ARCH+ features 18: Urban Catalyst
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Formale Metadaten
Titel |
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Serientitel | ||
Anzahl der Teile | 101 | |
Autor | ||
Lizenz | CC-Namensnennung - keine kommerzielle Nutzung 3.0 Unported: Sie dürfen das Werk bzw. den Inhalt zu jedem legalen und nicht-kommerziellen Zweck nutzen, verändern und in unveränderter oder veränderter Form vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen, sofern Sie den Namen des Autors/Rechteinhabers in der von ihm festgelegten Weise nennen. | |
Identifikatoren | 10.5446/54029 (DOI) | |
Herausgeber | ||
Erscheinungsjahr | ||
Sprache | ||
Produzent |
Inhaltliche Metadaten
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Genre | ||
Abstract |
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StadtentwicklungComputeranimationVorlesung/KonferenzBesprechung/Interview
00:39
URBAN <Förderungsprogramm>StadtentwicklungComputeranimationVorlesung/Konferenz
01:45
StadtentwicklungTorBesprechung/InterviewVorlesung/KonferenzComputeranimation
02:34
InnenarchitekturStädtebauStadtentwicklungBesprechung/InterviewVorlesung/Konferenz
03:13
StadthausStadtentwicklungBesprechung/InterviewVorlesung/KonferenzComputeranimation
04:21
StadtentwicklungTorBesprechung/InterviewVorlesung/Konferenz
05:04
ArchitekturMieteHauseigentumBesprechung/InterviewVorlesung/Konferenz
06:22
PalasVorlesung/KonferenzBesprechung/InterviewComputeranimation
07:01
StadtentwicklungBesprechung/InterviewVorlesung/Konferenz
07:46
Vorlesung/Konferenz
08:30
ComputeranimationVorlesung/Konferenz
09:44
StädtebauLandschaftsarchitektVorlesung/KonferenzComputeranimation
10:20
StädtebauVorlesung/KonferenzDiagramm
11:06
Vorlesung/KonferenzBesprechung/InterviewComputeranimation
11:44
RückbauGebäudeDiagrammComputeranimationVorlesung/Konferenz
12:29
VierungVorlesung/KonferenzFassadeGebäudeStadt
13:27
GradienteStadtmarketingInnenstadtGebäudeStadt
14:06
WertstoffhofKaufhausTempelÖffentlicher RaumVorlesung/KonferenzStadt
14:55
NischeModernisierung <Bauwesen>Vorlesung/KonferenzGebäudeStadt
15:32
Internationale Bauausstellung <1984-1987, Berlin, West>ComputeranimationVorlesung/Konferenz
16:22
StadtplanungArchitekturmodellVerlorene SchalungComputeranimationVorlesung/KonferenzBesprechung/Interview
17:17
NischeArchitekturmodellNischeComputeranimationVorlesung/Konferenz
18:08
Gang <Architektur>PalastVorlesung/Konferenz
18:51
ImmobiliengeschäftVorlesung/KonferenzDiagrammComputeranimation
19:43
Vorlesung/Konferenz
20:21
Vorlesung/Konferenz
21:04
StadtplanungVorlesung/Konferenz
22:05
Ensemble <Architektur>URBAN <Förderungsprogramm>Vorlesung/Konferenz
23:04
Computeranimation
23:48
HausArchitektVorlesung/KonferenzComputeranimation
24:38
UnterkunftComputeranimationVorlesung/Konferenz
25:23
StädtebauPresbyterium <Architektur>Vorlesung/Konferenz
26:32
StädtebauWohnraumDampfwalzeComputeranimationVorlesung/Konferenz
27:19
UrbanitätArchitekturmodellVorlesung/KonferenzComputeranimation
27:59
CityComputeranimationVorlesung/KonferenzTechnische Zeichnung
28:51
CityArchitektVorlesung/Konferenz
29:29
Vorlesung/KonferenzComputeranimation
30:11
URBAN <Förderungsprogramm>StadtentwicklungArchitektWohnungseigentumÖffentlicher RaumGebäudeLandschaftsarchitektComputeranimationVorlesung/Konferenz
30:54
ArchitektGebäudeComputeranimationVorlesung/Konferenz
31:31
ImmobilienmarktVorlesung/KonferenzBesprechung/InterviewComputeranimation
32:08
Anker <Bauwesen>Vorlesung/KonferenzComputeranimationDiagramm
33:07
OttonenzeitVorlesung/KonferenzTechnische Zeichnung
33:48
StadtentwicklungVorlesung/KonferenzComputeranimation
34:26
GrundeigentumRaumstrukturArchitekturmodellTechnische ZeichnungZeichnungVorlesung/Konferenz
35:05
RezeptionComputeranimationVorlesung/Konferenz
36:12
Öffentlicher RaumImmobilienmarktComputeranimationVorlesung/Konferenz
36:56
GeländerVorlesung/Konferenz
37:35
StuckAutobahnbrückeVorlesung/KonferenzComputeranimation
38:22
PalastComputeranimationVorlesung/Konferenz
39:02
TrägerRaumstrukturVorlesung/KonferenzComputeranimation
39:50
RaumstrukturBauausführungBaublockBürohausComputeranimationVorlesung/Konferenz
40:36
Öffentlicher RaumGebäudeBahndammVorlesung/KonferenzComputeranimation
41:23
LoftHalleStädtebauComputeranimationVorlesung/Konferenz
42:04
StädtebauDampfwalzeVorlesung/KonferenzBesprechung/Interview
42:47
StädtebauArchitektStadtentwicklungDiagrammVorlesung/KonferenzBesprechung/Interview
43:29
StadtentwicklungStadtentwicklungStadtVorlesung/Konferenz
44:27
StadtgestaltungStadtbildUnterkunftStadtBesprechung/Interview
45:12
StadtentwicklungBodenverdichtung <Bauwesen>ArchitektComputeranimationVorlesung/Konferenz
45:59
SymbolismusBesprechung/InterviewStadtVorlesung/Konferenz
46:42
GebäudeStadtVorlesung/Konferenz
47:30
TürGebäudeStadtBesprechung/InterviewVorlesung/KonferenzComputeranimation
Transkript: Deutsch(automatisch erzeugt)
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Gut, also wir machen das jetzt in der Dreiersequenz. Es ist jetzt schon klar geworden, also zu sagen, das ist ein bisschen Paradoxie der Geschichte.
