We're sorry but this page doesn't work properly without JavaScript enabled. Please enable it to continue.
Feedback

Grenzregionen in Zeiten von Corona

00:00

Formale Metadaten

Titel
Grenzregionen in Zeiten von Corona
Serientitel
Anzahl der Teile
19
Autor
Mitwirkende
Lizenz
CC-Namensnennung - keine kommerzielle Nutzung 3.0 Deutschland:
Sie dürfen das Werk bzw. den Inhalt zu jedem legalen und nicht-kommerziellen Zweck nutzen, verändern und in unveränderter oder veränderter Form vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen, sofern Sie den Namen des Autors/Rechteinhabers in der von ihm festgelegten Weise nennen.
Identifikatoren
Herausgeber
Erscheinungsjahr
Sprache

Inhaltliche Metadaten

Fachgebiet
Genre
Computeranimation
Computeranimation
Computeranimation
Computeranimation
Transkript: Deutsch(automatisch erzeugt)
Wir berichten aus der Perspektive, wie Sie schon gesagt haben, des Initiativkreises für Metropolitane Grenzregionen, der sich sehr intensiv mit diesem Thema auseinandersetzt und auch ein Positionspapier zu Grenzregionen in Zeiten von Corona vorbereitet. Unser Beitrag beschäftigt sich jetzt ganz im Anschluss
auch an den vorangegangenen Beitrag mit Grenzkontrollen an nationalstaatlichen Grenzen, die Auswirkungen auf die Grenzregionen und natürlich auch auf mögliche politische Antworten. Zunächst einmal, das hatten wir ja jetzt auch schon im Vortrag vorneweg gehört,
zur Erinnerung, wir sind ja in der glücklichen Lage, dass wir im Schengen-Raum leben. Es ist eine der ganz großen Errungenschaften in Europa der Schengener Grenzkodex, der sozusagen den freien Personen- und Warenverkehr auch regelt. Links im Bild sehen Sie jetzt Schengen an der Mosel.
Ich sitze hier im EVTZ, wir haben ja schon gehört, was es ist, Samusel, also in Saarbrücken, unweit von Schengen. Und insofern denke ich, muss man sich ab und zu noch mal daran erinnern, dass sozusagen dieser freie Personen- und Warenverkehr so das normal ist in den Grenzregionen. Wir uns auch alle darauf eingerichtet haben,
über Jahrzehnte hinweg und nun sozusagen diese Kontrollen an den Bindengrenzen natürlich eine Disruption hier in den Grenzregionen darstellen. Diese vorübergehenden Kontrollen sind sozusagen möglich, auch nach dem Schengener Grenzkodex, allerdings nur dann, wenn die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit
ernsthaft bedroht ist. Diese Grenzkontrollen haben wir ja schon öfter, also das heißt nach Terroranschlägen bei der Tour de France oder beim G7-Gipfel. Immer dann gibt es auch Grenzkontrollen, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Das hat sich natürlich mit SARS-CoV-2 komplett verändert. Also das hat natürlich ganz andere Auswirkungen und in unserer Perspektive kam damit auch die Rückkehr der Grenzen
hier in die Lebenswelten und Arbeitswelten der Grenzraumbewohnerinnen. Natürlich muss man auch noch dazu sagen, dass es sich nicht um vollständige Grenzschließungen handelte, sondern um Grenzkontrollen, die allerdings wirklich erhebliche Auswirkungen auf die Grenzraumregime hatten
und auch auf den Grenzübertritt. Natürlich ging damit einher auch die Schließung kleinerer Grenzübertritte, aber im Wesentlichen blieben immer Grenzübertritte offen, allerdings dann auch mit Kontrollen. Also das heißt, es war schon eine systematische Kontrolle der Grenzen damit verbunden. Auch diese sozusagen beim Blick auf die Ursachen,
diese Infektionskurven kennen wir jetzt nun zur Genüge. Sie sehen links alle Landkreise und den Regionalverband Zerbrüchen, die direkt an das Departement-Mosel grenzen. Sie sehen schön die erste, zweite, dritte Welle und auch die Inzidenzen, die dazugehören. Und dann rechts sehen Sie, dass es im Departement-Mosel
natürlich auch gerade bei der zweiten Welle deutlich höhere Inzidenzen gab, also die stiegen auf fast 500 an. Und Ende Februar 2021 gab es auch eine Einstufung als Virusvariantengebiet. Da sollte man sich, wenn wir nachher gleich über Grenzkontrollen reden, in der Erinnerung behalten.
