzonen. Afrika hat einen ersten Schritt gemacht. Es gibt jetzt sozusagen die Arbeiten hin auf eine pan-afrikanische Freihandelzone. Das ist ein ganz wichtiger Schritt. Für die EU bedeutet das, dass die EU erst in diesem Prozess
unterstützen muss und vor allen Dingen, was die EU nicht machen darf, ist und das tut sie seit 15 Jahren, ganz viele bilaterale Handelsabkommen, nicht im digitalen Bereich, sondern allgemein mit verschiedenen afrikanischen Staaten zu schließen. Und damit zerschießen sie im Endeffekt diesen sozusagen kontinentalen Ansatz und damit auch möglichst viele Leute auch profitieren
von solchen digitalen Plattformen ist es sicherlich auch wichtig, dass sie genossenschaftlich organisiert werden. Die große Schwierigkeit besteht sicherlich darin, eine genossenschaftliche Plattform zu organisieren, einerseits und zum anderen internationalen Wettbewerbsfähig zu sein. Sehen Sie konkurrieren mit Aktiengesellschaften. Hier müsste man sich wahrscheinlich ein neues Modell überlegen, inwieweit auch Industriestaat,
internationale Staatengemeinschaft dies fördert mit Kapital. Ganz herzlichen Dank fürs Zuhören. Danke, Sven Hilbeck.
Punktlandung. Wir haben jetzt noch genau zehn Minuten Zeit für eure Fragen, eure Kommentare, unsere Diskussion. Ich habe schon gesehen, der Signal Angel hat eine Frage. Deswegen fange ich direkt mit ihm an und ihr könnt in der Zwischenzeit euch an die Mikrofone stellen, wenn ihr möchtet.
Eine Frage. Wie sieht es mit SSI aus? Inwieweit wird sich Self-Souverant Identity hinsichtlich Direktmarketing als Lösungsstruktur für dieses Problem erweisen? Dann müsst ihr mir zunächst kurz erklären, was SSI ist.
Ich habe das so reinbekommen. Ich habe nachgefragt, ich habe noch keine Antwort bekommen. Und Direktmarketing? Vielleicht ist das für einen anderen Raum gedacht. Ist eventuell eine Option. Vielleicht. Ich habe noch keine Antwort gesagt. Danke schön. Dann nehmen wir die nächste Frage. Vielen Dank für den Vortrag. Sehr interessant.
Inwiefern siehst du den russischen Ansatz für alle elektronischen Geräte jeweils eine nationale Alternative zu schaffen? Direkt vorinstalliert als einen guten Lösungsansatz für andere Länder, nationale Plattformen zu stärken. Da wird ja immer mit sehr viel Kritik gegenargumentiert wegen Überwachung.
Ja, würde mich mal interessieren. Ja, das glaube ich eine sehr gute und gleichzeitig sehr heikle Frage. Ich habe ja das Thema kurz angekreuzt nationale Datenspeicherung. Dieses Thema kann man aus zwei Blickwinkeln betrachten. Aus der menschenrechtlichen Perspektive, Reporter ohne Grenzen
sagen die, dass es natürlich auch teilweise sehr problematisch ist, weil gerade autoritäre Staaten natürlich auch diesen Ansatz von lokaler Datenspeicherung nutzen, um ihre Bürger zu kontrollieren. Das ist eine. Das andere ist aus einer ökonomischen Perspektive. Dürfen wir aber daraus aus dieser Problematik nicht die Folgerungen ziehen, dass keine lokale Datenspeicherung möglich
ist, weil dann wird sich sozusagen der digitale Handel, Digitalisierung genauso zukünftig weiterentwickeln, wesentlich in der Vergangenheit entwickeln ungleich. Was den russischen Ansatz angeht, so von der aktuellen Regierung her und auch was Kontrolle von Zivilgesellschaft angeht, soziale Bewegung würde ich
von daher das sozusagen zum Teil eher sozusagen Richtung der des einer einer Problematisierung halt betrachten. Also das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt ist, wozu dient die lokale Datenspeicherung, die lokale Ansatzdienste, dazu sozusagen die Bürger zu kontrollieren und dazu eine eigene Wirtschaft aufzubauen.
Für den hochinteressanten Vortrag. Ich war Ende der 80er Jahre für die Open Software Foundation in Brasilien unterwegs. Brasilien hatte damals hohe Importzölle für IT
mit dem Ergebnis, dass es da ungefähr 60 PC Hersteller gab. Das haben die irgendwann aufgeben müssen, weil alle anderen Bereiche der Wirtschaft in Brasilien darunter gelitten haben, dass sie so einen schlechten Zugang zur IT hatten.