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Wir machen ein Projekt übers Temporäre und es dauert zehn Jahre das Buch dazu zu machen, so könnte man es fassen. Es hat aber durchaus eine Logik in sich als das, und es war, ich meine wir haben alle schon Bücher gemacht, es war mit Abstand das Buch, was am längsten gedauert hat, aber es ist ja ein Buch sozusagen eigentlich um eine
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Idee von evolutionärer Stadtentwicklung und insofern ist es glaube ich halt jetzt auch letztendlich seine Richtigkeit, dass es so lange gebraucht hat, weil es sozusagen auch ein evolutionärer Prozess war, dass das Buch entstanden ist und insofern die Form oder der Prozess auch das Thema reflektiert. Aber wir kommen natürlich nicht umhin, das ein bisschen
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auch zu historisieren, diesen Prozess, wobei ich vorab sagen will, wir wollen uns natürlich bedanken, es ist nicht das Werk von uns dreien, in diesem Prozess waren viele beteiligt, viele sind auch im Raum, die entweder aktiv mitgearbeitet haben oder mit denen, von denen wir eingeladen waren zu irgendwelchen Dingen oder mit denen wir kooperiert haben, aber gut, wir sind
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halt dann die drei, die jetzt hier vorne stehen, da ist vielen Dank auch an den Verlag, der auch das ist sozusagen, hat sich in die Geschichte eingeschrieben, nachdem wir an sich durch Folgen der Finanzmarktkriege unseren alten Verlag verloren haben, dann relativ kurzfristig und zu sehr guten Konditionen auch bereit war, das Buch zu machen, Dome Publishers
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hier in Berlin. Das Projekt, das ursprüngliche Forschungsprojekt, das Buch ist aber nicht einfach ein Projekt, sondern es ist natürlich ein Ergebnis an dieser Arbeit, die sich auch danach bei uns dreien und anderen entwickelt hat. Das ursprüngliche Forschungsprojekt war
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von 2001 bis 2003, ein EU-Forschungsprojekt, das hatte auch noch mal eine Vorgeschichte, es gab dieses Buch Berlin statt ohne Form, dass sich das Konzept mit Anthony Fontenot entstanden war, wo dann Klaus punktuell involviert war und das war natürlich historisch in einer Situation der Berliner Debatte der 90er Jahre, die natürlich eine
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gewisse Paradoxie formuliert hatte, eine Paradoxie, dass es sozusagen dieses stilmannische Verständnis von Stadtentwicklung gab, sehr formalisiert und auch sehr dominant in den Architektur- und Städtebaudiskursen einerseits, aber umgekehrt die reale Entwicklung
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dessen, was Berlin ausgemacht hat, eine ganz andere war, also auch von der anderen Seite, man erinnere sich an den Spiegeltitel Irgendwie das neue Berlin und dort wurden ganz andere Dinge gefeiert und auch das, was wir sozusagen als Bürger, als Bewohner dieser Stadt erlebt haben, war natürlich eine ganz andere Wirklichkeit als das,
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was sich in diesen Planungsdiskursen, da tat sich eine extreme Diskrepanz auf zwischen dem, was die geplante Stadt war und das, was die reale Stadtentwicklung war und dieses Spannungsfeld hat uns interessiert und wir haben uns natürlich einfach die Frage stellt, was ist, was macht diese offenkundig ungeplante Stadt aus,
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die aber doch eigentlich vielleicht das wesentlichere dieser Stadt ist. Das war sozusagen der Inhalt auch dieses Buchs Berlin Stadt ohne Form, wo das temporäre eine der neun Themen waren, die wir dann gesagt haben, die wollen wir jetzt vertieft betrachten und das ist
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natürlich vor einem Hintergrund, wir sind uns alle bewusst, Berlin der neunziger Jahre war eine Umbruchsphase nach dem Mauerfall, ein sehr spezifischer Moment, wo es natürlich auch eine extreme Intensität von temporärer Nutzung gab, Zwischennutzung, die das sehr dankbar ermöglichte, das laborhaft zu betrachten.
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Wir waren da schon etwas spät dran, aber es gab natürlich trotzdem noch eine ziemliche Intensität und auch Quantität. Allerdings sagen eigentlich in einer Zuspitzung eines Themas, dass eine sehr für uns und deswegen wir offenbar ja auch nach zehn Jahren später da auf ein Interesse stoßen, obwohl sich die Zeiten sehr
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verändert haben, ein sehr grundsätzliches Frage von Stadtentwicklung aufwirft, eigentlich wie aus dem informellen oder auch aus dem Gebrauch von Stadt entsteht. Da kann man sagen, global gesehen, die Raumproduktion ist vielleicht zu 70, 80 Prozent entsteht aus dem informellen. Wir sind ein sehr spezifischer Fall in Europa sozusagen,
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dass eigentlich überwiegend Raumproduktion geplant stattfindet. Das ist nicht üblich, auch wenn wir zurückgehen in die Geschichten. Wir können in die Geschichte der Stadt Berlins zurückgehen, zum Beispiel in der Wachstumsphase im späten 19. Jahrhundert. Sehr viele Barackensiedlungen vor den Toren der Stadt,
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weil die Bauproduktion mit dem Bedarf überhaupt nicht mithalten konnte. Wir können auch in die Entstehung von Gebäudetypen gucken. Also wenn man guckt historisch zum Beispiel, wie ist der Bautypus der Universität entstanden, dann ist erst in Bolondia die erste Universität, ist in der Stadt verteilt in
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bestehenden Räumen, bis überhaupt sich dieser Typus etabliert, die Institution etabliert und auch der Typus etabliert und dann eben auch entsprechende Bautypologien entstehen. Also es ist eine sehr grundsätzliche Frage, wie entsteht überhaupt Architektur? Wie entstehen Gebäudetypen? Wie entsteht Stadt? Aber natürlich in diesen spezifischen Zeiten eine besondere Situation.
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Die Debatte hat sich ja natürlich danach weiterentwickelt. Wir haben in den, also nach 2000, 2005 in dem Zeitraum auch sehr stark diese Diskussion von Creative City, Creative Glass, Wirtschaft Florida und so weiter, das ist auch im Buch reflektiert und kommentiert. Wir haben heute wiederum ganz andere Themen, wobei die auch in Europa auseinanderdriften.