Ich denke, dann sieht man nämlich recht deutlich, dass sozusagen die Inzidenzen nicht unbedingt mit den Grenzkontrollen korreliert haben. Ja, dann der Blick auf die Grenzkontrollen. Also nahezu alle Nachbarstaaten gab es Kontrollen in Dänemark schon ab November 2019.
Also die waren ganz früh am Start und haben das auch dann durchgehalten 2020, die zwölf Monate. Ansonsten, das bildet sich gut auf dem Chart auf der rechten Seite ab. Da sehen Sie, dass sozusagen die erste Welle durch in der Regel viermonatige Grenzkontrollen gut abgebildet ist.
Also 2020. Danach wurden die Grenzkontrollen mehr oder weniger wieder reduziert. Und bei 2021 sehen Sie jetzt auf dem Chart, dass es kaum noch Grenzkontrollen auch von deutscher Seite aus gab. Auch nicht da im Bereich des Departements-Mosel. Wir erinnern uns jetzt noch an die hohen Inzidenzen
und die Einstufung als Virusvariantengebiet. Das hat ja natürlich auch sozusagen mit den politischen Verwerfungen nach den Grenzkontrollen 2020 zu tun. Wenn wir uns jetzt noch mit der Großregion beschäftigen wollen, dann denke ich wird es nochmal ganz deutlich mit diesem Blick auf die auf die Karte links, was es bedeutet,
wenn die Grenzen jetzt nicht geschlossen, aber über Grenzkontrollen doch sehr erheblich der Grenzübertritt erschwert wird. Wir rufen uns in Erinnerung, dass die Großregion sozusagen das höchste Pendleraufkommen in Europa als Grenzregion aufweist.
Also es ist ein Raum mit intensivsten Verflechtungen in nahezu allen Lebensbereichen. Die Berufspendlerinnen konnten natürlich passieren. Allerdings dadurch, dass kleinere Grenzübertritte eingeschränkt oder nicht zu passieren waren, gab es natürlich Staus an den offiziellen Grenzübertritten, sodass einerseits Umwege, andererseits lange Wartezeiten
auch in Kauf genommen werden mussten. Das änderte sich 2021, also vergleichbar zu den Folien, die Sie vorhin gesehen haben, sozusagen nach dem Schock der ersten Grenzkontrollen, trotz hoher Inzidenzen und trotz Virusvariantengebiet. Im Oberrhein war die Situation vergleichbar.
Also 2020 sehen Sie sozusagen auf ganzer Länge Grenzkontrollen. Es waren Händlerbescheinigungen notwendig etc. auch an der EU-Außengrenze zur Schweiz hin. Im Jahr 2021 auch deutlich reduziertere Kontrollen. Und jetzt noch ein Blick darauf, was heißt denn eigentlich
Grenzkontrollen? Und hier sehen Sie im Prinzip schon direkt auf einen Blick, es bestehen und bestanden auch eine Vielzahl an Regelungen zum Grenzübertritt, die stetig an das Infektionsgeschehen auch angepasst wurden. Es war klar, dass der Dreh- und Angelpunkt die Bewertung des
Einreise- und Herkunftslandes darstellt. Das wurde aber auch nicht immer direkt kommuniziert. Ist es jetzt ein Risikogebiet, ein Hochinzidenzgebiet, ein Virusvarianten-, Virusmutationsgebiet etc. Es kosteten ja relativ viele Vokabeln dazu. Daraus leiteten sich dann die Quarantänevorschriften ab.
Natürlich im Wesentlichen nach dem Einreise- und Herkunftsland, nach der 3G-Impfregel, getestet, genesen oder geimpft. Es waren in aller Regel unheimlich einheitliche und häufig wechselnde Regelungen. Und ganz zentral noch mal, vor allem zu Beginn, es kein spezifisches Gesundheitsprotokoll zum Grenzübertritt gab.
Es reichte teilweise eine Selbsterklärung. Danach kam es dann sozusagen zur Regelung mit den PCR-Tests, die mal 24 Stunden Gültigkeit haben sollten, 48, 72. Und natürlich dann noch das ganz große Feld der Ausnahmebestimmungen. Also wir durften die Grenze übertreten,
Berufspendlerinnen, systemrelevante Personen, wie war das mit Familienbezügen, mit der Versorgung von Tieren, den Transitverkehren, insgesamt dem Warenverkehr, bis hin zum kleinen Grenzverkehr, also dass man sozusagen in Abhängigkeit des eigenen Wohnortes auch über die Grenze übertreten durfte für 24 Stunden.