Das heißt also, wenn ich versuche, den diesen digitalen Bereich durch Zölle zu schützen, um was Eigenes aufzubauen, wenn das eigene, was ich dort aufbaue, geschützt werden muss, weil es nicht wettbewerbsfähig ist, dann behindere ich im Prinzip den gesamten Rest der Wirtschaft.
Wie kann man dieses Problem auflösen? Das hängt natürlich stark von der Gebärdenkriegung ab. Also du redest wahrscheinlich von 98 rückwärts, denke ich mal, was Brasilien angeht. Damals Laptops war ja absurd. Die haben in Brasilien das Fünffache gekostet. Neun, na gut, sehr weit zurück.
Okay. Das ist natürlich klar. Das ist natürlich sozusagen, das ist die Sache, das ist ambivalent. Wenn man natürlich nur eine Schutzzollpolitik betreibt, ohne gleichzeitig die eigenen Unternehmen zu fördern, dann passiert genau das, was du gerade aufgezeigt hast. Aber es geht auch andersrum. Also die Regierung dann von 89, das war ja, da ist ja gerade der erste, zum ersten Mal ein brasilianischer Präsident direkt vom Volk gewählt
worden. 13 Jahre später kam die PT an die Regierung und bei aller Kritik an der Arbeiterpartei. Lula hat eine andere Politik verfolgt. Lula hat auch gerade in verschiedenen Wirtschaftszweigen gesagt, okay, wir fassen Geld an und wir investieren. Und das ist auch genau, was die südausasiatischen Staaten gemacht haben. Schutzzölle aufzuheben, um die eigenen Unternehmen zu stützen, weil es vielleicht eine Klientelpolitik ist.
Das geht nach hinten los. Aber wenn man einen langfristigen Plan für die nächsten 20, 30 Jahre hat, dass man sagt, man baut eigene Industrien auf, so dann sozusagen ist es natürlich schon ein richtiger Ansatz. Und vielleicht darf ich ja jetzt nicht... Und was Brasiliens angeht, das ist ja vielleicht ein bisschen zu weit. Ich habe fünf Jahre in der Menschenrechtsoffizie in Brasilien, deswegen vielleicht
spreche ich jetzt mehr drauf an. Die haben natürlich, die betragen ja mittlerweile eine Deindustrialisierungspolitik. Die haben ja in den letzten 18 Jahren ganz stark darauf gesetzt, Agrargüter zu exportieren und der Industrialisierungsgrad ist zurückgegangen. Das ist natürlich eine völlig falsche Politik unter dem Liberalisierungsdokma sozusagen.
Vielleicht als Ergänzung so auf der Grassroots-Hacker-Ebene. In so einer Organisation arbeite ich. Gibt es halt Leute, die dann zum Beispiel in Kenia, weil sie keine 3D-Drucker importieren können, aus E-Waste 3D-Drucker bauen und gleich die lokale Ökonomie mitnutzen und Filament muss man dann eben auch selber
Precious-Plastic-mäßig herstellen, weil es extrem teuer zu importieren ist und schwer zu bekommen, selbst in einer Stadt wie Nairobi. Wir haben noch viele Fragen auch vom Signal Angel und hier im Raum und dann sicher auch noch Gelegenheit, mit dir draußen zu sprechen. Deswegen will ich als erstes den Signal Angel nehmen, weil die Leute im Internet
ja nicht danach noch kurz sprechen können. Was kann man unter dem Verbot von lokaler Datenspeicherung verstehen? Welche Daten sind das? Gibt es da ein Beispiel? Das gilt grundsätzlich für alle Daten. Also es gibt das Verbot lokaler Datenspeicherung, gibt es verschiedene Varianten, das sozusagen die umfangreichste
Variante ist, die, die in der trans-pazifischen, die in dem trans-pazifischen Partnerschaftsabkommen verabschiedet wurde. Das heißt im Endeffekt alle möglichen Daten, die in einem Zusammenhang mit einem sozusagen einer geschäftlichen Vereinbarung stehen. So steht es halt drin. Dürfen nicht auf den lokalen Server
irgendwie gespeichert werden, geschweige denn weiter verarbeitet werden. Das ist natürlich der Angelpunkt. Man sagt halt immer, das muss diese, diese Daten müssen einer geschäftlichen Beziehung halt stehen. Aber das wird in Handelsabkommen regelmäßig relativ weit ausgelegt. Vielleicht noch ein Kommentar, bevor wir gleich abgeschnitten werden.