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Wir haben hier in Berlin natürlich jetzt den, sozusagen die die Explosion der Miet- und Eigentumspreise. Aber das ist auch so ein bisschen der paradoxische Reflex der Finanzmarktkrise, dass das so in Deutschland stattfindet, während zum Beispiel in Niederlanden, in Spanien, in den USA, in Irland eigentlich radikale Abwertungsprozesse
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stattfinden. Wir haben da auch aufgrund der gleichen Ursachen sehr entgegengesetzte Phänomene. Wir haben in diesem Zeitraum 2001 bis 2003 dieses Forschungsprojekt gemacht. Daraus sind dann verschiedene Dinge entstanden. Also erst mal auch Projekte jetzt aus unserer gemeinsamen Arbeit. Das bekannteste und sicherlich auch wichtigste war
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dieses Zwischenpalast Nutzungsprojekt, was wir ja dann auch nicht alleine, sondern wichtige Initiatoren in einem größeren Kontext waren, wo man jetzt diskutieren kann mit Wolfgang, ist es gescheitert oder nicht oder was ist gescheitert und was ist nicht gescheitert. Und wir uns auch so ein bisschen auch immer wieder
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auch diesem Ort gewidmet haben in Wettbewerbsprojekten, auch gerade jüngst. Klaus hat aus dieser Arbeit auch sozusagen den Kern seines Büros entwickelt. Philipp war sagen in Palästina und Istanbul unterwegs, eigentlich in diesen Fragen der informellen Stadtentwicklung,
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während ich mehr sozusagen mit Schrumpfungsfragen befasst war, also wo wir in unterschiedlichen Facetten also dieses Thema dann auch in den Folgejahren weiter verfolgt haben. Aber noch mal das EU-Forschungsprojekt 2001 bis 2003 war ein Netzwerk von Partnern. Das war auch wesentlich, um auch dieses Phänomen besser zu verstehen,
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weil wir es mit sehr unterschiedlichen Konditionen zu tun hatten. Ich habe jetzt kurz versucht zu skizzieren die Berliner Situation in den 90er Jahren, die sozusagen der Ausgangspunkt für unsere Arbeit war. Durch die Förderung, die Finanzierung der Forschungsarbeit über die EU, wo wir gefragt waren, sozusagen Vergleichsbeispiele zu suchen, hatten wir ein Netzwerk. Wir hatten fünf Standorte,
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wo die gleichzeitig betracht worden sind. Und es gab einerseits eben halt ja eine eher diese Umbruchssituation in Berlin, auch latent eher eine Verschrumpfungssituation an einer Stadtnation. Wien war eine Stadt und auch Amsterdam, die eher expandierten in einer sozusagen
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Aufwertungsprozessen waren. Also eigentlich dem entgegengesetzt gleichwohl spielten diese Dinge in unterschiedlicher Weise eine Rolle in Amsterdam und Wien und eigentlich immer eine relativ strategische Rolle. Auch Helsinki und Neapel als Beispiele waren in ihrer Weise auch wieder entgegengesetzt, weil wir es einerseits nicht nur sagen,
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Unterschiedlichkeiten hatten in den wirtschaftlichen Entwicklungen an den Standorten, sondern auch in den, sagen, Regulationsverständnissen. Also heute wird man vielleicht sagen, Governanceverständnissen und Kulturen in Helsinki hochkontrolliert. Also man geht bei Rot nicht über die Straße.
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Völlig unmöglich. Aber selbst am Flohmarkt gab es sozusagen abgezirkelte Bereiche, in die man, sagen, in denen man sich ganz ordentlich verhielt. Also alles super bis ins Detail geregelt. In Italien, wie man es kennt, genau das Gegenteil in Neapel, man fuhr auf der anderen Straßenseite, wobei wir feststellen mussten, das war auch sehr interessant dann in der Arbeit,
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dass eigentlich gerade diese extreme Informalität in Italien besonders unbeweglich war. Also insofern tauchen dann auch Paradoxien auf, was ist eigentlich, sagen, was gibt Flexibilität, Entwicklungsfreiheit und sagen auch, man schnell davon weg kam, sozusagen das Informelle per se, sozusagen zu romantisieren.
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Das Buch und auch die Arbeit strukturiert sich eigentlich in diesen drei Hauptkapitel. Und dann das Vierte ist sozusagen die These. Und so werden wir das jetzt auch kurz vorstellen, sozusagen erst mal eine gewisse Empirie, sagen, was ist da eigentlich los? Das Zweite potenziell des Informellen, sozusagen eine theoretische Reflektion
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aus verschiedenen Blickweisen, juristisch, soziologisch, ökonomisch, das in ein grundsätzliches Verständnis zu bringen. Und dann letztendlich die Frage, die uns drei interessiert hat, da wir ja alle Landschaftsarchitekten sind, also Planer sozusagen, wie können wir dieses Wissen instrumentell machen?
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Also was können wir für das Frage des Entwerfens und des Projektierens eigentlich aus diesen ungeplanten Prozessen lernen? Und am Schluss des Buches steht dann halt auch noch mal dieses Statement für den Städtebauch des Gebrauchs. Wir haben begonnen eigentlich auch mit erst mal
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so ganz schlichten Inventarisierungen. Und man muss einfach sagen, dass es gibt eigentlich, wenn wir jetzt von bottom up, top down, formell, informell reden, es sind eigentlich Polen, wo es nicht sozusagen, es ist nicht eine Schwarz-Weiß-Logik, sondern es ist sozusagen ein Spannungsfeld. Und wir können eigentlich, wenn wir egal welchen Stadtprozess betrachten,
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gibt es eigentlich immer sozusagen ein gewisses Maß von bottom up und top down. Es ist nicht sozusagen ein Gegensatz, sondern es sind eigentlich eher Fragen, wo sich, wie sich Prozesse verbinden, wo sie zusammenkommen. Aber natürlich haben wir sozusagen hier in den europäischen, westeuropäischen Gefilden
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ein sehr starkes, formalisiertes Geschehen. Und uns hat ja nun gerade der Gegenpol des Informellen interessiert, als sagen, etwas, was unterbelichtet ist, was nicht in unserer Profession vorkommt, aber doch ein sehr wirkungsmächtiger Faktor in den Entwicklungen ist.
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Also erst mal so eine ganz schlichte Topologisierung, dass wir gesagt haben, es gibt also in diesen zeitlichen Prozessen. Wir sprechen, also wir haben sehr stark Prozesse angeguckt. Wir haben jetzt erst mal zu sagen, der klassische Zwischennutzer ist der Lückenbüßer, der einfach einen Moment da ist und dann wieder verschwindet. Hier ein Beispiel aus Den Haag, ein Hotel in einem Abrissgebiet für ein Jahr.
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Die sagen, die in diesem Gebiet verteilt sind und natürlich mit dem Abriss des Gebietes ist das Projekt auch beendet. Das Beispiel Normade, das kennen wir aus Berlin gut genug, aber auch aus anderen Städten, eine Nutzung, die sozusagen einfach sehr pragmatisch
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nach Möglichkeiten den Ort wechselt, sozusagen als Programm stabil ist, aber eben halt sich nicht an einen Ort festschreibt, sondern wenn sich dort die Möglichkeiten beenden, neue Möglichkeiten sucht und dann migriert. Wir kennen das von einer Reihe von Aktivitäten bis heute in Berlin, aber auch in anderen Orten. Es gibt dann den Prozess der Konsolidierung.
