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Literatur an den Rändern

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Titel
Literatur an den Rändern
Serientitel
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90
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Abstract
Die Lektoratskooperation lädt ein: Handlungsempfehlungen zum Umgang mit rechter Literatur und der praktische Umgang mit Literatur an den Raendern in der Diskussion.
Schlagwörter
ComputeranimationTechnische ZeichnungDiagramm
Computeranimation
Computeranimation
Computeranimation
Besprechung/Interview
Besprechung/Interview
Besprechung/Interview
Besprechung/Interview
Besprechung/Interview
Transkript: Deutsch(automatisch erzeugt)
Herzlich Willkommen zu meinem Screencast Sachbücher des politisch rechten Randes in öffentlichen Bibliotheken Handlungsempfehlung zum Umgang mit umstrittenen Werken. Mein Name ist Kristin Granz. Ich habe an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft in Hamburg Bibliotheks- und Informationsmanagement studiert
und Anfang dieses Jahres meine Bachelorarbeit mit dem zuvor genannten Titel abgegeben. Meiner Arbeit liegen die Forschungsfragen zugrunde, welcher Umgang mit Sachbüchern des politisch rechten Spektrums in öffentlichen Bibliotheken empfehlenswert ist und ob eine Kontextualisierung vorgenommen werden sollte
und wie diese umgesetzt werden kann. Das Ziel der Arbeit ist eine Auseinandersetzung mit den aktuellen Herausforderungen im Umgang mit rechten Sachbüchern. Die Untersuchung der Kontextualisierung als Lösungsansatz im Dilemma zwischen Neutralität und demokratischer Positionierung und die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen
für einen fachlich begründeten, transparenten Umgang mit rechten Sachbüchern. Die Arbeit setzt sich zusammen aus einem theoretischen Teil, einem empirischen Teil und den Handlungsempfehlungen. Im theoretischen Teil werden zunächst die Begriffe Extremismus, Radikalismus und Populismus definiert
und gegeneinander abgegrenzt, bevor das politisch rechte Spektrum untersucht wird. Es findet eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und ethischen Implikationen im Umgang mit rechten Sachbüchern statt und der aktuelle Stand der Diskussion im Berufsfeld wird zusammengefasst.
In einem Exkurs werden ausgewählte Handlungsfelder für Bibliotheken in der Rechtsextremismusprävention und Demokratieförderung vorgestellt. Der empirische Teil enthält teilstandardisierte, leitfadengestützte Experteninterviews mit fünf Experten aus drei Bibliotheken
und von der Lektoratskooperation und die KZ. Die Auswertung der Interviews fand mittels qualitativer Inhaltsanalyse statt. Auf Grundlage der Ergebnisse der theoretischen und empirischen Forschung wurden Handlungsempfehlungen zum Umgang mit rechten Sachbüchern in öffentlichen Bibliotheken entwickelt.
Heute möchte ich zunächst auf die Zusammenhänge zwischen Extremismus, Radikalismus und Populismus sowie auf das rechte Spektrum eingehen. Dafür habe ich das auf Uwe Backes zurückgehende Hufeisenmodell erweitert, das stark vereinfachend aber sehr anschaulich das politische Gesamtspektrum darstellt,
unterteilt in links und rechts sowie in demokratisch und antidemokratisch. Der Modell liegt ein struktureller Vergleich von links- und rechtsextremismus zugrunde, nicht wie oft kritisiert eine inhaltliche Gleichsetzung. Die Extremismusforschung identifiziert als Gemeinsamkeit sehr unterschiedliche Extremismen,
bestimmte Strukturmerkmale und die Entfernung von der politischen Mitte. Dies habe ich in meiner Arbeit aufgenommen als Mittel zur Identifizierung von Extremismen. Der Extremismus, der sich im Modell im antidemokratischen Bereich befindet, wendet sich gegen mindestens eines der Grundprinzipien des demokratischen Verfassungsstaates,
nämlich die Menschenwürde, das Demokratieprinzip und oder die Rechtsstaatlichkeit. Antidemokratische Ausrichtungen sind allerdings in der Praxis häufig nicht eindeutig festzustellen, da entsprechende Haltungen verschleiert werden und es Grauzonen und verschiedene Intensitäten des Extremismus gibt,
zum Beispiel danach, ob das gesamte Demokratiesystem abgelehnt wird oder nur einzelne Elemente. Der demokratische Bereich umfasst alles von der Mitte bis zum Radikalismus. Radikalismus kann definiert werden als Absicht, gesellschaftliche Probleme von der Wurzel her zu ändern,
ohne jedoch den demokratischen Verfassungsstaat infrage zu stellen und ist geprägt von zu extremen neigenden Denk- und Handlungsweisen. Radikale politische Auffassungen sind also Teil eines demokratischen Meinungsspektrums.
Populismus als Politikstil findet im gesamten demokratischen wie antidemokratischen Spektrum Anwendung, um Ziele zu kommunizieren und durchzusetzen. Kernmerkmale sind die Trennung zwischen einem homogenen positiv konnotierten Volk und einer korrupten Elite, außerdem das Schaffen von Feindbildern und Verschwörungstheorien
und die Nutzung von Stilmitteln wie Common Sense Argumenten, Provokationen und einfache Lösungen für komplexe Probleme. Das politisch rechte Spektrum ist aufgegliedert in eine politische Mitte und sich davon immer weiter entfernt
den demokratischen Rechtskonservatismus und Rechtsradikalismus und den antidemokratischen Rechtsextremismus. Eine eindeutige Einordnung von Phänomenen innerhalb des rechten Spektrums ist sehr schwierig durch die fließenden Grenzen und Grauzonen zwischen den einzelnen Ausprägungen und durch Themenüberschneidungen.
Neben der Unterscheidung in demokratisch und antidemokratisch geben die Rigidität der gesellschaftlichen Homogenitätsvorstellungen die Drastik der Problembeschreibungen und Lösungsvorschläge sowie die Unterscheidung zwischen einem selten vorkommenden geschlossen rechtsextremen Weltbild
und den deutlich weiter verbreiteten einzelnen rechtsextremen Einstellungen Anhaltspunkte. Kernmerkmale des Rechtsextremismus sehen Sie auf der rechten Seite der Folie. Hier ein Beispiel. Wie würden Sie den Titel Bevölkerungsaustausch in Europa von Hermann H. Mitterer aus dem Kopfverlag einordnen?