Also Sie sehen, die Vielfalt war durchaus verwirrend. Und man musste schon tagesaktuell sich informieren, um in den Grenzregionen hier klarzukommen. Also es gab natürlich mit der Zeit auch eine Harmonisierung dieser Regelungen, aber bis heute und im Rückblick blieb das durchaus verwirrend.
Dann noch zwei Schlaglichter auf die Auswirkungen der Pandemie. Wir haben ja jetzt über viele Vorträge hinweg schon gehört, das ist noch nicht ganz abzuschätzen, welche Auswirkungen nachhaltig sich zeigen werden. Auf jeden Fall gab es erhebliche direkte Auswirkungen auf Wirtschaft und Handel, weil wir, das hatte ich vorhin schon erwähnt,
natürlich gerade jetzt hier beispielsweise in der Großregion, gilt aber auch für den Oberrhein, in einer sehr eng verflochtenen Region leben und in einem eng verflochtenen Arbeitsmarkt. Sie sehen das hier an der Karte. Das ist jetzt das Departement Musselle angrenzend an Deutschland, Luxemburg und Belgien. Und die Farben zeigen Ihnen den Anteil der Grenzgängerinnen
an den Einwohnerinnen. Das heißt im Prinzip, auch gerade jetzt gilt natürlich für Belgien auch Luxemburg und Deutschland. Sie bedienen sich ganz in erheblichem Umfang an den Arbeitskräften aus dem Departement Musselle. Es gibt ganze Branchen und Sektoren,
die von Grenzgängerinnen abhängig sind. Beispielsweise in Luxemburg arbeiten 70% der Tätigen im Gesundheitswesen. Also wieder gesagt sind 70% derjenigen, die im Gesundheitswesen tätig sind, Grenzgängerinnen, vor allem aus dem Departement Musselle. Das gilt aber auch für Industrie, Handel, Handwerk.
Das heißt, all diese Verflechtungen wurden dann durch die Grenzkontrollen natürlich erheblich verschwert bis hin unterbrochen. Und auf der rechten Seite habe ich Ihnen noch ein paar Ausschnitte aus den Zeitungen mitgebracht, die auch auf ganz individuelle betriebliche Regelungen nochmal einen Blick werfen. Das heißt also Ford oder auch ZF,
das ist ein Automobilzulieferer im Saarland, haben so ganz sozusagen aus eigener Perspektive entschlossen, die französischen Arbeitskräfte zunächst einmal auszuschließen. Ja, und das bringt mich auch sozusagen zum zweiten Schlaglicht. Es gab natürlich nicht nur wirtschaftliche Auswirkungen,
also materielle Auswirkungen, sondern natürlich auch intensive immaterielle und psychologische Auswirkungen der Grenzschließungen. Das ging hin zu Trennungen, also familiären Trennungen, Trennungen von Paaren. Auch diese gesamten grenzraumorientierten Lebenswelten
wurden natürlich über diese neuen alten Barrieren nochmal in eine sehr schwierige Situation gebracht. Und ganz unschön war es natürlich, dass es zu sehr schwierigen Szenen kam. Sie sehen das jetzt gerade links im Bild. Im Saarland kam es nach der Grenzschließung
offenbar zu unschönen Szenen. Franzosen sollen beschimpft auf der Straße angehalten und mit Eiern beworfen worden sein. Sie können sich vorstellen, dass dieses Aufbrechen alter Ressentiments natürlich auch heftige politische Reaktionen hervorgerufen hat, was natürlich auch erklärt, dass die Grenzschließungen 2021 durchaus natürlich
nicht mehr in dem Umfang stattgefunden haben, wie in der ersten Welle. Ja, bevor ich an Herrn Hager überleite, das Fazit natürlich bis dahin, die Maßnahmen im Zuge der Pandemie waren und sind in den Grenzregionen natürlich besonders spürbar.
Und der Wert der offenen Grenzen wird damit auch nochmal ganz deutlich bewusst. Also was auch für ein besonderes Gut es ist, hier im Schengen Raum zu leben und diese offenen Grenzen sozusagen in den Grenzregionen auch dazu nutzen zu können, dass die europäische Integration hier in dem Bereich gelingt.