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Das ist eben Maria, aber wir könnten viele Beispiele nennen. Rote Fabrik in Zürich zum Beispiel, ein Projekt einer Hausbesetzung aus den 80er Jahren. Davon gibt es übrigens viele Beispiele, nicht nur in Europa. Man könnte auch nach New York gehen oder so. Also auch die ganze Institutionen entstanden sind aus erst mal informellen, auch zum Teil aus Protestaktionen,
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die sich konsolidiert verständigt haben. Also Rote Fabrik in Zürich ist so ein Fall, der sozusagen sich aus den 80er Jahren aus einer Hausbesetzter-Szene zu einem Kulturprojekt heute nach wie vor sozusagen in dem Of-Bereich angesiedelt ist. Dann gibt es diese Impulsprozesse,
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wo zwar die sogenannte Zwischennutzung selber begrenzt ist, die aber Entwicklungen anstößt, die sagen, weiter reichen, die dauerhaften Charakter annehmen. Und wir haben natürlich immer geguckt, uns hat nicht das Moment dieses Zwischens als solches interessiert, sondern immer zu sagen, wie kann es Stadt entwickeln, Stadt gestalten.
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Ein Beispiel von hoher Ambivalenz. Manchester, absolute Schrumpfung in den 70er Jahren, Stadtviertel tot leer. Sehen Sie hier die Club-Szene, die entsteht und dann eine, würde man sagen, gentrifizierungsprozess bis heute, der auch dann ab einem gewissen Grad auch sehr strategisch
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vom Stadtmarketing aufgegriffen worden ist zur Aufwertung der Innenstadt. Parasitäre Dinge, Sachen, die sich eigentlich eher ephimierer an etablierte Dinge andocken, hier polnische Gebrauchtwarnhändler, die sagen, vor BSR, Recyclinghöfen sozusagen die Waren abgreifen,
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aber sie könnten auch irgendwie informellen Handel vor Kaufhäusern, was sie überall auf der Welt finden oder viele Beispiele, wo sich einfach sehr ephimiere, temporäre Dinge um Dinge herum kopieren. Oder Subversion, hier ein aktuelles Beispiel,
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Protest gegen die Asylpolitik in Kreuzberg, ein Camp, solche sind auch natürlich Formen, wie das Temporäre immer wieder auftaucht, sagen auch konfrontative Interventionen in den öffentlichen Raum oder aber auch etablierte Institutionen, die über Auslagerungsprozesse,
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auch das hat man natürlich immer, hat er historisch schon immer, hier aktuell in München die Pienakothek wegen ihrer Sanierungsprobleme. Das war sozusagen so ein erster Scan, wobei man sagen kann, die dauerhaften Wirkungen sind sehr unterschiedlich,
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die schreiben, sie können sich in die Räume, also in die konkreten Orte einschreiben, sie können sich in diese Stadtviertel einschreiben, sie schreiben sich in die Biografie der Akteure ein, also wo sich auch Berufsbilder etablieren, sie schreiben sich in bestimmte Etablierungen von Kulturprodukten ein. Also insofern ist es nicht immer die allein Frage, was passiert an dem konkreten Ort,
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die sagen, die Auswirkung auf den Prozess in der Stadt und in der Stadtkultur ist, sagen, vielfältig. Die Frage der Akteure, es sind, das hat uns dann schon auch interessiert, klassischerweise kann man sagen, Stadt wird produziert oder das ist das Verständnis mit Kapital,
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Wohlfahrtsstaatlich geprägt, aus der Nachkriegszeit war natürlich auch immer sehr dominant zu sagen, die staatliche Finanzierung, also was nicht öffentliche Wohnungsbauunternehmen, internationale Bauausstellungen, wie auch immer, das ist abgelöst worden als ein wesentliches Element oder auch schon in den Zwanzigerjahren, Neues Frankfurt, Neues Berlin und so weiter.
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Das ist abgelöst worden durch diese Idee der unternehmerischen Stadt in den Siebzigerjahren mit dem Leitbild Stadtplanung eigentlich als Vorbereitung der Investoren, die praktisch dann Gebäude produzieren. Das Interessante an diesen ganzen Fragen, das Informellen der Zwischennutzung ist, dass es eigentlich ganz ein anderes Modell,
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andere Akteure von Stadtproduzenten auf den Tisch bringt, nämlich wo nicht die Frage nach Kapital, das sind in der Regel nicht kapitalkräftige Akteure, sondern die ganz andere Ressourcen von Zeit, von sozialen Netzwerken nutzen, um praktisch städtische Räume zu gestalten. Das hat natürlich im Kontext der Finanzmarktkrise
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der letzten drei Jahre eine überraschende Aktualität erhalten. Wie können wir uns Stadt, Entwicklung von Stadt vorstellen, die eben halt nicht kapitalbezogen ist. Da gibt es dann auch unterschiedliche Formen. Da haben wir praktisch diese typologisch drei Modelle.
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Es gibt die Leute, die aus der Mainstream Society migrieren in die Nischen. Das ist ein Typus. Das andere ist Leute, die ein Doppelleben führen, sagen bürgerliche Existenz und informelles Spielbein. Oder aber auch, das ist dann eher für den Kontext
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der Migrantenökonomien, die das Informelle nutzen, um sich eigentlich innerhalb der Gesellschaft auch längerfristig zu etablieren. Hier mal so Beispiele. Links unten so ein afrikanischer Auto-Händler. Hier unten rechts ein Instrumentenbauer, der das sozusagen im RW-Gelände sozusagen als zweites Standbein gemacht hat neben seinem bürgerlichen Beruf.
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Oder oben eben halt sozusagen so diese, sagen Start-up-Unternehmen in solchen Fällen. Wichtig ist immer natürlich auch diese Bereitschaft, sehr improvisiert auch sehr spontan Möglichkeiten zu ergreifen. Das sind natürlich dann auch die Fragen, mit welchen Mitteln solche Dinge in Gang gesetzt werden.
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Wichtig ist auch sozusagen die Frage von Öffentlichkeit. Das haben wir auch natürlich beim Palastprojekt sehr gemerkt. Also es geht nicht nur um diese Fragen der praktischen Dinge, die man tut, sondern auch es sind sehr stark auch öffentliche Prozesse, also können, müssen nicht sein, indem auch solche, sagen auch solche Agenten, solche Ideen auch etabliert werden,
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um sie auch gegenüber anderen, sagen, Interessen, auch Einflüssen, Faktoren, auch sich zu behaupten zu können. Was die Akteure betrifft, haben wir dann auch in der genaueren Betrachtung der Projekte, die wir untersucht haben, das war, sagen, im ersten Projektzeitraum, auch festgestellt,
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es gibt auch, sagen, neue Akteurestypen, die auftauchen. Ganz wesentlich, also zum einen ist es eh immer, findet es so in Netzwerken statt, auch eher nicht klassisch hierarchisch in der Verknüpfung unterschiedlicher Akteure. Und es gibt eigentlich sozusagen den Typus, haben wir dann genannt, des Agenten, weil Sie müssen wissen, es gibt natürlich immer einerseits
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sozusagen die Akteure dieser Zwischennutzung, die diese auf den Weg bringen, die, sagen, doch eine sehr andere Kultur mit sich bringen als das, was sagen die Eigentümer oder auch die, als sozusagen die Kontrolle über die Immobilie oder auch die Behörden als Genehmigungsinstitanzen mit sich bringen.