Rechtskonservativ, rechtsradikal oder rechtsextrem? Als Hintergrundinformation. Der Kopfverlag bietet ein Mischprogramm von unpolitischen Titeln und Titeln aus dem gesamten rechten Spektrum an.
Das Stichwort Bevölkerungsaustausch findet im gesamten rechten Spektrum Anwendung. Die neue Rechte ist für Bibliotheken besonders relevant, da sie eine rechte bzw. rechtsextreme Intellektualisierung und politische Macht durch eine breite gesellschaftliche Durchsetzung der entsprechenden Einstellungen und Werthaltungen anstrebt.
Dazu nutzt sie auch vor- und unpolitische Felder wie Kunst, Musik und Literatur. Auch sie lässt sich nicht eindeutig dem demokratischen oder antidemokratischen Spektrum zuordnen, sondern nimmt eine Brückenfunktion zwischen Rechtskonservatismus, Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus ein.
Nicht alles, was in der öffentlichen Diskussion als neue Rechte bezeichnet wird, gehört auch tatsächlich dazu. Das linke abgebildete Buch ist einer der wenigen eindeutigen Fälle. Der Verlag Antaios gilt als Hausverlag, der Autor Thor von Wallstein als ein Stammautor der neuen Rechten.
Die Losarraziens Bücher hingegen werden häufig aufgrund ihrer Inhalte der neuen Rechten zugeordnet, gehören jedoch genau genommen nicht dazu, da er sich nicht ideologisch wie die neue Rechte auf die konservative Revolution der Weimarer Republik bezieht. Nach dieser Einführung in die theoretischen Grundlagen möchte ich nun kurz
den aktuellen Stand im Umgang mit rechten Sachbüchern im bibliothekarischen Berufsfeld zusammenfassen, um dann einige ausgewählte Ergebnisse der Experteninterviews vorzustellen. Im Umgang mit rechten Sachbüchern lassen sich zwei verschiedene Ansätze identifizieren. Im eher restriktiven Ansatz werden entweder alle oder zumindest einige rechte Sachbücher
aufgrund von Kriterien wie Verlage und Autoren oder Merkmalen wie Verfassungsfeindlichkeit, Diskriminierung oder Rassismus von der Erwerbung ausgeschlossen. Problematisch daran ist, dass Merkmalen wie Verfassungsfeindlichkeit und Diskriminierung keine objektiven Kriterien zugrunde gelegt werden.
Außerdem eignen sich Verlage, wie bereits auch das Beispiel des Kopfverlags zeigte, aufgrund ihrer Mischprogramme weder als Ausschlusskriterium noch als Einordnungskriterium ins rechte Spektrum. Dem restriktiven Ansatz steht der eher offensive Ansatz gegenüber.
Bei diesem sollen grundsätzlich Bücher aus dem rechten Spektrum angeschafft werden. Ein Exkludieren findet im Idealfall nur auf grundrechtlicher Beschränkungen statt, wenn beispielsweise ein Titel wegen Volksverhetzung indiziert ist.
Die im Rahmen der Arbeit durchgeführten Experteninterviews ergaben unter anderem Folgendes. Die Bibliotheken sehen sich nicht in der Lage, die für eine differenzierte Einordnung nötiger Analyse einzelner Bücher zu leisten. Für eine Kontextualisierung ist ein ausgewogener Bestand von hoher Bedeutung.
Eine weite Kontextualisierung durch Veranstaltungsarbeit wird durchgeführt und ist wichtig. Eine enge Kontextualisierung einzelner Bücher, zum Beispiel über Faktenchecks oder Hinweise auf kontextualisierende Informationen, wird in den befragten Bibliotheken nicht umgesetzt, da die Bestände als zu klein und der Aufwand als zu hoch eingeschätzt werden,
keine zusätzliche Aufmerksamkeit auf rechte Bücher gelenkt werden soll und schwierige Diskussionen mit unterschiedlichen politischen Gruppen erwartet werden. Beim Umgang mit rechten Sachbüchern ergeben sich verschiedene Herausforderungen für Bibliotheken. Welche die sind und als wie groß sie eingeschätzt werden, ist unter anderem abhängig vom zur Verfügung stehenden Hintergrundwissen zur rechten Szene,
von der Bibliotheksgröße und von den Gegebenheiten am Bibliotheksstandort. Dementsprechend variiert auch der Bedarf an Hilfsmitteln und unterstützenden Angeboten stark.
Auf der Grundlage meiner theoretischen und empirischen Forschung gebe ich folgende Handlungsempfehlungen. Es wird ein offensiver und differenzierter Umgang mit rechten Sachbüchern sowie eine enge und weite Kontextualisierung der Bücher empfohlen, da Bibliotheken damit einen Beitrag zur Rechtsextremismusprävention und Demokratieförderung leisten können.
Das heißt im Detail, der offensive Ansatz, der auf rechtlichen, berufsetischen und fachlichen Standards basiert, in deren Mittelpunkt die Informations- und Meinungsfreiheit steht, wird empfohlen. Im Umgang mit rechten Sachbüchern muss differenziert werden, wo sie inhaltlich innerhalb des rechten Spektrums einzuordnen sind.
Es sollte diskutiert werden, wer die dafür notwendige Analyse einzelner Bücher leisten kann, die Bibliotheken selbst, die Lektoratskooperation oder andere, und auf welcher Grundlage Einordnungen vorgenommen und Erwerbungsempfehlungen ausgesprochen werden können.