Auf eurer Webseite Brot für die Welt hast du einen Blog, wo man Artikel von dir auf Deutsch lesen kann. Und es gibt auch diese Studiegerechtigkeit 4.0 auf Englisch zum Runterladen. Das heißt, man kann die auch dann nochmal weiter verbreiten und auch selber lesen, natürlich auf Deutsch oder auf Englisch für die die Übersetzung gerade anhören.
Und jetzt würde ich noch einmal Mikrofon 1, du stehst schon länger da. Ja, auch nochmal vielen Dank für den Vortrag. Ich habe eine ganz kurze Frage und zwar schlägt Trump ja relativ viel Porzellan auch bei der WTO um und besetzt Richterposten nicht neu. Und ist das die Frage? Führt das denn vielleicht dazu, dass sich da was ändert, weil ja keine Schiedsverfahren
mehr jetzt entschieden werden können? Oder wird das eher zum Gegenteil führen, dass alles so bleibt und in Zement gegossen wird? Gut, die aktuellen Entwicklungen der WTO sind sehr kontrovers. Eine Woche, nachdem tatsächlich die USA komplett die Neubesetzung der Berufungsinstanz blockiert hat, hat Trump selbst
sich an die Berufungsinstanz gewandt, weil sie in erster Instanz gegen Indien verloren haben. Das ist eine. Das Zweite ist, die EU arbeitet seit Sommer 2019 an einer Mini-WTO. Sie haben bereits jetzt bilaterale Abkommen getroffen mit ungefähr 15 Staaten, sehr wichtigen Staaten. Und die wollen jetzt ab Januar nächsten Jahres 2020
darauf hinarbeiten, dass es ein sogenanntes plurilaterales Abkommen gibt im Rahmen der WTO. Aber nicht alle Staaten sind dabei. Vielleicht 60, 65 Staaten. Die sagen, wir verständigen uns darauf, dass wir ad hoc ein Schiedsgericht, das sieht die WTO vor, ein Schiedsgericht sozusagen anerkennen und aus diesem Art Hot-Scheeps-Gericht soll eine permanente Institution werden.
Also eine kleine Mini-WTO. Das ist aus der Entwicklungspolitischen Perspektive höchst problematisch, weil sich natürlich da die Industriestaaten nur darauf verständigen, wie sie zukünftig mitten an der Umgehen. Und ja, ein altes chinesisches Sprichwort sagt, wer nicht mit am Zischsitz steht auf der Speisekarte. Wer nicht mit am Zischsitz steht auf der Speisekarte. Von daher auch problematisch.
Mikrofon zwei, bitte. Vielleicht nochmal Bezug nehmen auf das Szenario in Brasilien und E-Ways. Inwiefern sollte man besonders unter der Überschrift Gerechtigkeit, auch Generationengerechtigkeit und vielleicht eher so was wie Right to Repair oder Modify die Geräte in Betracht ziehen,
sodass es nicht unbedingt um Produktion geht, die sich dann unterbieten muss. Das ist natürlich ein richtiger Ansatz. Ich habe jetzt ja, also wir waren ja auch, das hast du ja auch erzählt, wir waren ja bei Bits und Bäume dabei. Da ging es vor allen Dingen um ökologische Nachhaltigkeit, vor allen Dingen die Punkte, die sind ja auch im Vorderungskanalog mit aufgehoben. Ich habe mich jetzt ja nur auf einen kleinen Bereich konzentriert,
weil das Thema die makroökonomische Auswirkung der Digitalisierung auf den globalen Süden in der allgemeinen Diskussion viel zu kurz kommen. Ansonsten natürlich Zustimmung dafür. Noch das Bedürfnis, eine ganze Diskussion zu führen. Sollten wir für nächstes Jahr beim Kongress dann einreichen, auch auf Englisch Mitmenschen aus dem globalen Süden in Anführungszeichen.
Ein Tipp noch, wenn ihr euch für eher Grassroots-Initiativen interessiert. Es gibt eine Art Dokumentation, die heißt Made in Africa, die Hacker Spaces und Innovation Labs in Afrika sich anschaut und dokumentiert.
Und ansonsten, ja, freue ich mich, dass wir gleich noch ein bisschen weiter reden können. Und ihr könnt uns auch noch im Open Infrastructure Orbit und beim Bits und Bäume Bereich bei About Freedom sicher besuchen kommen, wenn ihr heute im Laufe des Tages noch Zeit habt. Dann Dankeschön und Tschüss auch im Stream.