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Und es braucht eigentlich immer so eine Brückenfunktion, die zwischen diesen zwei sehr unterschiedlichen Kulturen vermittelt. Und da kann man in den Projekten durchgehen, die wir betrachtet haben, und findet Sie dann auch in neuen Projekten immer wieder, sagen, Agenten, die praktisch diesen Kulturbruch zwischen diesen zwei Kulturen des geplanten,
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regulierten, gesetzlichen, kapitalistischen einerseits und denen sagen, das, was diese Zwischennutzungskulturen darstellen, die praktisch diese Brückenfunktion wahrnehmen und vermitteln und damit Räume schaffen, in dem zu sagen, das möglich ist. Räumlich könnte man jetzt auch, also wir wollen das ja kurz halten, Sie müssen dann fürs genauere, das Buch lesen,
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kann man auch vieles sagen. Es gibt bestimmte, also sagen, auch sagen, natürlich lassen sich herausarbeiten, also sagen, generell ist ja die ganze Analysephase, auf dem gewidmet, dass sozusagen das informelle, das ungeplante natürlich nicht ohne Muster ist,
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nicht ohne Form. Es gibt Strukturen, es gibt Dinge, die da herausgearbeitet werden können und die wir natürlich, wenn wir jetzt sagen, planerisch darauf blicken, verstehen wollen, um das auch überhaupt sagen, auch in Entwicklungsprozesse einbetten zu können. Deswegen ist es wichtig, dafür ein Verständnis zu entwickeln.
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Und es sind Sachen auch, die sich über die Zeit verschieben, wo wir gesagt haben, in den 60er Jahren, in Zeiten der Protestkulturen waren es auch eher Prozesse, die sozusagen in Konflikt und in Abgrenzung zum umgebenden Territorium der Stadt stattfinden. Das Verständnis in den 90er Jahren war eher promisc, also sagen, als öffentliche Magneten auch sehr promisc,
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sagen Dinge absorbierend, auch eher, sagen, Orte von städtischer Öffentlichkeit zu schaffen und nicht im Sinne von Gegenöffentlichkeiten. Grundsätzlich ist ganz wichtig, dass es andere Akteure gibt, die nicht kapitalgebunden stattprägen, sind es natürlich auch die anderen Räume.
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Das haben wir dann auch im Rahmen des Projektes oder eigentlich ganz zu Beginn des Projektes den Begriff des Insel-Orbanismus geprägt, als dass wir heute im klassischen Stadtplanung eigentlich sprechen müssen von einem Insel-Orbanismus, wo wir sagen, anders als in der Wohlfahrtsstaatlichen Zeit,
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in der Nachkriegszeit, wir nicht mehr von flächendeckender Planung sprechen, sondern es Konzentrationen gibt, um bestimmte Territorien der Stadt für Investoren aufzubereiten und zu entwickeln. Das sind diese Entwicklungsinseln, die sind hochkontrolliert geplant. Und dazwischen befinden sich dann die ganzen Areale der Stadt, die sagen aus dem Aufmerksamkeitsraster
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und Interessenraster herausfallen. Und insofern interessierten uns einerseits diese anderen Akteure wie auch diese anderen Raumtypen, die dort hinausfallen und sagen, der Insel-Orbanismus ist eigentlich auch geprägt durch diese Idee eines Instant-Urbanismus, also ein extremes Beispiel Potsdamer Platz
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oder die ganzen Urban Entertainment Center, wo man ein Gebäudekomplex baut und am Tag der Eröffnung eine lebendige Stadt haben will. Während sozusagen das Prozess, die uns interessieren, sind natürlich Sachen, die, sie sagen, sich über längere Zeiträume überhaupt erst entwickeln.
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Gut. Ich sage ganz kurz was zu dem mittleren Teil des Buches, der eigentlich die Form eines Readers hat und viele Autoren zu Wort kommen. Der heißt Potenziale des Informellen.
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Und da fassen wir so ein bisschen zusammen eigentlich unseren Versuch, auch während des Forschungsprojektes und danach uns immer zu orientieren, also rückwärts in die Geschichte zu schauen und auch um uns zu schauen, wie artikuliert sich das immer existierende Spannungsverhältnis zwischen Formalität und Informalität.
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Diese klischeehaften Bilder demonstrieren das, glaube ich, ohne weitere Notwendigkeit für Erklärung. Ein Beispiel für eine sehr intensive Arbeit, die dort in dem mittleren Teil dargestellt ist, zusammen mit Jesko Fezer, ist ein Scan von interessanten Praktiken von Planern und Architekten,
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wie sie sich dem Phänomen des Unbestimmten, des Offenen, des nicht kontrollierbaren gewidmet haben. Und immer in verschiedenen Perioden, die ich jetzt nicht einzeln weiter ausführen kann, in der Geschichte, vor allem in Krisenzeiten,
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sind diese Diskurse auch besonders relevant. Das ist ein sehr frühes Beispiel aus der industriellen Produktion, diese Idee des offenen Rahmens, die auch sehr wichtig wird. Hier die Strategie der Akupunktur in den 60er-Jahren durch Archigramm.
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Dort war London, sagen wir mal, einer anarchischen Stadt und wirtschaftlich lag es am Boden. Dort hat man sich vorgestellt, diese wunderbaren Zeppelline fliegen über die Orte
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und beleben gestorbene Quartiere irgendwie neu durch ihre temporäre Präsenz und ziehen das weiter. Das ist eigentlich ein wunderbares Metapher für diese Strategie der Akupunktur. Wir haben uns auch etwas später sehr interessiert für dieses Nonplan-Manifest,
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was sicher viele von Ihnen auch kennen, von Barker, Hall & Price, wo es eigentlich im Moment einer kritischen, einer schon fortgeschrittenen Kritik an der Moderne, an der sehr überregulierten Moderne, an dem überregulierten Wohlfahrtsstaat und dort die Idee, einfach eine abgesteckte Zone zu schaffen,
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wo man einfach nichts tut, wo die Planer bewusst außen vor bleiben und dann zu beobachten, was denn dann passieren könnte. Interessanterweise wenig später, unter Thatcher, wurde diese Methode dann auch unter Mitwirkung von Hall
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tatsächlich angewendet in der frühen neoliberalen Epoche, wo ein riesiges Stadtgebiet von London aus dem normalen Planungsprozess und auch dem demokratisch kontrollierten Planungsprozess ausgeklammert wurde, einer privaten Agentur letztlich als Spielfeld zur Verfügung gestellt wurde.