Bücher des demokratischen Rechtenmeinungsspektrums sollten im Bestand vertreten sein. Voraussetzung für die Erwerbung ist ein ausgewogener, kontextualisierender Bestand und eine weite Kontextualisierung. Bei antidemokratischen Büchern wird empfohlen, einige exemplarisch zur Darstellung des rechtsextremen Weltbildes geeignete Titel zu erwerben
und ergänzend zu einer weiten Kontextualisierung und einem ausgewogenen Bestand auch eine Engelkontextualisierung vorzunehmen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass je nach Situation einzelner Bibliotheken, zum Beispiel hinsichtlich der Bibliotheksgröße und des Budgets,
eine Erwerbung und Kontextualisierung rechter Sachbücher eventuell nicht oder nur begrenzt möglich ist und alternativ die Bereitstellung über den Leihverkehr genutzt werden sollte. Unterstützende Angebote für öffentliche Bibliotheken sollten unter Berücksichtigung der lokalen Situationen weiter ausgebaut werden.
Insbesondere sollten Konzepte der Rechtsextremismusprävention und Demokratieförderung adaptiert, einen Meinungs- und Erfahrungsaustausch gefördert und Fortbildungen zur Vermittlung von Hintergrundwissen zum rechten Spektrum, Autoren und Verlagen angeboten,
sowie entsprechende Informationspools für Lektorinnen und Lektoren aufgebaut werden. Abschließend möchte ich noch auf die Ausblicke eingehen. In der Arbeit wurde die These aufgestellt, dass eine Engelkontextualisierung Nutzer auf einem unmittelbareren Weg erreicht als eine weite Kontextualisierung.
Da Nutzer die Informationen zeitgleich mit der Auswahl oder dem Lesen des Buches praktisch serviert bekommen und weniger Eigeninitiative nötig ist als bei der Teilnahme an Veranstaltungen, kann eine Engelkontextualisierung eventuell eine andere und größere Zielgruppe erreichen.
Wenn sie außerdem die kritische Auseinandersetzung mit rechter Literatur fördert, wäre eine erhöhte Aufmerksamkeit für diese Bestände positiv. Deshalb sollten die verschiedenen Methoden der Engelkontextualisierung genauer auf ihre Wirksamkeit und auf Nutzerreaktionen untersucht werden. Öffentliche Bibliotheken müssen sich im Rahmen ihres Auftrags zum Umgang mit rechten Sachbüchern
wie auch zum gesamten Themenkomplex Rechtsextremismus, Prävention und Demokratieförderung positionieren. Dies sollte auf einer soliden und informierten Grundlage geschehen. Über die grundlegenden Untersuchungen meiner Arbeit hinaus besteht Forschungsbedarf in der Anwendung der Ergebnisse auf andere umstrittene Werke.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und ich hoffe, dass mein Vortrag die Basis für eine interessante Diskussion gelegt hat und meine Arbeit Impulse für den zukünftigen Umgang mit diesem sehr wichtigen Thema geben kann. Im Folgenden sehen Sie noch die von mir für diesen Vortrag verwendeten Quellen.
Frau Fichtner sehen Sie jetzt nicht im Bild die Dritte des Quotantin. Da klappt es mit der Kamera gerade nicht, aber nichtsdestotrotz, Sie sind ja da, Frau Fichtner. Und von daher würde ich jetzt gerne, bevor wir in die Diskussion steigen,
mit kleinen Inputs beginnen von meinen, von unseren drei Referentinnen, Quotantinnen. Lieber Herrmann, ich würde direkt bei dir anfangen mit einem kleinen Impulsvortrag.
Ich hebe meine Fragen, die ich habe, mal auf. Bitte aber die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerne Fragen in die Runde zu werfen. Frau Fichtner würde ich dann danach ins Gespräch bitten und dann Frau Meink und dann gehen wir, lieber Frank, einfach in die Fragen.
Ich fand das sehr eindrucksvoll, was wir gerade gehört haben von Frau Granz. Ich möchte kurz aus ethischer Sicht das Problemfeld beleuchten. Meinungs- und Informationsfreiheit sind in allen Berufsetiken sowohl von der IFLA als auch von BID und auch in dem sehr präzisen Positionspapier des DBV als oberste ethische Grundwerte von Bibliotheksethik an erster Stelle genannt.
Meinungs- und Informationsfreiheit sind deswegen auch so wichtig für das bibliothekarische Handeln, weil Bibliotheken damit ihren demokratischen Auftrag erfüllen können, nämlich die informationelle Grundversorgung der Bevölkerung zu sichern,
gemeinsam zum Beispiel mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dafür ist es also wichtig, dass wir über unseren eigenen Schatten springen und auch Literatur von den Rändern, ob rechts oder links orientiert oder von Sekten oder anderen randständigen ideologischen Positionen aus,
exemplarisch in unseren Bibliotheken entsprechender Größe bereitzustellen.
Das heißt, die Bestände sollten möglichst neutral und ausbalanciert daherkommen, damit sich die mündigen Bürgerinnen und Bürger selbst ein Urteil bilden können und nicht angewiesen sind darauf, dass irgendeine Instanz, in Anführungszeichen ein Wahrheitsministerium oder eine Clearingsstelle Ihnen vorkaut,
was Sie für wahrzuhalten haben und was nicht. Das widerspricht demokratischen Grundsätzen. Ich finde, dass die US-amerikanischen Bibliotheken mit ihrer selbstbewussten Positionierung We are the cornerstone of democracy sehr, sehr recht haben.
Wenn wir uns das nämlich auch zu eigen machen, dann wird klar, dass Bibliotheken eine Funktion erfüllen, die in dieser Gesellschaft von kaum einer anderen Institution, wenn nicht keiner anderen Institution, erfüllt werden kann, weil wir weltanschaulich neutral sind. Wir sollten unbeeinflusst sein von äußeren ideologischen Einflüssen
und wir sind keinerlei Wirtschaftszwängen unterworfen, wie etwa kommerzielle Unternehmen. Ich will es mal dabei belassen, damit ich nicht zu viel Zeit beanspruche. Herzlichen Dank. Spannende Ansätze, cornerstone und informationssouverän mündige Bürgerinnen und Bürger.
Frau Fichtner, ich wechsle mal zu Ihnen, zu Ihrem Statement und auch zu Ihrer Rolle in der DBV-Kommission Bestandsmanagement.
Ich möchte Herrn Rösch an sich beiflichten. Es ist für die Bibliotheken wichtig, die Funktion der Demokratieförderung einzunehmen und einen neutralen Standpunkt zu haben. Allerdings würde ich bei den wirtschaftlichen Zwängen Einschränkungen vornehmen. Bibliotheken müssen die Wissbegierde führen, die Kreativität an eine demokratische Gesellschaft mit Wissen bereichern.