Damit übergebe ich an Herrn Hager. Vielen Dank, Frau Harz. Wir sehen hier eine Grenze und wir haben erlebt, dass grenzüberschreitende Räume funktionelle Einheiten sind, die von Staatsgrenzen zerschnitten werden. Und Krisensituationen wie die Corona-Pandemie haben gezeigt,
wie hoch die funktionalen Verflechtungen tatsächlich sind. Und andererseits in den grenzüberschreitenden Governance-Strukturen war klar damit, wie tief die funktionalen Verflechtungen und letztlich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
dann auch sind. Also insgesamt war Corona ein Stück weit Lackmustest für die Verflechtungen in den Grenzregionen und andererseits eben auch Lackmustest für den Status und die Reife der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Und damit bin ich schon bei unserem letzten Bild angelangt.
Frau Harz, wenn Sie das gerade noch zeigen. Was lernen wir jetzt als IMEC und als Grenzregion insgesamt aus der Corona-Krise? Das erste sicher ganz, ganz zentral der Informationsaustausch und die grenzüberschreitende Raumordnung sollten verbessert werden. Bei den Informationen war gerade für die Pendler,
für die Grenzgänger ganz, ganz wichtig, dass sie eben tagesaktuell etwas mitgeteilt bekommen, nämlich wie es auf der anderen Seite der Grenze ist für sie. Also man braucht schnelle Informationen, valide und sie müssen niedrig, schwelig sein und ganz, ganz zentral immer in der Sprache des Nachbarn.
Längerfristig jetzt für die Raumordnung unter uns, die Raumbeobachtung, die grenzüberschreitende, glaube ich, kann ihren Beitrag dazu leisten, dass die Analyse der Schwierigkeiten an der Grenze dann noch vertieft wird und wir das dann auch in Richtung der großen Politik hier dann auch etwas ändern kann
und soll und muss dann senden können. Zweiter Punkt. Wir brauchen grenzüberschreitende Notfallpläne und müssen die Abläufe einüben. Denn das hat bei Corona auch gezeigt, dass wir doch sehr stark überrascht wurden von den Interventionen, von den Maßnahmen
und wir eigentlich die Verwaltungen, die Administrationen darauf nicht gut vorbereitet waren, auf irgendwelche seriöse Notfälle. Das ist eingeübt. Da gibt es Mechanismen, die dann auch gut funktionieren. Bei Pandemien bisher nicht. Da muss man sicher nachlegen und dazulernen.
Das Dritte ist, dass grenzüberschreitende Taskforces einberufen werden könnten, die eben an der Grenze das Leben für die Menschen, die dort sind, auch leichter machen. Zweiter Punkt. Die ortsnahen Institutionen und Akteure müssen ins Krisenmanagement miteinbezogen werden. Denn das haben wir auch gesehen, dass die Akteure vor Ort,
die nicht so weit weg sitzen, nicht in Stuttgart, in Berlin oder gar in Brüssel sitzen, die Themen, die die Menschen unmittelbar berühren, doch sehr viel besser und schneller abschöpfen können, wie die Administrationen, die sehr weit weg sind und die natürlich auch das große Ganze
im Blick haben. Fünfter Punkt. Die horizontal eingerichteten Governance-Strukturen, von denen wir im Oberrhein sehr, sehr viele haben, auch in der Großregion, die sind eigentlich ideal für einen Informationsbeauftragten und die Kommunikation, wo eben die, die ganz nah an den Bürgern sind, die es weiß in den Augen
der Bürgerinnen und Bürger sehen, dass die das weiter reichen können an die sehr stark horizontal orientierten großen Administrationen. Und dann letzter Punkt. Ich glaube, das ist auch nochmal ganz wichtig. Die Frau Hatzer hat es angesprochen. In der Abgrenzung sind auch wieder Ressentiments hochgekommen.
Und um Ressentiments abzubauen, müssen die grenzüberschreitende Zusammenarbeiter, die müssen immer wieder Signale senden der Verbundenheit und der Freundschaft, damit nicht diese alten Abgrenzungsmechanismen wieder reinkommen in das öffentliche Bewusstsein. Insgesamt, glaube ich, hat sich gezeigt in der
Corona-Pandemie-Krise, wie wichtig eine verlässliche und vertrauensvolle grenzüberschreitende Zusammenarbeit war ist und was sie leisten kann. Herzlichen Dank, dass Sie uns zugehört haben.