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Angerissen in dem mittleren Teil ist auch diese Konversation europäischer Statiskurs und diese in den 60er und 70er Jahren beginnende Auseinandersetzung mit dem informellen Städtebau weltweit und exemplarisch hierfür natürlich Turner,
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der sich eigentlich konfrontiert sah mit dem nicht mehr zu leugnenden und nicht mehr wegzudenkenden Informellen in diesen Städten und das nicht als Scheitern gesagt hat, sondern gesagt hat, das ist Teil der Lösung. Lasst uns also schauen, wie die Akteure den Wohnraum,
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den das Versprechen, den die Moderne nicht einlösen kann, sich selber schaffen. Lasst uns von diesen Praktiken lernen. Das ist eigentlich so eine Suche nach Rollen und Instrumenten, die mir persönlich auch sehr bekannt vorkommen an den Diskursen, die wir hier zum Beispiel führen, 30 Jahre später.
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Parallel dazu gibt es einen Beitrag über die Entwicklung von Veränderungen auch von Kunst, also Künstlern, wie sie mit Stadt agieren und oft auch zum Teil selber zu Besetzern oder später auch Zwischennutzern werden. Also dieser Trend sozusagen vom Studio in die Situation,
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die Auseinandersetzung mit dem tatsächlichen Lebensraum, die Vermischung von Kunst und Alltag und so weiter. Auch die Digitalisierung und die neuen Medien werden thematisiert. Die Vermischung zwischen physischem und virtuellem Raum. Und die informellen Ökonomien.
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Als Metapher für uns, für dieses klassische modernistische Verständnis, gibt es keine bessere Zeichnung als die von Le Corbusier, Laville Contemporaine 1922. Und das sind so diese Themen, die wir im Mittelteil anreißen, die eigentlich diese neue Situation in den 90er Jahren und 2000ern schaffen.
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Ich kann das gar nicht im Einzelnen jetzt und will es auch gar nicht im Einzelnen diskutieren, aber natürlich der Übergang vom Fordismus zum Post-Fordismus, die ganze Diskussion um Wissensökonomien, Flexibilisierung der Arbeit, die Krise der klassischen Planungsinstrumente, die auch Philipp schon besprochen hat,
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die Debatte um den Neoliberalismus, den Rückzug des Staates einerseits, dann die Idee des Responsible Citizens, der sozusagen selber agieren soll und aber auch die Kritik und immer noch stattfindende Kritik an den bürokratisierten
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Perspektivationsprozessen und die Idee sozusagen des Konsumenten als Co-Produzenten. Und das ist, jetzt möchte ich an Klaus Obermeier übergeben, mit diesem Bild dieses sehr komplexen, dieser sehr komplexen Stadt, mit dem wir uns als Planer und Architekten konfrontiert sehen,
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wo es also keinen Schwarz-Weiß gibt, wo es informell ist und formell ist, nebeneinander, übereinander, ineinander greifen. Es ist also ein sehr komplexes Geflecht von Akteuren und Ansätzen und Stadtmachen und das war für uns eine Suche natürlich nach eigenen sinnvollen Rollenmodellen für Planer.
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Ich habe immer Probleme, wenn ich hinter so einem Ding stehen muss. Ich muss ehrlich sagen, dies mit den Zwischennutzungen, das hängt mir jetzt langsam nach 13 Jahren so ziemlich zu den Ohren raus
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und dieses Wort Zwischennutzung kann ich schon bald nicht mehr hören. Was für mich am interessantesten an der ganzen Geschichte ist, dass es zu einem Paradigmenwechsel kommt und dass sich der Spieß umdreht.
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Also wenn man die normale Stadtentwicklung ansieht, dann wird erst mal gerechnet, dann kommen erst mal die Tabellen, dann gibt es große Wettbewerbe mit Architekten, die werden dann zu Stararchitekten, die bauen so ein Ding dahin und am Ende wird dieses Ding verscherbelt an Mieter
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oder auch an Käufer von Eigentumswohnungen. In öffentlichen Räumen ist es nicht viel anders, der Raum wird erst gestaltet und am Ende kommen dann die Nutzer rein. Das, was wir von diesen Zwischennutzungen gelernt haben, ist eigentlich, dass am Beginn der Nutzer steht, nicht irgendwie ein Architekt oder ein fertiges Gebäude oder ein Landschaftsarchitekt,
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sondern der Nutzer eignet sich mit relativ minimalen Mitteln den Raum an. Er bildet Netzwerke aus, schmiedet Koalitionen, es bilden sich Nutzungskluster und am Ende wird vielleicht umgebaut, was neu gebaut, dran gebaut
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und so entsteht sukzessive eine andere Stadt. Der Philipp hat sehr stark davon gesprochen, dass es eine Entwicklung ohne Kapital ist. Ich bin da manchmal so ein bisschen anderer Meinung. Ich glaube, es geht jetzt nicht darum, dass wir so eine Stadt ohne Geld machen, weil wenn man sich diesen Prozess genau anschaut, vom Zwischennutzer zum Raumunternehmer,
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würde ich mal sagen, dann wird auch irgendwann, wird dieser Nutzer, wird er ganz nahe hart mit den Bedingungen des Immobilienmarktes konfrontiert. Der muss sich auf einmal überlegen, woher bezahlt er seine Stromrechnung, woher kriegt er sein Geld, wer zahlt die Miete, wie bekommt man Geld für Investition
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und auch er muss sich sehr stark mit monetären Logiken des Marktes auseinandersetzen. Allerdings, und das macht die Sache wieder sehr charmant, kommt es zu einer sehr starken Überlappung zwischen nicht-monetären und monetären Strategien
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zwischen Profit- und Non-Profit-Sachen. Wenn man sich jetzt mal verschiedene Entwicklungsfade von Zwischennutzungen anschaut, dann ist es meistens so, es gibt diese Zeitlücke, eine alte Nutzung,
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das muss jetzt kein Industriegelände sein, kann auch ein leerer Laden sein, hört auf. Es gibt eine Lücke, die neue Nutzung hat noch nicht angefangen. In diese Lücke fallen dann die Zwischennutzer, schlagen Anker im Raum, eignen sich den Raum mit minimalen Mitteln an und diese Situation ist so eine Art El Dorado,
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wo die Zwischennutzer in der Zeit, diese Raumpioniere, sich den Raum maximal aneignen und ihr eigenes Ding durchziehen, eine eigene Leidenschaft in dem Raum entwickeln. Das ist gerade in heutiger Zeit, wenn man nicht in einer sehr schrumpfenden Stadt ist, eher die zu Utopie geworden, dass sich eine Nutzung sehr anarchisch entwickeln kann.
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Meistens kommt dann der Typ mit der dicken Zigarre und seinen Plänen. Wie es weitergeht auch, kennt ihr alle, gibt es eine kleine Protest, kleines Aufzucken noch und am Ende fallen die alle vom Tablett runter, meistens ohne Netz und Boden, nicht wie in der Akrobatik.