Dafür ist Literatur an den Ländern leider unerlässlich. Sie kann eingefasst werden durch Veranstaltungen, die zur Demokratieförderung beitragen.
Wirtschaftliche Zwänge wird es eines immer geben. Deswegen ist die bibliothekarische Gutachtung über den großen Grundsatz der Informationsfreiheit ein wichtiges Gut. Wir müssen Literatur an den Ländern darbieten. Wir müssen natürlich nicht jede Literatur darbieten. Und das hängt immer von dem jeweiligen Umfeld der Bibliothek ab.
Das wäre jetzt erstmal mein Statement. Dann würde ich mal an dieser Stelle gerne Frau Meink mit ins Spiel bringen.
Frau Meink, Sie sind Leiterin der Stadtbibliothek Reutlingen. Wie sieht das bei Ihnen dazu aus? Ich glaube, ich war gerade noch stumm. Jetzt bin ich da. Ja, in der Praxis ist es immer nicht ganz so einfach, sage ich mal.
Auch bei uns sind die Lektorate dezentral vergeben. Das heißt, die Lektoren sind in ihren Bereichen zuständig für den Bestandsaufbau. Und wir haben trotz aller Theorie, die wir wissen, die Frau Fichtner und auch Herr Rösch schon gesagt haben,
schlicht und ergreifend immer wieder Diskussionen auch bei uns im Team genau in dieser Materie. Und da klaffen so ein bisschen Wunsch und Wirklichkeit auch auseinander. Da müssen wir, glaube ich, ganz ehrlich sein. Wir sind jetzt eine Bibliothek. Wir sind relativ groß, sage ich jetzt mal, hier so im Umfeld mit unseren elf Häusern und circa 300.000 Medien insgesamt.
Das heißt, wir können uns ein bisschen was leisten. Und trotzdem führen wir bei vielen Titeln immer wieder Einzeldiskussionen, weil es kein Selbstläufer ist, zu sagen, wir sind der Hort der Demokratie, der Informations- und Meinungsfreiheit. Wir stellen diese frei zugänglichen Medien, also alles, was frei zugänglich ist, sollten wir auch frei zugänglich machen.
Also was jetzt nicht illegal unterm Ladentisch verkauft werden muss, sage ich jetzt mal. Und wir tun uns schwer im Alltag. Wir tun uns sehr schwer. Und wir tun uns auch schwer, diese Bücher einzusortieren. Das heißt, irgendwann geistern Titel durch die Medienwelt. Wir nehmen sie zur Kenntnis.
Und die Lektorinnen sagen bei uns im Haus, kann man das kaufen? Kann man das nicht kaufen? Wie beurteile ich denn das? Ich kenne mich nicht so gut aus. Deswegen ist auch in den letzten Jahren, glaube ich, immer dieser Wunsch sehr laut aus den Bibliotheken zu hören gewesen, dass wir in irgendeiner Form da auch Unterstützung brauchen.
Weil es tatsächlich was anderes ist, solche Medien zu beurteilen, weil auch alle davon sehr großen Respekt haben, da etwas ins Regal zu stellen, mit dem man vielleicht mehr Schaden anrichten könnte, sage ich jetzt mal. Und man sucht nach der Richtschnur, wo man sagen kann, was ist denn jetzt, genau wie wir es in dem Vortrag gehört haben, was ist denn jetzt besonders extrem?
Was ist denn, was sollten wir denn noch haben? Wie kann ich denn das einsortieren? Dazu sind wir dann doch alle Bibliothekarinnen und Bibliothekarinnen und haben eben in einer öffentlichen Bibliothek jetzt nicht Geschichte studiert oder irgendwas anderes, sondern Bibliothekswesen. Und da tun wir uns einfach tatsächlich oft auch schwer.
Und ich muss immer wieder Mut machen und sagen, ja, kauft auch dieses oder jenes Buch, macht das bitte. Wir möchten es nicht, aber wir müssen es im Bestand haben. Aber wir führen diese Diskussion. Wir haben tatsächlich auch versucht, das mal mit Veranstaltungen zu unterstützen. Wir hatten mal eine Veranstaltung, gerade als die Welle sehr hoch war,
die nannte sich kritisch lesen, wo wir zusammen mit einem Fachmann, zusammen auch mit der Volkshochschule, eine Veranstaltung organisiert haben, um uns da einfach mal damit auseinanderzusetzen, auch mal diese Bücher so ein bisschen zu analysieren und herauszustellen, wie diese Bücher auch funktionieren, wie da gearbeitet wird mit Fakten und so weiter.
War sehr spannend, aber ich möchte jetzt hier nicht, ja, also das ist mal so ein erster kleiner Einblick aus der Praxis hier in der Stadtbibliothek in Reutlingen. Das Thema Richtschnur oder das Stichwort Richtschnur würde ich gerne aufgreifen. Wir haben ja auch in dem Beispiel von Frau Kranz schon ein bisschen gehört,
ja, wie ordnet man denn überhaupt die neue Rechte ein? Was ist eher konservativ? Wie setzt man diese Richtschnur tatsächlich an? Da würde ich erstmal Frau Fichtner hören, wie das in Hannover ausschaut, bevor ich Hermann bitten würde,
mal gerade aus Bibliotheksethischer sich dieses Thema Richtschnur anzugehen, weil diese Balance ja tatsächlich sehr schwierig ist, und Einzelfalldiskussionen, Beate, du hast es gerade gesagt, die können sich große Bibliotheken vielleicht leisten, einfach weil sie ja auch mehrere sind und vielleicht auch das Personal,
da haben die sich auch für politische Themen ein bisschen mehr interessieren, aber bei kleineren Häusern mit zwei, drei Kolleginnen, da ist es natürlich sehr, sehr schwierig, weil die Zeit fehlt oft. Wir haben als Großstadtbibliothek auch den Vorteil, dass wir ein großes Lektorat haben und Kollegen, die sich sehr gut auskennen.
Auch wir diskutieren über einzelne Titel. Bei uns ist es halt sehr wichtig, dass wir die Diskussion in der Gesellschaft uns als erstes ansehen. Es gibt ja verschiedene Titel, die über Bestsellerlisten, über Zeitungen oder andere Sachen hier uns reingetragen werden. Die werden wirklich gekauft, weil wir immer denken,
dass wir das Menschen zur Verfügung stellen müssen, um diesen Informations, um Menschen in die Lage zu setzen, dass sie mitreden können über diese Bücher, und das können sie nur, wenn sie diese Sachen gelesen haben. Der zweite große Weg sind Anschaffungsvorschläge bei uns, und die werden wirklich einzeln geprüft, und zwar nach bibliothekarischen Kennzahlen. Also ist ein Bedarf zu erwarten, wie alt ist es,
können wir es zur Not über den Leihverkehr besorgen oder nicht, und wir verkaufen fast alle Anschaffungsvorschläge an sich. Also nicht nur für rechte Literatur, das gilt ja auch für ganz viele andere Bereiche. Aber wir diskutieren natürlich auch regelmäßig das Thema. Wir diskutieren einzelne Titel, und auch wir tun uns mit vielen Sachen schwer.
Aber die Informationsfreiheit ist ein wirklich sehr hohes Gut bei uns. Das ist richtig, ja. Also das ist bei uns tatsächlich auch so. Aber wir erleben im Alltag, wie wir tatsächlich drüber stolpern.
Und wir erleben natürlich auch trotzdem Diskussionen, wenn wir nach bibliothekarischen Maßstäben auch mal Leserwünsche ablehnen. Also es kommt dann doch hin und wieder mal vor, weil es ja dann doch diese berühmten wirtschaftlichen Zwänge gibt, oder wir natürlich auf die Ausgewogenheit des Bestands auch, also wenn jemand kommt und fünf Wünsche angibt, die sich eigentlich alle, wo ich sage, ja gut, also da brauchen wir jetzt nicht
für diesen einen Leser irgendwie diese fünf Titel. Er bekommt jetzt nur einen oder so, und es dreht sich sowieso alles ums selbe. Und es befindet sich noch ganz eklathand in einer bestimmten Richtung. Dann sind wir da schon, dann achten wir auf diese Ausgewogenheit des Bestands, und dann können wir auch an der Stelle nicht sagen,
wir stopfen jetzt diese Gruppe voll mit genau diesen Titeln. Und dann haben wir natürlich hin und wieder doch auch mal Diskussionen mit Kunden. Man ist natürlich sehr schnell auf der Ebene der Meinungsfreiheit. Da ist man dann doch als vom Selbstverständnis her eine demokratische und offene Einrichtung. Aber für den Nutzer in dem Moment, in dem Einzelfall,
sind wir genau die Einrichtung, die aus welchen Gründen auch immer total dem entgegenspricht, wo wir eben keine freie Meinungsäußerung erlauben oder Meinungsbildung, weil ja irgendjemand verbietet, dass wir diese Titel anschaffen. Einzelfälle. Das passiert jetzt nicht irgendwie dreimal an einem Tag.
Aber da merkt man immer, dass es auch extrem schwierig ist, wenn man mal in persönliche Gespräche mit solchen Menschen kommt, wie schwierig es ist, dann tatsächlich auch noch argumentieren zu können. Das funktioniert fast gar nicht, muss man einfach sagen. Ja, Hermann, da hast du vielleicht hypothetische Praktik.
Also ich kann die Stoßsäußer der Kolleginnen bestens verstehen. Das ist ein schwieriges Geschäft. Und ich finde es toll, dass Sie offen darüber diskutieren. Das scheint mir der richtige Weg zu sein. Es gibt keinen Königsweg. Man kann keine Empfehlungen zentral erarbeiten,
nach denen sich alle Bibliotheken dezentral richten müssten. Das halte ich wirklich nicht für sinnvoll. Dass Sie vor Ort diskutieren, dass Sie auch mit Nutzerinnen und Nutzern diskutieren, das ist doch ein erster Schritt zur Transparenz und zur Offenheit. Und wenn Sie sich dann berufen können, auf eine Berufsetik auf der einen Seite,
die möglicherweise noch auf der Website der Bibliothek bekannt gemacht wird und auf Erwerbungsrichtlinien, in denen drin steht, dass man exemplarisch sammelt, dann stehen Sie in solchen Diskussionen sicherlich besser da, als wenn Sie das aus dem Ärmel machen müssen. Ich bin auch nicht der Auffassung,
dass jedes Werk in den großen Bibliotheken zumindest vorhanden sein müsste, aus Corp Antajos und anderen rechtsradikalen Verlagen. Das ist eben der Job im Bestandsaufbau hier, für eine repräsentative Darstellung von rechten Positionen und auch rechtsradikalen Positionen zu sorgen.
Wichtig scheint mir aber zu sein, dass man auf jeden Fall transparent vorgeht, dass man, wenn man sich zum Beispiel entscheidet, bestimmte Dinge nicht aufzunehmen, dass man das nicht verschweigt. Tom, du hattest gefragt nach Richtlinien oder nach Richtschulen.
Wie soll man damit umgehen? Ich kann sehr gut verstehen, dass die Kolleginnen und Kollegen in kleinen Bibliotheken, in kleinen Einrichtungen sich überfordert fühlen. Die können nicht bei X-Vorschlägen immer wieder neu in die Diskussionen einsteigen. Deswegen fände ich es gut,
wenn die Lektoratskooperation da sich sehr viel stärker engagieren würde und auch rechte und rechtsradikale Literatur mit bewerten würde, sodass man sich daran leichter orientieren kann. Das muss ja nicht enden in einer Anschaffungsempfehlung. Das kann ja auch enden in einer relativierenden,
oder sollte in einer relativierenden Gutachtung enden. Aber einfach so zu tun, als gäbe es dieses Segment nicht, und es zu explodieren, das fände ich sehr schade. Ja, ich würde gerne da direkt darauf antworten wollen.
Das ist so, in der Tat, die Lektoratskooperation hat sich zur Aufgabe gesetzt, dass die Zielsetzung tatsächlich eine Positivauswahl zu treffen, der Titel, die für öffentliche Bibliotheken geeignet scheint. Darüber kann man natürlich auch trefflich streiten, was ist für öffentliche Bibliotheken geeignet.