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Die Frage ist natürlich, und die interessiert uns aus dem Projekt heraus auch am meisten, ich glaube, das ist in der aktuellen Diskussion auch sehr stark die Zielrichtung,
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wie können sich Zwischennutzungen eigentlich verstetigen, wie können sie eine langfristige Perspektive entwickeln für die Stadtentwicklung und welche Instrumentarien, welche Methoden brauchen wir dafür. Das ist eine Möglichkeit, dass die öffentliche Hand aktiv wird
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und wir über einen anderen Umgang mit öffentlichen Liegenschaften nachdenken, uns überlegen, wie können diese Räume wieder stärker Räume der Teilhabe, des Kommens, der öffentlichen Güter werden und dahinter steht natürlich auch die Frage, wer hat denn dann Recht, diesen Raum zu nutzen.
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Sind jetzt die Zwischennutzer oder langfristigen Nutzer dann nicht auch Leute, die einen enormen Vorteil davon haben gegenüber anderen. Und ein anderes weiteres Modell ist natürlich, davon wird die Daniela gleich noch erzählen, dass die Nutzer sich ihren Raum selbst aneignen, vielleicht sogar zu Besitzern
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oder langfristigen Pächtern dieses Raums werden und so Möglichkeit haben, anders langfristig Wurzeln zu schlagen. In dem Buch haben wir insgesamt sechs Handlungsstrategien näher beleuchtet und interessant an diesen Handlungsstrategien ist,
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dass sie von sehr unterschiedlichen Akteuren getragen werden. Ermöglichen ist, glaube ich, eine Strategie, die sehr stark von der Verwaltung ausgeht oder auch von Kommunen. Es geht darum, Raum zur Verfügung zu stellen
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und eigentlich eine andere Art der Nutzung der Raumaneignung zu ermöglichen. Wir haben festgestellt, dass die Raumnutzer oder Raumpioniere nicht unbedingt glücklich sind mit großen Förderungen, die organisieren sich irgendwie selber.
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Ihre Kraft, ihr Kapital ist eher die Muskelhypothek und ihr Ideenreichtum und dieses Ermöglichen besteht oft darin, dass sie Zugriff und Zugang zu Raum haben. In Wien gibt es ein U-Boot in der Verwaltung, das ist die Jutta Kledorfer, die betreibt eine städtische Agentur einfach mehrfach
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und hat in dieser sehr dichten kapitalistischen Stadt viele Räume geschaffen, auch öffentliche Räume, die über Mehrfachnutzung vielen Menschen zugänglich sind. Ein anderes Prinzip des Ermöglichens sind die Wächterhäuser in Leipzig,
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wo private Eigentümer ihren Raum für Zwischennutzung zur Verfügung stellen, solange bis entweder die Nutzung die Häuser übernehmen oder der Immobilienmarkt so angesprungen ist, dass die Häuser wieder aufgekauft werden können.
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Initiieren, dabei geht es eher um größere Gelände, die vielleicht von einzelnen Nutzern nicht so stark aktiviert werden können. Da spielen so Schlüsselagenten eine wichtige Rolle. Ein sehr prominentes Beispiel ist das NT-Areal in Basel.
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Der Philipp Cabane und Matthias Bürgin haben verschiedene Initiativen und Vereine gegründet, die das Gebiet in einem sehr frühen Stadium kolonisiert haben. Es gab die Wipp-Lanche, das Erlen-Matt-Quartier, den Sonntagsmarkt, eine ganze Reihe von Nutzungen,
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die letztendlich zu einer sehr starken Belebung und Vernetzung mit dem Stadtteil geführt haben. Die Nutzungen sind natürlich auch von den privaten Investoren ein Stück weit instrumentalisiert worden. Heute gibt es nur noch wenige von ihnen und das Gelände sieht fast schon so aus wie da auf dem linken Bild.
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Ein anderes Beispiel, initiieren aus London, auch in der letzten Arch Plus wurde das aufgeführt von einer Architektengruppe Assemble, die unter einer Autobahnbrücke diesen temporären Ort im Rahmen eines Festivals gegründet haben,
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den ganz anders wieder ins öffentliche Bewusstsein geholt haben. Alles ist recycelt, alle Materialien wurden nachher wiederverwendet und an diesem Ort ist durch diese Initierung eine neue Öffentlichkeit entstanden.
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Erobern, das haben wir gemacht aus unserem Forschungsprojekt heraus mit dem Palast der Republik. Das hat dem ganzen Projekt, glaube ich, eine enorme Ausstrahlungskraft gegeben und dieses Erobern ist immer auch sehr stark damit verbunden, eine öffentliche Debatte anzuzetteln und über diese öffentliche Debatte die Zukunft eines Ortes anders zu denken und in andere Bahnen auch zu lenken.
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Coaching ist auch eine sehr wichtige Sache, gerade bei der Verstetigung von Zwischennutzungen. Stefan Rettig war so ein Coach mit seinem Projekt seiner Bürgerbibliothek in Magdeburg,
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dem Lesezeichen in Salpke und auch Philipp Caban in Basel ist so ein Coach. Ich durfte letztes Jahr miterleben, wie er für ein Hafenareal am Rhein ein Verfahren organisiert hat. Es wurden verschiedene Nutzungsprojekte angeworben,
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die sich mit Konzepten vorstellen mussten und am zweiten Tag hat man die besten Konzepte eingeladen und in einem Brainwash-Workshop entstand dann eine Trägerstruktur. Die Nutzer haben also durch dieses Coaching die Betreibung dieses Raumes selbst übernommen.
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Formalisieren passiert natürlich auch sehr oft. Viele Nutzer formalisieren sich selber, merken, dass sie andere Organisationsstrukturen brauchen, dass sie Unternehmen gründen müssen oder sich mit anderen Institutionen vernetzen müssen, wie hier dieses Beispiel ScriBlock in Rotterdam.
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Und durch dieses Formalisieren hat diese Zwischennutzung mittlerweile eine internationale Ausstrahlungskraft gewonnen. Das Projekt dieses leerstehende Bürogebäude wurde innerhalb von wenigen Jahren neu kolonisiert, ist heute voll und interessant war, dass die Aktivierung des
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Gebäudes mit einer neuen Vernetzungsstrategie im öffentlichen Raum gekoppelt ist. Über einen Skywalk, einen Luftslingel, ist dieses Gebäude an den Hauptbahnhof und an einen
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leerstehenden Bahndamm angebunden und ermöglicht so neue Öffentlichkeiten. Instrumentalisieren passiert auf unterschiedlichen Ebenen, einmal auf einer gesamtstädtischen Ebene. Hier hat die Kommune von Amsterdam im Amsterdamer Norden in einem
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Werft angesiedelt. Ihr alle kennt sicherlich das NDSM-Terrain in Amsterdam und die Instrumentalisierung spielt sich natürlich auch stark auf lokaler Ebene ab. Hier ein Beispiel aus meiner Lieblingsstadt Wuppertal. Dort hat ein Findiger Immobilienbesitzer so
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eine alte Fabrik erst mal für ein, zwei Jahre zum Kunstort gemacht und dann hat die Halle zugeschlagen und heute sind dort die Elberlofts. Sehr innovatives Projekt. Gut, wir schließen mit Philipp und dem Plädoyer für einen Städtebau des Gebrauchs.