Und in diesem Kontext haben sich die Institutslektoren dazu entschieden, im Titel beispielsweise aus dem Kopfverlag nicht zur Rezension beziehungsweise zur Annotation anzufordern. Nichtsdestotrotz finden natürlich Rezensionen statt,
in denen, sage ich mal, dann tatsächlich festgestellt wird durch Rezensenten, wie seine Auftritte im Umfeld der AfD und der jungen Freiheit liegen nahe, die Vermutung nahe, also in dem Fall geht es um den Autoren, in dem Rechtsliberalen, so steht es hier, Umfeld zu verorten.
Also auch das findet natürlich statt, weil ich frag mich, während wir hier so diskutieren, ob sich nicht eigentlich diese Diskussion dessen, was begutachtet werden soll oder nicht, sich eigentlich nicht wirklich nur an den Bestsellern aufhängt und sich daran entzündet, weil alle die anderen, sage ich mal,
da gibt es noch ein paar Beispiele, die ich hier auch vorliegen habe, wo dann die Empfehlung lautet, im Interesse der Meinungsvielfalt zur Ergänzung, das ist das Resümee eines Rezensenten gewesen, auch zu einem Titel. Das sind Dinge, da kommt so etwas ja auch vor
und da wird so etwas ja im Grunde auch öffentlich gemacht für die Bibliotheken, um zu wissen, wie sie mit dem Titel umgehen. Aber ich glaube im Fokus, so scheint es jedenfalls mein Eindruck, geht es ja darum, scheint es mir so zu gehen, um die Titel, die auf den Bestsellerlisten erscheinen. Wir haben eine Frage aus dem Publikum dazu, aus Böblingen, die Frage,
ob es Bibliotheken gibt, die Erfahrungen haben, aufgrund der Diskussion, die Sie ja auch schon genannt haben, Frau Meink und Frau Fichtner, die in den Bibliotheken, ob sie Erfahrungen haben mit Zerstörung bzw. Diebstahl von linksgerichteten Medien. Und in Böblingen gab es da
anscheinend Vorfälle, also wie weit gehen unzufriedene Nutzer mit Bestandsaufbau, mit Bestandszusammenstellungen, die so nicht akzeptiert werden. Wie ist das bei Ihnen?
Frau Fichtner, wollen Sie oder? Ja, ich kann gerne. Also so weit ging es bei uns noch nie. Wir haben verschiedene Anfragen, die allerdings nicht nur rechte Literatur sind, wenn auch relativ häufig im Vergleich zu anderen. Aber bisher konnte man immer in der Diskussion auch erklären,
warum man diesen Titel angeschafft hatte. Also richtige Zerstörung hatten wir noch nicht. Es werden teilweise Informationen in Bücher gelegt, aber auch nicht unbedingt in Linke. Das sind auch eher in religiöse Schriften. Ja, also so könnte ich das aus Reutlingen tatsächlich auch bestätigen. Also wir hatten
viele Informationen, aber wie gesagt, es gibt so das Beilegen von Informationen oder auch, dass jemand was in die Bücher hineinschreibt. Manchmal vielleicht sind auch einzelne Seiten mal entfernt worden. Sowas kommt durchaus auch mal vor. Da bin ich mir jetzt aber unsicher, ob da jetzt jemand das genommen hat, weil er eben genau das nochmal auf
Buchseite bestätigt haben möchte. Also jemand, der es nicht zerstören möchte, weil er dagegen ist, sondern jemand, der es irgendwie mitnimmt. Also klassisch die Kunstbände, ich reiße da die Seiten raus und dann habe ich halt solche Sachen. Aber so gezielte Aktionen hatten wir tatsächlich eigentlich auch noch nicht, wo wir das bemerkt haben. Nein.
Schließt die nächste Frage so ein bisschen drauf an, wenn man ja jetzt, du hast es eben erzählt und in Hannover ist es ja ähnlich, wenn man jetzt tatsächlich Bücher aus dem erweiterten rechten Spektrum anschafft, gibt es da denn auch dann wieder Gegenreaktionen aus der Bürgerschaft? Gibt es
eher gar keine Reaktionen? Gibt es wütende Ablehnung? Wird dann die Bibliothek quasi in eine Ecke gesetzt, in der sie vielleicht gar nicht stehen? Will auch da noch die Frage, alles von Frau Roschmann, ganz spannend. Wir werden
die Bücher des rechten Rands im Bibliotheksalltag von den Nutzerinnen wahrgenommen und dann komme ich danach auch gerne nochmal zu diesem Komplex der Kontextualisierung und da würde ich auch gerne nochmal auf Hermann dann in den zweiten Schritt eingehen. Aber bleiben wir erstmal bei der Reaktion der Kunden und Kunden. Also da kann ich jetzt, also Einzelfälle,
also Einzelfälle in Einzeldiskussionen, dass die Leute sagen, ja, das ist ja eh klar. Also meine Wünsche werden ja generell nicht erfüllt. Also ich meine, das kennt ja jede Bibliothek. Es gibt immer mal so einzelne Quertreiber, die auch da sind, also die einen in allen möglichen Bereichen
beschäftigen, aber nicht, also nicht in einer Bandbreite, wo wir sagen, wir werden plötzlich in eine Ecke gestellt. Es war ganz interessant für uns, als wir diese Veranstaltung, dieses kritisch lesen, das erste Mal durchgeführt haben. Wir würden das gerne auch immer mal wieder wiederholen. Jetzt bin ich in veranstaltungsloser Zeit gerade, aber naja, dass ich
da eigentlich auch gemerkt habe, wer kommt denn tatsächlich in eine Bibliothek und schaut sich so eine Veranstaltung an. Und ich war sehr erstaunt, wie weit die Bandbreite war. Also dass wir da wirklich ein sehr gemischtes Publikum hatten, dass wir da Menschen hatten, die so einfach mal interessiert
auch waren. Wir hatten auch ein paar drin, die konnte man so auch wirklich links einsortieren, wo man gedacht hat, so jetzt möchte ich nochmal meine Meinung bestätigt haben, wir hatten ja viele konservative Besucher und wir hatten also die Bücher waren der Aufhänger und wir sind in ganz spannende persönliche Diskussionen. Also wir sind wirklich von drei Büchern, die zur Auswahl standen. Wir hatten damals den,
wie heißt er noch, Douglas Murray, wir hatten die Alice Weidel damals und wir hatten natürlich Thilo Sarrazin. Und dann hatten wir, wir haben eigentlich nur ganz kurz über diese Bücher gesprochen und sind dann direkt in die
unterschiedlichsten Milieus aufeinandergeprallt. Und ich hatte das Gefühl, dass wir da alle irgendwie gut rausgegangen sind. Es war kein lokaler Vertreter der AfD zum Beispiel dabei gewesen. Das war was, was der Referent im Vorfeld noch angefragt hatte. Er meinte, können Sie da jemanden erkennen im Publikum, sitzt da jemand? Es war niemand da. Also es war wirklich die Bürger, die Bevölkerung, die da
war. Und ich hatte so das Gefühl, dass wir da tatsächlich eine echte Stärke haben, dass wir auch so ganz unterschiedliche Menschen uns im Haus auf so einer Ebene wirklich zusammenbringen können. Da sind wir einfach jetzt nicht das linke Soziokulturzentrum, wo ich weiß, da gibt es sicherlich Menschen, die an dem Abend dort nicht hingegangen wären, weil das nicht ihr Bereich ist.
Aber wir als öffentliche Stadtbibliothek, wir haben diese Menschen erreicht und haben es tatsächlich geschafft, sie irgendwie an einen Tisch zu holen. Und wir haben dann vom Kopftuchmädchen bis, ich weiß es nicht, also wir haben wirklich mal alles so einmal durchdekliniert, was die Menschen so beschäftigt hat. Und wir sind da wirklich so, 25 Personen waren es sogar gewesen, gesessen und es war ganz toll. Also und da hatte ich wirklich das Gefühl,
wir gehen eher gestärkt als demokratische Einrichtung raus und nicht als die sitzen jetzt in einer bestimmten Ecke. Also ganz und gar nicht. Darf ich gleich dazu? Ich mache. Ja. Ich muss sagen, ich finde das ganz toll, das Beispiel, das Sie da gebracht haben, Frau Meink. Das ist aus
meiner Sicht idealtypisch für ein demokratisches Engagement von Bibliotheken im Rahmen der Programmarbeit, das ein Beispiel für Kontextualisierung darstellt. Machen wir uns nichts vor in den sozialen Medien, in den sozialen Netzwerken. Da vagabundieren
ja derartige rechte, verschwörungstheoretische Ideologien zu Hauf. Und Bibliotheken können einer der zentralen Orte sein, in denen diese Verschwörungstheorien und rechten Ideologieme dekonstruiert und entzaubert werden können. Und solche Veranstaltungen sind wirklich
paradigmatisch, die sind klassisch dafür. Und das zeigt, dass die Bibliothek eben hier ein neutraler Ort ist, auf der Basis demokratischer Orientierung, an dem sich die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen austauschen können und so etwas wie demokratische Verständigung stattfindet. Ich finde das klasse, was Sie da gemacht haben. Das müsste dann natürlich
nur fortgesetzt werden und auch von anderen Bibliotheken aufgegriffen werden können. Der zweite Bereich der Kontextualisierung, der findet statt durch Bestandsaufbau, eben dadurch, dass man neben den Thilo-Sarrazin, Deutschland schafft sich ab, die diversen
Antisarrazin stellt, die ja als Medien auch erschienen sind. Und das ist aus meiner Sicht wirklich dann eine wunderbare Situation für Bürgerinnen und Bürger zu sagen, ich gucke mir das mal an, der Typ und dessen werden überall diskutiert. Was schreiben denn andere dazu? Wo finde ich das? Ich muss es nicht kaufen, ich kann es mir
in der Bibliothek angucken und nebeneinander stellen. Das ist diese zweite Form von Kontextualisierung, die Bibliotheken leisten können. Und mit dem Fund sollten wir auch gegenüber der Politik wuchern. Das kann sonst niemand bieten, außer vielleicht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und von daher, also diese Tom, du hattest nach Kontextualisierung
befragt, diese beiden Formen, also durch den Bestand auf der einen Seite, aber auch durch eine forcierte Programmarbeit, zumindest von den größeren Bibliotheken, die sich das leisten können, personell, das scheint mir ganz wichtig zu sein. Und wir sollten das in der Öffentlichkeit auch stärker und gegenüber den politischen Gremien stärker
akzentuieren, dass wir hier wirklich einen tollen Beitrag leisten können. Frau Fichtner, vielen Dank. Frau Fichtner, wie sieht das in Hannover dazu aus? Ich muss auch sagen, wir kontextualisieren, indem wir viele dieser Medien von verschiedenen Spektren
zusammenstellen. Wir haben da einen Interessenkreis aktuell, wo wir aktuelle politische Literatur, Politik, Wirtschaft etc. Geschichte zu allen Themen zusammenstellen. Und das wird sehr gut angenommen, weil da diese Medien zusammen sind. Und ich muss auch sagen, dass ich dieses Format aus Reutlingen sehr bewundernswert finde, weil das ist genau
unsere Aufgabe. Die Bücher sind ja nur ein Anstoß für die Meinungsbildung, aber die Diskussion verschiedener politischer Spektren, die wieder zusammenzuführen, das ist eine ganz, ganz wichtige Aufgabe. Und bei uns zum Beispiel, wir werden wenig zu den Medien, die wir nicht haben, kritisiert, sondern mehr zu denen, die
wir haben. Aber auch da, finde ich, ist die Frage, die wir uns auch gerne stellen. Das finde ich auch positiv. Ich würde nochmal gerne ein bisschen den Horizont weitermachen, weil ich glaube, es geht ja nicht nur um Titel, die im rechten Spektrum, also im
politischen Spektrum zu formen sind, sondern es gibt ja auch durchaus Literatur, die man als kritisch oder als anrandständig Verschwörungstheoretiker, waren schon genannt als Stichwort. Ich sage mal, wir sind ja auch sehr fragwürdige Ratgeber für die Behandlung von Krebs, um mal ein
konkretes Beispiel zu bringen. Auch das sind ja Titel letztlich der Informationsfreiheit, dem Willen sozusagen des Menschen, sich auch desinformieren zu können. Das ist jetzt eine Unterstellung, aber auf jeden Fall sich auch darüber zu informieren, was gibt es für andere Theorien dazu,
ist die Erde vielleicht doch eine Scheibe und das sind ja auch Fragen, die Sie sich in den Bibliotheken stellen müssen. Und auch hier wäre für mich die Frage, wie gehen Sie da mit der Kontextualisierung um?