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Also noch ganz kurz, wir haben während des Projektes ja immer auch Manifeste dann geschrieben und die hießen dann immer so euphorisch wie, was ist zu tun oder was nun oder jetzt haben wir uns etwas gesetzter geworden, jetzt haben wir das Plädoyer für einen Städtebau des Gebrauchs. Also ein Versuch eigentlich selber da noch mal
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letztes Jahr zu resümieren und nach vorne weiter zu denken. Diese Grafik bezieht sich jetzt noch mal auf die Rollenverschiebungen für den Planer, die wir so sehen. Also weg von
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den geplanten und durchgeplanten Nutzungen oder Visionen oder auch dem Zeitverständnis, das immer linear ist und auf einen festen vorgeschriebenen Entwurf hingeht, also statisch und auch die Akteur oder die Nutzer zu Konsumenten macht, hin eigentlich die Verschiebung nach unten, links, wo wir den Faktor Zeit viel dynamischer denken müssen
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und die Nutzer als unser Partner, als Co-Produzenten sehen müssen und auch mit dem Kontrollverlust positiv umgehen müssen, der der Städtebau des Gebrauchs für uns als Planer und Architekten nach sich zieht. Also ein Paradigmenwechsel. Wir haben jetzt
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da sechs Thesen formuliert, die ich ganz kurz erklären will. Stadtentwicklung mit lokalem Kapital. Philipp hatte schon gesagt, eingangs, dass gerade jetzt während der Finanzmarktkrise, wir immer merken, dass zunehmend sich die Finanzmärkte ausschließlich
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auf der Organisation von Geldströmen fokussieren und sich also vollkommen wegbewegen von der eigentlichen Stadt und von dem Stadtgebrauch und das ist für uns ein sehr wichtiger Aspekt dieser Zwischennutzung, die diesen Stadtgebrauch eigentlich wieder in den Mittelpunkt rücken
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und das Kapital von Zwischennutzung ist eine Inwertsetzung nicht monetärer Ressourcen, natürlich auch andere, aber auch unter anderem nicht monetäre Ressourcen. Damit werden finanzschwache Gruppen in der Bevölkerung zu aktiven Gestalten vorstatt. Voraussetzung ist die Verfügbarkeit von Räumen, die dem kommerziellen Verwertungsdruck entzogen sind.
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Vorhandene Ressourcen nutzen. Die Transformation von Bestehenden wird zum Schlüssel für die wahrgenommen, genutzt, verändert oder entfernt werden kann. Vorhandene bauliche Strukturen, Atmosphären und Milieus gilt es zu entdecken und als wertvolle Ressourcen in Entwicklungskonzepte zu integrieren. Unfertiges Wertschätzen. Das ist eine Grafik von
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Tele Internet Café, dem Siegertwurf für die Realisierung eines sogenannten Kreativquartiers in der Dachau Straße in München. Lebendige Städte entstehen nicht aus der Retorte, sondern entwickeln sich im Laufe der Zeit. Nicht die Stadtgestalt steht im Vordergrund,
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sondern der Stadtgebrauch. Unfertiges, gegensätzliches, transitorisches und temporäres werden Teil des Stadtbildes. Sie bergen die Chance für Spannungsfelder einer gemischteren und vielfältigeren Stadt. Schrittweise Entwicklungen ermöglichen. Zwischnutzungen können einen wesentlichen Impuls für eine neue Form von prozessualer
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Stadtentwicklung geben, bei der es um das Neukodieren und Neuprogrammieren schon existierender Räume geht. Intelligentes Wachstum versteht sich nicht als städtebaulich strukturierte Akkumulation von Baumassen, sondern als sukzessive Verdichtung von Aktivitäten, Programmen und Netzen, die sich nach und nach auch baulich manifestieren.
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Das sind so die Instrumentarien der Plane, die diesen Prozess begleiten. Co-Produktion fördern, Werte teilen. Anders als, man könnte es auch nennen, von Partizipation zum do-it-yourself. Anders als Raumkonsumenten, die die realisierten Objekte von Architekten und Planern nutzen, bauen sich Raumproduzenten ihre Stadt nach
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eigenen Vorstellungen. Gemacht wird, was der Ort hergibt und sich in der Nutzung bewährt. Co-Produktion heißt Teilhabe für neue Akteure und Zwischennutzer als Partner einer Entwicklung zu gewinnen. Damit verbunden ist sowohl die Teilhabe an Verantwortung als auch am wirtschaftlichen Erfolg. Hier ist ein Beispiel des Projektes
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Young Energies, wo zusammen mit Jugendlichen dieses Floß gebaut wurde. Eigentlich eine sehr symbolische Intervention, aber immerhin mittlerweile ein Ministerium fördert so etwas. Top-down- und Bottom-up-Verfahren verbinden. Zwischennutzungen
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schließen langfristige Planungen nicht aus. Noch werden unmittelbare Raumein-eignungen und gebaute Visionen häufig als zweieinander ausschließende Gegensätze wahrgenommen und behandelt. Eine Stadt aber, die sich selbst immer wieder neu erfinden und verjüngen möchte, braucht beides. Einerseits offene Räume für unerwartete Nutzungen von unten,
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andererseits räumlich-programmatische Festlegungen und Entwürfe von oben. Entwicklungskonzepte, die beides verzahnen, müssen neben klassischen Planungswerkzeugen um neue Instrumentalen erweitert werden. Das ist ein Beispiel. Klaus und ich waren gerade in München und haben da einen Workshop geleitet und zum ersten Mal sind dort Mitglieder
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des Ressorts des Kulturreferats, des Kommunalreferats, des Planungsreferats tatsächlich mal in einen zwischengenutzten Ort gegangen. Sie haben das schon verwaltet mit zum Teil Abscheu und Berührungsängsten und zum ersten Mal entstand tatsächlich ein Dialog vor Ort und später dann auch in einem geschlossenen Arbeitsworkshop.
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Und das sind eigentlich meiner Ansicht nach, wenn man das irgendwie zusammenfassen kann, eine ganz wesentliche Rolle der Zwischennutzung, also als Tür öffnet zu sein für breitere Debatten über Stadtgebrauch und über die Nutzung von Stadt. Danke.
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