Das ist sehr richtig, was Sie sagen, Herr Seeger. Der rechte Rand ist ein Teilaspekt des Ganzen. Da ist ja noch eine ganze Menge mehr. Wir leben im Zeitalter von Fake News. Wir wollen auf der einen Seite als Bibliothek auch immer dafür werben, dass wir da weiter und weiter. Und natürlich haben wir schon immer auch Titel im Bestand
gehabt, wo man halt sagen muss, ja, das ist jetzt ein Sachbuch, da weiß ich jetzt nicht, ob das, was da so drin steht, tatsächlich auch faktisch belegt ist. Damit sind wir vielleicht früher gar nicht so umgegangen. Ich habe das Gefühl, dass jetzt so in
dieser Populismuswelle, dass da jetzt tatsächlich auch diese Themen noch mal vorhanden sind. Wir haben ja nicht nur, nicht nur das sind irgendwie seltsame Bücher, die man sich mal genauer anschauen sollte, sondern wir haben da mehr. Wir versuchen, die gleich zu behandeln. Das heißt,
wir haben auch schon gesagt, die Reihe kritisch lesen bei uns startet mit den Büchern vom rechten Rand. Aber wir machen da auch gerne weiter. Wir nehmen uns gerne auch mal die Homöopathie vor, wenn wir mit den Fakten und den Fakten
ernst nehmen. Dann müssen wir natürlich auch diese Bücher in den Blick holen und sagen, okay, die sollten wir uns genauso anschauen. Und es geht auch nicht nur um den rechten Rand, es geht auch um den linken Rand. Ja, da liegt noch viel Arbeit vor uns. Da sind wir noch nicht so weit, sage ich jetzt mal,
dass das komplett abgeschlossen ist. Das geht immer irgendwie so schnell, immer wenn es spannend ist, wenn man sich so eingekuft hat in der Diskussion, ist man schon wieder so ein bisschen am
Ende. Es gab eine Frage, Beate, wen ihr denn als Referent bei dieser Veranstaltung dabei habt. Das würde ich gerne gleich beantworten lassen, gibt da aber auch den Hinweis, dass eine Summary aus der Bachelorarbeit von
der Veranstaltung, eine kurze Summary noch, ein Zehnzeiler über die Veranstaltung vielleicht mit einbaust, das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Sagt mal bitte, wer das da war und dann gehe ich auf die anderen Fragen noch rein. Also das ist jetzt gar keine überregional bekannte Größe, sage ich jetzt mal, hier in der Region. Matthias Hoffmann
heißt er, ist Referent bei der Veranstaltung bei der Bundeswehr. Wenn ich es jetzt richtig erinnere, muss ich mal überlegen. Ich glaube, Islamwissenschaft studiert, war auch mal Berater gewesen bei der Bundeswehr,
eine ganze Weile, hat auch Länder bereist. Er ist auch Medienwissenschaftler, das kam noch mit hinzu. In der Konstellation war er da wirklich ein toller Referent für uns und es war
einfach sehr gut, dass wir da an ihn rangekommen sind und es hat einfach gut für uns gepasst. Und er hat von uns den Auftrag über genau diese Bücher bekommen, die hat er dann alle gelesen und so weiter. Und dann hat er das wirklich mal so medienwissenschaftlerisch und so mit seinem persönlichen Background, der da sehr gut gepasst hat, einfach mal für uns durchgearbeitet.
In den Chitzy-Raum auch, wie kann man vor allem in kleineren Bibliotheken Kontextualisierung realisieren, von den Beständen, aber auch über die
Veranstaltung. Es wird noch sehr empfohlen, bei Referenten mit Gewerkschaften, politischen Stiftungen neben der VHS zusammenzuarbeiten. Da gibt es auch interessante Kolleginnen und Kollegen, gerade auch die
Frau Mattekat aus Potsdam mahnt uns an, und das ist ein sehr schönes Stichwort, wie wir uns gegenseitig über Neuerscheinungen aus dem nicht nur rechten Spektrum informieren können. Helmut, schalte dich doch bitte mal mit der Kamera dazu. Wir haben jemanden gefunden, der mit der Lektoratsprooperation das
gerne in die Hand nehmen möchte. Helmut Obst, Stiftung Pfennigparade in München. Mein Name ist Helmut Obst von der Bibliothek der Stiftung Pfennigparade.
Wir sind hier im Kappabinettzentrum in München, ein sehr großes, mit Wohngruppen, Werkstätten und Schulen. Wir haben eine barrierefreie Bibliothek, die ganz klein und fein ist. Ich wurde auf die Initiative durch den Artikel Grundstein für gemeinsames
Verhältnis zur Mitwirkung. Da erkläre ich mich sehr gerne bereit. Es ist ja noch ein bisschen in der Erfindung des Ganzen, im Aufbau der Zirkel. Da würde ich sehr gerne meinen Beitrag dazu leisten. Ich möchte nur noch kurz auf die Seite verweisen, Kunstkulturrespekt.de. Da ist es so,
dass Münchner Kunst- und Kulturschaffende sich gegen Rechtsextremismus positionieren. Ich hoffe da auf einen aktiven Austausch, der kommen kann. Ich bin
gerne auch entsprechend bereichbar. Per Mail, z.B. bibliothek.pfennigparade.de, könnte man weitere Kontakte laufen lassen. So ist es geplant. Mit Tom Becker haben wir uns in Köln zusammengetan und darüber gesprochen. Da hoffe ich sehr, dass wir uns virtuell und real
wieder sehen können und da weiterbauen an der Sache.